Die Burg

Einführung | Geschichte des Burgenbaus | Burgtypen | Bauten auf einer Burg

Einführung

Wie fast jedes Kind, war ich schon frühzeitig von Burgen fasziniert, von ihrer Mächtigkeit, verbunden meist mit ihrer exponierten Lage und von den mittelalterlichen Geschichten, die sie zu erzählen hatten, von Rittern, Minnesängern und den anderen herrschaftlichen Bewohnern der Burgen. Auch scheinen viele Städte mit Burgen zu tun zu haben, denn so viele Namen sind allein in Deutschland damit verbunden: sei es nun Hamburg, Würzburg oder Altenburg. Gebaut werden Burgen heute nicht mehr und so künden sie von einer vergangen, sagenumwobenen Vergangenheit. Es ist also höchste Zeit sich einen etwas genaueren Blick darüber zu verschaffen, wie Burgen entstanden sind, warum heute keine Burgen mehr gebaut werden und was für unterschiedliche Formen dieser Bauwerke es gibt.

Eine Burg ist definitorisch ein geschlossener und bewohnter Wehrbau, der zumeist im Mittelalter errichtet wurde. Jedoch können auch Wehrbauten, die in der Antike gebaut wurden als Burgen bezeichnet werden. Da der Bau von Burgen eng mit den sozialen Verhältnissen der mittelalterlichen Feudalherrschaft verbunden ist, kann man aber sagen, die Burg ist primär gesehen ein sehr europäisches Bauwerk einer bestimmten Epoche. Interessant ist, dass die inhaltliche Zuordnung für den Begriff „Burg“ erst im 19. Jahrhundert entstanden ist. Begriffe wie Huus und Feste wurden früher ebenso verwendet, wie das ab dem 16. Jahrhundert aufkommende Wort Schloss, was später aber nur noch für Repräsentationsbauten benutzt wurde. In der heutigen Verwendung ist ein Schloss ein unbefestigter adliger Wohn- und Repräsentationsbau, eine Festung ein rein militärischer genutztes Bauwerk und eine Burg eben eine bewohnter Wehrbau.

Geschichte des Burgenbaus

Befestigte Wohnanlagen gehen schon in die Frühgeschichte der Menschheit zurück. Sie sind heute aber nur noch als archäologische Objekte zu finden. Im Römischen Reich wurden über das gesamte Territorium Kastelle erbaut, daher Militärlager, die sowohl für Heeresoperationen, aber auch als Garnisonen benutzt wurden. Sie trugen nicht nur zur Romanisierung von zahlreichen Regionen bei, sondern führten auch zu zahlreichen späteren Stadtgründungen.

