Big Sur

In meinen Vorstellungswelten der unberührten Küstenabschnitte der nordamerikanischen Pazifikküste gibt es den Ozean und in ihn fallende Berge, einsame Straßen und wenige Einwohner, welche dir Ruhe und Abgeschiedenheit stören. Am ehesten diesen Imaginationen entsprechend ist Big Sur in Kalifornien, eine Landschaft die sich südlich der Monterey Bay über mehr als 100 Kilometern nach Süden erstreckt. Big Sur ist keine Verwaltungseinheit, sondern ein Landstrich, somit ist auch nicht vollkommen klar, wo genau seine Grenzen verlaufen, aber wichtig ist es auch nicht wirklich.
Der Name stammt noch aus der Zeit der spanisch-sprachigen Besiedlung und wurde ursprünglich „el pais grande del sur“ genannt, woraus heute der Sprachmix „Big Sur“ geworden ist. Tatsächlich war selbst nach dem Bau der ersten Missionen in Kalifornien, das Gebiet mehr oder weniger unbekannt, da der Camino Real, also der Weg der die 21 kalifornischen Missionen verband im Landesinneren verlief. Erschlossen wurde Big Sur durch den Bau des Highway 1, der auch unter dem Namen California State Route 1 bekannt ist. Dieser wurde als Konjunkturprogramm des New Deals in den 1930er Jahren erbaut und erschloss damit nicht nur die fast unbesiedelte Region, in welcher die wenigen Bewohner bisher im Winter und bei schlechtem Wetter mehr oder weniger abgeschnitten waren, sondern er schuf damit auch eine atemberaubende Küstenstraße.

Die bekannteste Konstruktion dieses bemerkenswerten Bauprojekts ist sicherlich die Bixby Creek Bridge. Die Bogenbrücke mit ihren 92m aus Stahlbeton war eine der längsten und höchsten ihrer Art. Bei ihren nicht risikoarmen Bau halfen auch Gefängnisinsassen mit, die mit einer Verkürzung ihrer Haftzeit belohnt wurden. Mit der Fertigstellung der Straße setzte allerdings keine verstärkte Besiedlungstätigkeit ein und in den 1960er Jahren wurde sogar ein Gesetz erlassen, dass es verbot weitere Häuser in Sichtweite des Straße zu bauen. So etablierte sich Big Sur ab den 1950er Jahren als Aussteigergegend, die besonders Künstler und Schriftsteller anzog. Unter ihnen war beispielsweise Henry Miller, der von 1944 an, 18 Jahre hier lebte. Aber auch Jack Kerouac verbrachte hier einen Sommer und verfasste danach seinen letzten Roman „Big Sur“. Auch die Filmindustrie fand hier Motive, so spielten so unterschiedliche Filme wie „Lassie“ oder „Basic Instinct“ in Big Sur. Die preisgekrönte HBO-Serie „Big Little Lies“ spielt ebenfalls hier.
Heute wohnen nicht mal 1000 Menschen in Big Sur, trotzdem fühlt sich die Gegend nie wirklich leer an, was hauptsächlich an den Touristen liegt, welche entlang des Highways die Landschaft mit ihren Mietwagen befahren. Durch die zahlreichen State Parks und endlosen Aussichtspunkte verläuft sich der Andrang in der teilweise schroffen und rauen Landschaft, die immer wieder gleichfalls leibliche Abschnitte hervorbringt und wohl zu den schönsten Gegenden Kaliforniens gezählt werden kann.