Bayonne

Name auf Baskisch: Baiona | Einwohner: 49.207 (2015) | Ballungsraum: 288.359 (2012) | Fläche: 21,6 km² | Hauptstadt des Arrondissements Bayonne | 55km NO von Donostia-San Sebastian, 180km SW von Bordeaux

Wer in den ersten Augusttagen nach Bayonne kommt, der wird schon weit bevor er die Innenstadt erreicht von einem eigenartigen Dress-Code der Einheimischen erwartet. Scheinbar jedermann, ob alt oder jung, Mann, Frau oder Kind trägt weiße Kleidung und dazu ein rotes Halstuch, einige – besonders jüngere Männer – haben ihre weiße Kleidung schon beschmutzt, so als wären sie durch den Schmutz gerobbt. Schnell vermutet man richtig, dass hier ein großes Volksfest stattfinden muss und tatsächlich Fêtes de Bayonnes eines der populärsten und meistbesuchten Feste Frankreichs. Die Idee dahinter stammt übrigens aus Pamplona bzw. wurde 1932 erstmals von dort übernommen. Seinerzeit wollten die Einwohner der Stadt eine ähnliche Feierlichkeit, wie das seinerzeit in Pamplona hoch geschätzte San Fermín haben, wobei in Bayonne Stiere nicht durch die Straßen der Stadt hetzen sollten, sondern auf einem Platz verblieben, dem Place Sant André. Mit über einer Millionen Besucher ist die Fête auch die zweitgrößte Veranstaltung nach San Fermín im Baskenland. In jenen Tagen ist ein Besuch der Innenstadt, nur um die Stadt zu erkunden zwecklos, denn diese ist voll mit Feiernden, die aus dem ganzen Umland und noch weiter weg her kommen. So empfiehlt es sich an einem anderen Tag wiederzukommen und Bayonne zu besichtigen.

Bayonne ist wenn man so will die letzte größere und nördlichste baskische Stadt, auch wenn „Baskisch“ in Frankreich viel mehr mit Folklore zu tun hat als mit tatsächlichem Leben (wenn man mal Baskisch auf der Straße hört ist man sich nicht sicher, ob es Einheimische sind, oder Touristen von der anderen Seite der Pyrenäen).