Die Epoche der Burgen ist aber das ganz klar das Mittelalter. Nach den unruhigen Zeiten der Völkerwanderungen in der Spätantike, zogen sich einige Bewohner in sicherer liegende Orte zurück, zum Beispiel auf Hügel und Berge, die leichter zu verteidigen waren. Es entstand die Form eines „castras“ einer befestigten Höhensiedlung, zuerst im italienischen Gebiet, später ebenso im fränkischen Reich. Vom 8. bis zum 10. Jahrhundert wurden eine Vielzahl von Burgen und Befestigungsanlagen errichtet, die als Wehrbauten, Sammelplätze des Militärs oder als Schutzort für die Bevölkerung genutzt werden konnten. Dabei konnte allerdings nicht einfach jeder eine Burg auf sein Land setzen! Das Recht, die Genehmigung für einen Bau vorzunehmen, oblag dem König und konnte maximal von ihm auf Herzöge und Markgrafen übertragen werden. In jener Zeit entstanden somit vermehrt Großburgen, die so etwas wie lokale und regionale Zentren wurden. Hier wurden auch Verwaltungs- und Justizaufgaben wahrgenommen. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte tauchten vermehrt aber auch kleiner Burgen auf. Man kann davon ausgehen, dass mit einer Abschwächung der zentralen Macht des Königs, weniger hoch angesiedelte Adlige ihre Chance nutzten und „private“ Burgen erbauen ließen, um den eigenen Anspruch zu repräsentieren.
Das Königtum, dass ein Netz aus Pfalzen besaß, daher so etwas wie Wohn- und Machtstützpunkte, die es besuchte und bewohnte, musste in einigen Fällen sogar diese Pfalzen Adligen überlassen. Jene gingen in der Zeit von 900 an dazu über, dauerhafte Wohnsitze in Höhenlagen zu bauen. Bei entsprechender Machtfülle und Dauer der Machterhaltung, spricht man von Dynastien von Adelsfamilien. Natürlich mussten dafür entsprechend herrschaftliche Familiensitze gebaut werden, die sogenannten Adelsburgen. Um das Jahr 1000, besaßen diese Adelsburgen dann zumeist einen Wohnturm aus Stein, der von einer Ringmauer umgeben war. Ein weiterer Typ von Adelsburg war die Motte, einer zuerst in Westeuropa anzutreffenden Bauform. Dabei handelt es sich um einen (oft) künstlich angelegten Hügel, der von einem Wassergraben umgeben war. Auf dem Hügel stand ein Wohnturm, der anfangs noch aus Holz gefertigt war. Aber nicht nur der Hochadel ließ ab dem 11. Jahrhundert Burgen bauen, auch Adlige niederen Standes und Ministeriale, also im königlichen Dienst stehende Beamte (ab dem 13. Jahrhundert wurde aus ihnen, die mit dem Bild des Mittelalters verbundenen Ritter), wurden Burgbauherren. Während man im kupierten Gebiet versuchte, auf Bergen und Spornen zu bauen, entstanden im Flachland zumeist Wasserburgen. Diese Zeit des Hochmittelalters gilt als die Blütezeit des Burgenbaus. Burgen in jenen Jahren hatten zumeist einen Bergfried, einen dominierenden Hauptturm. Daneben konnte ein Pallas stehen, ein Wohnbau, der aus Gründen der Repräsentation auch einen Saal beherbergte. Im 13. und 14. Jahrhundert entwickeln sich Kastellburgen, die Repräsentation und Wehrhaftigkeit kombinieren. Im letztgenannten Säkulum kommen vermehrt Zwinger hinzu, also Abschnitte, die zwischen der Ringmauer und einer vorgesetzten weiteren Maueranlage gebaut wurden, um eine weitere Verteidigungsmöglichkeit zu haben. Natürlich gehörte eine Wehrmauer zu jeder Burg, welche die elementare Schutzfunktion hatte. Die Entwicklung des Burgenbaus und seiner Wehranlagen verläuft im Übrigen recht ähnlich zur Entwicklung der Stadtbefestigung.
Die Formgebung von Burgen war nicht nur abhängig vom Baugebiet, sondern auch von kulturellen und gesellschaftlichen Einflüssen. Deutsche Burgen sind meistens kleineren Ausmaßes als britische oder französische Burgen, obwohl die längste Burganlage Europas in Burghausen (Bayern) steht. Aber auch die Deutschordensburgen, die mit der deutschen Kolonisierung Osteuropas von statten ging, sind wiederum unterschiedlich im Vergleich zu deutschen Burgen. Die Kreuzzüge ließen wohl ebenso Ideen arabischer Wehrarchitektur nach Europa einfließen, wie im teilweise unter arabischer Herrschaft stehenden Spanien, dort sind Burganlagen errichtet worden, die so nicht in anderen Teilen Europas zu sehen sind (zum Beispiel bei der Anlage in Coca / Kastilien).
Burgen konnten aber auch aus vielerlei weiteren Gründen gebaut werden, nicht nur um adlige Bewohner zu beherbergen. So gab es Zwingburgen, um eine Basis zu haben, angrenzende feindliche Gebiete zu bezwingen, sie also im nächsten Schritt zu übernehmen. Okkupationsburgen wurden in fremden Besitz gebaut, um dortiges Land zu beanspruchen. Zollburgen wurden an Verkehrsverbindungen gebaut, um Wegzölle einzufordern, aber auch die Handelswege zu sichern. Gleichzeitig konnten einige Burgen verlagert werden und an neue Standorte gesetzt werden (sogenanntes „Burgen springen“).
Mit dem Bau einer Burg kam es auch zu neuen sozialen Konventionen im Umland. Der Burgfrieden war der Hoheitsbereich der Burg, in welchem Fehden, also Feindeshandlungen von Privatpersonen untereinander streng verboten waren. Wer innerhalb dieses Gebietes lebte, musste sich daran halten. Der Burgbann grenzte ein Gebiet ab, in welcher die im Bann lebende Bevölkerung zum Frondienst verpflichtet werden konnte. Wie für das Mittelalter üblich brachte die Herrschaft über ein Territorium damit sowohl eine höhere Sicherheit, als auch eine wirtschaftliche Ausbeutung für die meisten Menschen mit sich.
Mit dem 14. und besonders dem 15. Jahrhundert kam es zum Burgensterben. Der wirtschaftliche Niedergang der Ritter, der Aufstieg von Städten, die jetzt Burgen erwerben konnten, natürliche Katastrophen wie Unwetter oder Erdbeben, Kriege (wie der 30-jährige Krieg, bei dem rund 10% aller vorhandenen Burgen zerstört worden sein sollen) und neue Wohnformen, die mehr Komfort versprachen, ließen viele Burganlagen zurück, die verlassen wurden und verfielen. Auch die Wehrbebauung veränderte sich. Bastionen mit Rondellen wurden gebaut, die es schafften tote Winkel in der Verteidigung zu vermeiden, später entstanden daraus Zitadellen.

