Geschichte Valéncias
Vom antiken Tyris über die Huertas und El Cid bis zum Ende der maurischen Herrschaft | Die Eroberung der Stadt durch Jaume I. und das Goldene Zeitalter Valencias | Niedergang, neue Kirchen und das Ende des Königreiches | Valencias Wachstum im 19.Jahrhundert | Bügerkrieg, Flut und Boom – Valencia im 20. Jahrhundert
Vom antiken Tyris über die Huertas und El Cid bis zum Ende der maurischen Herrschaft
Valencia ist eine der ältesten Städte der iberischen Halbinsel. Bereits im 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung schreibt der heidnische Dichter Avenius von einem großen Siedlungszentrum Namens Tyris, dessen Name mit einiger Sicherheit auf den Fluss Turia abzielt, der an der Stelle der heutigen Stadt ins Mittelmeer mündet. Allerdings sind keine weiteren Belege bekannt, weshalb das eigentliche Gründungsdatum der Stadt das Jahr 138 v.u.Z. ist, als „Valentina“ vom römischen Konsul Decimus Junius Brutus gegründet wurde. Der Ort wurde auf einem kleinen Hügel angelegt, womöglich einer Insel im Turia, jedenfalls war die Fläche umgeben von Wasserläufen. Die Gründung einer Stadt an jener Stelle, war für die Römer nicht unerheblich, lag sie doch ungefähr auf der Hälfte der Strecke zwischen den damaligen Metropolen Carthago Nova (dem heutigen Cartagena) und Taraco (Tarragona) und nicht unweit von der Neugründung lag die Via Heraklea, die später den heute bekannten Namen Via Augusta trägt, der wichtigsten Reichsstraße der Römer in Hispania. Im Zuge der Stadtanlage wurde die Reichsstraße durch die neue Siedlung umgeleitet.
Nach der rituellen Weihung des Ortes, die für römische Neusiedlungen obligatorisch waren, wurde die zu besiedelnde Fläche im bekannten Rastersystem groma aufgeteilt. Zwei Hauptstraßen wurden angelegt, der cardo maximus (von Nord nach Süd) und der decumanus maximus (von Ost nach West). Von diesen beiden Straßen gingen die Nebenstraßen ab. Die Via Augusta führte fortan auf dem cardo maximus entlang. Die ersten Siedler von Valentia waren ältere römische Soldaten, die in den Kriegen gegen die Iberer gedient hatten und die wohl mehrheitlich aus Mittel- und Süditalien stammten. Die neue Stadt wurde wohl über eine ältere iberische Anlage gelegt und war sowohl eine Vergeltungsmaßnahme an den Ureinwohnern als auch eine Manifestierung des römischen Machtanspruches in der Region. Die ersten Einwohner, man kann von rund 2000 Menschen ausgehen, errichteten erst provisorische Zelte (als ehemalige Armeeangehörige konnte man ihnen übergangsweise das zumuten), die dann nach und nach durch bescheidene Häuser ersetzt wurden. Eine Mauer befestigte den Ort. Später kamen alle für das römische Leben wichtigen Anlagen hinzu, Bäder, die ein wichtiges Zentrum des sozialen Lebens waren, Tempel, das Forum, das der Mittelpunkt der Stadt war und in dessen Nähe das Horreum stand, in dem Handel betrieben und die Steuern verwaltet wurden. Dass das Horreum gleich neben dem Forum stand ist ungewöhnlich für eine römische Stadt und zeigt wahrscheinlich dass eine rege Handelstätigkeit im jungen Valencia geherrscht haben mag.
Im Jahr 75 v.u.Z. kam wurde Valentia in den römischen Bürgerkrieg hineingezogen und die lediglich 63 Jahre alte Stadt fast restlos zerstört. Archäologische Ausgrabungen haben Skelette von den damaligen Kriegsopfern hervorgebracht und man kann davon ausgehen dass in jenen Tagen wohl rund 10.000 Menschen ihr Leben verloren, als die Stadt überrannt und ausgebrannt wurde. Für rund 70 Jahre war der Ort verlassen und Reisende auf der Via Augusta mussten in jenen Jahren nur die Überreste einer ehemaligen Stadt gesehen haben.
Im 1. Jahrhundert sind erste bescheidene neue Siedlungsversuche nachweisbar und im letzten Drittel des Jahrhunderts begann ein massiver urbaner und wirtschaftlicher Aufschwung, im neuen Valentia, das den gleichen Namen bekam, wie der frühere Ort. Die Stadtstruktur wurde erweitert, neue Aquädukte angelegt und der Hafen am Fluss wieder aufgebaut, die Curia erbaut, der Ort wo sich der Senat traf und ein Circus angelegt, dessen Ausmaße mit 350mx70m rund 10.000 Besucher für Wagenrennen oder ähnliche Veranstaltungen fasste und damit sogar die Einwohnerzahl der Stadt übertraf. Vom Jahr 70 bis 270 war Valencia zu einer wichtigen Stadt an der Ostküste der iberischen Halbinsel im römischen Reich geworden. Zwischen 270 und 280 kam es zu einer abermaligen Verwüstung der Stadt, die danach in etwas kleineren Dimensionen aufgebaut wurde. Im Jahr 304 wurde in Valencia im Zuge der Christenverfolgung der Römer, Vinzenz, der Diakon des Bischofs von Zaragossas, gefoltert und hingerichtet. Sein Märtyrertod wurde seit dem 4. Jahrhundert von den Christen verehrt und er wurde zum heiligen Vinzenz ausgerufen. Seine Gebeine wurden übrigens 1160 nach Lissabon gebracht, wo seine Gestalt heute der Schutzpatron von Portugal ist. Er gilt weiterhin als Schutzheiliger der Seeleute, Töpfer, Dachdecker und Holzfäller und erstaunlicherweise auch der Kaffeehäuser. Sein Gedenktag ist der 22.Januar, an dem übrigens Kolumbus eine Karibikinsel entdeckte und diese St.Vincent benannte.
