Geschichte San Franciscos

Vorgeschichte: Indianer, Forts und Missionen

Städte an der amerikanischen Westküste haben immer eine – im europäischen Vergleich – sehr kurze Geschichte, allerdings kann man am Beispiel San Franciscos gut beobachten, wie reichhaltig, vielfältig und sprunghaft auch eine Stadthistorie sein kann, die gerade erst einmal rund 170 Jahre hinter sich gebracht hat. Dabei sind die Anfänge menschlichen Lebens in dieser Gegend natürlich weitaus älter. Vor rund 5000 Jahren siedelten hier der Indianerstamm der Ohlone. Da die Gegenden reich an natürlichen Nahrungsquellen waren standen die Einwohner unter keinem großen Druck sich zivilisatorisch weiter zu entwickeln und so hatten sie keine festen Siedlungen gebaut, als zum ersten Mal Europäer in diesen Teil der Welt vordrangen. Einer der ersten war Francis Drake, der britische Weltumsegler und Pirat, welcher auf der von ehemals fünf Schiffen einzig verbliebenen „Golden Hind“ die Welt umrundete und wohl nördlich der Einfahrt zum Golden Gate Station machte. Tatsächlich war es ihm, wie vielen weiteren Seefahrern in seiner Nachfolge, entgangen, dass es einen schmalen Zugang zu einer weiten Bucht gab, einem der wohl besten Naturhäfen der Welt, dessen größter Nachteil es war, lange nicht entdeckt worden zu sein und die heute den Namen San Francisco Bay trägt.

Es war erst das Missionswesen der in diesem Teil der Neuen Welt umher zivilisierenden Spanier, welche die Bucht erstmals wahrnahmen und das auch erst, nachdem sie schon rund 200 Jahre lang mehr oder besser zumeist weniger intensiv an den Küsten Kaliforniens segelten. Tatsächlich wurden ab 1769 Missionen in Alta California (übersetzt das „obere Kalifornien“, der heutige zur USA gehörende Bundestaat, „Niederkalifornien“ gehört zu Mexiko) gegründet, welche nicht nur dafür da waren, dass der katholische Glauben sich entlang des Pazifiks ausbreiten konnte, sondern mit denen der spanische Besitzanspruch auf das ungenutzte Land verdeutlicht werden sollte. Im Zuge der Etablierung eines Netzes aus etwa einem Tagesmarsch entfernten Missionen wurde 1776 der ersten Außenposten an der Bucht von San Francisco erbaut, wobei man sich auf der sandigen Spitze der Halbinsel niederließ, die heute das Stadtgebiet von San Francisco ausmacht. Unter Leitung von Juan Bautista de Anza wurde ein Presidio erbaut, dessen Nachfolger heute das Fort Point unter der Golden Gate Brücke ist. Drei Meilen südlich davon wurde eine Mission errichtet. Der Begründer des kalifornischen Missionswesens, Junipero Serra, plante sie nach Heiligen zu bennen, so bekam diese Einrichtung den Namen des Heiligen Franzi von Assisi. Als mit der San Carlos, erstmals ein Schiff durch das Golden Gate fuhr, und das benötigte Baumaterial brachte, konnte am 17. September 1776 das Presidio eingeweiht werden. Drei Wochen später folgte die Mission.

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Die ersten Jahrzehnte in diesem damals entlegenen Winkel der Welt, müssen langweilig und einsam gewesen sein und schon gegen Ende des 18.Jahrhunderts war Berichten zufolge das Fort in einem heruntergekommen und erbärmlichen Zustand. Auch die Zusammenarbeit von Fort und Mission war wohl häufig von Unwägbarkeiten geprägt und insbesondere die Soldaten beschwerten sich darüber, dass ihre Versorgung durch die Mission alles andere als zufriedenstellend war. An dieser Situation änderte sich auch nicht viel, als Mexiko seine Unabhängigkeit erklärte und Kalifornien nun zum neu entstanden Staat gehörten. Seit 1824 Republik, hatte das neue Land kaum Ressourcen das Gebiet wirklich zu besiedeln und in die eigene Infrastruktur aufzunehmen. Eine einigermaßen wirksame Strategie war die Verteilung von Land an Farmer und Rancher, die Viehwirtschaft betrieben. Dadurch entstand ein kleiner Handelsplatz in der Bucht von San Francisco, die ihren Namen nach dem Titel der Mission erhielt. Der Warenaustausch folgte dem Prinzip des hide an tallow trade. Da es zu damaliger Zeit mehr Rinder gab, als die relativ kleine Bevölkerung essen konnte, gleichzeitig aber ein Mangel an anderen Waren vorlag, sogar an einer Zahlungseinheit, wurde das Fell des Rindes als Währung benutzt. Eine sehr hübsche Anekdote darüber stammt vom Presidio von Monterey, dem damals wichtigsten Ort Kaliforniens. Da selbst hier das Kanonenpulver so knapp war, soll es vorgekommen sein, das einkommenden Schiffen erst Schießpulver abgekauft werden musste, bevor man diese mit Kanonen-Salut offiziell begrüßen konnte. Sogar Richter konnten Geldstrafen in Formen von Rinderfällen aussprechen.
Schon damals wurde jedoch den Ersten bewusst, dass Kalifornien Potential haben könnte und wenn, dann würde es in der Bucht von San Francisco sein, dessen Herz und Mittelpunkt sie darstellte. Hier entwickelte sich seit den 1830er Jahren der kleine Hafen von Yerba Buena zu einem Anlaufpunkt, der am nordöstlichen Ende der Halbinsel entstanden war. Der englische Walfänger William Richardson war wohl der erste Bewohner von Yerba Buena, als er hier 1835 das erste Haus baute. Nachdem er die Tochter des Kommandanten des hiesigen Presidios ehelichte, wurde er Mexikaner. Bald darauf, zu etwas Wohlstand durch Fährtätigkeiten auf der Bucht gekommen, ließ er ein zweites Haus bauen, die Casa Grande, die heute der ältesten Straße der Stadt, der Grant Street ihren Namen gab. In den folgenden Jahren kamen einige weitere Häuser dazu und eine kleine Siedlung entwickelte sich, die sich allerdings keinerlei Schönheit rühmen konnte. Hütten und Adobehäuser gaben mit der Zeit mehreren hundert Menschen Platz zum wohnen. Die Einwohner jener Tage, die „Old Saw“ waren ein Gemisch aus Mexikanern, Amerikanern, Indianern, Holländern, Hawaiianern und Spaniern. Jeder ging seinen mehr oder meist weniger legalen Geschäften nach und Yerba Buena war eine Ansammlung an Betrügern, Vagabunden, Exzentrikern und Hedonisten, vor allem aber Händlern, während sich an den Gefilden der Bucht die durch Viehwirtschaft reich gewordenen mexikanisch-spanischen Familien, die „Caballeros“ niederließen. Diese wenigen Familien lebten durch die Arbeit ihrer Knechte und spannten ein enges soziales Netz untereinander. Diese Familien stellten mit einigem Missfallen fest, dass es immer mehr Amerikaner waren, die aus dem Osten in ihr Gebiet einwanderten. Man beschloss sie, mit Billigung des mexikanischen Staates, zu benachteiligen. Doch in dem dünn besiedelten Landstrich ließen sich trotzdem immer mehr Yankees nieder und schon bald kippte die Stimmung und es kamen Forderungen auf, die sich ein von Mexiko unabhängiges Territoriums wünschten, dass lieber zur USA gehören sollte.
1846 erreichten 70 Soldaten des Kriegsschiffs Portssmith Yerba Buena und eroberten kampflos die Siedlung für die USA. Es sollten noch zwei Jahre vergehen bis der amerikanisch-mexikanische Krieg mit dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo beendet wurde und ein riesiges Gebiet, das unter anderem den heutigen Bundesstaat Kalifornien umfasste, von Mexiko an die USA übergeben wurde.
Dem damaligen Ortvorsteher von Yerba Buena Lt. Washington A. Bartlett, ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Stadtgeschichte zu verdanken. Am 30. Januar 1847 ließ er die Siedlung Yerba Buena in San Francisco umbenennen und erhoffte sich damit einen Popularitätsgewinn des Ortes, war doch die breite Bucht gleichen Namens schon überregional bekannt. Viel schneller als erwartet sollte San Francisco zu einem Zentrum werden, nicht nur der Bucht oder Kaliforniens, sondern sogar des gesamten neuen Westens der USA, doch am neuen Namen lag dies weniger.

