Entdeckung und erste Besiedlung | Kalifornien in Mexiko| Kalifornien als 31. Staat der USA | Kalifornien im 20. Jahrhundert | Kalifornien vom 2.Weltkrieg bis heute | Literatur zur Geschichte Kaliforniens
Die Geschichte Kaliforniens ist nach europäischen Maßstäben, eine kurze Angelegenheit. Das liegt an zwei Sachverhalten, der Eine ist, dass eine Geschichtsschreibung erst mit der europäischen Eroberung der Region beginnt, die im 16. Jahrhundert einsetzt, aber eigentlich bis zum späten 18. Jahrhundert nicht wirklich bemerkenswert ist. Der andere Grund ist, dass die Geschichte der Ureinwohner Kaliforniens, der Indianer der zahlreichen Stämme der Region, der Yuki, Kumasch, Hoopa, Miwok, Pomo, Yokut, Panamint, Yuman, um nur sehr wenige Beispiele zu nennen, eine weniger berücksichtigte Vorgeschichte darstellt. Das ist damit begründbar, dass die Indinanerstämme keine Aufzeichnungen ihrer Historie hinterlassen haben, was dann wieder dazu führt, dass die Geschichte Kaliforniens eine Erzählung ist, die aus der Perspektive der Neusiedler, also der ehemaligen Europäer geschrieben wurde. Vernachlässigt man also die zahlreichen indianischen Einwohner, die auf dem Gebiet des heutigen Kaliforniens leb(t)en – und dabei soll es sich bei großzügigen Schätzungen, um rund ein Drittel aller Ureinwohner Nordamerikas gehandelt haben- so beginnt Kaliforniens Geschichte mit spanischen Kolonisatoren.
Entdeckung und erste Besiedlung
Der Name Kalifornien tauchte als erstes in der Alten Welt auf und reicht wohl mindestens zurück auf ein Stück spanische Prosa von Garci Ordóñez de Montalvo, in welchem es um die Belagerung von Kostantinopel geht. Unter den beteiligten Akteuren waren auch schwarze Amazonen, die von einer Königin des namens Califa angeführt wurden und die eigentlich auf einer entfernten, aber wohlhabenden Insel lebten. Die Annahme das Kalifornien eine Insel war und es gegebenenfalls etwas Gold zu finden gäbe, trug auch den (von den Ureinwohnern) gefürchteten Eroberer Mexikos Hernán Cortès und seine Soldaten an. Als sie auf der Halbinsel des heutigen Niederkaliforniens ankamen, glaubten sie auf einer Insel zu sein und gaben ihr den Namen California, woraus man schlussfolgern kann, dass das eigentliche Kalifornien, das heutige „Baja California“ ist. Francisco de Ulloa fand nur wenig später heraus, dass Kalifornien durchaus keine Insel war und eine Landverbindung hatte. Heute ist der Teil der Halbinsel Kaliforniens mexikanisches Staatsgebiet und wird als Niederkalifornien bezeichnet (lange hielt sich für den heutigen US-Staat die Bezeichnung „Alto California“, also Ober-Kalifornien). 1542 wurde eine Expedition unter Juan Rodríguez Cabrillo entsandt, welche am 28. September in der heutigen San Diego Bay enterte und damit als erster Europäer den Boden des heutige US-Bundesstaates Kalifornien betrat. Die Expedition setzte ihren Weg nach Norden fort. Cabrillo verstarb an den Folgen eines Unfalls, doch seine Crew zog bis zum 42.Breitengrad weiter und erreichte damit die heutige Grenze Kaliforniens mit Oregon (die tatsächlich nur ein gerader Strich ist). Doch es sollte für einige Zeit die letzte Expedition der Spanier in dieser Region gewesen sein.
Tatsächlich war es 1577 der britische Seefahrer und Pirat Francis Drake, der sich in der Region wiederfand, als er die zweiten Weltumseglung der menschlichen Geschichte unternahm. Zwei Jahre nachdem Start 1579, kam er an den Gestaden des heutigen Nordkaliforniens an und blieb hier für 5 Wochen, bevor er und seine Crew nach Westen hin seine Reise fortsetzten, nicht ohne vorher das Land „Nova Albion“ (Neues England) zu taufen und es für die Krone seiner Königin Elisabeth zu reklamieren. Aber für die Ureinwohner und ebenso die Spanier bleib das vollkommen folgenlos.
