Geschichte von Buenos Aires

Die doppelte Gründung von Buenos AiresDas erste Vierteljahrtausend – Bedeutungslos am FlussDie Unabhängigkeit Argentiniens und der Aufstieg Buenos AiresDas rasante Anwachsen von Buenos AiresDie Stadt von WeltWeltstadt als Traum – Buenos Aires von 1930 bis 2000 | Buenos Aires heute

Die doppelte Gründung von Buenos Aires

Buenos Aires liegt am Mündungstrichter des Flusses Rio de la Plata. Dieser entsteht nordwestlich der Stadt aus dem Zusammenfluss des Rio Paraná und des Rio Uruguay, beides Flüsse die weit in das Landesinnere Südamerikas reichen, wobei der Paraná nach dem Amazonas der zweitlängste Strom des Kontinents ist. Es wird vermutet, dass der Name Rio de la Plata, übersetzt Silberfluss, damit zu tun hat, dass man von hier zu den reichen Silbervorkommen nach Potosi in Bolivien gelangen könnte. Eine andere Spekulation der Namensgebung erzählt die interessante Geschichte, wie der spanische Entdecker Juan Díaz de Solis 1516, drei Karavellen für Spanien befehligend, die Mündung hinauf fuhr. Da der Rio de la Plata 290km lang und am Ende rund 220km breit ist, wirkt sie wohl auf den ersten Blick wie ein Teil des Atlantischen Ozeans. Solis nannte den Abschnitt folgerichtig „Mar Dulce“, da das Süßwasser das Meerwasser verdrängte. Er landete am Zusammenfluss von Rio Uruguay und Paraná an und nahm das Gebiet für Spanien in Besitz. Die hier zahlreich lebenden Indianer-Stämme waren den Neuankömmlingen nicht freundlich zugeneigt und es kam zum Konflikt, wobei Solis und einige seiner Männer starben. Auffällig für den überlebenden Rest der Crew war jedoch der reiche Silberschmuck, den die Indianer trugen, weshalb die Spanier davon ausgingen, dass hier gewaltige Silbervorkommen vorhanden sein müssten. Der Name Rio de la Plata verweist in dieser Geschichte also ebenfalls auf die Hoffnungen auf großen Reichtum.
Eine weitere Expedition startete 1534 in Cádiz unter Pedro de Mendoza, der sehr großzügig ausgestattet, mit 11 Schiffen an den Rio de la Plata reisen sollte. Sein Auftrag war es, das Gebiet um den Rio de la Plata für Spanien in Besitz zu nehmen und drei Siedlungen zu erbauen, wobei er 1.500 Kolonisten mit sich führte. Eine lange Suche nach dem richtigen Siedlungsplatz begann und wurde 1535 oder 36 am südwestlichen Ufer mit dem Bau einer ersten Festung beendet. Mendoza benannte sie – wie damals üblich – nach einer Schutzheiligen; Nuestra Señora del Buen Aire.
Mendoza und seine Kolonisten verschwendeten sicherlich nicht viele Gedanken daran, hier eine zukünftige Weltstadt zu errichten, im Gegenteil ihre gesamte Planung war alles andere als weitreichend. Es ging ihnen in erster Linie, um einen regionalen Stützpunkt in unbekannten Gefilden, verbunden mit der Hoffnung Gold und Silber zu finden, schließlich war Mendoza vom spanischen König zum neuen Gouverneur ernannt wurden und hoffte, wie alle anderen Teilnehmer auch auf gewaltigen Reichtum. Der Aufbau der Siedlung war alles andere als leicht, denn das Hinterland von Buenos Aires besteht aus weiten Grasflächen, die keinerlei Steine zum Bau von Häusern anboten. So muss dieses erste Fort mehr wie eine notdürftige Brettersiedlung ausgesehen haben. Die landwirtschaftliche Nutzung war alles andere als geplant und die Verpflegung mit Nahrung wurde hauptsächlich im Tauschhandel mit Einheimischen durchgeführt. Jedoch gingen die Tauschvorräte der Spanier bald zur Neige und man verlagerte sich auf die räuberische Herausgabe von benötigten Materialen von den Einheimischen, was diese selbstverständlich nicht positiv aufnahmen und im Gegenzug das Fort belagerten. Die führte wiederum zu einer schlimmen Hungersnot in der neuen Siedlung. 1537 wurde Mendozas erster Offizier flussaufwärts geschickt, um eine weitere Siedlung zu gründen, was nicht nur damit zu tun hatte das man den bisherigen Platz für suboptimal hielt, sondern auch mit dem Versprechen an den spanischen König, drei Forts zu bauen. Juan de Ayolas segelte rund 1200km nördlich auf dem Rio Paraná hinauf und ließ dort Asunción erbauen, die heutige Hauptstadt von Paraguay. Diese entwickelte sich weit besser als Buenos Aires und um das Jahr 1540 siedelten dessen Einwohnern nach Asunción und ließen das Fort allein zurück.   
Für das spanische Kolonialreich war die Aufgabe von Buenos Aires allerdings aus zwei Gründen unangenehm. Zum einen war man sich nicht sicher, ob die Portugiesen, welche in Brasilien siedelten, oder gar andere Mächte, die strategisch wichtige Mündung des Rio de la Plata besetzten, zum anderen war eine Verbindungsstation nach der Atlantiküberfahrt an der Küste Südamerikas wichtig, damit hier die Weiterreise zu den Gold und Silbermienen im Inneren des Kontinents abgewickelt werden konnte. So geriet der Ort auch nicht in Vergessenheit. Immer wieder wurde eine erneute Besiedlung angedacht, doch erst mit einem neuen Gouverneur in Asunción wurden die Bemühungen intensiviert.
Er sendete 1580 seinen Schwiegersohn Juan de Garay an den Mündungstrichter und dieser gründete am 11. Juni 1580 „La Ciudad de la Santísima Trinidad y Puerto de Santa Maria del Buen Ayre“ (zum Glück gab es damals noch keine Ortseingangsschilder). Der neue Namenszusatz ergab sich daraus, dass das Gründungsdatum am Dreifaltigkeitssonntag lag. Im Übrigen ergibt sich daraus die, heute jedoch selten verwendete, Bezeichnung „La Trinidad“ für Buenos Aires. Der 11.6.1580 gilt als das eigentliche Gründungsdatum der Stadt.


