Benidorm
Benidorm ist ein urbanes Kuriosum. Die Geschichte der Stadt reicht nicht mehr als rund 60 Jahre zurück, als man in dem kleinen Fischerdorf anfing, die Straßen zu betonieren und eine Wasserversorgung anzulegen. Der damalige Bürgermeister Pedro Zaragosa Orts ließ einen Flächennutzungsplan erstellen und erlaubte ab 1959 das Tragen von Bikinis am Strand, ein im franquistischen Spanien keinesfalls selbstverständliches Unterfangen. Gab es bis in die 50er Jahre hinein vier Hotels am Ort, so entstanden allein in den 60er Jahren über 50 Neue. Mit einem erweiterten Flächennutzungsplan von 1963, wurde es möglich Hochhäuser zu bauen. Ein noch heute eindrucksvolles Zeichen dieser ersten Hochhäuser ist das Edificio Coblanca aus dem Jahr 1969 mit erstaunlichen 94m Höhe. Die Eröffnung des Flughafens von Alicante 1970 gab dem Tourismusboom einen weiteren Schub.
Heute hat Benidorm nicht weniger als 27 Gebäude mit einer Höhe von 100m und mehr (davon sind 25 erst nach 2000 entstanden), was nicht nur in Spanien einen absoluten Rekord darstellt (zum Vergleich die deutsche Hochhausstadt Frankfurt hat 34 Häuser mit mehr als 100m Höhe, Berlin aber nur sieben!). Trotzdem besitzt Benidorm nur etwas mehr als 70.000 gemeldete Einwohner, wovon rund 37% Ausländer, zumeist Briten, sind. Wie das zusammenpasst? Benidorm ist ein Urlaubsort, vielleicht sogar der Urlaubsort in Südeuropa. Das Wasser des Mittelmeeres ist hier auffallend klar und hat einen blauen Farbton, so wie man es sich als Badegast wünscht. Ein Leuchtturm des Massentourismus, ein Magnet für braungebrannte Sonnenfanatiker, Strandpromenadenflaneure und Urlaubspartygänger. Im Sommer kommt es vor, das hier gleichzeitig rund 1,5 Millionen Menschen (Hotel- und Tagesgäste) in der Stadt sind, damit ist die Stadt zu diesem Zeitpunkt ungefähr so gefüllt wie Barcelona.
Benidorm liegt an der Costa Blanca, rund 45km nördlich von Alicante. Zwei Buchten formen eine kleine Spitze, an dem das Stadtzentrum liegt. Würde man sich nur dort aufhalten, könnte man keinen großen Unterschied zu den anderen Touristenhochburgen der Region erkennen. Die Häuser erreichen meist vier bis fünf Geschosse und beherbergen im Untergeschoss irgendeinen Laden touristischen Konsums (Strandbedarf, Klamotten, Souvenirs oder kleiner Supermarkt) oder ein Restaurant. Erst an den Stränden stehen die Hochhäuser, dann aber ziehen sie sich in mehreren Reihen an den jeweils rund 2,5km langen Küstenstreifen der Playa Levante und Playa Poniente entlang. Dahinter erstecken sich Einkaufszentren oder Freizeitparks, wie Terra Mitica, Spaniens größter Attraktionenpark.
Doch auch wenn man vom massentouristischen Trubel, den tausenden Strandartikelläden, den Livebands in den Kneipen, die auch tagsüber schon spielen, den englischen Pubs (Briten stellen den Löwenanteil des Besucher) oder den holländischen Frittenbuden nichts hält, so ist ein Blick auf das Manhattan Südeuropas architektonisch nicht uninteressant. Benidorm bietet da neben schnell und billig hingeworfenen Hochhäusern, auch die ein oder andere Entdeckung.