Für Spanien wurde Kalifornien am Ende des 16. Jahrhunderts wieder etwas interessanter, da man herausfand das der günstigste Seeweg von Japan über den Pazifik, hier wieder auf Land stieß. So konnte man entlang der kalifornischen Küste weiter nach Süden reisen, wo man nach Mexiko gelangte, der wirklich bedeutenden Kolonie des spanischen Weltreiches. 1602 startete eine weitere Expedition unter der Leitung von Sebastian Vizcaíno, der die Monterey Bucht erreichte, welche er nach dem Vizekönig benannte und fuhr weiter nördlich am Golden Gate vorbei, wobei er die bis dahin weitreichendsten Aufzeichnungen der Küste vornahm. Trotzdem verpasste er die Einfahrt zur San Francisco Bucht, welche von den Europäern bis dato immer noch nicht entdeckt worden war. Tatsächlich sollte dies noch lange so bleiben, denn in mehr als 150 darauffolgenden Jahren wurde Alta California mehr oder weniger ignoriert. Der spanische Staat hatte einfach nicht die Ressourcen weitere Unternehmungen in der Region vorzunehmen, geschweige denn hier eine Zivilgesellschaft aufzubauen. So wurde es den Jesuiten-Orden vorbehalten, die Region zu zivilisieren, was diese auch taten, wenngleich erst in Niederkalifornien, wo sie zahlreiche Missionen aufbauten. Nachdem die Jesuiten unter der Regentschaft von Carlos III. von Spanien als zu mächtig angesehen wurden, vergab der spanische Staat dem Franziskaner-Orden die Aufgabe, neue Missionen in Nordkalifornien zu erbauen. Unter dem Franziskaner Junípero Serra wurde die Kolonisierung von Alto California geplant und eine „heilige Expedition“ vorbereitet. Zur See und zu Land sollten vier Gruppen nach Norden vorstoßen. An der Bucht von San Diego sollte ein Basiscamp erbaut werden. Die Expedition hatte jedoch weitaus größere Probleme als erwartet und als man sich 1769 in der Bucht von San Diego traf, waren nur noch die Hälfte der Teilnehmer am Leben. Doch die Gruppen fuhren nach Norden fort und tatsächlich schaffte es eine Landexpedition die Bucht von San Francisco zu entdecken, wenngleich nicht gleich deren Zugang zum Meer. Am 16. Juli 1769 gründete man die erste Mission im heutigen Kalifornien, in San Diego. Von hier aus sollten je eine Tagesreise entfernt 20 weitere Missionen folgen und so ein zivilisatorisches Netz bilden. Diese ersten Stationen waren jedoch alles andere als sich gut entwickelnde Orte, sondern zumeist nur kleine Bretterhütten als Vorposten im Nichts. In jener Zeit war Kalifornien eher ein Gebiet in das man gezwungen werden musste zu gehen, als dass man hier freiwillig hinkam. Erst 1775 wurde letztendlich der Eingang zur Bucht von San Francisco gefunden und dort eine Mission gegründet, die nach dem heiligen Franz von Assisi benannt wurde und damit die Keimzelle der heutigen Stadt ist. Gleichfalls wurde an der Einfahrt der Bucht, am Golden Gate, eine Militärbasis gebaut, deren Nachfolger auch heute noch besichtigt werden kann.
Tatsächlich hatte die Errichtung des Missionsnetzes zwei Folgen für die weitere Geschichte. Zum einen ist es der Startpunkt einer gezielten europäischen Besiedlung der Region und gleichzeitig der Niedergang der indianischen Ureinwohner, die in den folgenden Jahrzehnten fast bis zur Bedeutungslosigkeit verschwand.
Kalifornien in Mexiko
Im Jahr 1822 machte sich Mexiko von Spanien unabhängig und wurde 1824 zu einem Bundesstaat, zudem nun auch (ganz) Kalifornien gehörte. Im neuen Staat wurden die Missionen säkularisiert und (sehr langsam) eine Zivilgesellschaft aufgebaut. Die Missionen blieben als Gebäude bestehen und in einigen von ihnen wurden auch weiterhin Gottesdienste abgehalten (heute übrigens ist nur noch die Mission Santa Barbara im Besitz der katholischen Kirche). Mit der Aufteilung des kirchlichen Besitzes entstand eine Gesellschaft der Rancheros, die das weite Land zu landwirtschaftlichen Zwecken benutzen, nicht ohne dabei auf indianische Arbeit zurückzugreifen. So konnten sich einige wohlhabende Familien etablieren, auf Kosten der unter schwierigen Bedingungen arbeitenden Menschen.