Der Goldrausch und San Franciscos kometenhafter Aufstieg

Schon die ersten Europäer, die nach Amerika kamen, verband der Traum vom Ort mit unendlichen Goldschätzen und der damit verbundenen Suche nach dem El Dorado. Es war 1849, als dieses sagenumwobene Glücksversprechen gültig wurde, als unweit von San Francisco Gold gefunden wurde (unweit in den Maßstäben des riesigen Landes, der Ort des ersten Fundes liegt 115 Meilen von der Stadt entfernt). Die Aussicht auf schnellen Reichtum zog Menschen wie ein Magnet an.
Begonnen hatte alles mit dem Zimmermann James Marshall, der von John Augustus Sutter angeheuert wurde, ihm eine Sägemühle zu bauen. Sutter wurde in mexikanischer Zeit mit reichlich Land ausgestattet und hatte sich hier im nördlichen Kalifornien ein Fort und weite Landstriche gesichert, die er in Erinnerung an seine alte Heimat „New Helvetia“ nannte. Er ließ ein Fort bauen, wo heute die kalifornische Hauptstadt Sacramento steht. Am 24. Januar 1848 schaute Marshall in den neugeschaffenen Mühlgraben und entdeckte dabei einen Goldklumpen. Nach einigen Untersuchungen war man sicher: es ist tatsächlich Gold! Sofort bemühte man sich den Fund geheim zu halten, doch das hatte nur wenig Erfolg. Am 15. März schon kam in der jüngst nach San Francisco gezogenen Zeitung „Californian“ eine kleine Meldung heraus, dass man Gold gefunden haben könnte. Diese mediale Zurückhaltung war darin begründet, dass es solche Meldung nicht gerade selten gab, tatsächlich aber bis zu jenem Zeitpunkt eigentlich nie etwas dahinter stand. Das Konkurrenzblatt, der „Californian Star“, sendete sogar einen Reporter in das Gebiet des American River, einem Zufluss zum im Golden Gate mündenden Sacramento River, um herauszubekommen, ob etwas dran war an den Gerüchten. Doch die dortigen Arbeiter konnten den Reporter überzeugen, nichts sei hier zu holen. Die Gerüchte jedoch hielten sich und als schließlich der Herausgeber des Star, Sam Brennan, durch die Straßen der Stadt lief und laut „Gold! Gold! Gold! Am American River“ brüllte (nicht ohne vorher seinen Laden an Sutter’s Fort mit ausreichend Schaufeln, Spaten und weiterem Material zum ausgraben bestückt zu haben) da waren die Einwohner vom Goldfieber gepackt und die Stadt schien für kurze Zeit ausgestorben, da jeder in die Region reiste um sein Glück zu finden. Werkzeuge wurden den Händlern aus den Händen gerissen und diese setzten sofort neue Bestellungen ab. Somit zog die Nachricht immer weitere Kreise, dass in Kalifornien Gold gefunden wurde. Im Dezember diskutierte der Kongress in Washington die Goldfunde und der damalige Präsident Polk gab schließlich öffentlich die Goldfunde bekannt. Spätestens jetzt gab es kein Halten mehr und eine riesige Menge Goldsuchenden, die sogenannten „fortyniners“ (49er – noch heute im Namen des Footballteams von San Francisco wird an sie erinnert), strömten nach Kalifornien.
Als erstes kamen sie nach San Francisco. Die Wege hierin waren aber alles andere als einfach. Es gab drei Routen von der dicht besiedelten amerikanischen Ostküste aus. Die schnellste und teuerste führte mit dem Schiff an den Isthmus von Panama, dort über das Land vom Atlantik zum Pazifik und an Ozean angekommen, mit dem Schiff nach Norden. Billiger, aber länger und weiter, war die Schiffspassage über ganz Südamerika mit der Umfahrung von Feuerland, was nicht nur zeitraubend war, sondern gleichfalls anspruchsvoll und gefährlich. Und schließlich die Route quer über den riesigen nordamerikanischen Kontinent, der allerdings gleichfalls viele Entbehrungen mit sich brachte, sei es durch Krankheiten, nicht immer glimpfliche Begegnungen mit Indianern oder die Passage des staubtrockenen Great Basins sowie anschließend der hoch aufragenden und verschneiten Gebirgsgipfel der Sierra Nevada. Letztendlich sind rund 200.000 Menschen in den ersten drei Jahren des Goldrausches nach Kalifornien gegangen und rund 50% sind über den Seeweg gekommen. San Francisco wurde mit einem Schlag überrannt und zwar von zwei Phänomenen. Zum einen von Menschenmassen, die das Golden Gate kreuzten und hier ihr Glück suchten und zum anderen vom Reichtum derer, die ihr Glück in Form von Gold schon gefunden hatten. Die Stadt wurde zu einer Boomtown, in welcher sich spätere Western-Autoren sich ihrer Klischees bedienten. Die vielen errichteten Zelte und die wenigen Holzgebäude wurden zur Heimat von Glückspielern. Die Spekulation trat um sich und das nicht nur um Immobilien. Was gerade nicht in San Francisco verfügbar war, wurde extrem teuer gehandelt, denn Finanzen waren ja fast unbegrenzt vorhanden und manch ein Reederer soll einfach Schiffe mit Waren auf gut Glück in die Bucht gesendet haben, in der Hoffnung hier alles extra-teuer verkaufen zu können, denn die Gewinne die man in San Francisco erzielen konnte, schienen gigantisch.
Die eigentlichen Goldsucher waren an der sogenannten Mother Lode dabei ihr Glück zu suchen, einem rund 120 Meilen langen Streifen, der von Fort Suttner nach Süden reichte. In der Anfangszeit konnten, die rund 120.000 Goldsucher noch mit normalen Gerät nach Gold suchen, bevor es ab 1850 bis 53 nur noch mit schwereren Bergbaumaschinen möglich war, das Edelmetall in ausreichenden Mengen zu abzubauen, dies dann aber umso profitabler. Jeder Sucher konnte sich ein Stück abstecken auf dem er Gold suchte, wenn er dies tatsächlich praktisch dort auch tat. Dies war ein ziemlich ordentlicher und selbstregulierter Vorgang. Zahlreiche Goldgräberstädtchen entwickelten sich, Boomtowns, die jedoch schon nach Abflauen des Rausches wieder aufgegeben worden. Trotzdem war das Leben rau, hart und reich an Entbehrungen. Gleichfalls war es zunehmend rassistisch, denn schon seit 1850 wurde es nur noch Amerikanern erlaubt, nach Gold zu suchen, wohlgemerkt zu einer Zeit, als Kalifornien noch nicht mal ein amerikanischer Bundesstaat war. Schwarzen oder Indianern blieb nur die Möglichkeit, für einen Goldsucher zu arbeiten.
Vom Goldrausch getragen entwickelte sich San Francisco zum unumstrittenen Zentrum des am 9.September 1850 ausgerufenen Bundesstaates Kalifornien und die Stadt schien stündlich zu wachsen. Zeitgenössische Schätzungen gehen davon aus, das die Stadt in nur vier Monaten von 6.000 auf 30.000 Einwohner wuchs. Die allermeisten neuen Siedler waren Männer. Erst 1880 soll sich der Frauenanteil in San Francisco bei der Hälfte eingepegelt haben. Neuer Wohnraum wurde an allen Ecken gewonnen. Alte Schiffe wurden verarbeitet, Teile der Bucht aufgeschüttet, um neue Wohnungen, Hotels oder Shops zu bauen. Teile des heutigen Financial Districts beispielsweise wurden erst 1851 dem Wasser der Bucht abgerungen. San Francisco muss in jenen Jahren wie eine große matschige Baustelle ausgesehen haben in der jeder versuchte innovativ seinen Teil des großen Kuchens abzubekommen. Ein deutscher Migrant, geboren als Löb Strauß im oberfränkischen Buttenheim, hatte die Idee den Arbeitern besonders strapazierfähige Hosen zu nähen und produzierte sogenannte Duck-Pants. Als er 1872 den Schneider Jacob Davies (ein geborener Lette) kennenlernte, erzählte ihm dieser von einer Idee einer robusten Hose mit Nieten und bat ihm um 68 Dollar für die Einreichung eines Patents. Strauß, der sich in Amerika Levi Strauss nannte, willigte ein und daraus wurden die heutigen Jeans.
Doch Geld wurde in San Francisco in den 1850er Jahren mit fast allem gemacht, am meisten aber mit Landbesitz (oder mit einer Glücksspiellizenz). Der Macht der Landspekulation und des Grundbesitzes ist auch das recht uneinfallsreiche Grundgerüst der Stadt „zu verdanken“, dass aus rechtwinkligen Straßengittern besteht, die sich an keinerlei morphologischen Besonderheiten der bergigen Halbinsel orientieren (was heute dazu führen kann, dass man das Gefühl hat an der nächsten Straßenecke beginnt ein Abgrund, aber tatsächlich geht die Straße nur steil nach unten). Auf den Flächen der Straßengittern zog Leben ein, dass in vollen Zügen genossen wurde. Schon 1853 wurden 573 Orte gezählt, die Alkohol verkauften. Bei einer Quote von einem Laden pro 60 Einwohner konnte man in San Francisco schon fast von einer Trunksucht reden, die gepaart wurde mit einer Leidenschaft für das Glücksspiel aller Art. Und so schrieb der gebürtige Kalifornier und Philosoph Josiah Royce später über San Francisco, dass die Männer die sich nicht dem Glückspiel hingaben, zu wenige waren um bemerkt zu werden. Aber es entstanden auch Restaurants, Hotels und Theater und San Francisco wurde zu einem beliebten Stopp für wandernde Theatergruppen. Gleichzeitig entwickelte sich ein lebhafter Zeitungsmarkt, den San Francisco war in den 1850er Jahren noch immer abgeschnitten vom großen Rest der USA und viele Leser dürsteten nach Informationen und Geschichten aus dem Rest des Landes und der Welt. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass durch das rasante Wachstum viele Menschen noch in Zelten wohnten und Krankheiten sich schnell ausbreiten konnten. Lungenentzündungen oder Cholera waren keine selten zu findenden Erkrankungen in jenen Jahren. Ein anderes Problem stellte die hohe Kriminalität dar, die sich einer anfangs kaum vorhandenen polizeilichen Staatsmacht gegenüber sah. Bandenkriminalität, die berühmteste Gang waren die Sydney Ducks, war ein großes Übel und ein Schwerpunkt waren Brandstiftung. Sechs schwere Feuer zerstörten rund 3000 Gebäude und auch, wenn alles wieder schnell aufgebaut wurde, waren die Schäden natürlich beträchtlich. Als Gegenmaßnahme wurde ein Komitee der Wachsamkeit („Committee of Vigilance“) gegründet, ein Prototyp für alle späteren Bürgerpatrolien und Nachbarschaftswachen in den USA. Und das Komitee war keinesfalls zimperlich. Wenn sie einen Kriminellen habhaft wurden, verurteilten sie diesen und ließen ihn hängen, was ihnen den nicht unbegründeten Vorwurf der Lynchjustiz einbrachte.

