Santa Barbara
Einwohner: 91.930 (2016) | Ballungsraum: ca. 220.000 | Fläche: 108km² (wobei lediglich 50km² Landfläche sind) | Hauptstadt des Santa Barbara County | 145km NW von Los Angeles
In Santa Barbara scheint die Welt noch in Ordnung zu sein, sieht man einmal von der handvoll Obdachlosen am Strand ab. Die Hauptstadt der „amerikanischen Rivera“ liegt rund 2 Stunden nördlich von Los Angeles und ist damit genau so weit vom Moloch entfernt, dass man sich in einem gediegenen und ruhigen Städtchen wähnt. Die Kids skaten im Park, die malerischen Cafés sind aufgeräumt und gut besucht und die Shops laden zum Geld ausgeben ein. Diese Wohlfühlatmospähre hat jedoch ihren Preis, denn tatsächlich ist Santa Barbara einer der teuersten Wohnorte der USA. Die Wohnhäuser kosten hier doppelt so viel wie im Rest Kaliforniens und im noblen Vorort Montecito ist das Einkommen sogar dreimal so hoch wie im Landesdurchschnitt, was auch damit zu tun haben könnte, dass viele Prominente sich hier niedergelassen haben.
Wie in vielen anderen Orten in Kalifornien waren es die Indianer, die hier schon seit tausenden von Jahren lebten, wenngleich sie keine Ortschaften hinterließen. Der für Spanien segelnde Portugiese Jose Cabrillo war mit seiner Mannschaft der erste Europäer, der durch den Santa Barbara Kanal fuhr, wenngleich dieser Meeresarm, zwischen dem Festland und den vorgelagerten Kanalinseln erst 1602 vom spanischen Forscher Sebastian Vizcaino erstmals so genannt wurde. Entscheidend für die weitere Entwicklung war die Gründung einer Mission 1786, die als 10. franziskanische Einrichtung ihrer Art helfen sollte, dass damalige Gebiet von Alto California zu zivilisieren. Die Mission wurde am 4.Dezember eingeweiht, dem Tag der Heiligen Barbara. Die Geistlichen versuchten die lokalen Chumash-Indianer zu missionieren und bauten dabei gleichfalls ein erstes Trinkwassersystem auf. Tatsächlich mussten aber viele Eingeborene die Ankunft der neuen Siedler mit ihrem Leben bezahlen. Der Hauptgrund lag daran, dass sie durch eingeschleppte Krankheiten aus Europa nieder gerafft wurden, da sie anders als die Europäer, keine Antikörper in sich trugen.
Das Santa Barbara, wie so viele Orte in Kalifornien, eine tektonisch ungünstige Lage hat, musste man 1812 erkennen, als ein Erdbeben und ein darauffolgender Tsunami das Örtchen zerstörten. Das neue Missionsgebäude wurde 1820 gebaut und gilt heute noch als beeindruckenstes Beispiel spanischer Kolonialarchitektur in Kalifornien, wobei ab 1822 die spanische von der mexikanischen Flagge abgelöst wurde bis Santa Barbara, wie der Rest von Kalifornien ab 1848 an die USA gingen (schon zwei Jahre vorher fiel die Stadt vollkommen unblutig an die Truppen von John C. Frémont). Noch in mexikanischer Zeit, um 1833, wurde großer Besitz der Kirche verstaatlicht und an einige Familien übergeben, die darauf große „Ranchos“ anlegten, wo Rinder gezüchtet wurden. Im neuen US-amerikanischen Kalifornien kam es ab den 1850er Jahren zu zahlreichen Veränderungen, wenngleich nicht alle unbedingt günstig waren. So konnte der neue Straßengitterplan für die Stadt, erdacht von Salisbury Haley bestenfalls als ungünstig angesehen werden, da er die neuen Straßenblöcke so anlegen ließ, dass verpfuschte scharfe Kurven auftraten. Andererseits wurden bald die Holzhäuser von ortstypischen „Adobe“ bzw. Ziegelbauten abgelöst und innerhalb von 10 Jahren verdoppelte sich die Einwohnerzahl von Santa Barbara. Die neuen Siedler wurden zumeist vom Goldrausch angezogen und Santa Barbara entwickelte sich zu einem Quartier für Glücksspieler und Banditen. In den 1860er