Nachdem Ende des römischen Reiches und eines Intermezzos durch die Westgoten übernahmen die islamischen Mauren 718 die Macht in der Stadt, wobei die Übergabe der Westgoten an die neuen Herrscher wohl recht friedlich und friedlich organisiert von statten ging. Jedoch liegen die ersten Jahre der muslimischen Herrschaft ziemlich im Dunklen. Zwischen 778-779 gab es einen Bürgerkrieg in dem die Stadt erheblich unter Mitleidenschaft gezogen wurde. Danach war Valencia eher unbedeutend.
Erst als das einheitliche Emirat von Cordoba zerfiel, änderte sich die Stellung der Stadt gewaltig, denn sie wurde im 10. Jahrhundert Hauptstadt eines islamischen Staates, eines sogenannten „taifas“. In der Medina, also der ummauerten Innenstadt wurden neue Häuser, nach dem damaligen Muster gebaut. Sie alle waren um einen zentralen Innenhof gruppiert und hatten fast keine Fenster die zur Straße hin zeigten. Das gesamte Bauwerk war dazu da, die Privatsphäre der Hausbewohner zu schützen. Es gab ein Alcazar, also eine Palastanlage, welche der Sitz des Gouverneurs und seiner Familie war. Sie herrschten über das Taifa Balansiya, welches im al-Andalus, also im iberischen Teil des muslimischen Reichs eine nicht unbedeutende Stellung erreichte. Die Dynastie der Amiri ließ eigene Münzen prägen und erweiterte damit den Handel, in der eher landwirtschaftlich geprägten Region. So ist bekannt, dass sich 1149 italienische Händler in Valencia niederließen. Ebenso haben Ausgrabungen ergeben, dass es eine Rauda innerhalb der Medina gab, also einen Friedhof in der Stadt (normalerweise lagen islamische Friedhöfe außerhalb der Stadt), der für die reiche Oberschicht angelegt wurde und eine Art von Mausoleumsfunktion hatte. Die Stadt erreichte damals schon die Zahl von 15.000 Einwohnern, was ungefähr dreimal soviel war, wie das antike römische Valentia an Bewohnern hatte. Allerdings darf die Größe der Stadt nicht überschätzt werden, denn die mit Abstand größte Stadt des maurischen Spaniens war Cordoba mit rund 500.000 Einwohnern (es gab zu jener Zeit keine annähernd so große Stadt in West- und Mitteleuropa).
Entscheidend für die Stadtentwicklung war ebenso eine geografische Veränderung. Bis in die maurische Zeit hinein war Valencia eine Insel im Turia-Fluss. Um die Ausbreitung der Stadt zu erleichtern, wurde der südliche Flussarm zugeschüttet und die Stadt konnte sich weiter vergrößern. Valencia konnte sich zu einem kulturellen Zentrum seiner Zeit entwickeln, besonders die damaligen Wissenschaften in Theologie, Philosophie und Physik waren denen im restlichen christlichen Europa weit voraus. Wie groß der maurische Einfluss die Menschen damals prägte ist heute noch in den Baňos de Almirante zu sehen, Bädern die nach maurischer Tradition im Mittelalter errichtet wurden und noch bis ins 20. Jahrhundert hinein genutzt wurden und heute als Museum zu besichtigen sind.
Den wichtigsten, noch heute spürbaren, Beitrag der maurischen Zeit in Valencia machen die „huertas“ aus. Als huerta werden die landwirtschaftlich genutzten Bewässerungsflächen bezeichnet, welche von den Arabern in der Levante ausgebaut und verfeinert wurden. Die landwirtschaftliche Nutzung der flachen Küstenhöfe und Flussmündungen, die sich östlich der Gebirgsketten zum Meer hin in Spanien anschließen, geht wohl schon mindestens auf die Römer zurück. Es ist aber anzunehmen, dass schon vorher Siedler die guten Bedingungen zum Anbau von Nutzpflanzen nutzten. In der Antike wurden erste Bewässerungssystem erfunden, damit die landwirtschaftliche Produktion verbessert werden konnte und nicht zuletzt Italien und insbesondere Rom mit Nahrung versorgt werden konnte. Wichtig dabei war natürlich der Ausbau eines geeigneten Infrastrukturnetzes, dass die Güter entsprechend schnell an den Zielort transportierbar machte, wobei die Römer darauf achteten neben dem Ausbau eines Straßennetzes auch die Seewegen sicher und beherrschbar zu machen.