Von Nicht-Mexikanischer Seite her erwuchs immer mehr Interesse an der Region, die in den 1830er Jahren nicht mehr als 7.000 Nicht-Indianische Einwohner hatte. Als erstes waren es die Russen, die 1808 schon einen Stützpunkt im nördlichen Fort Ross etablierten, um in der Bodega Bay Pelze zu gewinnen. Der junge Staat der USA sendete die Hudson Bay Company, welche ebenfalls den Handel in Kalifornien aufnahm. 1826 kamen erstmals Amerikaner nach Kalifornien, angeführt von Jedediah Smith, der ein Gruppe von 17 Trappern anführte. Obwohl nicht viele der Teilnehmer im Westen ankamen, waren es nun die immer wieder aufziehenden amerikanischen Expeditionen, die langsam das kalifonische Land mit dem weit entfernten Osten verbanden. Ab den 1840er Jahren wandelte sich der Zuzug nach Kalifornien. Immer mehr Familien kamen mit den Tracks aus dem Osten um sich hier ein neues Leben aufzubauen, die meisten erreichten ihr Ziel mit dem Schiff, ein geringerer, aber sich zunehmend verstärkender Teil zu Land. Mit den hierhin ziehenden amerikanischen Yankees, sah sich der mexikanische Staat immer mehr der Gefahr ausgesetzt, dass sein Territorium in Kalifornien unterwandert würde. Tatsächlich verbanden die neuen Siedler viele Sympathien mit der jungen USA und diese wiederum sah mit Kalifornien die Möglichkeit ein Staat zu werden, der vom Atlantik bis zum Pazifik reicht. So folgte schließlich der Mexikanisch-Amerikanische Krieg der im Vertrag von Guadelupe Hidalgo endete, der ein rund 1,3 Millionen km² Gebiet von Mexiko an die USA abtrat (die heutigen Staaten Nevada, Utah, Kalifornien, sowie Teile von Colorado, New Mexico und Wyoming). Schon zu Beginn des Krieges gab es freiheitliche Bestrebungen der Kalifornier, am besten in Erinnerung im Bear Flag Revolte. Unbemerkt vom einsetzenden Krieg erlangte die Idee eines eigenen Republik Kalifornien Popularität. Auch wenn die Idee dazu eigentlich vom Entdecker John Charles Frémont kam, waren es 33 wahrscheinlich leicht angetrunkene Siedler im Norden Kaliforniens, die in Sonoma eine mexikanische Kaserne übernahmen und eine eigens kreirte Flagge mit Bären und Stern hissten. 25 Tage lang hielt sich die unabhängige Bear Flag, bevor sie von der Amerikanischen ersetzt wurde, aber noch heute lebt sie in der Flagge des kalifornischen Bundesstaats weiter.
1849 trafen sich in Monterey 38 Mitglieder einer verfassungsgebenden Versammlung und erarbeiteten eine erste Konstitution, in welcher Sklaverei verboten wurde und die Grenzen des freien Staates festgelegt wurden. Tatsächlich waren diese viel kleiner, als die 1,3 Millionen km², welche die USA von Mexiko erwarben. Denn einen solchen Riesenstaat, soviel war klar, würde der US-amerikanische Kongress nicht bewilligen und dieser musste der Aufnahme eines neuen Bundesstaates zustimmen.
Kalifornien als 31. Staat der USA
Der Weg, ein US-amerikanischer Bundesstaat zu werden, war tatsächlich gar nicht so einfach. Zwar konnte Kalifornien die Kriterien für die Aufnahme erfüllen, aber zwischen den bisherigen 30 Staaten gab es einen Patt zwischen Nord und Süd. Unterschiedliche Sichtweisen zur Sklavenfrage waren 1850, rund 10 Jahre vor dem Bürgerkrieg, schon die entscheidenden innenpolitischen Fragen und die Aussicht die USA mit der Einverleibung Kaliforniens zum Pazifik hin auszudehnen stand das Problem gegenüber, dass eine der beiden innenpolitischen Seiten eine Übermacht innerhalb der USA bekommen würde, wobei Kalifornien sich gegen die Sklaverei aussprach, sich sonst aber dem Süden gegenüber aufgeschlossen zeigte. Am 18.Oktober 1850 wurde nach längeren Verhandlungen Kalifornien der 31. Staat der USA.