Jahren endete die Rancho Periode der Rinderzucht, als nach einer langen Dürre, das meiste Vieh starb. Dafür tauchten in den 1870er Jahren mit Mortimer Cook ein reicher Investor auf, der eine erste Bank im Ort eröffnete und mit der 1872 erbauten Stearns Wharf wurde Santa Barbara leichter auf dem Seeweg erreichbar. So konnte sich die Stadt als Kurort und Ressort langsam etablieren, einem Trend der im gesamten Süden Kaliforniens einsetzte und eine begüterte Schicht von Menschen anzog. Der Bau der Eisenbahn 1887 nach Los Angeles und 1901 nach San Francisco verstärkte diesen Trend. Nach der Jahrhundertwende wurde im Kanal erstmals Öl gefunden und der Offshore Abbau des Bodenschatzes begann, der bis heute übrigens anhält und auch noch gut sichtbar ist. Die Stadt wuchs rasch und neue Industriezweige siedelten sich hier an, wie Filmstudios als auch die Longhead Aircraft Company, der Vorläufer des bekannten späteren Flugzeugbauers Lockheed Corporation, der sich in den 1920er Jahren in Hollywood niederließ (und heute unter Lockheed Martin firmiert).
Am 29. Juni 1925 erlebte die Stadt ihren Schicksalstag, als es zu einem Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala kam. Glücklicherweise kamen nur 13 Menschen bei dem Beben ums Leben, eine sehr niedrige Zahl, wenn man bedenkt, dass die komplette Innenstadt zerstört wurde. Der Wiederaufbau im Stil der spanischen Kolonialzeit prägt noch heute das Stadtbild. Bauwerke wie das Santa Barbara County Courthouse von Charles William Moore gelten als eines der schönsten Architekturen des „Spanish Colonial Revivals“. Am 23. Februar 1942, wenige Monate nachdem die USA in den 2.Weltkrieg eingestiegen sind, tauchte das japanische U-Boot I-17 vor der Stadt auf und bombardierte das Ellwood Ölfeld vor der Stadt. Obwohl die Schäden minimal blieben (ca. 500$), war der massenpsychologische Effekt in den USA dramatisch, war es doch der erste ausländische Angriff auf das amerikanische Festland seit 1812. Die Gefahr einer japanischen Invasion wurde breit diskutiert und führte zum Wegzug zahlreicher Einwohner und zu einer massiven Abwertung des Häusermarktes und das obwohl nie wieder ein japanisches Boot in die Nähe der kalifornischen Küste kam. Alle diese negativen Effekte waren jedoch nach dem 2.Weltkrieg schnell vergessen, als insbesondere Armeeveteranen sich in Santa Barbara niederließen und die Stadt einen neuen Einwohnerboom erlebte. Die Ölindustrie wurde in den folgenden Jahren jedoch zunehmend beschnitten, da es immer wieder zu auslaufenden Öl auf den Plattformen vor der Küste kam, das den Strand der Stadt und des Umlandes verschmutzte. Santa Barbara orientierte sich später an anderen Industriezweigen und so zogen Unternehmen der Luftfahrt ab den 1970er Jahren hierher. Einer der größten Arbeitgeber der Stadt ist heute die University of California – Santa Barbara, deren 25.000 Studenten der Stadt und der Umgebung (tatsächlich gehört das Unigelände nicht zur Stadt und liegt auch näher zum Vorort Goleta) einen jugendlichen und intellektuellen Charme verleihen. Seit den 1960er Jahren kam es immer wieder zu schweren Waldbränden in der Region, so wie auch aktuell im Winter 2017.
Und wären nicht die hohen Wohnungspreise, die viele Menschen zum ein- und auspendeln zwingen, wäre Santa Barbara tatsächlich ein fast perfektes Städtchen an der kalifornischen Westküste, mit ihren Bars im Funk District, dem Piers am Pazifik und den Bergen der Santa Ynez Mountains, welche die Stadt umranden, den Shops auf der State Street und der über der Stadt thronenden Mission, die als Königin der kalifornischen Missionen gilt.