Der Beagle Kanal ist ein natürlicher Wasserweg und verbindet den Atlantik mit dem Pazifik. Dabei trennt sie die Isla Grande de Tierra del Fuego von den weiter südlich gelegenen Inseln des Feuerland Archipels. Neben der weiter nördlich verlaufenden Magellanstrasse und der im offenen Ozean verlaufenden Drakestrasse um Kap Hoorn ist der Kanal einer von drei schiffbaren Wasserwegen um Südamerika herum. Er ist rund 240 km lang und an seiner engsten Stelle 5km breit. Er startet an der Isla Nueva im Osten und führt bis zur Bahía Cook im Westen.
Schon die Yaghan siedelten vor rund 11.000 Jahren hier. Heute erinnern nur einige archäologische Fundstücke und die ihren Namen tragende Fähre von Puerto Williams nach Punta Natales an die ausgerotteten Yaghans.
Der heutige Name der Wasserstraße stammt aber von einem anderen Schiff, der
HMS Beagle. Zwischen 1826 und 1830 reiste das britische Forschungsschiff unter Leitung von Kapitän Pringle Stokes zusammen mit der HMS
Adventure nach Südamerika. Ihre Aufgabe war es den Kontinent südlich von Buenos Aires bis zur pazifischen Halbinsel Chiloé zu vermessen. Natürlich war man dabei auch hoffnungsvoll gegebenfalls eine neue Verbindung zwischen den beiden Ozeanen zu finden. Stockes jedoch kam mit den harschen Bedingungen, weit weg von der Heimat nicht gut zurecht. Am 1.August 1828, mitten im Südwinter, schoss er sich in den Kopf. Zwölf Tage danach starb er. Er wurde im Dezember 1828 von Robert FitzRoy ersetzt, einem gut gebildeten Seefahrer, der aus gehobenen Hause kam (der Nachname FitzRoy übrigens verweist auf ein uneheliches Kind mit dem König (aus dem Französischen „fils“ – Sohn- und „roi“ – König)). Zwei Begebenheiten sind mit ihm verbunden. Zum einen ist dies die Entdeckung der zweiten West-Ost Passage nach der Magellanstrasse. FitzRoy benannte sie nach dem Schiff, dass er befehligte. Doch während der wissenschaftlichen Erkundungsfahrten geriet die Beagle immer wieder in Konflikt mit den einheimischen Yaghan. Nachdem Crewgegenstände gestohlen wurden, verschärften sich die Auseinandersetzungen zusehends. Ein Ureinwohner starb bei einer Schlägerei. Schließlich kam FitzRoy auf die Idee einige Yaghan als Geiseln zunehmen. Insgesamt kamen vier Personen in seine Hände, welche er sogleich christliche Namen gab. Aus diesem eher spontanen Plan wurde eine längere Geschichte, denn FitzRoy kam zu der Überzeugung, aus diesen „Wilden“, zivilisierte Christen zu machen und nahm sie daher mit nach England, wo sie auf einer Schule missioniert und erzogen werden sollten. Unter den Vieren war Jemmy Button, der seinen Namen übrigens daher bekam, da er für einen Knopf von seiner Familie losgelöst wurde.