Die erfreuliche Nachricht ging etwas in den Turbulenzen jener Tage unter, denn besonders Nordkalifornien war in jenen Jahren dem Goldrausch erlegen, der eine radikale Umwälzung der Region vollzog und mit dem Jahr 1849 verbunden ist (das American Football Team San Francisco 49ers ist danach benannt). Tatsächlich wurde am 24. Januar des Jahres 1848 von James Wilson Marshall erstmals Gold gefunden und das rein zufällig, denn das Team um Marshall war eigentlich bestrebt Holz zu roden und nach San Francisco zu flössen. Schon im Frühjahr sprach sich herum das sich am American River, einem Nebenfluss des in die Bucht von San Francisco fließenden Sacramento Rivers, Gold finden ließ und als die Nachricht im Dezember 1848 im Kongress in Washington besprochen wurde und Präsident Polk es offiziell machte, das man in Kalifornien Gold gefunden hatte setze ein in der Geschichte einmaliger Run von Glückssuchern ein. In den folgenden zwei Jahren fand der „California Gold Rush“ statt, welcher nicht nur dem Staat seinen noch heute gebräuchlichen Spitznamen verschaffte, sondern seine Stellung und Bedeutung sprunghaft veränderte. Waren es vor Jahrhunderten die spanischen Träume auf ein „El Dorado“, die Menschen antrieb schwierigste Verhältnisse auf sich zu nehmen, so war es nun ein amerikanischer Traum nach (schnellem) Geld, der Menschen aus Nah und Fern antrieb nach Kalifornien zu kommen. Zumal der Abbau nicht auf privaten Feldern stattfand, sondern auf staatlichem Territorium! Jeder der wollte, konnte sein Glück versuchen, musste aber gewisse Regeln beachten. Später wurde dann aber festgelegt, dass nur noch Amerikaner nach Gold suchen durften. Tatsächlich war es ein nicht ungefährliches Unternehmen, jeder 12. Goldsucher verlor dabei sein Leben; Unfälle und Krankheiten machten ebenso die Runde wie Mord und Totschlag. Die Kriminalitätsrate erreichte Rekorde, die hoffentlich nie wieder erreicht werden (in Sonora z.B. lag die Mordrate 1850 bei 506 Fällen auf 100.000 Einwohnern, was das 50-fache des nicht gerade geringen Durchschnitts der USA von 1999 ist). Lynchjustiz war ein häufig anzutreffendes Phänomen und die Opfer stammten zumeist nicht aus der weißen Schicht der Amerikaner.
Die sogenannten 49ers strömten in die Region und machten fast über Nacht San Francisco zum neuen Zentrum der Westküste, während die indianische Urbevölkerung massiv schrumpfte. San Franciscos Aufstieg zur Metropole war rasend, schon 1870 war es die 10.größte Stadt der USA. Gleichzeitig lösten die vielen neuen Siedler eine Urbanisierungswelle in der Region aus, aus den beispielsweise Stockton (heute fast 300.000 Einwohner) oder Sacramento (heute Hauptstadt Kaliforniens mit rund 470.000 Einwohnern) entstanden.
In den 1850er Jahren konnte man Kalifornien so grob in vier Bereiche aufteilen; die urbanisierte Bay Area um San Francisco und die Minen der Goldabbaugebiete, den weiten und fast unbesiedelten Norden, das Central Valley mit seiner Landwirtschaft und den ebenfalls spärlich besiedelten Süden. Bald schon waren mehr Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt als im Bergbau und Kaliforniens Ruf als gutes Anbaugebiet, dass sich heute insbesondere mit dem hießigen Wein weltweit widerspiegelt, begann zu gedeihen. Als der amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, war die Stimmung in Kalifornien pro-Unionistisch, jedoch war das Kriegsgebiet so weit weg, dass es keinen größeren Einfluss im Westen hatte, so wie Kalifornien keine Bedeutung für den Kriegsverlauf hatte.
