Fallas

Anders als Deutschland hat Spanien ein größeres Verlangen nach intensiven, großen, lauten und spektakulären Festen. Die spanischen Feste haben dabei Weltruhm erlangt, man denke an San Fermín in Pamplona (dank Hemingway) oder die Osterparaden in Sevilla (dank des Filmes „Mission Impossible“) oder die Tomatiňa in Buňol (dank solcher Sender wie RTL2). Zu einem der spektakulärsten und lautesten Festen, das nachhaltig Eindruck auf mich gemacht hat, gehört Fallas(auf katalanisch/valencianisch: Falles) in Valencia, das allerdings international weniger Beachtung findet.
Kurz gesagt ist es das Fest, dass sich der normale Bundesbürger, in seinem Heimatland nicht vorstellen kann. Fallas ist lauter, länger und viel größer als alles was ich je gesehen habe.

Fallas gibt es als Fest in Valencia und der Umgebung der Stadt, wobei ich mich in meinen Ausführungen hier nur auf die Stadt Valencia beschränken werde. Die kritische Masse bilden über 300 sogenannte Fallas. Das sind kleine oder manchmal schon recht große Nachbarschaftsvereine, welche jedes Jahr eine „Fallera Major“ bestimmen, eine Art weibliche Repräsentantin der Gruppe. Für die Kleinen (Mädchen) wird eine „Fallera Infantil“ gewählt. Am 18. und 19. März tragen alle Mitglieder der Falla in traditioneller Festtagstracht Blumen auf den „Plaza de la Virgen“ und übergeben sie dort an die „Verge dels Desamparats“ („Heilige Jungfrau der Schutzlosen“). An diesem „Ofrena de Flors“ genannten Umzug nehmen rund 100.000 Mitglieder der verschiedenen Casals teil. Mit den Blumen wird die riesige Figur der Jungfrau geschmückt. Es werden dabei rund 50 Tonnen Blumen verbraucht und eine farbenfrohe Blumenstatue geschaffen.

Wichtiger und im Mittelpunkt der Feierlichkeiten, stehen Figuren aus Holz und Pappmaché, die jede Falla errichten lässt. Sie erinnern ein wenig an Karnevalsfiguren der rheinischen Rosenmontagszüge und werden extra bei einem Künstler in Auftrag gegeben. Inhaltlich beschäftigen sie sich meist mit aktuellen Problemen des Zeitgeschehens. Diese teilweise mehrere Meter hohen Skulpturen stehen auf einer Straßenecke, an welcher die Fallas beheimatet ist (in einer sogenannten „Casal“). Jede Fallas-Skulptur ist durch ihre Größe und den finanziellen Aufwand in eine bestimmte Kategorie eingeordnet. Für jede Kategorie gibt es unterschiedliche Preise, welche von einem Komitee vergeben werden. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Skulpturen der besten Kategorie haushoch werden. Das Besondere ist nun, dass nach wenigen Tagen die Figuren am 19.März, dem Tag des Heiligen Josef, verbrannt werden. Für viele Gäste wirkt diese Geste übertrieben, den zumeist steckt nicht nur viel Geld, (so können bis zu 100.000 Euro und mehr von einer Falla dafür investiert worden sein.) sondern noch mehr Arbeit und Herzblut in den Figuren, doch wie auch beim Karneval kann Fallas als ein Fest angesehen werden, bei dem in wenigen Tagen alles erlaubt ist und mit dem Abbrennen der Figuren am letzten Tag kehrt dann wieder Normalität und Alltag ein. Nur eine einzige Figur wird gerettet, diese wird von einer Jury bestimmt und anschließend ins Fallas-Museum gebracht.

Historisch zurück geht Fallas bis ins 18. Jahrhundert, als einige Zimmerleute am Ende der kalten Jahreszeit Holzgestelle verbrannten. Der Termin der Verbrennung, der „cremà“, wurde irgendwann einmal auf den 19. März gelegt, dem Tag des Heiligen Josef, da dieser wie auch sein Sohn Jesus, Zimmermann war. Später begann man auch Holzreste und alte Möbel an diesem Tag zu verbrennen, nachher dann sogar Strohpuppen, die vor einer kleinen Menge angezündet wurden. Wiederum darauf fingen Handwerker eines Viertel an, kleine Kunstwerke anzufertigen, zumeist mehrere Figuren in einer Einheit, die vor dem Verbrennen Kleider angezogen bekamen. Erst im 20. Jahrhundert entdeckten die Künstler Pappmaché, das heute noch zur Ausgestaltung der Figurenensemble verwendet wird. Seit einigen Jahren wird sogar die Benutzung von Kunstfaserstoffen diskutiert, was aber unter großer Kritik steht, da es bei der Verbrennung zu gefährlichen Dämpfen kommen könnte. Heute sind es nicht mehr nur einzelne Puppen, sondern Gesamtkunstwerke, die eine Fallas bauen lässt, nicht selten benötigen die Handwerker dafür ein ganzes Jahr.

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Fallas ist die Pyrotechnik. In jeder Fallas ist das Abbrennen von Feuerwerken erlaubt, bekommen Kinder ihren eigenen Platz zum böllern und wird die Holzstatue unter großem pyrotechnischen Tamtam nieder gebrannt, was dann eine zunehmend angeheiterte Feuerwehr beaufsichtigt und final gelöscht (an dieser Stelle sei erwähnt das die „Nacht des Feuers“ in einigen Orten, wie zum Beispiel im Carmen-Viertel sehr lang und lustig werden kann, da die Feuerwehr einige Zeit benötigt, um alle Fallas zu beaufsichtigen und dabei höchst amüsant mit den Zuschauern interagiert). Eine der Hauptgründe für die Bekanntheit des Festes sind die schon vom 1. März bis zum 19. März täglich stattfindenden Mascletás. Das sind Feuerwerke, die weniger auf visuelle Effekte setzen (was bei tagheller Umgebung auch schwierig wäre) sondern auf Lautstärke und Rhythmus. Dieser durchdringt den ganzen Körper, wenn pünktlich um 14 Uhr, die Fallera Major der Stadt, den Pyrotechniker den Auftrag gibt, sein Kunstwerk zu zünden. Diese Pyrotechniker besitzen ein vollkommen anderes Standing in Valencia, sie sind Helden einer eigenen Ausdrucksform und ihre Feuerwerke werden durchaus kritisch von den Zuschauern aufgenommen und bewertet, meistens aber im Nachhinein beklatscht und gefeiert. Besonders an den letzten Tagen strömen abertausende von Menschen auf den Plaza del Ajuntament, der dann schon eine Stunde vor Beginn aus allen Nähten platzt und wollen das Spektakel erleben. Abgerundet wird das in den letzten Tagen noch, von einem halbstündigen Nachtfeuerwerk, die sogenannten Castillos, die um Mitternacht gezündet werden. Dies treibt ebenso viele Zuschauer (hunderttausende) an das alte Flussbett des Turias, wo sich heute der langgezogene Stadtpark befindet. Danach strömen die Menschen durch die Straßen der Stadt, wo Livebands und mobile Diskotheken bis in die Morgenstunden die Nacht zum Tag werden lassen und wer schon einmal um 5 Uhr morgens, in Mitten einer engen Straßenschlucht eine Liveband laut aufspielen gehört hat, deren Lautstärke die ganze Straße wach hält, der weiß, „Fallas“ ist ziemlich einzigartig.