 Juan de Garays lies festlegen, dass die Straßen in einer rechtwinkligen Gitterstruktur angelegt werden, eine Straßen- oder in diesem Fall besser, Wegestruktur, wie man sie von römischen Städten kennt, oder vom „grid“ in Manhattan und der bei neuangelegten Siedlungen in Südamerika nicht unüblich war. Das Besondere an Garays Gitter ist aber, dass es noch heute die Straßenstruktur von Buenos Aires prägt. Die gegenwärtige Form seiner Straßen ist daher maßgeblich noch von seinem Gründungsdatum her abzulesen! Bis ins Jahr 1883 wurde diese Anlage nur minimal verändert und war so regelmäßig, dass Charles Darwin 1832 auf seiner Weltreise mit der Beagle bemerkte, Buenos Aires wäre die am gleichmäßig angelegteste Stadt die ihr kenne.
Garays Planungen waren weitreichender und nachhaltiger als die von Mendoza, denn er gab ebenso Flächen für landwirtschaftliche Nutzung und Viehhaltung frei. Die ersten Siedler waren dabei fast alle Kreolen, also in Südamerika geborene Kinder europäischer Einwanderer aus Asunción. Die Grundstücke wurden so angelegt, dass jeder Siedler eine Parzelle bekam, es aber noch viele leere Flächen gab, die später gefüllt werden konnten. Sie wurden die ersten lehmigen Wege angelegt und kleine Lehmhäuser gebaut.

Das erste Vierteljahrtausend – Bedeutungslos am Fluss

Die ersten Jahre, Jahrzehnte, ja sogar Jahrhunderte, waren keine Geschichte des steilen Aufstiegs einer neuen Stadt, sondern eher die Geschichte von Stagnation einer kleinen, dreckigen, wenn nicht sogar unzivilisierten Ortschaft am Rande der Welt. Hinter der Siedlung begann die Pampa, das riesige flache Weideland und dahinter dann Patagonien, dass bis in 19.Jahrhundert hinein terra incognita war, sprich vom dem keiner so recht wusste wie groß, gefährlich und schön es eigentlich war. Doch Buenos Aires wurde vom spanischen Kolonialsystem auch keineswegs dazu angelegt sich hervorzuheben, größer oder irgendwie bedeutender zu werden. Ganz im Gegenteil, die Stadt war dazu da, als Verbindungsweg nach Potosí zu dienen, der reichsten Stadt Südamerikas mit seinen Silberminen. Als 1542 das Vizekönigreich Peru installiert wurde, wurde Lima dessen wichtigste Hafenstadt. Die Rolle von Buenos Aires war stark begrenzt und der Handel von hier für fast alle Güter verboten, die Stadt sollte nicht den wichtigen Warenaustausch blockieren. Lediglich der Handel von Leder und Kuhfellen war erlaubt und schon bald machte sich die Stadt einen Namen mit diesen Produkten. Nur ein weiterer Geschäftszweig war erlaubt, der Sklavenhandel. Erst besaßen dafür die Franzosen eine Lizenz, später die Briten, die einen Sklavenmarkt kurz hinter der Stadtgrenze betrieben. Der Sklavenmarkt hatte einige Bedeutung und um 1800 herum, waren rund ein Viertel der Einwohner Buenos Aires schwarze Sklaven aus Afrika.
Durch die restriktive Handelspolitik die das Vizekönigreich der Stadt Buenos Aries auferlegte, wuchs vor allem eins, der Schmuggel. Tatsächlich blühte der Schwarzhandel und einige Einwohner häuften einen beträchtlichen Wohlstand an, den sie aber lieber innerhalb des Hauses zeigten, weshalb das Stadtbild sich nicht wirklich veränderte, gleich gar nicht zum Schönen. Durch die unbedeutende Funktion im Kolonialreich findet sich in Buenos Aires auch keine Kolonialarchitektur, wie in anderen ähnlich alten Städten in Südamerika und alle Spuren dieser Zeit, auch die damalige Burganlage, sind heute nicht mehr zu finden. Lediglich die Struktur der Stadt ist heute noch sichtbar, mit ihrem Mittelpunkt, dem Plaza de Mayo, damals der einzige öffentliche Platz in der Stadt.
Eine Änderung der Situation trat erst 1776 ein, als es zu einer Umstrukturierung der spanischen Kolonialgebiete in Amerika kam. Es wurden vier neue Vizekönigreiche installiert, eines davon war das Virreinato del Rio de la Plata. Es erstreckte sich auf einer Fläche, die heute ganz Argentinien, Bolivien, Uruguay und Paraguay ausmachen würde. Hauptstadt dieses Territoriums wurde Buenos Aires, dessen Stellung sich damit dramatisch verbesserte. Die Handelsbeschränkungen fielen weg und Buenos Aires wurde zu einem wichtigen Handelszentrum. Um 1800 hatte die wachsende Stadt rund 45.000 Einwohner (im Vergleich zu 12.000 noch 50 Jahre vorher) und war damit schon die größte Stadt in Südamerika. Damit wurde der locker besiedelte Ort zunehmend verdichtet, keinesfalls aber schöner, auch wenn nördlich der Stadt neue Wegenetze gezogen wurden, um freien Bauplatz zu schaffen. Das dortige Farmland wurde urbanisiert, der Schlachthof, der vorher außerhalb der Stadt lag, wurde nach Süden verlegt, wiederum außerhalb der Stadtgrenzen. Interessanterweise ist das eine erste Weichenstellung für das heutigen Buenos Aires; während der Süden der Stadt viele arme Nachbarschaften und Industriegebiete hat, siedeln im Norden, die Mittel- und Oberschicht (auf diese Verschiebung kommen wir später zurück).
Keiner der elf bis 1810 regiereden Vizekönige investierte viel Aufmerksamkeit in den Ausbau Buenos Aires und die kleinen Neurungen jener Zeit, wie der Recova Markt, sind heute allesamt verschwunden. Parks gab es und Gärten lagen zumeist nur hinter den Mauern der Häuser in privater Atmosphäre. Mit dem Paseo de la Alameda wurde aber ein erster öffentlicher Straßenzug am Fluss geschaffen, der trotz aller Unvollkommenheit gern zum Flanieren der Bürger der Stadt benutzt wurde.