Die Anbindung an den Rest des Landes erfolgte durch die erste transkontinentale Eisenbahn, welche 1869 eröffnet wurde. Durch staatliche Subventionierung wurden die beiden Eisenbahnunternehmen Central Pacific und Union Pacific zu den bedeutendsten Landbesitzern im Westen der USA. Die kalifornische Central Pacific Railroad wurde getragen von vier Unternehmern; Collins P. Huntington, Mark Hopkins, Leland Stanford und Charles Crocker, welche später als die Big Four in die Geschichte Kaliforniens eingehen werden und außergewöhnliche Profite aus der Unternehmung gewannen. Bedeutend beim Bau der Eisenbahnlinie war ein großer Import an Fachkräften und Arbeitern. Zahlreiche Chinesen wurden angeworben, welche zumeist die körperlich sehr harte Arbeit vollbringen mussten, dass Gebirge der Sierra Nevada zu durchkreuzen. Spätestens seit jenen Tagen war Kalifornien immer auch ein Platz für Menschen aus dem Reich der Mitte, wenngleich diese sich immer wieder rassistischen Verfolgungen ausgesetzt sahen. Für die wirtschaftliche Entwicklung nicht nur des amerikanischen Westens, sondern ganz Amerikas war dieser Eisenbahnbau von enormer Bedeutung.
Bis weit in die 1870er Jahre hinein blieb der Südteil Kaliforniens fast unbesiedelt, während der Norden kräftig wuchs, doch bis zur Jahrhundertwende setzte auch hier eine verstärkte urbanistische Entwicklung ein. Getragen wurde diese zumeist von der Mittel- und Oberklasse, die in den günstigen klimatischen Bedingungen ein lohnenswertes Ziel sahen. Von San Diego bis Santa Barbara schossen Kureinrichtungen, erste Hotels und neue Wohnanlagen aus dem Boden, die insbesondere in den warmen Wintermonaten von Menschen aus dem Midwest besucht wurden. Ein mediterranes Empfinden wurde beworben, dass an die koloniale Vergangenheit erinnerte und dabei half, das Südkalifornien seine eigene Identität entwickelte. Am eindrücklichsten ist dies noch heute in Santa Barbara zu sehen, wo die von einem Erdbeben zerstörte Stadt 1925 ganz im spanischen Kolonialstil wieder errichtet wurde.
Währenddessen spezialisierte sich die Landwirtschaft weiter heraus. Während das Central Valley so etwas wie die Kornkammer Kaliforniens wurde, baute man im Süden zumeist Zitrusfrüchte und Wein an. Gegen Ende des Jahrhunderts erreichte der Bundesstaat die Einwohnerzahl von rund 1,5 Millionen, wobei die Hälfte der Einwohner allein in der Bay Area zu finden waren, wo gleichzeitig auch das kulturelle und industrielle Herz schlug. Das Wachstum Los Angeles setzte erst jetzt ein und verdankte sich dem schnellen Ausbau von elektrischen Bahnlinien.
