Geschichte Prags

Das Gebiet der heutigen Stadt Prag ist schon zur Zeit der Ur- und Frühgeschichte besiedelt. Bis zur Zeitenwende wohnten hier Kelten, später die germanischen Makromannen, ab dem 6.Jahrhundert stießen slawische Siedler dazu.  Für das heutige Prag entscheidend war die Gründung der Prager Burg im 9. Jahrhundert, nur ein Jahrhundert später kam die auf der anderen Seite der Moldau gelegene Burg auf dem Vyšehrad dazu. So wurde Prag Sitz des böhmischen Herrschergeschlechts der Přemysliden. Die Burgen gaben Schutz und so siedelten sich Handwerker und Händler an, sowohl tschechischer als auch deutscher Herkunft. Ab 1212 gehörten die böhmischen Länder zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. König Wenzel I. ließ Prag um 1230 befestigen und gab dem Ort an der Moldaubiegung das Stadtrecht. Rund 30 Jahre später wurde auf der Westseite der Moldau eine neue Stadt gegründet, die heutige Kleinseite, etwas später (1320) noch die Hradschin-Stadt, welche sich unmittelbar westlich von der Prager Burg befindet.
Als Karl IV. nicht nur böhmischer König, sondern 1355 auch Kaiser wurde, erlebte Prag einen großen Aufschwung. Seit 1348 war man Universitätsstadt (die erste deutschsprachige Universität überhaupt), Handel, Handwerk und Kultur blühten. Mit der Gründung der Prager Neustadt im selben Jahr wurde Prag zu einer der bedeutendsten Agglomeration Europas, denn es handelte sich weiterhin um vier getrennte Städte (Altstadt, Kleinseite, Hradschin-Vorstadt und Prager Neustadt). Mit dem ersten Prager Fenstersturz 1419 und den daraus folgenden Hussitenkriegen war es mit der blühenden Stadt jedoch fürs Erste vorbei. Erst der schwache deutsche Kaiser Rudolf II. machte Prag wieder zur Residenzstadt, was den Adel ermunterte, prächtige barocke Palais bauen zu lassen.
Im Jahr 1618 kam es dann zum zweiten Prager Fenstersturz, der den dreißigjährigen Krieg auslöste. Dieses Defenestrieren (also jemanden zum Zwecke des Protestes aus dem Fenster zu werfen) gilt als Beginn des protestantisch- böhmischen Aufstands gegen die katholischen Habsburger. Jedoch muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass der Dreißigjährige Krieg keineswegs nur eine religiöse Auseinandersetzung war, vielmehr ist er ein Krieg verschiedenster europäischer Staaten, um möglichst große Macht. 1620 kam es zur Schlacht am Weißen Berg, ganz in der Nähe von Prag, als die protestantischen Stände Böhmens, von den Streitkräften der katholischen Habsburger vernichtet wurden. Fortan bestimmten die Habsburger nicht nur das Baugeschehen, sondern auch die kulturellen Aktivitäten in der Stadt als auch im böhmischen Land. Das Tschechische ging mehr und mehr verloren bzw. wurde zurückgedrängt. So werden die nächsten zweihundert Jahre in der tschechischen Geschichte auch „temno“ (Finsternis) genannt.