Die Mauren brachten in den Jahrhunderten ihrer Herrschaft in der Levante neue Impulse, die auf drei Schwerpunkte eingegrenzt werden können. Zum einen verbesserten sie die Bewässerungstechniken nachhaltig, sie führten neue Anbaumethoden ein und sie brachten neue Kulturpflanzen in die Region. Seither gehören Reis, Zuckerrohr, Baumwolle, Zitrusfrüchte und vieles mehr zu den Erzeugnissen, die nicht nur in den flachen Regionen Valencias, sondern im gesamten Osten Spaniens angebaut werden können. Besonders erfolgreich waren die Araber mit der Einführung eines neuen Bewässerungssystems. Dabei wurde das Wasser der Flüsse (im Raum Valencia vor allem des Turias und des Jucars) in neu angelegten (oder teilweise aus der Antike übernommenen) Kanälen, den „vegas“ geführt. Weiterhin wurden Brunnen gebohrt, um Grundwasser zu nutzen, sowie Staubecken oder Sicherwasser aufbereitet. Bei der Kanalbewässerung machte man sich des leichten Gefälles zu Nutze, baute aber auch System von Schleusen und Schiebern, um den richtigen Wasserfluss zu regulieren. Häufig wurde dabei die sogenannte Schichtbewässerung angewandt, das heißt ein entsprechendes Feld wurde mit einer Menge Wasser bis zu einem gewissen Level geflutet. Das angestaute Wasser konnte dann nach einer Zeit wieder zurück in den Kanal laufen.
Sollte es einmal Streitigkeiten über die benutzte Wassermenge geben, so wurde das Wassergericht eingeführt, das „tribunal de las aguas“. Dabei handelt es sich um das älteste, noch heute tagende Gericht der Welt, dass jeden Donnerstag um 12 Uhr vor der Kathedrale von Valencia tagt. Hier werden die Streitigkeiten der Wasserverteilung geregelt. Dem unterlegenen Kontrahenten kann vom Wassergericht, quasi der Hahn abgedreht werden, daher dem Unterlegenen kann das Wasser verweigert werden, eine Einspruchsmöglichkeit dagegen gibt es nicht. Dabei wurden immer auch soziale Aspekte bei der Rechtsprechung berücksichtigt. Seit 2009 steht das Wassergericht auf der UNESCO Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheitsgeschichte, auch wenn seine rechtliche Bedeutung in unseren Zeiten der staatlichen Durchdringung des Rechts nicht mehr nennenswert erscheint.
Seit der maurischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel ist die Christenheit beseelt gewesen von der Rückeroberung der Gebiete. In der sogenannten „reconquista“, einer äußerst uneinheitlichen Bewegung, die man von der Schlacht bei Covadonga in Asturien um 722 (als der asturische Führer Pelayo im bergigen Hinterland der Picos de Europa die Ausbreitung der islamischen Truppen stoppen konnte) über die Einnahme des letzten islamischen Staates der Halbinsel im Jahr 1492 in Granada bis hin zur Vertreibung der letzten Moslems im 17. Jahrhundert zeitlich einrahmen kann, kam es zu allerhand Gefechten und Heldensagen. Eine der wichtigsten ist die von „El Cid“. Eben jener wurde 1043 in Vivar bei Burgos geboren und errang schon früh Ehrfurcht und Lobpreisung als erfolgreicher Kämpfer für die Christenheit. Er war mit einer Nichte des Königs von Kastiliens verheiratet, wurde aber aus dem Land verbannt und fand Aufnahme beim maurischen Fürsten von Saragossa, für den er dann gegen die Christen kämpfte, was nur wieder zeigt, das praktische Lösungen auch damals wichtiger waren als jede Art von Dogmatismus. In den Kämpfen, erlangte er seinen Spitznamen „El Cid“ (=vom arab. „sejjd“ stammend = der Herr, sein eigentlicher Name war Rodrigo Díaz). Jedoch söhnte er sich mit dem kastilischen König wieder aus und wechselte abermals die Fronten. Er eroberte 1094 für die Christen Valencia und hielt die Stadt mehrere Jahre gegen den Ansturm der Mauren. Erst nach seinem Tod, 1099, wurde Valencia wieder von den Mauren eingenommen. Seine heldenhaften Taten, sind in der üblichen Form der Übersteigerung im Epos „cantar de mio Cid“ zusammengefasst, das noch heute als zeitloses Werk der spanischen Literatur in den Schulen behandelt wird.
Die Eroberung der Stadt durch Jaume I. und das Goldene Zeitalter Valencias
Am 9.Oktober 1238, nach fünfmonatiger Belagerung, gelangte Valencia endgültig unter die christliche Herrschaft der Krone von Aragon unter Führung von Jaume I. Der Verlust war für die Araber schmerzvoll und wurde in zahlreichen Liedern besungen. Die Christen jedoch feierten die Einnahme als historischen Sieg, der durch das ganze Abendland hallen sollte. Die Stadt wurde Hauptstadt des neuen Königreich Valencias, welches zur Krone Aragons gehörte, aber unabhängige Entscheidungen treffen konnte und über viereinhalb Jahrhunderte lang existierte. Es hatte das Recht eigene Gesetze zu verabschieden, eine eigene Währung auszugeben und eigene Höhen- und Längen-Maße festzulegen.