Nach dem Rausch: Krisen, Komitees und neue Anschlüsse

Ab 1853 ebbte der Goldrausch ab und war schließlich ebenso schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Die Stadt geriet ab der Mitte der 1850er Jahre in eine wirtschaftliche Krise. Die Immobilienpreise sanken dramatisch, rund ein Drittel aller Geschäfte in der Stadt standen leer. Erschwerend kam hinzu, dass Korruption gang und gebe war und der Glaube an staatliche Administration nicht existierte. Als 1856 ein Stadtverordneter, einen Zeitungsmacher erschoss, welcher gegen diesen (wahr oder/ und unwahr) angeschrieben hatte, bildete sich sofort ein neues Komitee aus Bürgern. In nur 3 Tagen schrieben sich 5.000 Menschen in das neue Wachsamkeits-Korps ein und schnell entwickelte sich daraus eine schlagfertige paramilitärische Truppe, die praktisch die Aufgaben der Stadtverwaltung nach ihrem Dünken übernahm. Im Namen des Komitees wurden vier Menschen gehängt und zahlreiche andere deportiert. Nachdem es nach eigenen Dünken in der Stadt aufgeräumt hatte, löste das Komitee sich bereits im Juli wieder auf und transformierte sich zu einer Partei. Damit kam wieder Ruhe in die Stadt und gegen Ende der 1850er Jahre setzte tatsächlich wieder ein beträchtliches Wachstum an der Bucht ein.
Rund 50.000 Menschen lebten da bereits in San Francisco und das nur 10 Jahre nachdem die Stadt überhaupt gegründet wurde. Wofür Boston 200 Jahre brauchte oder New York 190, schaffte San Francisco also in einer Dekade. Die Stadt wurde zu einer Metropole, die vielleicht noch multikultureller und vielsprachiger war, als die Städte der Ostküste. Der weitere Aufstieg setze sich in den 1860er Jahren fort, getragen von Silberfunden in der Sierra Nevada, die in San Francisco gehandelt wurden. 1870 erreichte man bereits die Zahl von 150.000 Einwohnern. Fünf Jahre später wurde das Palace Hotel eröffnet, dass mit seinem Reichtum, Service und seinen Dimensionen sogar dafür ausgelegt war, dass die Stadt noch viel weiter wuchs (bevor sich solch ein Hotel rentierte). Die Ausbreitung der Stadt gestaltete sich weiterhin rund um ihrem Ausgangspunkt an der Nordostecke der Halbinsel, während die direkte Pazifikküste noch unbewohntes Hinterland war. Doch es war klar das bei anhaltenden rasanten Wachstum schon bald auch dieser Teil bewohnt werden würde. Hier sahen innovative Bürger die Möglichkeit, einen Teil der Fläche zur Stadtverschönerung zu benutzen. 1868 wurde ein drei Meilen langer und eine halbe Meile breiter Streifen sich vom Ocean Beach nach Osten ziehender Streifen unter Schutz gestellt. Hier sollte der Golden Gate Park entstehen, ein urbanes Mammutprojekt. Die Größe der Aufgabe lag nicht nur in den Dimensionen für einen solchen Park (seine Fläche ist größer als der Central Park in New York), sondern auch darin, dass es sich hier um eine Dünenlandschaft handelte. Der Vater des Projekts William Hammond Hall musste sich also einerseits um das Problem der ständigen Versandung kümmern, als andererseits auch um eine ausreichende Bewässerung des Parks. Das Letztere wurde durch zwei Windmühlen gelöst, die noch heute am Westende des Parks zu sehen sind und Wasser in diesen pumpen. Die ständige Versandung wurde durch eine Mauer gelöst, auf der heute der Küsten Highway 1 entlang läuft. Die Bauarbeiten starteten in den 1870er Jahren und zogen sich bis ins nächste Jahrhundert. Im Park wurde 1894 die San Francisco Midwinter International Exhibtion eröffnet, welche 2,5 Millionen Besucher anzog. Lediglich der Japanische Garten wurde danach erhalten, denn man legte Wert darauf die Parklandschaft zu erhalten. So blieb gleichfalls nur der Name des geistigen Vaters der Ausstellung M.H. de Young in Erinnerung, nach welchem heute das zentrale Kunstmuseum im Park benannt ist, welches allerdings erst 2005 öffnete.

San Franciscos Bedeutung und seine Einzigartigkeit als abgeschiedene Metropole im Westen der USA änderten sich mit der Eröffnung der Transkontinentalen Eisenbahnverbindung 1869, die eine schnelle Verbindung in den Osten des Landes ermöglichte. Durch staatliche Förderung entstanden zwei Eisenbahngesellschaften, Union Pacific und Central Pacific, welche eine Linie durch die Weiten des Westens und die gewaltige Gebirgslandschaft der Sierra Nevada bauen ließ. Obwohl daran viele chinesische Arbeitskräfte beteiligt waren, wurden hauptsächlich vier Männer, die später sogenannten Big Four, davon steinreich. Mark Hopkins, Leland Stanford, Collis Huntington und Charles Crocker sollten mit der Eisenbahn nicht nur großartige Einnahmen erzielen, sondern sie erhielten großen Einfluss auf das Geschehen im Westen der USA, war doch die Eisenbahngesellschaft (1884 wurde sie zur Southern Pacific) zum wichtigsten Landbesitzer in Kalifornien geworden und wurde zu einem der wichtigsten Akteure, wenn es um politische Entscheidungen im Staat ging.
Für San Francisco war der neue Anschluss keinesfalls so fantastisch, wie es sich die Zeitgenossen ausmalten, denn nicht nur verlor die Stadt etwas von ihrer Einzigartigkeit am Rande des riesigen Landes, sie selbst wurde auch gar nicht ans Netz angeschlossen, denn die Verbindung endete am anderen Ende der Bucht in Oakland. Schnell neidete man der kleinen Nachbarstadt den Bahnhof und befürchtete diese könnte dem großen San Francisco den Rang ablaufen. Doch tatsächlich wurde die Bucht, wie der gesamte Westen nun als Markt für billigere Produkte aus dem Rest des Landes attraktiv. Gleichfalls kamen weitere Neuankömmlinge, doch für sie war es jetzt viel schwieriger geworden einen guten Job zu bekommen, denn tatsächlich schlitterte die Stadt in die ökonomische Krise der 1870er Jahre welche das gesamte Bundesgebiet der USA betraf. Der Westen konnte durch seinen neuen Anschlüsse diesen Krisen nun nicht mehr entrinnen. Ein markantestes Symbol der Krise war der Kollaps der Bank of California am 26. August 1875, dessen einflussreicher Besitzer Billy Ralston am nächsten Tag beim Schwimmen ertrank.

San Francisco bis zur Jahrhundertwende: Painted Ladies und Cable Cars

Mit der wirtschaftlichen Krise der 1870er Jahre erlebten die Arbeiter und Beschäftigten der Stadt erstmals die Auswirkungen ökonomischer Probleme. Die Arbeitslosigkeit griff um sich, ein Phänomen, dass bis dato nahezu unbekannt war. Schnell war ein Sündenbock für die Probleme gefunden, es waren die nach dem Eisenbahnbau unbeschäftigten Chinesen, welche die Aufmerksamkeit der Arbeiterschaft erwarben und für die Krise verantwortlich gemacht wurden. Bisher waren sie als exotische Minderheit wahrgenommen wurden, die in ihrem Viertel - Chinatown - lebten und nicht groß auffielen, die aber in den 1870er Jahren durch harte Arbeit, in der Zigarettenindustrie und der Textilverarbeitung zu Marktführern an der Bay wurden und die 1872 rund die Hälfte aller Fabrikjobs in San Francisco besetzten. Eine „anti-chinesische“ Stimmung machte sich breit, die auch durch administrative Reglungen weiter befeuert wurde. Viele Chinesen erfuhren Gewalt am eigenen Leib. Den Höhepunkt erreichten die rassistische Wut im Sommer 1877, als ein Mob Geschäfte und Häuser in Chinatown anzündeten. Erst ein erneut gegründetes Sicherheitskomitee konnte die Gewalt eindämmen. Aus der sich erhebenden Arbeitermasse entstand gleichfalls eine politische Bewegung, die Ungleichheiten in Kalifornien anprangerte und aus welcher sich die Workingsmen’s Party formierte, die zweifellos notwendige politische Reformen anmahnte, gleichzeitig aber nicht ihre rassistischen Tendenzen ablegte. Trotzdem wurde sie 1877 in den California Constitutional Convent gewählt, konnte dort aber keine wirklich wichtigen politischen Änderungen durchsetzen.
Die äußere Gestalt San Francisco wurde gleichfalls ab den 1870er Jahren verändert und ist noch heute sichtbar, denn bis zur Jahrhundertwende setzte die Epoche der Hausbauten im Viktorianischen Stil ein. Diese Redwood-Häuser prägen heute noch das Bild von San Francisco und obwohl sie in ihrer Ornamentierung so individualistisch wirken, sind sie doch meistens Produkte von großangelegten Projekten einiger Baufirmen, die in Katalogen ihre Entwürfe anboten und die dann reihenweise diese Häuser über die hügelige Landschaft San Franciscos setzten. Diese liebevoll Painted Ladies genannten Wohnhäuser gelten heute als Sehenswürdigkeit der Stadt, auch wenn viele von ihnen das Erdbeben von 1906 nicht überstanden.
Die Stadt erlebte trotz wirtschaftlich angespannten Zeiten bis zur Jahrhundertwende ein weiteres stetiges bis rasantes Wachstum und um die Jahrhundertwende wohnten bereits fast 350.000 Menschen in San Francisco. Die Stadt expandierte nun vor allem in der Fläche. Sie vergrößerte sich vom nordöstlichen Teil der Halbinsel aus und umschloss schon bald den im Westen der Stadt angelegten Golden Gate Park und dehnte sich weiter nach Süden aus. Die zahlreichen – nicht gerade flachen – Hügel der Stadt wurden durch ein neues Transportmittel erschlossen und zu beliebten Wohnquartieren gemacht, durch die cable car. Diese Kabelstraßenbahn in San Francisco – die heute ein bekanntes weiteres Wahrzeichen der Stadt ist – geht zurück auf den Schotten Andrew Hallidie. Dieser wurde aufgeschreckt durch die zahlreichen und teilweise grausamen Unfälle, die sich mit Pferdebahnen auf den steilen Hängen der Stadt ereigneten und ersann einen Plan. Ein unter der Straße angebrachtes Kabel, dass von einer Dampfmaschine angetrieben wurde, sollte die Straßenbahnwagen führen. 1873 eröffnete die erste Linie, die Clay-Street-Line und bald wurde seine Erfindung ein boomender Erfolg, der sich nicht nur in San Francisco ausbreitete, sondern in den USA und auch weltweit weitere Anwender fand. Allerdings war das Transportsystem spätestens seit den 1920er Jahren technisch veraltet und wurde überall aufgegeben, außer in San Francisco, wo noch immer 3 Linien in Betrieb sind und für den allerdings nicht gerade zimperlichen Preis von 7 Dollar pro Fahrt bestiegen werden können.
Auf den Hügeln der Stadt ließen sich die Reichen nieder und zeigten ihr Vermögen mit prunkvollen Villen. Nob Hill wurde zur elegantesten Adresse des amerikanischen Westens. In der Stadt etablierten sich vier große Tageszeitungen, welche die öffentliche Meinung in Kalifornien prägten und San Francisco zu so etwas wie einem Medienzentrum des Westens machten. Chinatown entwickelte sich derweil zu so etwas wie einer frühen Touristendestination. Verwaltet von den Six Companies war es die Heimat von rund 50.000 Chinesen in der Stadt, wo man als Tourist in die exotische Welt Asiens eintauchen konnte (was übrigens auch heute noch funktioniert). Die Zeitungen verwiesen gern auf den halb-legalen, moralisch anrüchigen Charakter des Viertels, waren doch hier auch Opium-Höhlen zu finden, welche nur ein Teil des sündigen Lebens in San Francisco um die Jahrhundertwende ausmachten, der auch bei weitem nicht auf Chinatown begrenzt war.
San Francisco war in jener Zeit das unumstrittene Zentrum in einem zunehmend wohlhabender werdenden Kalifornien. Jeder vierte Kalifornier lebte hier und die Stadt war nach New York der wichtigste Umschlagplatz des Außenhandels. Gleichwohl war die Politik des Bundesstaats, als auch der Stadt geprägt von Vetternwirtschaft und Korruption. 1901 riefen die immer stärker werdenden Gewerkschaften zu einem Streik auf, da sie einen Teil des Kuchens abhaben wollten, der bisher nur unter den Einflussreichen verteilt wurde. Tatsächlich kam es im September zu einem Generalstreik, der die Rolle der Gewerkschaften noch weiter stärkte und schließlich zum Gewinn des Bürgermeisterpostens für die Union Labour Party führte, in welcher der in der Stadt geborene Abu Ruef seine Fäden zog, der später allerdings ebenso wegen Korruption angeklagt wurde und letztendlich 14 Jahre im Gefängnis St.Quentin verbrachte.