Die Unabhängigkeit Argentiniens und der Aufstieg Buenos Aires

Als neue Hauptstadt des Vizekönigreiches wurde Buenos Aires zum Mittelpunkt der politischen Ereignisse in der Region, welche wiederum in engen Zusammenhang mit den Ereignissen in Europa standen. Dort überrollten die napoleonischen Armeen viele Länder. Spanien, nur noch ein Schatten der ehemaligen Weltmacht, wurde eher gezwungenermaßen, zum Alleierten Frankreichs. Unter den zahlreichen Feinden Frankreichs, und in dem Moment auch Spaniens, waren die Briten, welche 1806 Buenos Aires besetzten. Damit wurde die Stadt erstmals in seiner Geschichte von Feinden erobert. Die spanische Verwaltungsoberschicht, wie auch der Vizekönig flüchteten aus der Stadt. Die Einwohner der Stadt, die Porteños (übersetzt so in etwas wie die Hafensiedler), waren zwar zunehmend von der spanischen Vormundschaft gesättigt und nahmen die Flucht der iberischen Elite als Armutszeugnis, aber eine Besetzung von britischen Truppen war ihnen doch zu viel. Einheimische, bewaffnete Kräfte, die Patricios,  geführt von General Santiago de Liniers, eroberten die Stadt zurück. Ein Jahr später versuchten es die Briten wieder, scheiterten aber erneut. Buenos Aires ließ sich nicht erobern. Noch heute gibt es in Buenos Aires die Straßen Reconquista (die „Rückeroberung“ der Stadt 1806) und Defensa (die „Verteidigung“ der Stadt 1807), welche an diese Ereignisse voller Stolz erinnern. Aus den Erfahrungen über die eigene Stärke, erwuchs erstmals nicht nur in der Stadt, sondern im gesamten Umland ein neues Selbstbewusstsein, dass die eigene Stärke betonte. Die ersten Ideen wurden geboren, sich unabhängig vom spanischen Staat zu machen. 1810 kam es zu ersten Protesten auf dem Plaza del Mayo. Es wurde eine demokratisch gewählte Vertretung der Bürger eingefordert. Schließlich wurde am 25.Mai des Jahres der Vizekönig vertrieben und die Unabhängigkeit ausgerufen. Die Legende besagt, dass nach tagelangem Regen und Schlechtwetter des südlichen Spätherbsts, an jenem Tag, nach langer Zeit, erstmals die Sonne aufzog. Diese „sol del mayo“, ist heute noch auf der argentinischen Flagge zu sehen.
 Jedoch war dies nur ein erster Schritt und Spanien sah sich bald in ganz Südamerika mit Unabhängigkeitsbewegungen konfrontiert, welches es versuchte kriegerisch zu ersticken. Jedoch waren keine dieser kriegerischen Bemühungen langfristig vom Erfolg gekrönt. Am 9.Juli 1816 kam es zur vollständigen Loslösung von Spanien, der sogenannte Kongress von Tucumán begründete die Provincias Unidas del Río de la Plata, ein Vorläufer des heutigen Argentiniens. Innerhalb des neuen Staates formierten sich zwei gegensätzliche politische Positionen; Föderalisten und Unitaristen. Während die Föderalisten eher konservativ geprägt waren und zu starken Führerpersönlichkeiten tendierten, waren die Unitaristen eher Technokraten, die europäische Bildung schätzten. Letztendlich war dieser Konflikt für die Rolle Buenos Aires in einem neuen Staat entscheidend und sie ist auch heute noch in der aktuellen argentinischen Politik aufzufinden. Als erstes wurden im neuen Staat jedoch die Zeichen der alten Herrschaft getilgt und noch 1816 wurde der Stierkampf, das Symbol Spaniens, verboten (nicht unähnlich dem kürzlich verhängten Stierkampfverbot in Katalonien). Die Stadt wuchs weiter stetig und wurde das wirtschaftliche Zentrum des südlichen Amerikas.
In diese Zeit fällt der Baubeginn der neuen Fassade für die Kathedrale der Stadt, die mit ihrer neoklassischen Fassade, dass erste wirklich neuartige Bauwerk von Buenos Aires wurde. Sie ist stark beeinflusst von der europäischen Architektur jener Zeit und diese Beeinflussung, ja die geradezu fast manische Nachahmung, des europäischen Baugeschmacks, wurde zu einem prägenden Merkmal für Buenos Aires.
1829 kam Juan Manuel de Rosas an die Macht, ein Anhänger der Förderalisten, der seine Herrschaft zunehmend diktatorisch umgestaltete und als erster „caudillo“, als erster „Führer“ Argentiniens bezeichnet werden kann. Damit wurde ein autoritärer Politikstil etabliert, dem zukünftig – insbesondere im 20. Jahrhundert – noch weitere autoritäre Machtfiguren folgen würden. Rosas war für die Entwicklung der Stadt insofern bedeutungsvoll, als er die Infrastruktur verbesserte, indem er aus der starren Gitterstruktur der Straßen, einige verbreitern und zu Alleen umbauen ließ, eine Uferbefestigung zum Fluss hin schuf und die Felder und Hütten des nördlichen Vorortes Palermo in die Stadt integrierte, auch um dort seinen herrschaftlichen Wohnsitz zu errichten. Nachdem de Rosas 1852 durch Truppen von Justo José de Urquiza geschlagen wurde, dankte er ab und flüchtete nach Großbritannien. Von nun an übernahmen die Unitaristen die Vorherrschaft im Land und Buenos Aires veränderte sich zunehmend, geprägt von deren Vorliebe, dem europäischen Vorbild nachzueifern.
Das Jahr 1852 wird daher auch als die Wegmarke gesehen. War die Geschichte der Stadt bis dahin, provinziell, rückschrittlich oder gar langsam, begann nun der Aufstieg der Stadt von Welt.
1853 wurde eine neue staatliche Verfassung verabschiedet und die argentinische Konföderation gegründet, allerdings ohne Buenos Aires, denn die Stadt und die dazugehörende Provinz erklärten sich vom argentinischen Staat unabhängig. Die Gründe dafür lagen wohl insbesondere in der sich zunehmenden Herausstellung der wirtschaftlichen Vormachtstellung der Stadt im Land, insbesondere in der immer wichtiger werdenden Rolle des Hafens über welchen die Stadt einzig und allein selbst entscheiden wollte (und dessen Einnahmen man nicht unbedingt teilen wollte). So dauerte es bis 1859 ehe sich Buenos Aires der Konföderation anschloss und erst 1880 wurde die Stadt formell Hauptstadt Argentiniens. Das führte aber gleichzeitig zu einer Herauslösung aus der Provinz Buenos Aires, welche eine neue Hauptstadt bekam, die Stadt La Plata, die auf dem Reißbrett entworfen, ungefähr 70km südöstlich entstand. Buenos Aires selbst wurde nun vom Bund aus verwaltet, was hieß, dass nicht die Porteños ihren Bürgermeister wählen konnten, sondern das ein Intendente  (eine Art staatlicher Verwalter)eingesetzt wurde. Wenig später wurden, wieder auf Kosten der Provinz Buenos Aires, zahlreiche Vororte dem Stadtgebiet angegliedert.
Während all dieser politischen Veränderungen wuchs Buenos Aires weiter, 1857 erreichte der Ort das Niveau einer Großstadt (daher 100.000 Einwohner).