Kalifornien im 20. Jahrhundert
Das Erdbeben von 1906 zerstörte zwar weite Teile San Franciscos, konnte aber dem Wachstum der Stadt insgesamt nichts anhaben, obwohl rund 3.000 Menschen dabei ihr Leben verloren. Die ersten Jahrzehnte des neuen – 20. Jahrhunderts – waren geprägt von einem infrastrukturellen Ausbau Kaliforniens. Dabei war ein Hauptproblem die Verteilung des Wassers, dass im Norden reichlich vorhanden, im Süden aber sehr knapp ist. Zwei Drittel des gesamten Jahresniederschlages fallen im nördlichsten Drittel des Staates, während ein Großteil des Südens Wüstenland ist. So wurde Wasser ins Central Valley geleitet, dessen landwirtschaftliche Nutzbarkeit damit rapide Anstieg. Im tiefen Süden Kaliforniens wurde das Wasser des Colorados angezapft und nach Westen geleitet, wobei das fruchtbare Imperial Valley entstand, aber auch der Salton Lake, ein See der durch einen gewaltigen Leitungsbruch entstand und der zwei Jahre lang unbeabsichtigt geflutet wurde (der See ist noch heute rund doppelt so groß wie der Bodensee!). Los Angeles hätte ohne das 1913 eingeweihte LA Aqueduct mit einer Länge von 235 Meilen an Kanälen, Tunneln und Aquädukten niemals sein gewaltiges Wachstum beginnen können, so wie auch San Francisco durch den O’Shaughnessy Damm mit frischen Wasser versorgt wurde. Tatsächlich wurden jedoch viele dieser neuen Projekte ohne jede Rücksicht auf die Umwelt durchgeführt und führten zu noch heute sichtbaren Zerstörungen. Für das Wachstum Kaliforniens jedoch, war die infrastrukturelle Verbesserung der Wasserversorgung und die Stadtplanung, die in San Francisco oder San Diego groß angelegt wurde maßgebend. 1910 hatte der Bundesstaat bereits 2,3 Millionen Einwohner und bis 1940 sollten schon fast 7 Millionen Einwohner in Kalifornien leben. In jenen Jahren entwickelten sich insbesondere Los Angeles und San Diego zu lebhaften Metropolen (LA wuchs von 100.000 auf 1,2 Millionen Einwohnern von 1900 bis 1940). Die Mehrheit der neuen Bewohner zogen aus dem Mittleren Westen her, aber es gab weiterhin eine Menge Japaner und Chinesen die in Kalifornien ihr Glück suchten, wobei diese sich immer noch starken rassistischen Problemen ausgesetzt sahen (für eine längere Zeit war es Chinesen verboten nach Kalifornien einzureisen, was dazu führte das die schon hier beheimateten Chinesen, die zumeist als Arbeiter beschäftigt waren zu einer Gruppe einsamer alter Männer wurden). Die Anziehungskraft Kaliforniens lag aber nicht nur beim freundlichen Wetter, sondern insbesondere bei seiner boomenden Ökonomie, die nun verstärkt auch den Süden des Landes betraf. Los Angeles wuchs zu einer Stadt des Autos heran, die auf den neu erschaffenen Boulevards brausten. Auch San Francisco erlebte mit dem Bau der Bay Brücken einen infrastrukturellen Ausbau, maßgeblich mit der Bay Bridge und als besonderes Zeichen mit der Golden Gate Bridge aus dem Jahr 1936, die zu einem der bekanntesten Symbole Kaliforniens wurde.
Die Große Depression der 1930er Jahre erreichte Kalifornien leicht verzögert. Aus den wirtschaftlich gebeutelten Gebieten der Great Plains wanderten zahlreiche Menschen ein und verringerten so innerhalb von kurzer Zeit das Lohnniveau nach unten. Die Neuankömmlinge wurden abwertend „Okies“ genannt, da viele von ihnen aus Oklahoma kamen. Auch diese Gruppe, zumeist verarmter amerikanischer Migranten musste sich mit erheblichen Vorurteilen herumplagen. Durch die schlechteren Lebensbedingungen der Krise nahmen Streiks zu, gleichfalls Gewalt und Vorurteile, die sich besonders gegen Minderheiten richteten.
Kalifornien vom 2.Weltkrieg bis heute
Der 2.Weltkrieg, an dem die USA seit 1941 teilnahm, hatte für Kalifornien besondere Bedeutung. Jedoch nicht als Kriegsschauplatz, sondern als Ausgangspunkt amerikanischer Operationen im Pazifik und einer massiven staatlichen Investition in die neu entstehende Rüstungsindustrie. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour fanden sich besonders die japanischen Einwohner Kaliforniens unter Generalverdacht wieder und getrieben durch einen schon seit Jahrzehnten herrschenden Rassismus kam es zu Reglungen wie der „Proclamation Number One“ aus dem Jahr 1942, die vorsah das in den westlichen Staaten der USA keine Japaner bzw. japanisch stämmigen Amerikaner mehr leben durften und in Internierungslager geschafft wurden. Rund 110.000 Menschen wurden daraufhin aus ihrer Heimat vertrieben. Eine weitere Konsequenz des Krieges im Pazifik war, das die San Francisco Bay zu einem Umschlagplatz für Truppen wurde, die von hier in den Krieg zogen oder aus diesem zurück kamen. Während in San Francisco die Truppen der Army stärker präsent waren, waren es in Los Angeles und besonders San Diego, die der Navy. Allein das Golden Gate sollen während der Kriegszeiten mehr als 1,6 Millionen Soldaten passiert haben.