Spätestens ab dem 16. Jahrhundert ließen sich zahlreiche Burgruinen in der Landschaft finden, die kaum noch oder gar nicht mehr bewohnt wurden. Später wurden viele dieser Anlagen abgebrochen und beseitigt. Erst die in der Romantik des 19. Jahrhundert aufkommende Burgenfaszination führte wieder zu einer Belebung bzw. einer Wiederbesinnung auf bzw. von Burgen, wenngleich dabei das mittelalterliche Leben romantisch verklärt und verkitscht wurde. Die Neubauten jener Tage, wie Neuschwanstein (ab 1869), oder die Burg Hohenzollern (1850 bis 1867) hatten nichts mit einer mittelalterlichen Burg gemeinsam, außer einer äußeren Ähnlichkeit, die zumeist unter der Maßgabe der romantischen Einbettung in die Landschafte getragen war, welche der Repräsentation des neuen Burgbesitzers gefallen musste.

Burgentypen

Burgen können ganz unterschiedlich unterteilt werden. So kann man grob nach der topographischen Lage zwischen Höhen- und Niederungsburgen aufteilen.

Topographische Einordnung Unterordnung Beispiel
Höhenburg Gipfelburg Burg Hohenzollern
Felsenburg Burg Sloup
Kammburg Burg Xátiva
Spornburg Burg Kriebstein
Hangburg Burg Ehrenfels
Höhlenburg Predjama
Niederungsburg Wasserburg Schloss Glücksburg
Sumpfburg Burg Storkow

 