Das rasante Anwachsen von Buenos Aires

1880 zählte Buenos Aires bereits rund 250.000 Einwohner, eine rasante Bevölkerungszunahme, die viele andere Lateinamerikanische Städte erst viel später erleben sollten (und erstaunlicherweise eher der Bevölkerungsexplosion europäischer Städte jener Zeit gleicht). Verursacht war dieser Zuwachs von der ersten Welle europäischer Immigranten, die in der südlichen Hemisphäre ein neues Leben beginnen wollten. Die industrielle Revolution in Europa, die von einer rapiden Progression der Einwohner begleitet wurde und teilweise zu hoffnungslosen Verhältnissen auf dem Alten Kontinent führte, setzte massenweise neue Arbeitskräfte frei. Buenos Aires, sowie Argentinien insgesamt, hatten zu jener Zeit einen großen Bedarf an Arbeitskräften, veränderte sich doch auch hier die wirtschaftliche Situation des Landes von kleinen Farmwirtschaften hin zu industrieller Güterproduktion. Ein Beispiel für die neuen Möglichkeiten, die sich im 19.Jahrhundert ergaben, war das Erreichen eines französischen Dampfschiffes 1876 in Buenos Aires, welches gekühltes Fleisch mitführte, was nach der Atlantiküberfahrt noch genießbar war. Mit dem Kühlschrank war für die argentinischen Farmer die Möglichkeit gegeben, ihre Fleischproduktion auch nach Europa zu verschicken und ganz neue Märkte zu erschließen. Das argentinische Rumpsteak konnte man nun weltweit verzehren.
Mit dem ständigen Zuzug von Menschen ging allerdings auch einher, dass Wohnungsknappheit bzw. die katastrophale Wohnsituationen auch in Buenos Aires zu finden waren. Bestes Beispiel waren die conventillos, kleine Häuser in denen hunderte Menschen lebten, da sie dort nur ein Bett mieteten, während alle anderen Wohneinrichtungsgegenstände geteilt wurden. Insbesondere die hygienischen Zustände waren in diesen Quartieren, die meist in San Telmo oder La Boca zu finden waren, katastrophal. Einen eher symbolischen Ausdruck dieser Zustände zeigte sich in der Gelbfieberepidemie von 1871. Innerhalb von nur drei Monaten verloren dabei rund 14.000 Menschen, rund 8% der Bevölkerung ihr Leben. Die Epidemie breitete sich von San Telmo aus und betraf bald die ganze Stadt. Schuld an der verheerenden Krankheit wurde den Bedingungen in den Armutsquartieren gegeben, obwohl man heute weiß, dass die Krankheit von einer Mückenart übertragen wurde. Da es gerade in San Telmo aber viele stehende (Ab-)Wässer gab, fand diese hier ein ideales Brutgebiet.
Zwei Konsequenzen ergaben sich aus dieser Epidemie. Zum einen wanderten die wohlhabenderen Porteños endgültig in die nördlichen Stadtteile ab. Diese waren damals kaum erschlossen, aber wer es sich leisten konnte, der verließ die zunehmend überfüllte Innenstadt und wohnte im Barrio Norte. Heute sind die nördlichen Stadtteile Retiro, Recoleta, Palermo und Belgrano die Nachbarschaften der Mittel- und Oberschicht. Zum anderen wurde die Epidemie zum Anlass genommen, die Infrastruktur der Stadt zu verbessern. Wasser und Abwasserkanäle wurden gebaut, Strom- und Gasleitungen verlegt, 1875 eröffnete die erste Müllkippe der Stadt und die Müllabfuhr wurde eingeführt.
Seit 1857 führte auch die Eisenbahn in die Stadt, wobei die erste Station und ihr Gleisbett in die Nähe des Flusses gelegt wurden, damit begann ein Prozess, der den Fluss zunehmend aus dem Stadtbild verdrängte. In den 1870er Jahren wurden die ersten Straßenbahnen in der Stadt eingeführt. Erst noch mit Pferdebetrieb, ab dem 20.Jahrhundert dann elektrisch betrieben. Das Netz breitete sich schnell aus und damit begann eine räumliche Expansion der Stadt, denn nun war es für viele Porteños möglich, für einen günstigen Preis und in kurzer Zeit in die Innenstadt zu fahren, um dort zu arbeiten, während man am Rande der Stadt wohnte. Neue, entfernte Stadtteile wie Belgrano oder Flores konnten somit entstehen.