Das Erdbeben von 1906

San Franciscos wohl einschneidenstes Ereignis war das Erdbeben vom 18.April 1906. Auf Grund der Lage an der San Andreas Verwerfung ist die Stadt bis heute ein Gebiet, dass mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von solchen Naturkatastrophen betroffen ist. Das letzte größere Beben lag schon fast 40 Jahre zurück, als um kurz nach 5 Uhr morgens die Einwohner der Stadt aus dem Schlaf gerissen wurden. Heutigen Schätzungen zur Folge lag die Stärke bei rund 7,8 auf der Richterskala und brachte zahlreiche Häuser, besonders im Financial District und North Beach zu Fall, was wohl insbesondere daran lag, dass in dieser alten Sumpfregion der Untergrund weniger fest ist. Das Beben war in fast ganz Kalifornien zu spüren und tatsächlich waren die Schäden durch die Erschütterungen in einigen Städten sogar verheerender als in San Francisco. Was die zerstörerische Wirkung des Bebens aber potenzierte, war ein darauf einsetzendes Feuer, das für 80% der zerstörten Häuser verantwortlich war. Geborstene Gasleitungen entfachten einen wahren Feuersturm, der vom Stadtzentrum startend sich über die Stadt wälzte. Zu allem Unglück war schon beim Beben der Feuerwehrchef der Stadt ums Leben gekommen, was die Koordination der Rettung stark einschränkte. Auch die gebrochenen Wasserleitungen trugen dazu bei, dass die Feuerwehr nur schwer arbeiten konnte und gegen Abend breiteten sich die Brände immer weiter aus. Die viktorianischen Holzhäuser boten dafür eine gute Angriffsfläche und man kann von Glück sprechen, dass sich die Winde drehten und so weiter westlich gelegene Teile der Stadt vom Feuer verschonten. Bürgermeister Schmitz rief die Armee, die im Presidio stationiert war zur Hilfe, die sowohl den Brand bekämpfte, als auch Plünderungen verhinderte. Doch auch mit ihrer Hilfe konnten die letzten Flamen erst drei Tage nachdem Beben endgültig gelöscht werden. Nach offiziellen Angaben starben rund 3.000 Menschen, während mindestens 10mal, nach anderen Schätzungen 100mal so viele Menschen Obdachlos wurden (was bei damals rund 400.000 Einwohner, dreiviertel der Bevölkerung ausmachen würde). Die Armee errichtete Zeltstädte um die Opfer unterzubringen, die auch dank der raschen Solidarität der Nachbarstädte bald mit dem Notwendigsten versorgt werden konnten. Tatsächlich erinnerte diese Situation ein wenig an die rasche Besiedlung zu Zeiten des Goldrausches, als viele Menschen gemeinsam in Zelten oder unter freiem Himmel schliefen mussten und Klassen oder Standesgrenzen keine größere Rolle spielten, sondern nur die Verbesserung der Situation in Angriff genommen wurde. Rund 28.000 Gebäude waren zerstört und – so die Legende – der Wiederaufbau startete, als die Ruinen noch rauchten. Schnell wurden aus 20.000 in der Stadt tätigen Bauarbeitern 60.000.

