Vigo

urban facts Vigo | Islas Cies

In der Liste der schönsten Regionen Spaniens, wird Galizien immer eine Spitzenposition einnehmen. Hier im Nordosten der iberischen Halbinsel formen Flüsse beachtliche Täler, die sich ins Meer ergießen. Hier ist alles grün, weil der Atlantik Regen und teilweise trübes Wetter mitbringt und es gibt noch einsame und wunderschöne Strände. Was es aber auch gibt, wenn auch nur einmal, ist eine Industriestadt, die sich in der wunderschönen Landschaft eingebettet hat und deren Attraktion trotzdem ein wunderschöner Strand ist. Dieser liegt auf den der Stadt etwas vorgelagerten Inseln Cies, die als großer Anziehungspunkt für Besucher gelten. So kann man in jedem Hotel in Vigo problemlos gleich auch eine Fährfahrt auf die Islas Cies mit buchen, was dann auch die Meisten, die nicht für Arbeitszwecke in der Stadt sind gleich tun.

Vigo ist die größte Stadt in Galizien. Sie ist eine wichtige spanische Hafenstadt am Atlantik (wie jeder Fan des Filmes „das Boot“ weiß; ich bin mir nicht sicher, ob ich erstmals da von Vigo hörte, oder eher durch den Fußballklub Celta de Vigo) und sie ist eine nicht unbedeutende Universitätsstadt. Allerdings hat Vigo keine administrative Bedeutung, denn sie ist weder Hauptstadt Galiziens (das ist das nur ein Drittel so große Santiago de Compostela) und noch nicht mal Provinzhauptstadt (das ist Pontevedra, das ungefähr so viele Einwohner hat, wie Santiago de Compostela).

Trotzdem hat Vigo eine interessante Geschichte. Ausgrabungen zeigen das es schon recht früh ein „Castro“, also eine befestigte Wohnsiedlung auf einem Berg, in der Nähe des Fjordes des Rìa de Vigo gab. Die in der Stadt verehrten Kelten (die beispielsweise Namensgebend für den hiesigen Fußballverein sind) siedelten wohl bereits vor den Römern hier. Der Name Vigo stammt aber wohl von den Letztgenannten bzw. vom latenischen Wort „vicus“, was kleine Siedlung bedeutet. Und so war der Ort über die nächsten Jahrhunderte tatsächlich eher klein und unwichtig. Im 10. Jahrhundert wurde es – wie fast die gesamte spanische Halbinsel von den Mauren eingenommen, 1170 aber von Fernado II., dem ambitionierten Herrscher Leons (das Reich Leon zog sich in jener Zeit über den gesamten Nordostens Spaniens) erobert. Im Mittelalter musste sich Vigo einigen Attacken der Vikinger erwehren und im 14. Jahrhundert erreichte eine Pestepidemie die Stadt und rottete die ohnehin nicht gerade zahlreiche Bevölkerung fast aus. Nach der spanischen Eroberung Amerikas und einigen 1529 vom königlichen Hof erhaltenen Handelsprivilegien blühte Vigo auf, so dass sie auch die Aufmerksamkeit erlangte, wie jene von Sir Francis Drake, in Spanien als britischer Seeräuber gefürchtet, welcher 1589 die Stadt zerstören ließ. Ihm taten es 1619 türkische Seeräuber nach und so beschloss man Stadtmauern zu zum besseren Schutz zu erbauen. Im Laufe des spanischen Erbfolgekrieges kam es 1702 zur Seeschlacht vor Vigo, bei dem britisch-niederländische Schiffe, die Stadt und die sich in ihr befindliche spanische Silberflotte (die von Frankreich unterstützt wurde) angriffen und besiegten. 2800 Menschen starben bei den Gefechten und die Briten erbeuteten einen nicht unerheblichen Teil des Schatzes. Wie viel Silber wirklich in jenen Tagen in Vigo lagerte ist bis heute Teil von Spekulationen, denn ein nicht genau zu schätzender Teil soll, wie zahlreiche der beteiligten Schiffe, untergegangen sein. Als die Truppen Napoleons 1808 Spanien besetzten, war es Vigo, die sich als erste Stadt in Galizien von der fremden Herrschaft befreien konnte. Noch heute wird dem 28.März 1809 als Reconquista gedacht (in diesem Fall aber eben nicht als Reconquista von den Mauren, sondern als Rückeroberung von den Franzosen). Trotz seines Hafens war Vigo eine sehr übersichtliche Stadt und so wurde 1833 Pontevedra zur Provinzhauptstadt erhoben und Vigo ignoriert. In jenen Jahren hatte Vigo auch nur knapp über 5000 Einwohner. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts und besonders im 20. Jahrhundert erfolgte ein rascher demographischer Anstieg, bei dem die Stadt 1920 schon über 50.000 Einwohner hatte und in den nächsten 25 Jahren diese Zahl nochmals verdoppelte. Dieser rasche Anstieg, der stark mit der Industrialisierung der Gegend verbunden ist, führte auch zu einem eher planlosen Auswachsen der Stadt an den Hügeln der Bucht des Ría de Vigo.

Mit heute fast 300.000 Einwohnern ist Vigo die 14. größte Stadt Spaniens. Sie ist immer noch dem Meer verbunden, so sitzt hier die Europäische Fischereiaufsicht. Vigo hat keine spektakuläre Architektur zu bieten, oder übermäßig viel pittoreske Viertel, aber in ihr weht ein besonderer Charme, wenn die Möwen kreischen, das Wetter sich wiedermal wendet, die Fischerboote herausfahren oder am Hafen größere Schiffe entladen werden. Vigo ist rau, vielleicht eine Brise Melancholisch, eine Arbeiterstadt und das Tor zu den wunderschönen Landschaften Galiziens.