Torgau

20.047 Einwohner | 103km² | 78m über dem Meer | an der Elbe gelegen | Kreisstadt von Nordsachsen | 55km NO von Leipzig | 95km NW von Dresden

Torgau liegt in Sachsen irgendwie am Rande und man ist geneigt es zu übersehen. So bin ich interessanterweise in Madrid darauf gestoßen, dass Torgau ein interessantes Reiseziel sein könnte. Im  Kunstmuseum Prado hängt das Gemälde „Hirschjagd zu Ehren Kaiser Karl V. vor Schloss Hartenfels“ von Lucas Cranach dem Älteren und hinter den beeindruckenden Jagdszenen, ragt das weiße Schloss heraus. Wenngleich das Bild zugunsten der Erzählung der Jagdszenen von der Realität abweicht (die Jagd zwischen dem Kaiser und dem sächsischen Kurfürsten hat so nie stattgefunden, es war vielmehr ein symbolisches Geschenk des Fürsten an den Kaiser), so ist das Schloss doch sehr eindrucksvoll dargestellt. Und tatsächlich thront noch heute Schloss Hartenfels über der Stadt und über der Elbe und seine mächtige Dominanz zeigt an, dass Torgau mal einige Bedeutung gehabt haben musste. 

Die Geschichte der Stadt geht zurück auf eine erste urkundliche Erwähnung im Jahr 973 als „Torgove“. Der Name ist altsorbischen Ursprungs und verweist auf die Existenz eines Marktes. Wann aus diesem Ort eine Stadt wurde ist nicht bekannt, jedoch wird sie für die sächsische Geschichte von Bedeutung, als 1485 die Leipziger Teilung stattfindet. In dieser werden die sächsischen Gebiete zwischen den Brüdern Ernst und Albrecht III. aufgeteilt. Ernst, der die Kurwürde weiter behält, ist der Begründer der nach ihm dann benannten ernstinischen Linie. Da die Albrechtsburg in Meißen, die bisherige Hauptresidenz der Wettiner, an Albrecht ging, musste eine neue Residenz gefunden werden. Als 1486 Ernsts Sohn, Friedrich III. von Sachsen, an die Macht kommt, wählte er dafür Torgau aus.

Das Unterfangen bedurfte eines angemessenen Herrschaftshauses. Unter der Leitung von Konrad Pflüger wurde im späten 15. Jahrhundert der Schlossbau begonnen, der dann im 16. Jahrhundert von Konrad Krebs fortgeführt wurde. Erbaut wurde das Schloss im Stil der Renaissance und gerade für Deutschland ist Hartenfels das bedeutendste Bauwerk der Frührenaissance. Die 20m hohe freitragende Wendetreppe, die wohl zwischen 1533 und 1535 errichtet wurde gilt als eine Meisterleistung seiner Epoche. Kapelle und Schlosskirche wurden 1543/44 gebaut, in der Zeit als die Lehre des Protestantismus sich in Mitteldeutschland durchsetzte. Schloss Hartenfels wurde zum Zentrum der deutschen Reformation (im Zuge der Geschichtsschreibung der Reformation wird Torgau auch gern als die Amme der Lutheranismus genannt).  Und so war es auch Martin Luther, der aus dem Nahen Wittenberg öfters Torgau besuchte, der die Schlosskapelle 1545 weihte, den wohl ersten protestantischen Neubau der Geschichte.

Zwischen 1546 und 1547 brach der Schmalkaldische Krieg aus, der zwischen dem protestantischen „Schmalkaldischen Bund“ um Kursachsen und Hessen und dem Heer des katholischen Kaisers geführt wurde und mit einer Niederlage der Protestanten in der Schlacht von Mühlberg endete. Kurfürst Johan Friedrich I. wurde gefangen genommen und musste in der Wittenberger Kapitulation nicht nur seine Kurwürde, sondern auch weite Teile seines Reiches abtreten. Diese fielen an den Sachsen der albertinischen Linie, Moritz, welcher zwar ebenso Protestant war, aber im Zuge seiner Machtpolitik mit dem katholischen Kaiser kämpfte. So fiel Torgau an die albertinische Linie, die aber Dresden zu ihrer Residenz machte und aus dem Schloss Hartenfels wurde ein Verwaltungsbau.

Damit verbunden schwand die Bedeutung Torgaus, wenngleich es für die reformatorische Bewegung weiterhin von großer Bedeutung war. 1552 starb Katharina von Bora, die Witwe Luthers in der Stadt, die sich eigentlich vor der Pest in Wittenberg in Sicherheit bringen wollte. Auf der Fahrt nach Torgau hatte sie jedoch einen Kutschenunfall und  verstarb wenig später in Torgau.

Etwas weniger als 200 Jahre später fand in der Nähe der Stadt die Schlacht bei Torgau statt, die letzte große Schlacht des Siebenjährigen Krieges. Im Kampf zwischen Preußen und Habsburg siegten die Preußen, aber über 30.000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Preußen verlor rund ein Viertel, die kaiserlichen Österreicher fast ein Drittel ihrer Armee, weshalb diese Schlacht auch als eine der blutigsten des 18.Jahrhunderts in die Geschichtsbücher eingeht. 1811, als das napoleonische Frankreich die Welt in Atem hält, lässt der sächsische König Friedrich August I. (der in einer Koalition mit Frankreich steckt), auf Wunsch von Napoleon, die Stadt Torgau zur Festung ausbauen. Doch Napoleon verlor und mit ihm Sachsen, dass im Wiener Kongress, der die Nachkriegsordnung regelte, scharf bestraft wurde. Unter anderem fiel Torgau an Preußen. Diese ließen die Festung weiter ausbauen, stellten das Vorhaben später aber ein, als Festungsausbauten militärisch keinen großen Sinn mehr machten.
Weltgeschichte spielte sich am 25.April 1945, dem Tage der Begegnung an der Elbe ab, als sich amerikanische und sowjetische Truppen an den jeweiligen Flussufern trafen und damit das Ende des 2.Weltkrieges in Europa einleuteten. Dieses Treffen fand eigentlich in Strehla bei Riesa statt, wurde aber einen Tag später für die Weltöffentlichkeit in Torgau, vor der zerstörten Elbebrücke, nochmals in Szene gesetzt und bleibt mit der Stadt Torgau verbunden. Nachdem Ende der DDR und einer Verwaltungsreform gehört Torgau seit 1990 wieder zu Sachsen und ist heute Verwaltungssitz des Kreises Nordsachsen.