Wiederaufbau und neuer Glanz - San Francisco bis zum 2.Weltkrieg

Es stellte sich kurz die Frage, eine historische Chance zu nutzen. Durch die zahlreichen Zerstörungen war es möglich San Francisco besser und schöner aufzubauen als zuvor. Das starre grid-Muster aus Blöcken hätte man für eine Gestalt der Stadt verändern können, welche die Landschaft einschließt. Tatsächlich hätten Ideen dazu bereitgestanden. Die Bewegung des „City Beautiful“ hatten den bekannten Architekten Daniel Burnham mit einem Masterplan für die Stadt beauftragt. Burnhams Idee war es, die Hügel von Besiedelung zu befreien, lange Boulevards anzulegen, die Sichtachsen zu einem neuen neoklassischen Stadtzentrum erlaubten und neue Straßen zu bauen, welche sich der Oberfläche der Stadt besser anpassten und aus dem rechtwinkligen Muster ausbrachen. Burnham veröffentlichte seinen Masterplan 1905 in einem Buch, doch tatsächlich war die große Chance für den Start seiner Idee – die weitreichende Zerstörung der Stadt, insbesondere der Innenstadt – der eigentliche Todesstoß für ein Konzept das zahlreiche Anhänger in der Stadt hatte. Nach dem Beben war der wichtigste Punkt der schnelle Wiederaufbau, es ging darum, dass Leben so zügig wie möglich wieder zu normalisieren und nicht um einen teuren und zeitaufwendigeren Plan für die Anlage einer neuen Stadt. San Francisco verpasste es damit zu einer Planstadt zu werden und behielt damit „it’s birthmark as an instant city“, wie Tom Cole schreibt, bei.
Zu einem Symbol des Wiederaufbaus der Stadt wurde das neue Rathaus, denn das Alte stürzte beim Erdbeben ein. Auch wenn es erst 1912 bewilligt wurde, war es so etwas wie ein kleines Überbleibsel der City Beautiful Bewegung, denn es war im Beaux-Artes Stil von den Architekten Bakewell und Brown als zentraler Bau mit großer Kuppel geplant. 1915 wurde die City Hall eröffnet worden und wurde zum Zentrum eines neuen „Civic Centers“, das gleichfalls im historisierenden Stil noch ein Civic Auditorium bekam und eine Bibliothek, sowie das California State Building, die sich alle um das Rathaus herum positionierten. 1932 kam schließlich noch das Opernhaus der Stadt dazu, wo übrigens 1945 51 Nationen die Gründungscharta der Vereinten Nationen unterzeichneten.
Ein Höhepunkt der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts war die Weltausstellung, die „Panama-Pacific International Exposition“, im Jahr 1915, die allerdings etwas unter den Umständen des 1.Weltkriegs in Europa litt. Ein Hauptanliegen der Schau war der Durchbruch des Panamakanals, welcher den Anlass zur Feier gab (der Kanal konnte mit einem großen Modell studiert werden). Eine heute noch eindrucksvolle Hinterlassenschaft des Ausstellungsgeländes ist der Palast der feinen Künste von Bernard Maybeck.
Trotzdem erlebte San Francisco in jenen Jahren auch Spannungen, so wie beim Bombenanschlag beim Preparedness Day 1916, als 10 Menschen getötet wurden. Das hatte jedoch keine Auswirkungen auf die Bevölkerungszahl die bis 1920 rasant anwuchs. Die Stadt lebte in den 1920er Jahren in großer Prosperität bis auch hier die Weltwirtschaftskrise 1929 zuschlug und insbesondere den Hafen der Stadt und die (bis dahin) dort beschäftigten Arbeiter stark traf. Die schlechte ökonomische Situation führte zu weiteren Spannungen, so wie zum „Bloody Sunday“am 5.Juli 1934 als ein Streik gewaltsam von Streikbrechern aufgelöst werden sollte und zwei Menschen starben und über 100 verletzt wurden.
Die 1930er Jahre waren aber das Jahrzehnt, dass der Stadt zahlreiche heute noch bekannte Wahrzeichen bescherte. Dem Nachlass einer großen Freundin der Feuerwehr, Lillie Coit ist der nach ihr benannte Coit Tower auf dem Telegraph Hill entstanden, welcher an die städtische Feuerwehr erinnern soll und gleichzeitig wohl einen der besten Blicke auf die Stadt ermöglicht.
Ein fast noch bekannteres Wahrzeichen und gleichzeitig ein heutiger Touristenhotspot ist die eher ungemütliche Insel Alcatraz mit ihrem Gefängnis. Schon seit 1886 wurde die Insel vom Militär genutzt, aber im Jahr 1934 zu einem Hochsicherheitsgefängnis des Bundes umgebaut. Hier saßen so klangvolle Namen wie „Machine Gun“ Kelly oder Al Capone ein. Angeblich war die Insel ausbruchsicher, da die Strömung es nur schwer zulässt von ihr an Land zu entkommen und man große Gefahr läuft, über das Golden Gate ins Meer gespült zu werden. Tatsächlich beflügelte diese Tatsache noch weiter die Fantasie und nach der kostenbedingten Schließung des Gefängnisses wurde es zu einem beliebten Drehort für zahlreiche Filme, unter anderem „Der Gefangene von Alcatraz“ mit Burt Lancaster oder „Flucht von Alcatraz“ mit Clint Eastwood. Nach einer Besetzung durch Indianer in den 1970er Jahren wurde es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und mittlerweile von 1,3 Millionen Menschen per annum besucht.
Kein Besuchermagnet, aber für die Wasserversorgung der ständig wachsenden Stadt zentral, war der Bau des Hetch Hetchy Water Projects. Das 1934 fertiggestellte Projekt sicherte zwar die Wasserversorgung der Stadt, war aber aus einem anderen Grund äußerst umstritten, denn für das Wasser wurde das Hetch Hetchy Valley aufgestaut, das als eines der schönsten Naturgebiete Kaliforniens galt.
Die heute noch am sichtbarsten und vielleicht schönsten Leistungen der 1930er Baumaßnahmen sind die zwei Brücken, welche von der Stadt über die Bucht führen. Da ist zum einen der etwas weniger beachtete Bay Bridge, die vom Stadtzentrum über die Yerba Buena Island nach Oakland führt. Sie ersetzt die zahlreichen Fähren, die zwischen den beiden Fähren fuhren und das Ferry Terminal in San Francisco zur stärkst frequentierten Transitstation der USA machte. Als im November 1936 die Brücke eröffnete, konnte man über eine doppelte Hängebrücke fahren, eine Konstruktion die eine absolute Weltneuheit war und eine Investitionssumme von 80 Millionen Dollar kostete, eine für damalige Zeit enorme Summe. Für die weltweite Imagination San Franciscos war aber die 1937 eröffnete Golden Gate Bridge noch wichtiger, die als eine der schönsten Brücken der Welt gilt. Dabei war die Hängebrücke sehr umstritten, denn die reizvolle Landschaft an der Durchfahrt des Golden Gates sollte nicht mit einem so gigantischen Bauwerk verschandelt werden, immerhin war die Brücke die damals Größte ihrer Art. Letztendlich war aber die Gestalt und die Farbgebung der Brücke so gut gewählt, dass das Bauwerk zu den schönsten Brücken der Welt gezählt wird.
Im Februar 1939 eröffnete erneut eine Weltausstellung in San Francisco. Auf der künstlich aufgeschütteten Insel Treasure Island, welche sich an die Yerba Buena Island anschloss, wurde die Golden Gate International Exposition eröffnet, welche zwar nicht an die Strahlkraft und Innovation der Panama-Pacific Exposition heranreichte, aber immerhin auch 17 Millionen Gäste erreichte. Im Herbst des gleichen Jahres startete der 2.Weltkrieg, bei dem die USA erst später eingriffen, dann aber San Francisco zu einem der wichtigsten Plätze der Kriegsökonomie werden ließ. Und so erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich nur noch mit den Zeiten des Goldrausches vergleichen ließ. Mehr als 1,5 Millionen Soldaten fuhren unter der Golden Gate Bridge hinaus in den Krieg während die Anzahl der Fabriken in der Stadt um ein Drittel zunahm und die Zahl an Arbeitskräften sich verdoppelte, wobei erstmals eine größere Menge Schwarzer sich in der Stadt niederließ und die Stadt insgesamt eine Einwohnerzahl von 775.000 erreichte, einen Höchstwert, der erst im Jahr 1990 wieder erreicht wurde.

San Francisco nach dem 2.Weltkriegs: Beatniks, Hippies and Milk

Die Nachkriegszeit und der bald darauf einsetzende Kalte Krieg machten San Francisco und die Umgebung der Stadt nicht nur zu einem wirtschaftlichen Zentrum, sondern auch zu einem kulturellen Hotspot der westlichen Welt. Das Begann bereits in den 1950er Jahren mit dem Beatnik-Movement, einer für die damaligen Zeit nonkonformistischen und rebellischen Bewegung, die als Vorläufer der Hippie-Bewegung gelten kann. In ihrer Mitte standen Schriftsteller, wie beispielsweise Jack Kerouac, der den Begriff der „Beat Generation“ erfand, der für den Konsum von Marihuana, freie Liebe und einer standhaften Nonkonformität gegenüber der Welt der 1950er Jahre stand. In Kaffees und dem legendären „City Lights Bookshop“ trafen sich die Beatniks und prangerten den Materialismus und die zunehmende Vereinnahmung der Gesellschaft von rechts an.
Dies hatte in den 1960er Jahren Nachfolger als neue linke Protestbewegung, die sich insbesondere auf dem Campus der Berkeley University auf der anderen Seite der Bucht einrichtete und Rassismus, Materialismus und Krieg kritisierte. Die Hippies, welche gleichfalls in den 1960er Jahren, insbesondere im Stadtteil Haight-Ashbury auftauchten waren viel weniger politisch, als das sie die Welt mit liebevollem Umgang und der Entsagung von Konsumismus (außer vielleicht von Drogen) begegnen wollten. Mit ihren langen Haaren und Bärten und zusammengewürfelten Klamotten setzen sie sich vom Rest der Stadt (des Landes und der Welt) ab und veranstalteten große „Be Ins“, wie den „Summer of Love“, der sich musikalisch in Scott McKenzies „San Francisco“ manifestierte und der Welt von einem neuen Lebensgefühl kündete. Doch die eher auf Disziplinlosigkeit angelegte Bewegung verwässerte sich schnell und wurde zu einem zeit-geistigen Modebegriff und schon zu Beginn der 1970er Jahre verwandelte sich Haight-Ashbury zu einem „New Age slum“ (so Cole S. 142). Und so wurde es wieder etwas rauer in San Francisco, in einer Stadt die aber weiterhin für Toleranz und Diversität stand. Im Viertel um die Castro-Street siedelten sich mehr und mehr Homosexuelle an, die ihren Liebe hier frei ausleben konnten. Hier wurde auch Harvey Milk zum ersten offen schwulen Stadtrat in den USA gewählt, der jedoch am 28. November 1978 gemeinsam mit dem Bürgermeister George Moscone vom einem ehemaligen konservativen Stadtrat, namens San White, erschossen wurde, weil dieser sich über die neue Politik in der Stadt erregte, seinen Posten zurückgab, diesen aber auf Betreiben von Milk und Moscone nicht wiederbekam. Als White mit einem recht milden Urteil von nur 7 Jahren Gefängnis wegen Totschlags davonkam, protestierten zahlreiche Schwule und deren Sympathisanten am 22. Mai 1979 in der sogenannten „White Night Riot“, bei der die Polizei rigoros von Gewalt Gebrauch machte.
So begannen die 1980er Jahre, die Dekade von AIDS, welche in der Stadt wütete und in welcher auch die nationale Wirtschaftskrise der USA nicht halt machte. So verlor der Hafen der Stadt mehr oder weniger seine Bedeutung mit der Erweiterung der Anlagen im gegenüberliegenden Oakland. San Francisco transformierte sich zu einer post-industriellen Stadt, die unter anderem sich als touristische Destination mit neuen Hotspots wie der Fisherman’s Wharf für Touristen attraktiv machte. Während im Stadtzentrum immer mehr Hochhäuser der Hochfinanz in den Himmel schossen und der Stadt einen neue Skyline und neue Blickwinkel bescherten, formierte sich quasi am anderen Ende der Interessen eine kraftvolle Umweltschutzbewegung, die unter anderem durchsetzte, dass schon 1973 sich eine Golden Gate National Recreation Area bilden konnte und die skeptisch auf die Auswüchse des Hochhausbaus und der Umgestaltung von einem urbanen Lebensraum zu einer Touristendestination blickten.
Das Erdbeben am 17.10 1989 beschloss ein nicht immer glückliches Jahrzehnt der 1980er, mit 63 Toten und über 3700 verletzten Menschen. Zwar war es nicht so dramatisch wie das Beben von 1906, aber mit 16.000 unbewohnbaren Wohnungen in der Bay Area und einer nicht mehr befahrbaren Bay Bridge hatte es erheblichen Einfluss in das Leben an der Bucht.
Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der nächsten 20 Jahre veränderte abermals das Aussehen der Stadt, denn mit dem Erfolg des Sillicon Valley und vieler neuer wohlhabender Menschen durchflutete die Gentrifizierung die Straßen San Franciscos, die es für Familien der Unter- aber auch der Mittel-schicht immer schwieriger machten, in der Stadt zu leben. So soll es schon 2007 mehr Hunde in San Francisco gegeben haben als Kinder und auch heute noch muss man befürchten, dass San Francisco sich zu einer teuren Stadt für Wohlhabende entwickelt (denn die Immobilien-Preise hier sind bereits die höchsten in den USA). Trotzdem wäre es falsch in der Stadt nicht auch heute noch viele Überbleibsel der kurzen aber so wechselvollen Geschichte zu sehen.