Mit der zweiten Expedition der
HMS Beagle kehrten nur drei der Ureinwohner wieder zurück nach Feuerland. Eine entführte Frau, der man den Namen Boat Memory gab, da sie FitzRoy und seine Männer als Preis für ein von den Einheimischen entführtes Boot betrachteten, starb wenige Wochen nach der Ankunft in London, an den Pocken. Ziel war es, tief im Süden der Welt, wo man aus europäischer Sicht noch wirkliche Wilde fand, eine christliche Mission zu starten, die von den drei Einheimischen geleitet wurde. Sie sollte Glauben und Zivilisation in diesem so abgelegenen Landstrich bringen. Das Vorhaben scheiterte aber mehr oder weniger schnell und alle drei gingen zu ihren Stämmen zurück. Nur Jemmy Button kehrte noch einmal in die Zivilisation zurück. Er soll Jahrzehnte später an einem Massaker an Missionaren beteiligt gewesen sein, wurde aber nie gefasst oder verurteilt. Mit an Bord der zweiten Forschungsreise war ein 22-jähriger Wissenschaftler, Charles Darwin. Obwohl immer wieder von Seekrankheit geplagt, nahm er begeistert Notiz von der neuen Welt. Seine Aufzeichnungen sind unter dem Titel „
Die Reise der Beagle“ bekannt geworden. Dabei handelt es sich eigentlich nur um einen Band, eines vierbändigen Werkes mit dem nicht gerade kurzen Titel:
„Narrative of the Surveying Voyages of His Majesty’s Ships Adenture
and Beagle
Between the Years 1826 and 1836 Describing Their Examination oft he Southern Shores of South America and the Beagle’s Circumnavigation oft he Globe“. Neben Darwin waren Philip Parker King (Kapitain der
Adenture), Prinkle Stokes und Robert FitzRoy die Autoren dieser 1839 veröffentlichten Ausgaben. Letzterer war es auch, mit dem Charles Darwin, der „Philos“ an Bord gerufen wurde (wegen seiner weitreichenden philosophischen Bildung), zahlreiche Konversationen am Bord der
Beagle unterhielt. Darwin brachte 1859 sein epochales Meisterwerk der Wissenschaftsgeschichte „
Über die Entstehung der Arten“ heraus, welches die Evolutionstheorie begründete. Die insgesamt fünfjährige Reise mit der
Beagle hat ihm die Grundlage geliefert für seine Evolutionstheorie. Diese veränderte das Bild des Menschen und das der Herkunft der Welt grundlegend. Nicht uninteressant ist der Fakt, dass sein langjähriger Gesprächspartner und Freund FitzRoy später zu einem fundamentalen Christen wurde, der diese Theorie rundum verachtete.
Bis weit in die 2.Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein waren Patagonien und Feuerland so etwas wie staatenloses Territorium, auf das nicht nur die Briten (von denen zahlreiche Missionare hier siedelten), sondern auch andere Mächte wie die Franzosen schielten. Jedoch waren es die neu entstanden Staaten Argentinien und Chile, welche sich schließlich das weite Land einverleibten. Seit 1881 teilt der östliche Beagle-Kanal Argentinien (im Norden) und Chile (im Süden). Schon bald waren aber die Argentinier mit der Grenzziehung nicht mehr zufrieden und forderten einige der südlich des Kanals gelegenen Inseln. Ausschlaggebend dafür war, dass Argentinien den Hauptlauf des Kanals und damit die Grenzlinie umdeutete. Sie argumentierten der Kanal biege östlich der Insel Navarino nach Süden ab, während die Chilenen der Meinung waren der Kanal verlaufe weiter gerade nach Osten. In der Zeit der Militärjunta Argentiniens Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre, in welcher Chile übrigens ebenso von einem Militärdiktator (nämlich Pinochet) regiert wurde, eskalierte der Streit. Im Dezember 1982 erklärte Argentinien den Grenzvertrag für Null und Nichtig und dachte laut über eine militärische Invasion auf den mehr oder weniger unbewohnten Inseln nach. Erst die Vermittlung von Papst Johannes Paul II. löste den Konflikt und führte zu einem Freundschaftsvertrag, in welchem Argentinien 1985 die umstrittenen drei Inseln Lennox, Picton und Nueva am Ostende des Beagle-Kanals anerkannte.
Heute ist der Beagle Kanal ein gern von Kreuzfahrtschiffen angesteuertes Ziel. 1995 wurde kurz vor Ushuaia ein Flughafen aufgeschüttet, der die argentinische Stadt bedient. Eine reguläre Fahrverbindung zwischen beiden Ufern (daher Ushuaia und Puerto Williams) gibt es nicht, aber fast täglich verkehren Ausflugsschiffe (zum stattlichen Preis von 120US$ pro Fahrt).