Die Stadt wurde neu aufgeteilt. Die nicht geflohenen Mauren mussten sich außerhalb der Stadtmauern niederlassen, in der „la Moreria“. Ebenso mussten die Juden in ein eigenes Viertel ziehen. Die religiösen Einrichtungen wurden christianisiert, über der Großen Moschee wurde eine neue Kathedrale errichtet und mit San Juan del Hospital wurde die erste neue Kirchgemeinde gebaut. Valencia blieb aber nicht von Problemen verschont. 1348 hatte die Pest die Stadt im Griff und 10 Jahre später überflutete der Turia die Stadt und schwemmte die alten Holzbrücken fort. Daraufhin wurden zwei neue Steinbrücken gebaut (die Serrano und die Trinidad Brücke), welche die Stadt mit den Vororten verband. Bald machte sich auch bemerkbar, dass der Verteidigungsschutz nur unzureichend gewährleistet war. 1363 griffen die Truppen des christlichen Nachbarn Kastiliens, Valencia an und die Stadt verteidigte sich mühevoll gegen die Angreifer. Das veranlasste den aragonesischen König, der Stadt den Ehrentitel „dos veces leal“ (zweifache Loyalität) zu verleihen, der sich im doppelten L des Stadtwappens wiederspiegelt. Eine Kommission die „Junta de Murs i Valls“ wurde eingesetzt, welche eine neue Stadtmauer konzipieren sollte. So entstanden neue Stadttore, wie auch das Serrano-Tor, der Haupteingang zur Stadt, der von 1392 bis 98 unter Leitung von Pedro Balaguer gebaut wurde. Das Tor mit seinen zwei Türmen ist eines der beeindruckendsten Beispiele gotischer Militärarchitektur in Europa, dass neben seinem Wehrcharakter auch gleichzeitig, in einer Art von Triumphbogen, den Reichtum und die Bedeutung der Stadt ausdrücken sollte. Obwohl zu jener Zeit vier große und neun kleine Stadttore gebaut wurden, sind nach der Schleifung der Stadtmauern 1865 heute nur der Torres de Serrano und die Torre de Quart übrig geblieben. Letzterer wurde von 1441 bis 1460 erbaut. Der Planer Pedro Bonfill orientierte sich beim wesentlich schlichter gehaltenen Torre de Quart am Castell Nuovo in Neapel.
Das 15. Jahrhundert war für die Stadt ein, oder besser, das goldenes Zeitalter. Kulturell und wirtschaftlich wurde Valencia zu einem Zentrum des Mittelmeerraumes. Joanot Martorell schrieb hier „Tirant lo Blanch“, einen Ritterroman, der nicht nur Cervantes zum „Don Quichote“ inspirierte, sondern auch als ein Vorläufer des modernen Romans gilt und als eines der wichtigsten Werke in katalanischer Sprache gilt. Ein weiterer bedeutender Dichter der katalanischen Sprache, Ausiàs March lebte und wirkte ebenso in der Stadt. Im Übrigen heiratete er die Schwester von Joanot Martorell. So ist es auch kein Wunder, dass die erste Druckerpresse der iberischen Halbinsel in Valencia arbeitete, ebenso ist die erste Bibel der romanischen Sprachfamilie in Valencia auf „Valenciano“ (daher „Katalanisch“, in der Öffentlichkeit ist es umstritten, ob Valenciano eine eigene Sprache gegenüber dem Katalanischen ist, das ist jedoch eher eine politische Diskussion, sprachgeschichtlich ist Valenciano eine Varietät der katalanischen Sprache) erschienen. Mit dem „Sacas d’amor“ stammt ein weiteres wichtiges Werk von einem Valencianischen Meister. Francesch Vicent schrieb damit, die erste Abhandlung über modernes Schach in Europa. Der kulturelle Fortschritt hatte auch mit der Orientierung der Krone Aragons auf Italien und insbesondere Neapel (dessen Königreich man für eine Zeit habhaft werden konnte) zu tun. Dortige Anfänge der Renaissance wurden in Valencia gern und begierig aufgenommen.
Die Stadt profitierte bei ihrem wirtschaftlichen Aufstieg auch von der Stagnation Barcelonas, dass von innenpolitischen Problemen gelähmt wurde (so versuchte das dortige Patriziat, ausländischen Banken den Zugang zur Stadt zu verwehren). In Valencia dominierte ausländisches Kapital, dass die Wirtschaft beflügelte. Außerdem lag es für viele Handelsrouten am westlichen Mittelmeer günstiger als Barcelona, da man es von hier näher zu den neu entstehenden Routen im Atlantik hatte. Die „Taula de Canvis“, die Handelsbörse, wurde 1407 gegründet und erlangte weitreichende Bekanntheit und Ruhm. Viele Handelsstädte und Länder, wie Genueser, Venezianer, Mailänder, Flamen oder Deutsche nutzen die Stadt als Stützpunkt. Produkte aus dem kastillischen Hinterland, wie beispielsweise Wolle wurden hier gegen Metallartikel gehandelt. Die weiterhin manigfaltige Produktion der landwirtschaftliche Erzeugnisse der huerta, die zumeist von der immer noch zahlreich vorhandenen muslimischen Bevölkerung angebaut wurde, waren eine Exportschlager und steigerten die überragende Position Valencias im westlichen Mittelmeerraum. Trockenobst, Zucker, Seide und Reis wurden bis nach England sehr geschätzt. Neben der florierenden Wirtschaft, entwickelten sich moderne kommerzielle Institutionen. In der Llotja residierten die Seekonsuln, die bei handelsrechtlichen Fragen als königliche Richter fungierten. Um 1494 brachte das Konsulat von Valencia ein umfassendes Gesetzbuch heraus, dass detailreich das Seerecht regelte, damit alle am Seehandel beteiligten Personen ein Anrecht auf Schutz ihrer Interessen haben. Es ist ein erster Ansatz für die Bemühungen, auf Hoher See einen rechtlichen Rahmen zu setzen.
