Hochhäuser in Buenos Aires
Die Skyline von Buenos Aires verrät es sehr schnell, die Hauptstadt Argentiniens ist eine Hochhausstadt, wenngleich keine ganz Gewöhnliche. Sie zählt allein 79 Wolkenkratzer mit einer Höhe von 100m und höher (Quelle wikipedia.es). Das sind mehr, als in den für ihre Skyscraper nicht unbekannten Cities, Frankfurt oder London. Auffällig ist jedoch, dass keines der Hochhäuser die Höhe von 200m erreicht (eine Ausnahme ist der noch in Bau befindliche Torre Alvear, der mit 236m Höhe eine neue Bestmarke in der Stadt setzen wird). Ebenso fällt auf, dass es keine wirklich markanten Hochhäuser gibt, die wegen ihrer Eleganz oder besonderen architektonischen Bedeutung herausstechen. Weiterhin sei bemerkt, dass es zwar zwei Hochhauszentren gibt; Catalinas Norte und Puerto Madero, dass man aber viele weitere Hochhäuser über der Stadt verteilt sieht, eine gewisse Unordnung die prägend für das Aussehen der Metropole. Buenos Aires Skyline verteilt sich daher über große Teile des Stadtgeländes, ohne das wirklich etwas herausragt.
Historisch gesehen ist das erste Hochhaus der Stadt der Palacio Barolo von Mario Palanti. Er wurde 1923 am oberen Ende der Avenida de Mayo eingeweiht, kurz vorm Palacio de Congreso. Mit seinen 22 Stockwerken auf 100m Höhe beeindruckt er heute noch durch seine eklektische Architektur, die symbolisch versucht die „Göttliche Komödie“ von Dante nachzustellen, die der Italiener Palanti als Inspirationsquelle nutzte. 1934 wurde das Barolo höhenmäßig vom Edificio Kavanagh übertroffen. Weniger seine 120m in Richtung Himmel, als sein rational-moderner Stil beeindrucken bei diesem Hochhaus von Gregorio Sánchez, Ernesto Lagos und Luis María de la Torre. Ganz im Gegensatz zum Palacio Barolo wird hier jede Form der Ornamentierung vermieden, womit das Hochhaus ebenso eines der ersten Beispiele moderner Architektur in Argentinien ist. Ganz ähnlich wirkt das Edificio Alas, dass mit 141m (185m mit Antenne) wieder einen neuen Rekord aufstellte und diesen von 1957 bis 1994 in ganz Argentinien inne hatte. Das es jedoch 20 Jahre später als das Kavanagh gebaut wurde, sieht man dem Alas nicht an, vielmehr wirkt der Stahlbetonbau etwas aus der Zeit gefallen, denn in den 1950er Jahren war dieses Gebäude fast schon nicht mehr zeitgemäß.
Das Edificio Alas steht am Rande eines ab den 1960er Jahren geplanten und begonnen Stadtteils, des Viertels Catalinas Norte, am Rande von Retiro. Hier versuchte sich Buenos Aires, eine moderne Hochhausskyline zu geben. Das Gebiet das etwas südlich von Retiro liegt, war einst eine Industriegegend auf der Docks standen, welche aber nachdem Neubau des Puerto Novo Hafens zunehmend verödeten. Durch die Nähe zum Herzen der Stadt, hatte man 1956 einen Plan geschaffen, das Gebiet neu zu verwenden. 1961 wurde eine Gesellschaft gegründet, die für die Bebauung des Ortes zuständig wurde, aber auf Grund ökonomischer Probleme im Lande keine Erfolge erzielte. So wurde 1968 die Gesellschaft abgewickelt und Flächen an Konzerne verkauft. Ab den 1970er Jahren begann damit der Hochhausbau in Catalinas Norte mit dem Sheraton Buenos Aires & Convention Center; dem Torre Conurban sowie dem Torre Carlos Pellegrini und dem Torre Catalinas Norte. Keines der Gebäude setzte jedoch neue Maßstäbe (weder in der Höhe noch in der Form), sondern entsprang eher der in jener Zeit populären Linie moderner Hochhausbauten des International Style. In den 1980er Jahren kam der Bau weiterer Hochhäuser in Catalinas Norte auf Grund abermaliger wirtschaftlicher Probleme zum erliegen. Erst mit dem Neubau der Torres Alem und Catalinas Plaza im Jahr 1996 kam es zu einer zweiten Bauphase, in welcher beispielsweise der Torre IRSA und das Edificio Laminar Plaza errichtet wurden. 2001 folgte der BostonBank Tower von Cesar Pelli, der ein postmodenernes Element in das Wolkenkratzer-Viertel einstreut. In den letzten Jahren kamen dann das Hochhaus der BancoMacro ebenfalls von César Pelli und die neue Unternehmenszentrale der Bank BBVA Frances, der Torre BBVA des Architekturbüros BMA dazu, die beide zeitgemäß innovativ in ihrer Formgebung wirken.
Gleichzeitig wurden in der ganzen Stadt viele weitere Hochhäuser errichtet, die jedoch punktuell entstanden. So ist auch das momentan höchste vollendete Haus, der Torre Cavia in Palermo, ein 2009 fertiggestellter Wohnturm des Studios Aisensons. Damit ist auch gleich eine Besonderheit der Hochhausarchitektur in Buenos Aires angesprochen, die relativ hohe Anzahl an Wohntürmen. Dies findet sich ganz besonders im neuen Stadtteil Puerto Madero, dessen zahlreiche Wolkenkratzer, anders als im benachbarten Catalinas Norte, größtenteils als Wohnhäuser angelegt sind.
Puerto Madero war einst ein Hafengelände, das ab 1882 unmittelbar vor der Innenstadt entstand. Die Pläne stammten von Eduardo Madero, der dem Areal damit auch seinen Namen gab. Doch bald wurde der Hafen für die immer größer werdenden Schiffe zu klein und ein weiterer Hafen, der Puerto Novo wurde gebaut. Damit begann der Anfang des Endes des Puerto Madero, der zunehmend verfiel. Zahlreiche Pläne und Ideen wurden entwickelt für das Gebiet, das in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum liegt und damit eigentlich glänzende Voraussetzungen bezüglich seiner Lage hat. Es sollte aber Dekaden dauern, ehe etwas wirklich substanzielles passierte, erst 1989 wurde ein Kooperationsvertrag unterzeichnet, der die Reurbanisierung von Puerto Madero vorsah. Alte Warenhäuser wurden umgebaut; Bars, Restaurants und Museen an das alte Hafenbecken gebaut und Santiago Calatrava lieferte eine Drehbrücke, die so etwas wie das Wahrzeichen des neuen Stadtteils wurde. Seit 2000 schossen etliche Wolkenkratzer in die Höhe, die größtenteils als Wohnhochhäuser dienen und auf einer eher wohlhabenderen Klientel abzielen. So stehen im Wohnbezirk Puerto Madero die höchsten Häuser der Stadt (und nicht im Geschäftsbezirk Catalinas Norte), wobei die Höhenkrone, der 235m hohe Torre Alvear noch im Bau ist, seine Nachbarn, der Torre Renoir, die Torres El Faro, der Torre YPF oder die Torres Muliers aber alle zu den höchsten Bauwerken des Landes gehören. Diese zweite Skyline der Stadt, die sich aus Richtung des Rio de la Plata fast vor die erste schiebt wurde zu einem Zeichen für das neue Buenos Aires, mit dem gern und häufig geworben wird, dass aber glücklicherweise nur ein Teil einer weitaus vielfältigeren Stadt ist.