Immer neue Immigranten drangen nach Buenos Aires, fanden Arbeit und ließen die Wirtschaft stetig wachsen. Immer wieder warb sogar die Regierung um neue Arbeitskräfte, wobei man besonders an Mittel- und Nordeuropäer dachte, da man diese als besonders fleißig ansah. Der Reichtum der Stadt mehrte sich zunehmend und man dachte erstmals in Buenos Aires daran, repräsentative Bauten zu errichten, um insbesondere mit europäischen Städten mithalten zu können. In der Nachahmung europäisch-historistischer Baukunst sah man in Buenos Aires, die beste Möglichkeit die Stadt zu verschönern und ihren Reichtum und Fortschritt zu repräsentieren. Vorbild nahm man sich natürlich nicht am spanischen Kolonialreich, sondern an Paris, zusammen mit London, die Weltstadt der Jahrhundertwende. Dieser essentielle Unterschied zu anderen (süd-)amerikanischen Städten besteht auch heute noch (diese waren weit weniger europäisch geprägt). Der New Yorker Stadtbiograph James Gardener schreibt über Buenos Aires: „it feels invincibly, proudly, even polemically European.” (Gardener; S. 138). Dabei verdrängt das Neue jener Jahre auch die letzten Wurzeln des spanischen Kolonialen Erbes.
Mit dem Jahr 1880 und der Rolle als offizielle Hauptstadt Argentiniens kam ein weiterer Schub in die architektonische Verbesserung der Stadt, der von Paris aus in Mode gekommene Beaux-Arts Stil wurde gern und häufig verwendet um prächtige neue Bauwerke aufzustellen. Wichtig war den argentinischen Bauherren der erste Blick, nicht eine dahinter steckende Innovation der Bauten. Ein Beispiel für die Bedeutung der Außendarstellung bei gleichzeitiger Nachahmung europäischer Bauformen ist der Friedhof von Recoleta. Ähnlich strikt rechtwinklig wie die Stadt angelegt, repräsentieren die eng aneinander liegenden Grabbauten, mit ihren Nachahmungen des Historismus, des Jugendstils oder des Klassizismus die glorifizierten Familiengeschichten. Die Anlage wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts angelegt und ist heute eine der Hauptattraktionen der Stadt und gilt als einer der eindrucksvollsten Grabstätten Amerikas.
Die zahlreichen Bautätigkeiten der Lebenden wurde insbesondere von einer sich herausbildenden Schicht der Oligarchen geprägt, die sich reich ausgestattete Villen errichten ließen. Auch hier war wieder Paris das Vorbild. Interessanterweise waren jedoch die argentinischen Häuser weitaus besser ausgebaut als ihre französischen Vorbilder, was insbesondere daran lag, dass ihre Ideale in Frankreich um 1860 gebaut wurden, die südamerikanischen Nachbauten aber 30-50 Jahre später. Ein Fahrstuhl, warmes Wasser und Stromanschluss wurden auch bald für die Mittelklasse zur gewünschten und auch bezahlbaren Wohnungsausstattung. Ein signifikanter Unterschied zwischen den neuen Häuserreihen in Buenos Aires und seinen europäischen Vorbildern ist allerdings die Zerstückelung von Straßenzügen. Eine einheitliche Traufhöhe, oder gar eine einheitliche Straßenästhetik war (und ist heute noch) kaum in der Stadt zu finden. Jedes Haus war ein eigenes Bauprojekt und die Straßen sind folglich die Abflogen von ganz unterschiedlichen Gestaltungsformen, die eine ganzheitliche Harmonie selten aufkommen lassen. Dieses Durcheinander ist in der DNA der Stadt verankert, die wie schon erwähnt eine Gründung im spanischen Kolonialreich ist. Die Stadtgründungen standen dabei alle unter der Prämisse gleichförmige Bauplätze zur Verfügung zu stellen, die individuell von den späteren Besitzern bebaut werden konnten. Dieses individuelle Element ist noch heute viel häufiger vorkommend, als eine gleichförmige Gestaltung von Straßenzügen. Einige Ausnahmen in Buenos Aires werden später noch besprochen. Durch die unterschiedlichen Höhen benachbarter Häuser, entstanden die sogenannten medianeras, graue Häuserseiten ohne Fenster. Diese entstehen, wenn unterschiedlich hohe Häuser in einer Reihe gebaut wurden, denn man kann sich nicht sicher sein, ob die Häuserwand des höheren Hauses nicht doch später mal von einem neuen Nachbarbauwerk zugebaut wird und die Fenster dann ihre Funktion verlören. Die medianeras sind ein typisches Merkmal von Buenos Aires. Eine weitere lokale Besonderheit sind die ochavas, die spezielle Formung der Eckgebäude Buenos Aires. Fast jedes Eckhaus hat eine Schrägkante, die einen 90 Grad Winkel vermeidet und stattdessen sich zur Kreuzung hin öffnet. Diese Eckgestaltung findet sich zwar auch in vielen anderen Städten, aber die Häufigkeit bzw. fast Ausschließlichkeit der ochavas in Buenos Aires ist markant.  