Valencias Bevölkerung wuchs für damalige Verhältnisse rasant. Hatte man 1418 mit 40.000 Einwohnern schon eine beachtliche Zahl erreicht, so war man 1483 mit 75.000 Bewohnern eine der größten Städte Europas. Zahlreiche Bauten wurden neu errichtet. 1418 wurde der Turm der Kathedrale, der „Micalet“ fertiggestellt, der fortan die Silhouette der Stadt prägen sollte. Ebenso wurde die, eben schon erwähnte, Llotja de la Seda, die Seidenbörse, gebaut. Die Bauarbeiten unter Leitung des Steinmetzes Pere Compte dauerten von 1482 bis 1498. Das heute unter UNESCO-Weltkulturerbe stehende Gebäude gilt als eines der bedeutendsten profanen Bauwerke der Gotik. Das zweiteilige Gebäude mit seinem viereckigen Turm beherbergte einen großen Börsensaal, der mit seinen gewaltigen gedrehten Säulen und seinen drei Schiffen noch heute Bewunderung bei den Besuchern hervorruft. Der Versammlungsort des ebenfalls angesprochenen „consulado del mar“ wurde im zweiten Teil, im Laufe des 16. Jahrhunderts angefügt, wobei sich hier schon Stilmerkmale der Renaissance bemerkbar machen. Auch in jene Zeit fällt der Bau des Palau de la Generalidad (ebenfalls 1482 von Pedro Compte begonnen und 1510 durch Juan Carbrera und Juan Montano fertiggestellt), in welchem die Provinzparlamente und die Verwaltungsorganisationen der Krone saßen. 1499 gilt als Gründungsjahr der Universität von Valencia, denn am 30. Oktober jenen Jahres wurde Richtfest für das Gebäude der Hochschule gefeiert, das übrigens ebenfalls von Pere Compte stammt. Offiziell eröffnet wurde die Universidad de Valencia aber erst 1502, nachdem Papst Alexander VI. 1501 der Eröffnung zustimmte. .
Mit der Verschmelzung der Kronen von Kastilien und Aragons zum spanischen Königreich, dem Ende der Reconquista, also der Eroberung muslimischer Gebiete auf der iberischen Halbinsel und der Entdeckung, Besiedelung und Plünderung Amerikas schwand langsam aber sicher der Ruhm und die wirtschaftliche Bedeutung Valencias. Interessanterweise finanzierten reiche Bürger Valencias die Expeditionen von Kolumbus für die spanische Krone mit. Politik und Wirtschaft in Spanien und Europa konzentrierten sich nun zumeist auf den Atlantik und nicht mehr auf das Mittelmeer.
Von großer Bedeutung und tragischen Verlust war jedoch die steigende Intoleranz, im seit 1469 vereinten Spanien (mit der Heirat der „katholischen Könige“ wurden die Kronen von Aragon und Kastilien zusammengeführt). Dies führte sowohl zur Vertreibung der Juden, als auch der Muslime. Diese teilweise mit blutigen Kämpfen verbundenen Handlungen hatten die Entvölkerung von ganzen Landstrichen zur Folge und trugen zu einem dramatischen Einbruch des Ertrags in der Landwirtschaft der huertas und zum Weggang der muslimischen städtischen Handwerker bei. Ein Verlust, den Valencia nie wieder aufholen konnte und der das Goldene Zeitalter beendete.
Niedergang, neue Kirchen und das Ende des Königreiches
Die wirtschaftliche und soziale Situation sollte sich im 17.Jahrhundert nicht wirklich verbessern. Am Anfang des Jahrhunderts lebten in Valencia immerhin noch 60.000 Menschen, jedoch auch wenn die Stadt durch die neue religiöse Intoleranz nicht sehr viele Einwohner verlor, so waren die landwirtschaftlichen Flächen im gesamten Königreich stark betroffen. Dies führte zum wirtschaftlichen Niedergang und einer einsetzenden Kriminalität, die auch den Stadtmauern nicht immer halt machte. Erst gegen 1650 erholte sich die Wirtschaft, getragen von steuerlichen Erleichterungen, die der spanische König insbesondere der reichen Oberschicht machte.
Valencia entwickelte sich währenddessen in eine kirchliche Stadt, mit einer zunehmenden Zahl von Konventen. Mehr als 60 Kloster beherbergte die Stadt. Mit der Kapelle „Virgen de los Desamparados“ von Diego Martínez Ponce de Urrana wurde der populärsten Heiligenfigur eine Gebäude gebaut, das heute sogar den Status einer Basilika hat. Nicht zu vergessen sind auch der neue erzbischöfliche Palast von Juan Bautista Pérez Castiel, sowie der neue Turm im Barockstil der Santa Catalina Kirche von Juan Bautista Viñes.