Erst im Jahr 1784 schlossen sich die vier bisher selbständigen Prager Städte Hradschin (Hradčany), Kleinseite (Malá Strana), Altstadt (Staré Město) und Neustadt (Nové město) zusammen. In diese Zeit fallen auch die Anfänge der Widergeburt des tschechischen Nationalbewusstseins, insbesondere als eine Reaktion auf den Zentralismus Wiens. Wie so viele andere Städte in Europa auch, erlebte Prag im 19.Jahrhundert intensiv die Zeit der Industrialisierung. Lebten in Prag 1837 105.000 Einwohner (eine für die damalige Zeit erstaunlich hohe Zahl), so waren es 1925 schon 718.000. Wie in so vielen Städten zog vermehrt die Landbevölkerung in die Stadt, im Falle Prag war diese zumeist tschechischer Herkunft. So verloren die deutschen Bewohner 1855 ihre bevölkerungsmäßige Mehrheit in Praha. Aber nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell erlebte die Stadt einen Boom. Hier entstanden die Opern von Bedřich Smetana und Antonín Dvořák. Literarische Dichterkreise wetteiferten miteinander und brachten Autoren wie Franz Kafka oder Rainer Maria Rilke hervor. Obwohl sowohl Deutsche, als auch Tschechen in Prag lebten, kann man das Leben in der Stadt nicht als Beispiel gelungener Integration heranziehen. Sahen die Tschechen Prag als ihren kulturellen Mittelpunkt, fühlten die Deutschen sich ehr wie in einer Enklave und schielten auf die deutschen Zentren wie Berlin oder Wien. Ein Beispiel für diese fehlende Integration war auch die Zweiteilung der Karlsuniversität in Prag in einen deutschen und einen tschechischen Bereich.
Nach dem 1.Weltkrieg sahen die Tschechen die Zeit gekommen einen eigenen Staat auszurufen (und sich von Österreich-Ungarn loszusagen), was am 28. Oktober 1918 geschah. Zwei Tage später schloss sich auch das Slowakische Nationalkomitee der neuen Tschechoslowakischen Republik an, deren neue Hauptstadt Prag wurde. Doch die Selbstständigkeit hielt keine 21 Jahre. Am 15. März 1939 besetzten deutsche Truppen die sogenannte Rest-Tschechei und bildeten daraus das Reichsprotektoriat Böhmen und Mähren, während sich östlich davon die unter deutschem „Schutz“ stehende Slowakische Republik gründete. Obwohl unter deutscher Besetzung erlitt Prag im 2.Weltkrieg keine größeren Verluste, was nicht nur dadurch bedingt war, dass die Stadt sehr lange außerhalb der Reichweite der alleierten Luftwaffe lag, sondern wohl auch daran, dass die Stadt – mit rund 90% tschechischer Bevölkerung – geschont werden sollte. Ebenso verzeichnete Prag keine kriegswichtige Industrie.
Mit dem Ende des 2.Weltkireges ging auch das Ende der deutschen Bevölkerung einher. Der durch die Taten Nazideutschlands verursachte Rachefeldzug kostete vielen Deutsch-Pragern das Leben.
Seit 1948 dominierte die Kommunistische Partei in der seit 1945 wieder bestehenden Tschechoslowakei, die recht bald in das politische System des Ostblocks eingegliedert wurde. Doch noch einmal sollte Prag in die Weltöffentlichkeit geraten, als es im Jahr 1968 zum sogenannten „Prager Frühling“ kam. Unter Führung Alexander Dubčeks versuchte die Kommunistische Partei, einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz zu schaffen und leitete eine Phase der Reformen ein. Den Bruderstaaten im Ostblock ging dieses Bemühen jedoch zu weit und so marschierten am 21.August 1968 Truppen aus fünf Staaten des Warschauer Paktes ein. Am 23. August reiste die tschechische Führung nach Moskau und musste Zustimmen, den Großteil der Reformgesetzte rückgängig zu machen. Das Regime wurde jedoch viele Jahre später durch die samtene Revolution im November 1989 gestürzt. Nur wenige Wochen vorher war Prag fast täglich in den (west)deutschen Medien vertreten, als hunderte DDR-Bürger in die Botschaft der Bundesrepublik flüchteten, um von dort ihre Ausreise in die BRD zu erzwingen. Die Ausreise der Flüchtlinge, die wie von der DDR-Führung befohlen über ostdeutsches Territorium gelotst werden musste, führte dann in der DDR zu neuen Unruhen und leitete mit den Untergang der DDR ein. Nach der Spaltung der Tschechoslowakei wurde Prag am 1.1.1993 Hauptstadt Tschechiens.