Die Stadt von Welt

Eine der einflussreichsten Menschen im Baugeschehen von Buenos Aires war Torcuato de Alvear, der Intendente der Stadt. Obwohl nur von 1883 bis 87 im Amt, leitete er eine ganze Reihe von Veränderungen ein. Eine davon war das Projekt, die Straßengitterstruktur der Stadt neu zu definieren. Dabei sollten einige Straßen verbreitert und zu großen Boulevards umgebaut werden und so eine Hierarchie im sonst gleichförmigen Gitter entstehen. Sowohl entlang der Ost-West Achse (mit Corrientes, Cordoba, Santa Fé) als auch der Nord-Süd Achse (mit  Callao und Pueyrredón) wurden boulevardartige Hauptstraßen verbreitert. Alvear ließ Plätze anlegen, Bäume pflanzen und lockerte damit zusätzlich das Gitter auf.
Mit der Planung seines größten Projekts, der Avenida de Mayo, vermachte er der Stadt eine spektakuläre und gleichzeitig symbolische neue Hauptstraße, wenngleich diese erst nach seinem Tode vollendet wurde. Sie sollte vom wichtigsten Platz der Stadt, dem Plaza de Mayo mit dem Sitz des Staatspräsidenten, der Casa Rosa, zwei Kilometer lang in gerader Linie (was zu erwarten war) zum Congresso, dem Sitz des Parlamentes verlaufen. Die beiden wichtigsten politischen Institutionen des Landes waren die Bindeglieder dieser Prachtstraße. Die Avenida de Mayo war die erste, vollkommen neue Straße, die in das Gitternetz der Stadt eingelassen wurde (zwischen Rivadavia und Yrigoyen, was man auch heute noch problemlos im Stadtplan erkennt). Zwischen 1885 und 1894 wurde sie angelegt, unter großen Protesten der dortigen Hausbesitzer, meistens jenen, die bei den Bodenspekulationen nichts gewannen. Entstanden ist ein 30m breiter Boulevard, damals die breiteste Straße im Land und ganz an den Pariser Boulevards orientiert, welche übrigens ebenso 30m breit sind. Im Unterschied zur restlichen Stadt war man hier auch an einer Uniformität der Häuser interessiert (alle sollten 25m hoch sein), um der Straße einer großen Harmonie zu verleihen.
Der Parlamentssitz, Palacio de Congreso, am Ende der Avenida del Mayo, wurde zum neuen Symbol des aufstrebenden Staates Argentiniens. Architekt Vittorio Meano inspirierte sich am Washingtoner Capital und ließ von 1896 bis 1905 einen auf große Symmetrie angelegten, gleichzeitig aber gewaltigen Bau schaffen, dessen Eigentümlichkeit es ist, gestreckt zu wirken  (in der Kuppel vielleicht am besten zu sehen).
Nicht nur die politischen Bauwerke jener Jahre hatten eine hohe Strahlkraft, die drei neuen Hauptbahnhöfe der Stadt; Retiro, Constitucion und Once zeigten ebenso den gestiegenen Anspruch ans Bauen in Buenos Aires. Nicht weniger als das Beste, das Opulenteste und Größte, war gut genug für Argentiniens Hauptstadt. Noch heute sind die Vorhallen und Querbahnsteige der Estacion de Retiro oder des Bahnhofes Constitucion beeindruckende Kathedralen des Transits. Ein neuer Botanischer Garten, ein Zoo und der Neubau des Opernhauses Colon waren weitere Vorhaben, die der Bedeutung der Stadt zur Weltstadt zur Geltung verhelfen sollten.
Größere Infrastrukturmaßnahmen folgten im beginnenden 20. Jahrhundert mit dem Bau einer U-Bahn, der Subte (eine Kurzform von „Subterráneo“ = „unterirdisch“). Als erste Metro der südlichen Hemisphäre wurde sie 1913 (und eine der ersten weltweit, noch vor Madrid oder Moskau), mit der Eröffnung der Linie A, eingeweiht. Die Streckenlänge der Subte war anfangs übersichtlich, denn erst 1930 wurde eine zweite Linie eröffnet, aber mit dem Bau einer eigenen U-Bahn war ein Zeichen gesetzt wurden, dass keine technische Innovation zu teuer war für Buenos Aires. Viel essentieller war der Ausbau des Hafens. Wobei es einen einheitlichen Hafen so nicht gab und auch heute nicht gibt, vielmehr existierten drei Häfen der Stadt. Heute sind nur noch der südlich in La Boca und Barracas gelegene Hafen und der Puerto Nuevo, nördlich der Retiro Station in Betrieb, was für jeden Besucher der Innenstadt schnell sichtbar wird, nicht weil die Hafenanlagen so herausragen, sondern weil eine schier endlose Menge an Lastwagen durch das Stadtzentrum fährt, um Container von einem Hafen zum anderen zu bringen. Ein dritter Hafen war der, direkt vor der Innenstadt angelegte Puerto Madero, dessen Bau bereits 1889 begann. Die riesige Anlage, die von Eduardo Madero geplant wurde, schnitt das Stadtzentrum endgültig vom Fluss ab. Vier große Becken mit Hafenanlagen wurden zwischen der Innenstadt und dem Rio de la Plata angelegt. Puerto Madero wurde nur bis in die 1960er hinein betrieben und wird seit einigen Jahren zu einem Wohngebiet für die obere Mittelschicht und Oberschicht umgebaut (mehr dazu unter: Hochhäuser in Buenos Aires).
 Ein für das heutige Buenos Aires noch prägendes Element ist das großflächige Anlegen von Grünanlagen um das Jahr 1900. War die Stadt bis weit ins 19. Jahrhundert hinein, eine fast baumlose Stadtlandschaft, so erstellte man zur Jahrhundertwende Parks in den unterschiedlichsten Größen und Formen. Eine der schönsten ist heute der Parque Tres de Febrero mit seinem japanischen Garten. In diesem Zusammenhang kann ebenso das elegante Hippodromo, die Pferderennbahn, genannt werden, die besonders den begüterteren Kreisen ein Vergnügen bereiten sollte.
Mit der zunehmenden Einwanderung veränderte sich die Struktur der Stadt. Verschiedene Stadtviertel differenzierten sich voneinander ab. Spanische Immigranten siedelten in anderen „barrios“ als Italienische oder wiederum russische Juden. Deren Zuzug macht Buenos Aires übrigens heute noch zur 7. größten jüdischen Gemeinde in der Welt (mit dem einzigen koscheren McDonalds außerhalb Israels, gelegen in der Abasto Mall, in der es noch zwei weitere McDonalds gibt!).