Einen noch wichtigeren Nebeneffekt stellte die kriegsbedingte Industrialisierung dar. Fast aus dem nichts wurden Werften erbaut. Die an der gesamten Westküste verbreitete „Kaiser shipyards“ bauten 30% aller amerikanischen Kriegsschiffe. Los Angeles entwickelte sich zu einem Zentrum der Luftfahrt, die schon seit 1910 hier beheimatet war und solche Unternehmer wie John Northrop, Glenn Martin, Donald Douglas oder die Brüder Loughead (besser bekannt als Lockheed) hervorbrachten. Diese Industriezweige blieben auch die Wachstumsmotoren nach dem Ende des Krieges und förderten in der Stadt und in ihrem Umland eine Bevölkerungsexplosion noch größeren Ausmaßes, als bisher erlebt. Viele Kriegsveteranen ließen sich nun in Kalifornien nieder und konnten mit staatlichen Subventionen Eigenheime errichtet, die wie Pilze aus dem Boden sprießten. Beispielhaft ist dies an der Entwicklung der Metropolregion Los Angeles zu sehen. Im San Fernando Valley kam es nach dem Krieg zu einem Bauboom. Allein dort wurden im Jahr 1947 die Anzahl der Häuser verdoppelt und vollkommen neue Städte erschienen plötzlich auf der Landkarte, während durch die massenhaft einströmenden Zuwanderer sogar noch von einer Häuserknappheit ausgegangen werden musste. Das 1955 eröffnete Disneyland mit seiner Familienorientierung und seinem unbändigen Fortschrittsglauben wurde zu einem Symbol für das neue Kalifornien, dass besonders im Süden immer weiter ausufernde Vorstadtsiedlungen bekam, die mit Autobahnen zu einem riesigen Verkehrsnetz verbunden wurden. Ein weiterer Pluspunkt für die kalifornische Entwicklung war das die kriegsbedingte Emigration zahlreicher – besonders deutscher – Wissenschaftler, die eine neue wissenschaftliche Elite in die Region brachte. Mit den beiden bundesstaatlichen Systemen,der University of California und der California State University, sowie der Stanford University wurde Kalifornien zu einem weltweit führenden Wissenschaftsstandort. Gleichfalls machte sich die Region einen Ruf darin, neue Ideen zu fördern und fortschrittliche Utopien auszuleben. San Diego entwickelte sich zu einem Zentrum der Biotechnik. Das südlich von San Francisco gelegene Palo Alto wurde zu einem Zentrum der Mikroelektronik, besonders da der geistige Einfluss der Stanford University deutlich war. Hier gründeten in den 1930er Jahren David Packard und William Hewlett ihre Firma in einer Hütte im Hinterhof. Eine Geschichte die sich in den 1970er Jahren ganz ähnlich mit Apple wiederholte. Heute liegt das Herz des Sillicon Valleys immer noch in der südlichen Bay Area, dem weltweit bedeutendsten Standort der IT- und High-Tech Industrie, dessen Produkte das Leben der gesamten Menschheit veränderte (denken sie einfach mal an ihr Handy).
Auf ganz andere Weise für die globale Kultur bedeutungsvoll war die Entwicklung der Filmindustrie. Tatsächlich waren die ersten amerikanischen Filmstudios nicht in Los Angeles, aber die gute Wettersituation und kostengünstige Ausgangsbedingungen förderten die Ansiedlung von Studios in den 1910er und 20er Jahren, wobei die meisten Produktionen sich am Fuße der Santa Monica Berge befanden, im rund 8km von Downtown LA entfernten Hollywood. Nach einem nationalen Aufstieg folgte in den 1940er Jahren der globale Aufstieg Hollywoods zum Zentrum des Films, das wiederum davon profitierte, dass in Europa der 2.Weltkrieg herrschte und zahlreiche Künstler an die Westküste immigrierten.