Die Geschichte der Stadt geht bis in die Antike zurück und besaß damals den Namen Lapurdum, der sich wohl von der so bezeichneten Region Labourd ableitete. Im 3. Jahrhundert war es ein befestigter Handelsplatz und wichtigster Hafen in der weiteren Umgebung. Nach römischer Herrschaft wechselten sich viele Herrscher ab; Westgoten, Basken, Franken und Normannen. Am Ende des 10. Jahrhunderts gaben die Herzöge der Gascoigne und später Aquitaniens der Stadt so viele Privilegien, dass sie sich prächtig entwickelte und die Menschen schon vor den Stadtmauern siedelten. 1130 versuchte sich Alfons I. von Aragón die Stadt zu erobern, was aber misslang und vorsichtigerweise zum weiteren Ausbau der Stadtmauern führte. Schon damals hatte sich der baskische Name Baiona eingebürgert, der übersetzt „einzige Bucht“ bedeutet.
Nach der Hochzeit von Eleonore von Aquitanien mit dem zukünftigen englischen König Heinrich kam die Stadt, ebenso wie beispielsweise Bordeaux in englische Hände. Es gelang die städtischen Freiheiten zu verbessern, als auch den Wohlstand zu mehren. Doch mit dem Hundertjährigen Krieg, den über lange Sicht nur, das weitaus bevölkerungsreichere, Frankreich gewinnen konnte, fiel Bayonne 1451 letztendlich wieder an Frankreich, wodurch sie allerdings zahlreiche Selbstbestimmungsrechte verlor. Erschwerend kam für die Stadt hinzu, dass der Fluss Andour, der hier in den Atlantik mündet, seit dem 15.Jahrhundert versandete und seine Mündung veränderte, womit Schiffe nicht mehr den Hafen anlaufen konnten und in benachbarten Dörfern, wie Capbreton, entladen werden mussten. Erst 1579 wurden effektive Maßnahmen ergriffen, diesen Zustand zu korrigieren. Trotzdem war Bayonne noch ein lohnenswertes Ziel, was die Spanier mehrmals dazu bewog die Stadt zu erobern, was allerdings stets misslang.
Gegen 1640 herum soll in der Stadt das Bajonett erfunden worden sein, welches den Namen der Stadt trägt. Irreguläre Truppen der Stadt sollen bei heiß geschossenen Musketen einfach ihre Jagdmesser in den Mündungsschacht gesteckt haben um damit weiterzukämpfen. Tatsächlich wurde Bayonne als strategischer Ort, nahe der Pyrenäen immer wichtiger und wurde von Frankreich zunehmend besser befestigt. Obwohl sich adlige Personen in der Stadt niederließen. verarmte Bayonne mit den Jahrzehnten immer mehr, Probleme mit der Flussmündung des Adour traten immer wieder auf und wurden nur unzureichend behoben, woraufhin auch der Handel niederging. Von rund 16.000 Einwohnern zu Beginn des 18. Jahrhunderts, waren in der zweiten Hälfte weniger als 10.000 Bewohner übrig. Bilbao und San Sebastian wurden als Hafenstädte bedeutender und erst 1784 mit der Abschaffung des merkantilistischen Verbotssystem änderte sich die wirtschaftliche Situation der Stadt wieder zum besseren. Bayonne wurde Freihafen und konnte in den Handel mit Amerika einsteigen. In nur sechs Jahren blühte der Handel wieder auf, Bevölkerungszahl und Preise sollen beide um ein rund ein Drittel angestiegen sein.
1808 traf sich Napoleon mit Karl IV. von Spanien und dessen Sohn Ferdinand im Schloss Marraq, nahe der Stadt. Ergebnis dieses Treffens war die Einsetzung einer spanischen Nationaljunta von Napoleon, die sich in Bayonne versammelte und eine Konstitution verabschiedete, in welcher Napoleons Bruder Joseph Bonaparte zum neuen spanischen König erhoben wurde und am 9.Juli von Bayonne nach Madrid reiste, was zum ersten Guerillakrieg der Geschichte in Spanien führte. Nach dem spanischen Unabhängigkeitskrieg wurde Bayonne von den Briten in der Schlacht von Bayonne belagert und schließlich erobert, was eine der letzten Schlachten der napoleonischen Kriege auf der iberischen Halbinsel war. Andersherum wurde Bayonne in der Zeit der spanischen Karlistenkriege zu einem Zufluchtsort für spanische Emigranten.
Seit 1854 verband die Eisenbahn die Stadt mit Paris, was auch zum Aufstieg der Nachbarstadt Biarritz zu einem noblen Seebad führte. Während sich dort Adlige und Reiche niederließen verwandelte sich Bayonne in eine Hafenstadt, in welcher auch die Stahlindustrie operierte. Jedoch schrumpfte die Bedeutung des Hafens schon im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts und ist heute ohne Bedeutung.
So ist Bayonne heute eine Stadt mit regionaler Bedeutung, aber großer Historie, die man durchaus noch in der schönen Altstadt erkennt. Sie ist auch Bistumssitz der katholischen Kirche. In den letzten Jahren wuchs die Bayonne mit Biarritz und Anglet (das nur unwesentlich kleiner ist) zusammen. Obwohl Didier Dechamps, der französische Fußballweltmeister als Spieler und Trainer aus der Stadt kommt, ist Bayonne eher eine Rugbyhochburg mit dem ortsansässigen Club Aviron, der 3 mal französischer Meister wurde und heute in der 2.französischen Liga spielt.