Einen weiteren Einschnitt erlebte die Stadt im Spanischen Erbfolgekrieg, der von 1701 bis 1714 dauerte und Ausbrach weil sowohl die Habsburger (Österreich) als auch die Bourbonen (Frankreich) Anspruch auf den spanischen Thron anmeldeten. Wie Katalonien, so stand auch das Königreich Valencia auf der Seite der Habsburger, die jedoch in der Schlacht von Almansa 1707 entscheidend geschlagen wurden. Die Reaktion des neuen spanischen Königs Felipe V. waren entsprechend verheerend. Mit den „Decreto de Nueva Planta“ löste er das Königreich Valencia auf und stellte Stadt und Land unter zentralistische Kontrolle von Kastilien aus. Weiterhin wurde von offizieller Seite nun „Castellano“ (im Deutschen als „Spanisch“ bekannt) zur Amtssprache und drängte „Valenciano“ Stück für Stück zurück. Um die neuen Machtverhältnisse zu verdeutlichen, ließ der spanische König 16 Kanonen auf seiner Casa de Armas direkt auf das Herz der Stadt zeigen. So blieb nichts weiter übrig, als mit den neuen Verhältnissen zu leben.
Aber der Zentralstaat tat auch etwas: 1761 wurde die Straßenverbindung nach Madrid ausgebaut, 1767 wurde die Nachbarschaften Valencias in Stadtteile (Campanar, Benimaclet, Ruzafa, Patraix) aufgeteilt, mit je eigenen Bevollmächtigten. Auch die Wirtschaft erholte sich. Der Hafen wurde ausgebaut und am Ende des 18. Jahrhunderts hatte Valencia nicht nur rund 100.000 Einwohner, sondern auch seine erste Zeitung (den „Diario de Valencia“ seit 1790), rund 5000 Webstühle, welche die Bedeutung des Seidengewerbes in der Stadt verdeutlichen und eine Welle von neuen neoklassischen Gebäuden (Palacio del Temple, Palacio de Justicia). Das bekannteste Haus jener Epoche ist aber noch vollkommen dem Barock verschrieben, es ist der Palacio del Marqués de Dos Aguas, der von 1740 bis 44 gebaut wurde. Er ist das Glanzstück der barocken Architektur in Valencia. Der Titel des Markgrafen (dos aguas = zwei Wasser) wird übrigens mit zwei umgestürzten Krügen symbolisiert, welche die beiden großen Flüsse der Region, den Turia und den Jucar darstellen sollen.
Valencias Wachstum im 19.Jahrhundert
Das 19. Jahrhundert begann mit den Auswirkungen der französischen Revolution, wie im Rest von Europa, so auch in Valencia turbulent. In den Napoleonischen Kriegen hielt die Stadt lange dem Druck der französischen Truppen stand, fiel aber letztendlich dennoch in ihre Hände. Mit der nur einjährigen Herrschaft der napoleonischen Truppen begannen aber erste Veränderungen in der Stadt. Der königliche Palast verschwand und ebenso einige kirchliche Konvente. Auch nach der Wiederkehr des spanischen Königs wurde die Stadt für moderne Zwecke umgestaltet. Die enge mittelalterliche Stadt wurde langsam aufgelockert, Plätze und Gärten wurden verstärkt angelegt.
Die zahlreichen Unruhen und politischen Verwerfungen des 19. Jahrhunderts in Spanien, fanden auch teilweise in Valencia statt. Wichtiger aber noch war, dass neue liberale Kräfte in den 1830er Jahren die Desamortisation vorantrieben, also die Überführung von kirchlichem Besitz in Staatseigentum. Als ehemalige Stadt der Klöster hatte die Stadt nun neue Möglichkeiten der Gestaltung. Aus ehemaligen Konventen wurden zivile oder militärische Anlagen, aus einigen alten Klosterfriedhöfen schuf man neue Straßenzüge. 1832 wurde das Teatro Principal eingeweiht, 1839 begann der Bau des Plaza Redonda, 1852 erhielt die Stadt ihre erste Bahnstation um nur drei Beispiele für die städtischen Erweiterungen aufzuzählen.
Bereits an der Schwelle zum 19. Jahrhundert hatte Valencia rund 100.000 Einwohner und war schon in jener Zeit die 3. bevölkerungsreichste Stadt Spaniens (den ersten offiziellen Zensus gab es 1857, dabei wurden 104.000 Einwohner in der Stadt und 25.000 Einwohner in den Vorstädten gezählt). Innerhalb der nächsten 100 Jahre sollte sich die Zahl auf über 200.000 Einwohner erhöhen. Um mehr Platz für die wachsende Stadt zu schaffen, wurden 1865 die alten Stadtmauern entfernt. Leider riss man dabei fast alles, der bis ins Jahr 1356 zurückgehenden Wallanlagen nieder, nur die beiden mächtigen Stadttore, Torres de los Serranos und die Puerta de Quart blieben stehen, allerdings auch nur, weil sich darin Gefängnisse befanden und man keinen anderen Platz für die Insassen fand. Heute sind die Tore ein eindrucksvoller Beleg für das mittelalterliche Valencia und wunderbare Beispiele für die Wehrarchitektur des Mittelalters in Europa.
Durch den neuen Platz war Valencia jetzt aber auch mit dem Hafen „Grau“ verbunden, ebenso konnten neue Pläne für Stadterweiterungen gemacht werden, welche aber immer wieder durch politische Verwerfungen behindert wurden. So wurde „intramuros“ also innerhalb der alten Mauern schon einige Verbesserungen eingeführt. Die heutige Prachtstraße „Carrer de la Pau“ wurde angelegt und eine Ringstraße auf dem Gebiet der alten Mauern gebaut, welche Anschluss für neue Stadtteile bieten sollte, wie bei der „Carrer de Colón“. Letztendlich ging auch die Stadterweiterung im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts von statten und die „Eixample“ (valenc. für Erweiterung) wurde östlich der Stadt aufgebaut. Mit ihren größtenteils quadratischen Straßenformen erinnert sie vom Grundriss auch an die Erweiterung gleichen Namens in Barcelona. Noch heute ist die Eixample ein nobles Wohngebiet für die besser verdienende Bevölkerung der Stadt. Weiterhin kommt es zu mehreren Eingemeindungswellen der Vororte. Es entsteht auch der Plan die Stadt bis weit nach Osten zu erweitern bis an den Küstenort Cabanyal, schon dafür wurde bald eine große Straße errichtet.