Die literarische Szene in Kalifornien brachte zahlreiche weltbekannte Schriftsteller hervor. Autoren wie John Steinbeck oder Raymond Chandler schrieben hier. In den 1950er Jahren entstand das Beat Movement in San Francisco (im City Lights Bookstore) mit so bekannten Persönlichkeiten wie Jack Kerouac oder Allen Ginsberg. Henry Miller siedelte sich in der Einsamkeit von Big Sur an und San Francisco wurde eine bevorzugte Destination, der seit den 1960er Jahren erscheinenden Hippies. Gleichzeitig wurde die Metropole zu einem liberalen Zentrum für Homosexuelle. Im Castro Viertel entwickelte sich eine bunte und lebendige Szene und die Stadt hatte dem ersten offen schwulen Stadtvertreter in den USA mit Harvey Milk, der – und das ist vielleicht auch irgendwie amerikanisch – 1978 erschossen wurde. Im Bereich der Malerei lebten und arbeiten Größen wie Diego Rivera und Frida Kahlo in San Francisco und die Malereien im Foyer des Coit Towers zeigen noch heute den eindrucksvoll lebendigen Stil der 1930er Jahre. Nicht zu vergessen ist auch die architektonische Vielfältigkeit und die innovative Kraft, besonders der Moderne in Kalifornien, beispielsweise bei den Case Study Häusern in Los Angeles.
In der 2.Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Kalifornien zum meist bevölkerten Staat der USA mit heute knapp 40 Millionen Einwohnern und wäre die 7. größte Volkswirtschaft der Welt, wenn es ein eigener Staat wäre. Kalifornien war schon immer ein Einwanderungsland und ist geprägt durch eine einzigartige ethnische Diversität, die sich in den letzten Jahrzehnten noch verstärkt hat. Doch das Zusammenleben war (und ist) nie frei von Konflikten und von fairer Behandlung aller Seiten, was wiederum zu einigen größeren Auseinandersetzungen führte. So geschehen bei den Watts Riots 1965 in Los Angeles bei dem 34 Menschen getötet wurden, oder 1992 als vier Polizisten frei gesprochen wurden, die den Afroamerikaner Rodney King ein Jahr zuvor auf offener Straße misshandelten. Die darauffolgenden Unruhen kosteten 53 Menschen das Leben und zählte weit über 1000 Verletzte. Auch die illegale Einwanderung wird in Kalifornien als (großes) Problem wahrgenommen und führte sogar zur Abstimmung der Proposition 187 im Jahr 1996, die vorsah, illegalen Einwanderern von Sozialhilfen auszuschließen, eine Entscheidung, die so aber nie realisiert wurde. Tatsächlich ist der Anteil, besonders von aus Mexiko eingewanderten Menschen in Südkalifornien hoch und nicht wenige Wirtschaftszweige sind von diesen billigen Arbeitskräften abhängig. Immer mehr ethnische Gruppen vermischen sich miteinander, jedoch bestehen weiterhin große Unterschiede nicht nur im ökonomischen Bereich, sondern auch im Miteinander der Bewohner Kaliforniens. Ebenfalls Teil der jüngeren Geschichte ist der Pleitegeier, der seit der Jahrtausendwende über dem Staat schwebt und der nicht ganz unverschuldet seine Runden zieht, denn es war die Politik, die versuchte mit der Öffnung des Energiemarktes billigeren Strom zu erhalten, tatsächlich aber in kürzester Zeit das Gegenteil schuf. Das Platzen der Dotkom Blase führte erschwerend dazu, dass der Bundesstaat in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geriet und so zu dem etwas paradoxen Phänomen, dass eine der wirtschaftsstärksten Regionen der Welt nur einen bitterarmen Staatshaushalt vorfindet. Doch auch wenn Kaliforniens Probleme nicht gering, klein oder einfach zu lösen sind, es bleibt nicht nur in Amerika das Land der Träume mit seinen wundervollen Landschaften, seinen einzigartigen Metropolen und seinen Menschen, die so vieles hier erschufen und weiter erschaffen werden.
Literatur zur Geschichte Kaliforniens
Selbstverständlich gibt es über Kalifornien eine große Auswahl von Büchern. Dieser Artikel wurde maßgeblich geleitet durch: Kevin Starr „California – a history“, das vielleicht beste, aber nur in englischer Sprache erschienene Standartwerk zur Geschichte der Region. Gleichfalls erwähnt werden soll Mike Davis „City of Quartz“, das auch auf Deutsch erschienen ist, sich vorrangig aber mit der Geschichte Los Angeles beschäftigt, dies aber nicht nur sehr innovativ, sondern auch sehr kritisch und lesenswert.