Erstaunlich ist bei dieser kulturellen Verschiebung der Stadt, das langsame Verschwinden der schwarzen Bevölkerung. Wie bereits erwähnt, machte diese um 1800 20-30% der Porteños aus. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts siedelten sie vermehrt um den Plaza de la Independencía. Obwohl sie, anders als die indigenen Einwohner in Argentinien, nicht verfolgt wurden, waren sie niemals gleichberechtigte Bürger und tatsächlich wurde ihr Anteil an der städtischen Bevölkerung immer weniger. Warum dies der Fall ist, ist bis heute nicht aufgeklärt.
Ein sehr populäres Immigrantenviertel war La Boca, in der Nähe des Hafens, dass sich zu einem vorwiegend italienischen Arbeiterviertel entwickelte. Heute ist es eine Mischung aus sozialem Brennpunkt und Touristenziel, mit seinen buntbemalten Holzhäusern am Caminito, einem kleinen Weg in der Mitte des Viertel. Die bunte Bemalung der Holzhäuser ist ein Markenzeichen von La Boca und entstand wohl aus der Tatsache, dass lediglich Farbreste zum Anstreichen vorhanden waren und diese meist nicht für das ganze Haus ausreichten, so das unterschiedliche Seiten, verschiedene Farben hatten. Heute ist der Charme des Viertels an die kräftigen Besucherströme angepasst wurden. Zwischen dem Caminito und dem Stadion des Fußballclubs Boca Juniors, der Bombonera (übersetzt „der Pralinenschachtel“), kann der Besucher hier Souvenirs kaufen, Essen und Trinken gehen oder sich von Tangovorführungen unterhalten lassen. Gleichzeitig wird er aber gewarnt, nur in den drei, vier touristischen Straßenzügen zu bleiben (in welchen auch stets sichtbar Polizei patroliert), da die Kriminalitätsrate dahinter stark ansteigt. 
Buenos Aires, obwohl auch mit typischen Problemen seiner Zeit belastet, schien um 1910 vor einer glorreichen Zukunft zu stehen. Kaum eine Stadt expandierte mit so einer rasanten Geschwindigkeit, zog neue Menschen, aber auch Arbeit und Geld, an. 1906 war man zu einer Millionenstadt gewachsen und ein Ende des Zustroms war nicht abzusehen. Neue Prachtbauten, wie das allseits bewunderte Opernhaus Colón im Neo-Renaissance Stil, eröffneten im Abstand von wenigen Jahren und zum einhundertjährigen Jubiläum der Unabhängigkeit (1910) wurde sogar eine Weltausstellung in der Stadt abgehalten. Während in Europa die politischen Spannungen zum 1.Weltkrieg führten, träumte man in Argentinien von einer weiter florierenden Welt, in welcher man nicht mehr den Alten Kontinent nachahmen musste, um ihn zu überholen. Prominente und Gelehrte kamen nach Buenos Aires, eine Tatsache, die noch einhundert Jahre vorher undenkbar erschien, nimmt man Darwin 1832 aus der Zählung heraus, der aber seinerzeit nur ein Forschungsreisender auf der Durchreise war. Eine Literaturszene entstand ebenso, wie eine Kunstgemeinde. Mit dem Tango entstand eine eigene Kunstform, wenngleich sich Porteños und Einwohner von Montevideo endlos darüber streiten können, wer und in welcher Stadt der Tanz erfunden wurde. Von den Einheimischen gern angeführt wird, das mit Carlos Gardel, der mit drei Jahren nach Buenos Aires zog, die Stadt sicherlich einen, wenn nicht den, berühmtesten Tango-Sänger und Komponisten zum Sohn hat.
1913 beschloss man, einen großen Einschnitt in die Straßenstruktur der Stadt zu machen und das rechteckige Gitternetz in zwei Fällen aufzulösen. Vom Plaza de Mayo an sollten zwei Diagonale Straßenzüge wegführen, um damit neue Sichtachsen zu schaffen und gleichzeitig zwei neue Prachtstraßen zu gestalten. Bis 1943 dauerte der Ausbau der Straßenzüge, noch vermehrt im Stil des Beaux-Artes errichtet. Allerdings sind hier schon erste Probleme zu bemerken, denn die südlichen Diagonale wurde nie abgeschlossen und endet bereits drei Blocks nach dem Plaza de Mayo. Die nördliche Diagonale reicht bis zum Justizpalast und verbindet damit symbolisch eine weitere Stütze der Gesellschaft mit dem Hauptplatz der Stadt.
Im Jahr 1928 zählte Buenos Aires bereits 2 Millionen Einwohner. Die großen Flächen in den neuen Stadtteilen Belgrano und Flores (1887 eingemeindet) wurden nicht nur rasch zugebaut, sondern ebenso schnell verdichtet. Aufgelockerte Vororte sind in der Stadt Buenos Aires deshalb kaum zu finden. Innerhalb der Stadtgrenzen, welche jedoch nur 202km² ausmachen, ist durch Immobilienspekulation, industrieller Expansion, und insbesondere durch die Verbesserung der Nahverkehrsmittel, eine schnelle und vollständige Urbanisierung aufzufinden, die fast keine lockere Bebauung kennt. Generell blieb es bei der Einteilung, dass im Norden die finanziell reicheren Schichten wohnten, während man im Süden Industrie- und Arbeiterviertel vorfand.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde der Historismus als prägende Bauform vom Jugendstil und der Moderne abgelöst. Das erste Hochhaus der Stadt, der Palacio Barolo auf der Avenida de Mayo, erdacht von Mario Palantini wurde 1923 eröffnet und ist ganz im Stil des Jugendstil ausgeführt. Die Besonderheit liegt in seiner symbolischen Form, die in ihrer Struktur an der „Göttlichen Komödie“ von Dante anknüpft. Ebenso in diesem Stil zeigt sich der Abasto Großmarkt, der heute ein großes Einkaufszentrum ist. Mit dem Edificio Kavanagh bekam Buenos Aires nicht nur ein neues höchstes Haus, sondern auch ein Bauwerk, das bereits maßgeblich vom rationalen Denken der Moderne geprägt wurde.
Zum 400-Jahrestag der Anlandung Pedro de Mendozas wurde ein 67m hoher Obelisk an der Stelle gebaut, an der 1812 die erste Argentinische Flagge aufgezogen wurde. 1936 fertiggestellt sollte der Obelisk schon drei Jahre später wieder abgerissen werden. Nur das Veto des Intendenten der Stadt bewahrte das Bauwerk vor seiner Zerstörung. Heute ist es ein Wahrzeichen der Stadt.