Literatur: Dieser Artikel stützt sich maßgeblich auf Tom Coles „A short history of San Francisco“

 

Der Platz

Einführung | Der öffentliche Raum | Die Lage des öffentlichen Raumes | Die Größe des Platzes | Die Klassifikation von Plätzen | Der öffentliche Raum heute – zwischen Designerplätzen, Verkehrsinseln und Malls

Einführung

Eines der wichtigsten Elemente in Siedlungen und Städten sind Plätze, also Orte an dem Bauwerke Raum für das öffentliche Leben geben, wo sich Menschen unter freien Himmel treffen und interagieren können. Es sind Plätze, die so etwas wie den bürgerlichen Mittelpunkt einer Stadt ausmachen, den Brennpunkt des Lebens, den Schauplatz des Sozialen. Gern bezeichnet man auch den Platz, als gute Stuben der Stadt. Sie werden von vielen Städten als repräsentative Orte dargestellt, der ein (gelungenes) Abbild oder besser Schaubild der Stadt darstellt, so wie der Theaterplatz in Dresden, der Französische Platz in Berlin oder der Plaza Major in Madrid. Doch Plätze müssen bei weitem nicht immer repräsentativ oder schön sein, sie können ebenso verschmutzt, dreckig und doch voller Geschehnisse, voller Leben sein. Große Geschichte kann auf Plätzen geschrieben werden, Revolutionen beginnen oder Republiken ausgerufen werden. Auf Plätzen kann öffentlich gespielt werden, Paraden abgehalten oder Markt betrieben werden. Plätze können ganz unterschiedlicher Formen haben (rechteckig, dreieckig, rund…), ebenfalls können die Inhalte des urbanen Lebens auf Plätzen und ihre Verwendung große Unterschiedlichkeiten aufweisen. Plätze sind wichtige Elemente in der Stadt, auf den nächsten Zeilen sollen daher städtische Plätze etwas näher untersucht werden.

Etymologisch geht das deutsche Wort „Platz“ auf das griechische Wort „plateĩa“ zurück, das man als „breiter Weg, Straße oder öffentliche Fläche in der Stadt“ ansah. Tatsächlich ist der städtische Platz ohne den öffentlichen Raum nicht denkbar, weshalb als erstes kurz abgeklärt werden muss, was darunter verstanden werden kann.

Der öffentliche Raum

Der öffentliche Raum ist der Ort gesellschaftlichen Austausches. Er ist der absichtsvoll errichtete Schauplatz für die Rituale und Interaktionen einer städtischen Gemeinschaft. Der Bürger verlässt sein Haus, um Andere im öffentlichen Raum zu treffen. Was seit Menschengedenken verankertes soziales Verhalten ist, verändert sich zwar in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit hoher Geschwindigkeit, ist aber immer noch ein Schlüsselfaktor des Lebens in der Stadt (und wird es hoffentlich auch bleiben, wenn mir dieser kleine Wunsch an dieser Stelle gestattet sein darf). Hier – außerhalb der privaten Mauern des individuellen Daseins – kann man nicht nur andere Menschen treffen, sondern hier können ebenso Gemeinschaften ritualisierten Handlungen nachgehen (die Frage, in wie fern virtueller, öffentlicher Raum heute von Bedeutung ist, kann an dieser Stelle nicht erörtert werden). Hier treffen sich Menschen beispielsweise, um gemeinsame Absichten und politische Veränderungen in Demonstrationen kundtun, hier kann der Staat machtvoll seine Schutzmacht für (und gelegentlich auch gegen) die eigene Bevölkerung demonstrieren, indem er beispielsweise Paraden abhält oder Volksfeste organisiert. Es geht im öffentlichen Raum also um Sinn- und Gemeinschaftsstiftung für die städtische Bevölkerung, auch wenn es durchaus unterschiedliche Sinnstiftungen für die verschiedenen Benutzer des öffentlichen Raumes geben kann (da Plätze historisch ganz unterschiedlich genutzt werden können).

Der Platz im öffentlichen Raum

Der Platz in der Stadt wiederum bietet nun genau das, was er aussagt, er bietet Platz für das öffentliche Leben und somit ist er immer auch ein Ausdruck über das Leben der Menschen. Die Rolle des Platzes in der Stadt ist damit eine Besondere, wenn man die Stadt nicht nur als Verdichtung von bewohnter Fläche betrachtet, sondern (eben auch) als eine besondere Form menschlichen Zusammenlebens. In den spanischen Gesetzen, die zum Aufbau neuer Siedlungen in Amerika ausgearbeitet wurden, den sogenannten „Las Indias“, heißt es deshalb auch, der zu errichtende Hauptplatz soll Ausgangspunkt der neuen Stadt sein. Tatsächlich wurde – wie beispielsweise in Buenos Aires – zuerst ein Platz angelegt und von diesem die Straßen weggeführt. Hier trafen sich später die Bürger der Stadt, die „Porteňos“ von Buenos Aires, und machten ganz maßgeblich Geschichte, aber hier zeigt auch der Staat, wer die Ordnungsmacht besitzt, sei es vor langer Zeit mit dem Bau einer spanischen Burg, oder heute mit dem Bau der „Casa Rosada“, dem Sitz des argentinischen Präsidenten.
Ein Platz hat deshalb auch immer eine symbolische Bedeutung. So ist der Platz nie zu denken, ohne die an ihn angrenzenden oder sogar auf ihm errichteten Architekturen, die in begrenzen, oder ab auf ihm stehen. Statuen der Könige sind nicht unüblich auf Plätzen, um darauf zu verweisen, wer die Macht in letzter Instanz an diesem Ort hat bzw. hatte. Gleichzeitig können Plätze aber auch Schauplätze sein, wo diese Machtansprüche immer wieder in Frage gestellt werden, zumeist von einer größeren Menschenmenge, so wie im Herbst 1989 auf dem Wenzelsplatz in Prag, um nur ein Beispiel von Vielen zu wählen.
Der Platz als städtischer Versammlungsort, ist historisch zuerst in oder bei sakralen Orten zu finden. Teilweise konnten diesem Ort aber auch nicht sakrale Funktionen zufallen. In den Höfen und Vorräumen des städtischen Gotteshauses konnte Markt gehalten werden, Streitereien geklärt oder Unterricht gegebene werden. Der öffentliche Raum wurde damit zu einem Zentrum des bürgerlichen Stadtlebens.

Plätze in islamischen Orten

Doch nicht jeder durfte diese öffentlichen Räume benutzen; Frauen beispielsweise wurde der Zugang zum römischen Forum zwar nicht verwehrt, aber er galt als unsittlich. Gleiches galt für islamische Städte und ihre öffentlichen Räume. Hier waren freie Plätze, wo sich die städtische Gemeinschaft traf nicht vorhanden. Die Gemeinschaft, die „umma“, versammelte sich in der Moschee zum Gebet und auch zur Besprechung von öffentlichen Angelegenheiten. Plätze waren so etwas wie Vorhöfe von größeren Gebäuden, sogenannte „maidans“. Solche kleinen Plätze konnten sich verketten und ganze Stadtstrukturen prägen, wie sie beispielsweise heute noch in den aus maurischer Zeit geprägten Altstädten von Sevilla oder València zu finden sind. Große Plätze waren in islamischen Städten nicht vorgesehen. So wurden häufig die ehemaligen Flächen römischer Foren für den Bau einer Moschee verwendet. Märkte, die bis dato an diesen Orten abgehalten wurden, wurden verlagert, zumeist an den Stadtrand, wo die Gemüsegärten standen, was infrastrukturell durchaus Sinn machte.

Plätze im christlichen Mittelalter

Das christliche Mittelalter in Europa besticht durch seine einflussreichen Klöster und diese hatten auf die Gestaltung der Plätze einen Einfluss und eine ambivalente Geschichte, denn zum einen waren Klöster nicht öffentliche Einrichtungen, hatten aber durchaus ein öffentliches Atrium, das offen stand. Gerade Orden, die sich intensiv mit dem weltlichen Leben beschäftigten, versahen ihren Kirchenbereich mit zusätzlichen Plätzen, um unter freien Himmel für weite Teile der Bevölkerung predigen zu können. Später konnten diese Plätze auch für nicht religiöse Aufgaben genutzt werden. In Siedlungen, die von kirchlichen Orden gegründet wurden, waren diese Plätze später die Hauptplätze des Ortes.