In die Zeit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundertes kommt es zur kulturellen Bewegung der „Renaixença”, die den gesamten katalanischen Sprachraum betrifft. Es handelt sich dabei nicht nur um die Wiederbelebung der katalanischen Sprache, sondern auch um das Erkennen der lokalen Traditionen und ein stärkeres Empfinden der eigenen regionalen bzw. nationalen Identität. Bis heute ist diese Gemengelage in Valencia umstritten und es scheint fast so, als wäre die Identität der Stadt ein Streitobjekt, dass sich, wie schon erwähnt, auch an der Tatsache entzündet, ob Valenciano eine eigene Sprache sein soll, oder doch nur eine Variante des Katalanischen.
Bügerkrieg, Flut und Boom – Valencia im 20. Jahrhundert
Eine Gemeinsamkeit die sich in Ostspanien kaum abstreiten lässt, ist aber der Einfluss der Architektur des “Modernisme”, des Jugendstils. Obwohl dieser in Barcelona bzw. Katalonien teilweise spektakulärer in Erscheinung tritt, kann man auch in Valencia und entlang der gesamten Levanteküste viele Häuser im Stil des Modernisme finden. Nicht nur in der Eixample finden sich dazu herausragende Beispiele, wie beim Mercado Colón. Auch der Mercado Central oder der 1917 übergebene Hauptbahnhof Estació del Nord sind wunderbare Beispiele für den Jugendstil dieser Region. Auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsteht das neue Rathaus der Stadt, dessen Anklänge des Modernismus schon von einer Form der Nei-Gotik überformt werden. Trotzdem ist es heute noch ein stolzes Wahrzeichen Valencias.
Die Szene von Kunst und Kultur wurde von zwei Personen zur Jahrhundertwende dominiert. Zum einem vom Schriftsteller Vicente Blasco Ibáñez, der als einer der letzten großen Autoren des Realismus des 19.Jahrhunderts gilt. Zwar weilte der gebürtige Valencianer Vicente Blasco Ibáñez mehrmals in Frankreich und auch in Argentinien, aber neben seinen engagierten Romanen, war er auch als Journalist und Politiker tätig, der sich immer für den Republikanismus einsetzte. Die zweite Figur war der Maler Joaquín Sorolla, der in Valencia geboren wurde, aufwuchs und die hiesige Kunstakademie besuchte, nach Studienbesuchen in Italien und Frankreich sich aber in Madrid niederließ. Durch seinen großen Erfolg war es ihm aber auch möglich, sich ein Strandhaus in seiner Heimat zu kaufen, wo seine viel beachteten Strandbilder Valencias und seiner Menschen entstanden, welche noch heute einen wundervollen Eindruck auf das Leben jener Zeit darstellen.
Die Industrialisierung setze im 20.Jahrhundert immer mehr in Valencia ein. Neben den Stahlwerken im nahen Sagunto siedelte sich die Bekleidungsindustrie und die Möbelindustrie in der Stadt an und Valencia entwickelte sich zu einer Industriestadt, in welcher sich aber auch Armut und misserable hygienische Zustände ausbreiteten. Die Entwicklung vieler Projekte ging nur schleppend voran, allerdings gab es immer wieder Höhepunkte der Entwicklung, so wie die Regionalausstellung von 1909, welche zahlreiche Nachahmer in ganz Spanien fand.
Der 1.Weltkrieg, bei dem Spanien neutral blieb, hatte dann auch nur indirekte Folgen für die Stadt, die wie das ganze Land unter einer schweren Wirtschaftskrise litt. Erst der Aufschwung in den 1920er Jahren führte zu neuen Bauten am Turia, drei neue Brücken wurden über den Fluss gebaut, die außerhalb der Innenstadt liegenden Straßen wurden befestigt und neue Art Deco Bauten zeigten sich, wie die Finca Roja oder die expressionistischen Bauten der Finca del Hierro oder des Rialto Theaters.
Die 1930er Jahre standen nicht nur im Zeichen der 2.spanischen Republik, sondern auch der weltweiten Wirtschaftskrise und des 1936 beginnenden Brügerkrieges im Lande, der zwischen der aufständischen faschistische Falange unter Armeegeneral Franco und den republikanischen Kräften ausgetragen wurde. Die republikanische Regierung musste auf Grund dieser Kämpfe im Dezember 1936 nach Valencia ausweichen, was damit für rund ein halbes Jahr spanische Hauptstadt wurde. Mit der Regierung kamen Flüchtlinge, Kämpfer, Kriegsberichterstatter, Spione und Diplomaten in die Stadt so unter anderem auch Berühmtheiten wie Tolstoi oder Hemnigway. Doch schon bald wurde Valencia Mitten in die Kämpfe verwickelt, immer wieder vielen Bomben der franquistischen Truppen, die von den faschistischen Regimen in Deutschland und Italien unterstützt wurden, auf die Stadt. Als am 30.März 1939 die Stadt in die Hände Francos fiel, waren allein 930 Gebäude in der Stadt, besonders aber der Hafen, zerstört wurden.