Weltstadt als Traum – Buenos Aires von 1930 bis 2000

1930 wurde der fast schon 80-jährige Präsident Hipólito Yrigoyen, durch einen Militärputsch gestürzt (eben jener Yrigoyen der 1919,  in der sogenannten Semana Trágica, einen Arbeiteraufstand blutig niederschlagen ließ). Fünf weitere Staatsstreiche sollten bis 1976 folgen und das Land immer wieder erschüttern. Argentinien war schon in den Dekaden vor 1930 keine wirklich stabile Demokratie (wie fast kein Land zu jener Zeit), aber durch die zahlreichen gewaltsamen Machtwechsel in den nächsten Jahrzehnten stagnierte die damals  achtgrößte Volkswirtschaft der Welt mitsamt ihrer Hauptstadt zunehmend. Statt andere Städte der Welt in Rang und Schönheit zu überholen, wurde man selbst überholt. Politische Extremisten verübten Anschläge. Regime ließen verhaften, foltern und töten. Besonders bekannt ist noch heute die Militärjunta, die 1976 an die Macht kam. Ihre Methoden der „vuelo de la muerte“ in denen Verdächtige lebend aus dem Flugzeug in den Rio de la Plata geworfen wurden, ist ein trauriger Höhepunkt, in einer von traurigen Geschehnissen reichen Geschichte der Stadt und des Landes von 1930 bis 1980. 
Das Bauwerk des 20. Jahrhunderts in Buenos Aires ist kein Haus, sondern eine Straße; die Avenida  9 de Julio, die Nord-Süd Tangente, die so breit ist, dass sie die Stadt in zwei Teile zu schneiden scheint. Von 1934 bis 1980 wurde an ihr gebaut. Sie ist genau einen Block, des ursprünglichen Straßengitters, breit und wird von den Porteños gern als die breiteste Straße der Welt vorgestellt. Trotz dieser Dimensionen ist sie jedoch ein häufiger Gastgeber für Staus und ein urbanistischer Fehlgriff des Autozeitalters. Fußgänger haben keinerlei Möglichkeit, sie in einer Grünphase zu überqueren und trennt sie die Innenstadt in zwei Teile auf. Es gibt Stimmen, welche die Avenida für die größte Bausünde in der Stadt halten. 
Architektonisch erreichte die Moderne natürlich auch Buenos Aires. In der Regierungszeit Juan Peróns wurde der soziale Wohnungsbau beispielsweise mit der Ciudad Evita (nach seiner zweiten und sehr populären Frau benannt) gefördert. Dabei wurden auch Elemente der monumentalen Architektur verwendet, wie beim Bau der Juristischen Fakultät der Universität.
Schon 1947 erreichte die Einwohnerzahl innerhalb der Stadtgrenze drei Millionen Bewohner, eine Zahl die auch sich nicht mehr steigern ließ und seit dem ungefähr gleich blieb. So entstand die masive Besiedlung der Vorstädte, teilweise mit relativ eintönigen Wohn-Hochhäuser. Neue Straßenbahn- und Eisenbahnlinien zogen schnell neue Hausbauten an, die sich immer weiter in den Umkreis der Stadt verlagerten und so entstand der Ballungsraum Gran Buenos Aires, der 1960 bereits 6,7 Millionen Einwohner hatte. Innerhalb dieses Gebietes, in der Nähe der Stadt Eizeiza ließ man in den 1940er Jahren einen neuen Flughafen bauen, der damit rund 30km außerhalb des Stadtzentrums lag. In der Stadt wurde ein zweiter Flughafen gebaut, der Aeroparque, der nur wenige km nördlich des Retiro Bahnhofs liegt.
In den 1960er Jahren verordnete sich Buenos Aires das Aussehen einer modernen Großstadt, was nichts anderes bedeutete, dass man Hochhäuser zwischen dem Plaza de Mayo und Retiro Bahnhof bauen ließ. Im neuen Gebiet „Catalinas Norte“ wuchs 1957 mit dem Edificio Alas das erste und damals höchste Hochhaus der Stadt. Das Alas schaut tatsächlich jedoch wie ein Wolkenkratzer der 1930er Jahre aus. Der Ausbau der neuen Skyline kam in den 1960/70er Jahren voran, stoppte dann aber bis Mitte der 1990er Jahre, war aber niemals nur auf Catalinas Norte begrenzt. Nach der Schließung des Hafens Puerto Madero wird seit einigen Jahren dort ein neues Wohngebiet umgesetzt, was die benachbarten Hochhäuser von Catalinas Norte sogar noch übertrifft (siehe dazu auch: Hochhäuser in Buenos Aires).
1983 wurde die seit 1976 herrschende Militärjunta durch den demokratisch gewählten Präsidenten Raúl Alfonsín abgelöst. Diese bis heute andauernde demokratische Epoche ist gekennzeichnet von vielen Auf und Abs. Wirtschaftlichen Hochphasen (in den 1980er und 90ern) folgten tiefe Depressionen (1998 bis 2003 sowie gegenwärtig). Politische Instabilitäten sind trotz zweier verheerenden Bombenattentate auf jüdische Ziele 1992 und 1994 glücklicherweise selten. Im letztgenannten Jahr wurde der Status der Stadt geändert und ihr mehr Rechte verliehen. Weitere zwei Jahre später, wurde eine städtische Verfassung angenommen, nach welcher die Stadt sich wieder selbst regieren kann. Fernando de la Rúa wurde zum ersten Bürgermeister von den Porteños gewählt, später wurde er Präsident Argentiniens (wie auch der heutige Amtsinhaber Mauricio Macri, der erst Präsident des Fußballclubs Boca Juniors war und später Bürgermeister der Stadt). Der Bürgermeister regiert jedoch nur die Stadt, die offiziell Ciudad Autónoma de Buenos Aires heißt mit ihren 2,8 Millionen Einwohnern auf nur 202km². Der sich angrenzende Ballungsraum Gran Buenos Aires wächst weiter und zieht sich heute rund 100km entlang des Flusses Rio de la Plata entlang, bei einer Breite von rund 40km und hat rund 13 Millionen, womit man zu den drei größten Städten Südamerikas gehört und wo rund ein Drittel aller Argentinier leben.     

Buenos Aires heute

Das heutige Buenos Aires gilt als eine der sichersten und reichsten Städte Südamerikas. Insbesondere im nördlichen Teil der Stadt, sind die Unterschiede zu europäischen Metropolen kaum zu bemerken. Das ändert sich aber deutlich, wenn man durch die Innenstadt in Richtung Süden kommt. Buenos Aires kann seine armen Ecken dann kaum verstecken. Slums sind auch in Buenos Aires anzutreffen. Gleich hinter dem Bahnhof Retiro, dehnt sich etwas versteckt ein dichtbebautes Armenviertel zum Hafen Puerto Novo aus, in welchem unter bescheidensten Bedingungen rund 40.000 Menschen leben. Bedenkt man das nur rund 15min Fußweg später der prächtige neue Stadteil Puerto Madero wächst, der reiche Porteños anziehen soll, kann man sagen, das Buenos Aires heute durch die großen Gegensätze zwischen Arm und Reich geprägt ist, einen Zustand der nicht nur von Papst Franziskus angeprangert wird, der aus dem Arbeiterstadtteil Flores stammt und viele Jahre in der Kathedrale der Stadt predigte. Und so gibt es in Buenos Aires den Ausdruck „muy primer mundo“ (in etwa: „sehr erste Welt“), um etwas technisch hochmodernes, geschmackvolles oder teures zu bezeichnen, ein Ausdruck der schon verrät, dass man hier irgendwie nicht ganz in der 1.Welt lebt, denn dort ist es eben eine Selbstverständlichkeit, die nicht erwähnt werden muss. Es scheint vielmehr Teil des kollektiven Bewusstseins der Porteños zu sein, in einer Melancholie zu leben, einstmals bedeutsamer, wohlhabender und schöner gewesen zu sein.