Glasgow

urban facts

Die größte Stadt Schottlands zeichnet sich durch eine Anzahl höchst unterschiedlicher Aspekte aus. Sie ist eine Arbeiterstadt durch und durch, war aber schon vor der industriellen Revolution, in welcher sie zu dieser wurde, ein religiöses und akademisches Zentrum Britanniens. Jedoch war es der gesellschaftliche Umbruch des 19. Jahrhunderts, der die Stadt am Fluss Clyde zur Industriemetropole wachsen ließ. Ideal mit dem Schiff zu erreichen, wurde die Stadt zentraler Handelsumschlagsplatz. Die zahlreich vorhandenen Kohle- und Eisenvorräte des Larnakshire, sowie die Textilherstellung und der Schiffsbau zogen zahlreiche Menschen aus dem schottischen Umland, insbesondere aber auch aus dem armen Irland nach Glasgow. Als „zweite Stadt“ des britischen Empires wuchs der Reichtum der Bürgerschaft. Auf der anderen Seite herrschten miserable Verhältnisse für die Arbeiterschaft, trotzdem zog es immer mehr Menschen hierher.
Der Niedergang der Stadt begann schon nach dem 1.Weltkrieg. Verstärkt wurde dieser Abstieg ab den 1960er Jahren mit dem Wegbrechen der Schwerindustrie und seit jener Zeit erlebte Glasgow auch einen massiven Schwund an Einwohnern. Glasgows Erbe sind aber immer noch Armut und Segregation. Hier scheint sich nur wenig seit den Anfängen der industriellen Revolution getan zu haben. Einige Viertel der Stadt haben eine Lebenserwartung von unter 55 Jahren! Zum großen Teil durch Alkohol- oder (und) Zigarettensucht und schlechte Ernährung bedingt, was sich schon als Fachterminus „Glasgow Effekt“ eingebürgert hat. Einige Stadtteile leiden unter einer sehr hohen Kriminalitätsrate, welche Glasgow zu einer der gefährlichsten Städte Europas machte. Auch wenn die Kriminalität seit 10 Jahren rückläufig ist, so bleibt sie doch über dem nationalen Durchschnitt. Erwähnt muss aber auch werden, dass der „Normaltourist“ in der Innenstadt nichts von der hohen Kriminalitätsrate spürt.

Seit den 1990er Jahren versucht sich Glasgow sein Image und Stadtbild wieder aufzufrischen und kann heute, wie beispielsweise auch Bilbao, als eine ehemalige Industriestadt gesehen werden, die mit neu belebtem Wirtschaftssektoren (zumeist im Dienstleistungs- und Bankenbereich), kulturellen Angeboten und neuer Architektur an Attraktivität gewinnt. Glasgow bietet eine große Vielfalt von Museen an, wovon 13 sogar kostenlos besucht werden können. Zu den spektakulärsten Neubauten gehört das von Zaha Hadid konzipierte Riverside Museum, direkt am Clyde. Zahlreiche Musikbands stammen aus der Stadt (wie Franz Ferdinand, Travis, Tears for Fears oder Texas: eine umfangreiche Liste findet sich hier) und an der Qualität der Straßenmusiker ist zu erkennen, dass die größte Stadt Schottlands wohl bald neue Talente hervorbringen wird.

Nicht zu vergessen, aber interessanterweise in der Darstellung der Stadt Glasgow selbst kaum erwähnt (nicht ein Hinweis in der Touristeninformation), ist sie auch eine Hochburg des Fußballs. Drei reine Fußballstadien mit jeweils über 50.000 Plätzen sind – nach meinem Wissen – weltweit einzigartig. Zwei zutiefst verfeindete Klubs lieferten sich (bis zum Lizenzentzug der Rangers) jedes Jahr mindestens vier Derbies, das sogenannte „Old Firm“, nämlich der katholische Club Celtic und der protestantische Club Rangers.

Architektonisch ist Glasgow äußerst sehenswert. Von den repräsentativen Bauten am George Square, über die zahlreichen Jugendstilbauten von Macintosh bis hin zur zeitgenössisch-spektakulären Architektur am Clyde bietet die Stadt sehr viel (nur damit dann wiederum Mitten durch die Innenstadt eine der verkehrsreichsten Autobahnen Schottlands führt, die wiederum sehr an Duisburg erinnert). Wie in anderen Städten auch, wurde das ehemalige Hafengebiet am Fluss in ein neues Areal mit zeitgenössischer Architektur verwandelt. Hier verfolgt man die Hoffnung, der Stadt eine weitere glanzvolle Facette zu geben. Tatsächlich wächst Glasgows Wirtschaft heute wieder erheblich, ebenso nimmt die Zahl der Einwohner wieder zu (allerdings unter dem schottischen Schnitt) und man kann gespannt sein, wie die Entwicklung der Stadt weitergeht.