Die Nachkriegsjahre waren geprägt vom Hunger, politischer Verfolgung und einer wirtschaftlich sehr angespannten Lage, die sich erst ganz langsam verbesserte. Die größte Veränderung im Stadtbild war daher auch die Folge einer schlimmen Naturkatastrophe, dem Hochwasser des Flusses Turia 1957. Schon seit Jahrhunderten gab es große Fluten des manchmal rasant anteigenden Flusses, doch die Flut 1957 war katastrophal. Diese setzte weite Teile der Stadt unter Wasser und kostete mindestens 81 Menschen das Leben und machte rund 3500 Familien obdachlos. Die Reaktion auf dieses Hochwasser war außergewöhnlich, denn man beschloss den sogenannten „Plan Sur“, der vorsah, den Flussverlauf aus der Stadt heraus, und ihn rund 3,5 km südlich davon ins Mittelmeer zu führen (es gab schon seit 1953 diesen Plan, allerdings erschien er anfangs wirtschaftlich nicht durchführbar). Die Bauarbeiten dazu wurden 1969 begonnen und 1973 abgeschlossen. Ein Effekt der Maßnahme war es, nun eine innenstädtische Freifläche zu haben, die man in eine Parklandschaft umwandeln konnte. So zieht sich heute ein grünes Band durch Valencia, eine Stadt die bis dahin nicht mit großen Parks gesegnet war.
Überhaupt waren die 1970er Jahre, die Zeit eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Die Bevölkerungszahl wächst rasant. Lebten 1960 noch 505.066 Menschen in der Stadt, sind es 1981 bereits 751.734. Mit dem Tode Francos 1975 kommt es zur demokratischen Transformation Spaniens. Valencia wird Hauptstadt der neu geformten Communidad Valenciana, die geografisch an das alte Königreich Valencia erinnert. Die Stadt transformiert sich in eine moderne Großstadt. Eine neue U-Bahn wird in den 1980er Jahren gebaut, die alte Vorortbahnen in einem unterirdischen Tunnelsystem vereint und heute das kilometermäßig zweitlängste Metronetz Spaniens vereint. In jene Zeit fällt auch die Vollendung der ersten Stufe der Umgestaltung des Flussbettes in eine Parklandschaft, die vom Katalanen Ricardo Bofill geplant wurde. Am ehemaligen Ufer entsteht der Konzertsaal Palau de la Musica, ein neues Glanzstück in der öffentlichen Architektur der Stadt. Ein Ende des Ausbaus ist in den ersten Jahren des 21.Jahrhunderts mit der neu errichteten Stadt der Künste und Wissenschaften geschaffen wurden, die unter Leitung des valencianischen Stararchitekten Santiago Calatrava ein weiteres (neues) Stadtzentrum darstellt, dass in den letzten 20 Jahren der Stadt eine ganz neue Facette gab.
In den 1990er Jahren machte die Stadt als Party und Technohochburg von sich reden. Auf der sogenannten „Ruta de Bakalao“ oder „Ruta de Destroy“ konnte man von Freitagabend bis Sonntagnacht in zahlreichen Technodiskotheken durchfeiern. Bis zu 30.000 Partygänger kamen jedes Wochenende aus ganz Spanien, um hier zu feiern. Einen eher kontroversen Ruf bekamen diese Orte durch (zumeist TV-) Reportagen, die enthüllten, dass ein hoher Drogenkonsum bei den Besuchern Gang und gebe war. Der innovative Charakter der elektronischen Musik verlor sich recht schnell zu Gunsten eines ausschweifenden Wochenendspaßes.
Heute ist Valencia immer noch die drittgrößte Stadt Spaniens. Sie ist nicht nur wirtschaftliches Zentrum und bedeutender Universitätsort (80.000 Studenten in zwei Universitäten) sondern auch touristischer Ausgangsort der Costa Azahar mit ihren weiten Stränden, aber auch zahlreichen Hochhäusern. Allerdings fiel mehr Schatten als Licht in den letzten Jahren auf die Stadt. Zum einen sind die Stadt und die Region stark von der spanischen Wirtschaftskrise seit 2008 betroffen und Arbeitslosenzahlen von fast 30% gehen nur sehr langsam zurück. Zum anderen sind die Entscheidungen der kommunalen Administration in der Bevölkerung umstritten mit Großereignissen wie der Formel 1 oder dem America’s Cup die Wahrnehmung der Stadt zu erhöhen, gleichzeitig aber dafür nicht unbedingt vorhandenen Gelder einzusetzen. Nicht nur das Metrounglück von 2006 mit 43 Toten, höhlte das Vertrauen in die Autoritäten der städtischen Verwaltung aus, auch die immer wieder auftretenden Korruptionsfälle, wie der Fall „Gürtel“, ließen eine zutiefst gespaltene Bevölkerung zurück und eine Stadt deren Identität zwischen Tradition und Neuerfinden genauso hin und herpendelt wie zwischen katalanischer und kastillischer (spanischer) Sprache. Auch deshalb wurde 2015 eine neue Stadtregierung gewählt, welche unter anderem den Abriss des in der Zeit des modernisme entstanden Cabanyal-Viertels zu Gunsten von Neubauten gestoppt hat.