Die Lage des öffentlichen Raumes

Der Platz kann im Laufe der Stadtgeschichte unterschiedliche Funktionen annehmen, welche nicht immer absichtsvoll bestimmt wurden, sondern sich manchmal eher zufällig ergeben konnten. Repräsentative Stadtplätze beispielsweise können erst am Stadtrand liegen und relativ bedeutungslos sein, später aber die wichtigsten Punkte der Stadt markieren (den sogenannten Hauptplatz, wobei große Städte davon gern mehrere haben können, oder es nicht vollkommen klar ist, welcher nun der Bedeutendste ist). So wie beispielsweise die Puerta del Sol in Madrid, die erst am östlichen Stadtrand lag, heute aber den Mittelpunkt der Stadt und sogar ganz Spaniens symbolisiert (tatsächlich befindet sich hier der sogenannte Kilometer 0, der Ausgangspunkt der spanischen Fernstraßen). So kann ein Haupttreffpunkt der Stadt festgelegt und in der Zeit beständig sein, wie der Plaza de Mayo in Buenos Aires, oder sich eben ändern, wie die Puerta del Sol in Madrid. Diese erinnert schon mit ihrem Namen an das ehemalige Stadtor (puerta), das nach Osten zur Sonne (sol) bzw. zum Sonnenaufgang schaute. In Madrid wurde dieses Tor 1570 geschleift, doch schon vorher bildet sich ein größerer Platz auf der städtischen Seite. Als schließlich die „Calle Mayor“ (die „Hauptstraße“) entstand und zu einem Paseo wurde, also zu einer Straße wo man entlang ging oder fuhr, um sehen und gesehen zu werden, diente Sol als Kutschenwendeplatz und wurde immer mehr zum Verkehrsnervenzentrum der Stadt Madrid. Für den Autoverkehr hat Sol heute allerdings keine Bedeutung mehr, aber für den Fußweg durchs Madrids Innenstadt ist er der absolute Mittelpunkt, ebenso für den Nahverkehr, halten hier doch drei U-Bahn Linien und die S-Bahn Cercanias (allesamt unter dem Platz). Und so entwickelte sich die Puerta del Sol zum mit Abstand lebendigsten Platz der Stadt, der immer etwas in Konkurrenz zum repräsentativen Plaza Major stand, welcher wiederum die bewusst angelegte und gestalteten Mitte Madrids sein sollte, die man aber tatsächlich leicht übersehen kann.
Das große und bedeutende Plätze am Stadtrand zu finden sind, ist historisch also nichts Ungewöhnliches. Turnierplätze oder Märkte konnten vor den Stadtmauern liegen, aber innerhalb der nächsten Stadtvergrößerung in das Stadtgebiet eingehen, der Neumarkt Dresdens vor der Frauenkirche gehörte Jahrhundertelang nicht zur Stadt (und ist heute das touristische Zentrum). Ähnlich verhielt es sich in der islamischen Welt, hier diente die musalla, ein Feld vor der medina (der Altstadt) als Versammlungsort oder auch als Exerzier- oder Hinrichtungsplatz. In vielen spanischen Städten lag die „Plaza Mayor“ anfangs außerhalb der Stadtmauern und wurden als Stierkampfplatz oder Ort öffentlicher Versammlungen genutzt. Später, als diese Plätze zur Stadt hinzugefügt wurden, fehlte ihnen dann oftmals das religiöse Element, denn eine Kirche stand (und steht) nur selten auf dem Plaza Major. Selbst in den schon angesprochenen Gesetzen für „Las Indias“ wurde festgeschrieben, dass die Kirche einer neuen Siedlung zwar im Zentrum der Stadt liegen solle, aber nicht direkt am neu zu errichteten Hauptplatz (bedenkt man das diese Gesetze in einem Staat gemacht wurde, der zur damaligen Zeitpunkt die schlimme Maschinerie der Inquisition am Laufen ließ, ist dies schon erstaunlich). Auf dem Hauptplatz sollte der „cabildo“ stehen, sas Haus in dem der Stadtrat sitzt und das auch als Zollhaus dienen konnte.
Die Anlage eines städtischen Hauptplatz wurde bestimmt von seiner zweckmäßigen Lage und des Verkehrs, den er zu bewältigen hatte. So besitzen Hafenstädte gern ihren Hauptplatz in der Nähe des Wassers, wie in Lissabon der Praça de Comércio, der nicht in der Mitte der Altstadt, sondern am Flussufer liegt. In antiken griechischen Städten konnte die Agora nahe am Meer liegen und hatte dann etliche Funktion; sowohl Marktplatz, als auch Versammlungsort der politischen Klasse (daher der freien Männer) zu sein. Jedoch konnte dies durchaus auch an zwei unterschiedlichen Plätzen stattfinden. In Städten mit Residenzen war der Platz vor dem Schloss zumeist ein repräsentativer Hauptplatz. Sie waren Wahrzeichen der Herrschaft, konnten aber im Notfall auch als Verteidigungsgelände gegen den rebellierenden Mob genutzt werden.
In der Renaissance und im Barock wurde viel Wert darauf gelegt, die Anlage eines Platzes in einen Gesamtentwurf der Stadt einzubauen. In neugebauten Stadtteilen wurden Kompositionsregeln angewendet, um Plätze in Sichtachsen einzubeziehen oder als ihre Ausgangspunkte zu verwenden. Ziel war eine Idealstadt nach ästhetischen Gesichtspunkten. In diesen Plänen tauchten zentrale Plätze auf mit symmetrisch angeordneten Nebenplätzen. Dabei können die Plätze eine reiche Gestalt an geometrischen Formen haben. Denkmäler konnten in ihrer Mitte aufgestellt, um die optische Wirkung mit den abgehenden Straßenzügen zu verstärken.

Die Größe des Platzes

Wie groß ein Platz werden soll, daher welche Fläche er einnimmt, ist eine Frage die sich zumeist nur in neugeplanten Siedlungen stellt, da in vorhandenen Orten enge Grenzen der bereits vorhandenen Bausubstanz vorhanden sind. In den schon erwähnten spanischen Gesetzen, den „Las Indias“, dem Leitfaden für den Bau neuer Städte in Südamerika, wurde bemerkt, dass der Platz im Verhältnis zur zukünftigen Größe und dem Wachstum der Stadt stehen soll (heute – Jahrhunderte später – merken wir wie angenehm naiv die Vorstellung ist ein städtisches Wachstum zum Gründungsdatum abschätzen zu wollen). Soll der Platz beispielsweise einmal als Exerzierplatz genutzt werden, muss er verhältnismäßig groß angelegt werden, um den entsprechenden militärischen Garden Raum zu bieten. Auch andere Überlegungen spielten eine Rolle. Nach dem Erdbeben von 1693 schlugen z.B. die Behörden von Catania vor, einen zentralen Platz zu errichten, wo die gesamte Bevölkerung sicher lagern könne, im Falle einer erneuten Katastrophe.
Daran anschließend kam es zu Fragen, wie die Größe in eine Form gegossen werden sollte. Schon der Renaissance-Denker Leon Battista Alberti, einer der ersten Architekturtheoretiker überhaupt, gab Ratschläge für die ästhetisch anspruchsvolle Umsetzung eines Platzes. Er sieht einen doppelt so lang, wie breiten Platz als grundsätzlich erstrebenswert an, allerdings immer unter der Maßgabe, welche Gebäude an ihn grenzen, daher wie hoch diese Bauten sind. „Die richtige Höhe für Bauten um einen Platz ist ein Drittel oder zumindest ein Sechstel der Breite der unbebauten Fläche.“ (aus Kostoff S. 137).
Besonders mit den Stadterweiterungen, die durch die massive Urbanisierung der europäischen Städte im 19. Jahrhundert vorangetrieben wurden, waren neue Platzdimensionen denkbar, die aber schon Zeitgenossen zu massiver Kritik veranlassten. Der Wiener Camilo Sitte beispielsweise fand in der neu angelegten Ringstraßenarchitektur seiner Stadt mit seinen riesigen Freiflächen (wie beispielsweise dem Heldenplatz) nur noch Vakuum wieder ohne eigenes Leben.
Sitte kritisierte ebenso die Freilegung bedeutender Gebäude im Stadtraum, das heißt das Herausheben von Bauwerken, durch vor ihnen erlangte Freiflächen. Kirchen beispielsweise sollten aus ihrem Umfeld herausstechen, dafür konnte auch der darum herum liegende Raum verändert werden (was im Grunde nichts anders heißt, als das die Häuser die stören, abgerissen wurden). Es entstanden vielerlei Plätze, um besondere Gebäude herum, um diese im Stadtraum zu inszenieren. In diesem Zusammenhang steht auch die radikale Umgestaltung von Paris unter Baron Hausmann, der neue Alleen als Sichtachsen durch die Stadt führte und so das mittelalterliche Paris, mit seinen engen Gassen abreisen ließ. Besonders gegen Ende des 19. Jahrhunderts erreichte die Beleibtheit der Freilegungsbewegung einen Höhepunkt, der sich danach aber langsam erwachender Kritik (auch eben jener von Sitte) erwehren musste. Lediglich in den Zeiten der totalitären Diktaturen des 20. Jahrhunderts kamen nochmals monumentale Freilegungsgedanken zur Geltung, die Raum schaffen wollten für eine ins radikal Monumentale gewandelten Idee einer Massenvolksgemeinschaft, welche einer koordinierten Führung unterliegt (siehe so beispielsweise in den Plänen zur neuen Reichshauptstadt Germania oder beim Reichsparteitagsgelände in Nürnberg).

Die Klassifikation von Plätzen

Das Einordnen von Plätzen kann anhand von zwei entscheidenden Kriterien geschehen, zum einen die Form des Platzes und zum anderen seine Funktion. Gleiche Funktionen können ganz unterschiedliche Platzformen annehmen (ein Marktplatz kann auf einem runden, dreieckigen oder rechteckigen Grundriss liegen). Plätze können gleichfalls, obwohl räumlich gleichbleibend, im Laufe ihrer Geschichte neue und veränderte Nutzungsfunktionen bekommen. Je unspezifischer die Form eines Platzes ist, desto reichhaltigeren Zwecken kann er unterliegen. Unspezifische Formen erhöhen daher die Nutzungsmöglichkeiten. Auf den Plaza Majores in Spanien beispielsweise, gab es zumeist keine Denkmäler (wie auf Frankreichs Königsplätzen) oder Grünanlagen (wie auf englischen Plätzen), so dass sie für Märkte ebenso wie für Hinrichtungen, Feste oder Stierkämpfe Platz boten.
Klassifizierungsversuche von Plätzen stammen zumeist von Architekten oder Stadtplanern. Eine immer noch bemerkenswerte Arbeit stammt von Joseph Stübben, welche er in seinem Lehrbuch „Der Städtebau“ (1890) veröffentlichte. Er unterscheidet Straßenplätze bzw. Kreuzungen, Nutzplätze (zum Markttreiben, für Feste etc.), Schmuckplätze (beispielsweise mit parkähnlicher Anlage darauf) und architektonische Plätze, welche wiederum in Vorplätze wichtiger Bauwerke, bebauter Platz (von freistehenden Gebäuden beherrscht), Denkmalplatz oder umbauter Platz unterschieden werden können. Eine andere Klassifikation bietet Rob Krier in seinem Werk „Stadtraum in Theorie und Praxis“ (1975) an, wobei er geometrische Typen unterscheidet und in drei Hauptgruppen teilt: rechteckige, kreisförmige und dreieckige Plätze. Ob diese Plätze organisch im Laufe der historischen Stadtentwicklung gewachsen sind, oder geplant und angelegt wurden, unterscheidet Krier nicht.