Ebenso kann man Burgen nach ihrer Funktion  unterscheiden.
Eine Fliehburg, wie die Slawenburg Raddusch beispielsweise ist eine von Wällen umgebene Verteidigungsanlage, die normalerwiese nicht dauerhaft bewohnt wurde, sondern von der lokalen Bevölkerung nur als Rückzugsort bei Kriegsgefahr diente.
Eine Ganerbenburg ist eine Anlage, die gleichzeitig von mehreren Familien verwaltet wurde, bekanntestes Beispiel ist die Burg Eltz.
Eine Hofburg ist ein Nachfolger der kaiserlichen Pfalzen und diente als monarchische Residenz. Die Wiener Hofburg, obwohl heute eindeutig ein Schloss, lässt ihre Ursprünge als Burganlage noch im Namen erkennen. Ähnlich dazu ist eine Landesburg, oder landesherrliche Burg eine Anlage, die der jeweilige Herrscher eines Territoriums zur Sicherung und Ausweitung seines Gebietes nutzte. Eine Trutzburg ist eine Burg, die neben der Sicherung der eigenen Machtansprüche auch zur Eroberung generischer Territorien errichtet wurde. Nur sehr selten standen aber genügend finanzielle Mittel zur Verfügung, eine Trutzburg aus Stein zu errichten, so wie bei der Burg Trutzeltz. Zollburgen wurden zur ordnungsgemäßen Abwicklungen der Gebührenabgabe bei Zollstationen gebaut. Die Abgabestation und die Burg lagen dabei in unmittelbarer Nähe, heute sind am Rhein noch einige solcher Zollburgen zu sehen, wie die Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub. Aber auch die Burg Karlsfried im Zittauer Gebirge ist ein Beispiel für eine Zollburg. Zwing- und Frohnburgen wiederum sind meist sehr reichhaltig ausgerüstete Burgen, die in Gegenden gebaut wurden, in welchem der Herrschaftsanspruch des Herrscher nicht vollständig vorhanden war und die Bevölkerung gegeben falls nicht loyal zu dieser Herrschaft stand. Sie wurden meist in neu gewonnen bzw. neu zu besiedelten Gebieten gebaut. Ein Beispiel hier ist die Moritzburg in Halle.

Eine weitere Unterscheidung von Burgtypen ergibt sich aus architektonischen Besonderheiten der Burg. Eine Abschnittsburg zum Beispiel ist durch Gräben oder Mauern in verschiedene Abschnitte unterteilt, wobei jeder Abschnitt eine eigenständige Befestigungsanlage hat. Eine Motte (aus dem französischen „motte“ = Klumpen, Erdsohle) ist ein vorwiegend in Holzbauweise errichtetes Turmgebäude auf einem künstlich angelegten Erdhügel. Später konnten daraus Ringburgen entstehen, welche die Anlage mit einem geschlossenen steinernen Ringmauer umgeben. Dies entstand zumeist in der Form eines Ringes um die Gebäude, im späteren Mittelalter aber auch mit anderen, der Funktion und der Topografie angepassten Formen. Zu unterscheiden ist die Motte übrigens von der Turmburg, bzw. dem Donjon, der zwar zumeist auch nur aus einem Hauptturm besteht, aber auf natürlichem und nicht extra aufgeschütteten Boden steht. Kastellburgen stammen aus dem Mittelmeerraum in der Zeit der Kreuzzüge, die dann später im restlichen Europa Fuß fassten. Die Gebäude sind hier an der Innenseite der zumeist viereckigen Mauer angebracht. An den Ecken können diese Burgen mit Bastionen oder Türmen verstärkt sein. Solche Burgen wurden später auch zu einem Vorläufer für Renaissanceschlösser.

Bauten auf einer Burg

Im folgenden werden noch einmal kurz die unterschiedlichen Bauten auf einer Burg zusammengefasst. Am wohl auffälligsten bei einer Burg kann der Turm bezeichnet werden. Dieser konnte entweder als Wohnturm genutzt werden, oder aber als Bergfried hauptsächlich für die Verteidigung konzipiert gewesen sein. Weiterhin sind Burgen in aller Regel durch Wehranlagen wie Befestigungsmauern gesichert. Hier kann man zwischen Ringmauern, Schildmauern (eine besonders starkes und abgesetztes Mauerstück, dass auf der Hauptangriffsseite stand) oder Mantelmauern sprechen (welche die Burg wie ein enger, hoher Mantel umschließt). Weiterhin kann man die im Text weiter oben erwähnten Zwinger bei jüngeren Anlagen finden. Innerhalb der Burg war der Pallas, das Hauptwohngebäude mit einer saalartigen Architektur. Daneben, oder auf einer Vorburg fanden sich weitere Gebäude, wie Werkstätten, Ställe, der Wirtschaftshof oder Lagerräume. Für die oft nicht einfach zu erhaltende Wasserversorgung wurden Zisternen angelegt, die Regenwasser sammelten, aber es konnten auch – zum Teil sehr tiefe – Burgbrunnen gegraben werden.