Die Formen von Plätzen

Spiro Kostofs Klassifikationssystem der Plätzen, welches er in seinem Buch „Die Anatomie der Stadt“ (1991) vorlegt und an dem sich dieser Artikel orientiert, soll etwas näher beschrieben werden. Plätze werden hier als erstes nach Formen aufteilt. Dabei betont Kostof, das regelmäßige geometrische Plätze nur bei Stadterweiterungen vorkommen, während bei historische gewachsenen Plätzen, die er „organisch“ nennt, die Form des Platzes in ein historisches Ensemble quasi hineingewachsen ist. Bei Plätzen in mittelalterlichen Städten beispielsweise war deren Form zumeist geprägt von den altertümlichen Verkehrswegen, die im Regelfall älter waren als die Plätze selbst, als auch von der Dichte der angrenzenden Nachbarschaften. Dreieckige Plätze entstanden oft, wenn zwei oder gar drei Landstraßen aufeinander trafen. Ein neu angelegter Barockplatz jedoch folgt lediglich der Theorie der Gestaltung, welche die äußere Gestalt nur nach ästhetischen Ansprüchen regelt. Die folgende Tabelle gibt einen groben Überblick:

Das Dreieck

Ein dreieckiger Platz besteht fast immer aus einer historisch gewachsenen Vergrößerung einer Kreuzung, die zum Anlegen von Märkten benutzt wurde, weshalb solche Plätze auch oft in mittelalterlichen Städten auffindbar waren (und sind). Eine geometrisch reine Form ist selten und zumeist nur bei extra so angelegten Plätzen, wie dem Place Dauphine in Paris aufzufinden.

Das Trapez

Die Form des Trapez kommt besonders in der italienischen Renaissance vor, bei dieser Form ist es zumeist ein bedeutendes Bauwerk, das mit seiner Fassade in einem dreieckigen Platz hineindrängt.

Das Rechteck

Ein rechteckiger Platz ist einer der häufigsten anzutreffendsten Formen. Mit dieser Formgebung ist es möglich, dass bedeutendste Bauwerk des Platzes gut in die Sichtachsen einzusetzen. Wirklich quadratische Plätze sind eher selten. Sie können beispielsweise entstehen, wenn eine Stadt gitterförmig angelegt ist und man ein Quadrat als Hauptplatz frei lässt.

L-förmige Plätze

Wenn zwei benachbarte rechteckige Plätze zusammengeführt werden können L-förmige Plätze entstehen, oder wenn ein besonderes Bauwerk von zwei Seiten sichtbar gemacht werden soll. Der Winkel des Platzes wird hier zum kritischen Punkt für den ästhetischen Eindruck des Platzes.

Kreis und Ellipse

Die Antike kannte kaum kreisförmige Plätze. Ellipsenartige Plätze wurden im Mittelalter angelegt und sind dann meist Überreste eines ehemaligen römischen Amphitheaters, dessen Zuschauerränge bebaut wurden und wo die Bühne als Platz übrig blieb. Auch auf spanischen Plaza Majores können ellipsenartige Plätze gefunden werden, wie in der kleinen Stadt Chinchón, da diese Plätze gleichzeitig für Freilichtaufführungen oder Stierkämpfe genutzt wurden. In der Renaissance wurden geschwungene Bauformen im Hochbau aus der Antike wiederentdeckt. Ende des 17. Jahrhunderts entstand mit dem Place de Victoires in Paris der erste Platz in Kreisform. Die Kreisform findet sich natürlich auch im Kreisverkehr wieder. Dieser entstand historisch aus der Landschaftsarchitektur und kommt vom französischen rond-point, eine kreisförmige Lichtung mit runder Grasfläche. In England tauchte die Kreis-Form als circus auf, erstmals in Bath, der eine bewusste Nachahmung des Amphitheaters war. Später wurden damit aber auch große und abgerundete Kreuzungen bezeichnet. Im Neoklassizismus kam es erneut zu einem Aufleben vom kreisförmigen Plätzen.

Der Halbkreis

Der Halbkreis entstand aus einer eingebuchteten Platzform vor einem bedeutenden Gebäude, wie z. B. einer Kirche. Er diente dazu die Straße vor dem Bauwerk zu verbreitern und seiner Fassade mehr Wirkung zu geben. Später ergeben sich daraus drei Formen von Halbkreisen:
Im offenen Halbkreis ist eine Seite des Platzes geöffnet und lässt die Perspektive auf den Raum zu. Der geschlossene Halbkreis ist so etwas wie der soeben erwähnte Vorplatz, der sanft geschwungen eine Ausbuchtung des Raumes vornimmt. Führt von dieser Einbuchtung eine Straße weg, so erhält man ein Mittelding aus offenen und geschlossenen Halbkreisplatz. Diese Form war Funktional für den Platz vor dem Stadttor relevant, wo man Besucher empfangen konnte und sie gleichzeitig in die Innenstadt weiterleitete. Der englische crescent ist eher halbmondförmig (wie in Bath) und wurde in Großbritannien zum einem sehr beliebten Mittel der Stadtgestaltung. In der Moderne kommt ebenso die Halbkreisform zum Tragen, am eindrucksvollsten in der Hufeisensiedlung von Bruno Taut in Berlin.

Plätze und ihre Funktionen

Neben der Betonung der Form der Plätze, können diese gleichfalls nach ihrer Nutzung unterschieden werden. Bei diesem Punkt konzentriert man sich mehr auf die Geschichte einer Stadt. Bereits vorher hatten wir erwähnt, dass Stadtplätze durchaus unterschiedliche Nutzungsformen haben und diese sich gleichfalls im Laufe der Stadt verändern können. In Anlehnung an Kostof können daher unterschiedliche Funktionstypen von Plätzen klassifiziert werden, jedoch sind diese eben nicht „eingebrannt“ im Platz und für alle Zeit vorgegeben, sondern durchaus veränderbar.

Das Bürgerforum. Es gibt zwei Hauptnutzungsformen von öffentlichen Räumen in der Stadt; zum einen als Markt und zum anderen als Bürgerforum. Man kann davon ausgehen, dass beide Formen anfangs durchaus auf dem gleichen Platz abgehalten wurden. Erst als die Stadt sich vergrößerte, wurde eine Trennung von beiden Funktionen vorgenommen.
Das Bürgerforum ist ein „Ort zur Erledigung öffentlicher Angelegenheiten und zur Präsentation der Insignien der jeweiligen Macht“ (Kostoff S. 153). Dieser Funktionstyp ist nicht überall auf der Welt zu finden. Im chinesischen Reich fehlt er vollkommen und auch in mittelalterlichen Städten in Europa, konnten die öffentlichen Verhandlungen und auch die Märkte durchaus auch nur auf der Hauptstraße abgehalten werden. Das historische Vorbild für das Bürgerforum ist natürlich die griechische Agora. Auf ihr wurde erstmals in der Geschichte, auf einem freien öffentlichen Platz, gemeinsam politische Macht ausgeübt. Wenn eine neue Kolonie gegründet werden sollte, so wurde dort als erstes die Agora und der Tempel geplant. Die Schutzgötter der Agora sind die des Redens und genau das stand daher ursächlich im Mittelpunkt dieses städtischen Platzes, das Reden. Es geht auf der Agora um die politische Rede, welche Entscheidungen für die Stadt beredet, nicht um eine gewerbliche Marktfunktion in welchem Lebensmittel verkauft werden. Als die Selbstverwaltung der griechischen Stadt später zerfällt, so verliert auch die Agora ihre Bedeutung und kann architektonisch umgebaut oder gar wegrationalisiert werden. Die Idee jedoch zieht historisch weiter und so nimmt sich das römische Forum dieser an, erweitert es aber. Hier werden nun bürgerliche Belange besprochen, religiöse Zusammenkünfte abgehalten oder Markt betrieben. Für den regulären Marktbetrieb lag zumeist das Haus der Maße und Gewichte, die mensa ponderaria, am Forum, um dem Markttreiben ein regelgeleitete Grundlage zu geben. Gleichzeitig gaben auf dem Platz die Meister der Rhetorik Unterricht. Die Rechtsprechung wurde ebenso auf dem Forum erledigt, wie auch Lobreden auf den städtischen Führer gehalten oder Jungen in das Erwachsenenalter mit dem Brauch der toga virilis eingeführt wurden. In republikanischen Zeiten wurden Spiele auf dem Forum veranstaltet, später Gedenk- oder Mahnmäler aufgestellt, um der glorreichen Geschichte der Stadt und seiner Herrscher zu erinnern.
Im Mittelalter, mit der Genese der italienischen Stadtstaaten, sollte das Bürgerforum wieder eine wichtige Rolle spielen und entstand ab dem 12. Jahrhundert erneut, nachdem es in den Zeiten der Völkerwanderungen und des frühen Mittelalters keine Rolle spielte. Allerdings nun unter etwas neuen Vorzeichen, denn während in der Antike Religion und politische Handlungen noch auf ein und demselben Platz stattfinden konnten, wurde jetzt auf Grund der Mächtigkeit der Institution Kirche eine räumliche Trennung vorgenommen. In den Städten gab damit den Domplatz und einen separaten Rathausplatz, auch wenn diese direkte Nachbarn sein konnten, waren es doch zwei separate Plätze. Später, ab dem 14. Jahrhundert, erfolgte eine weitere Veränderung mit dem Aufkommen von mächtigen politischen Dynastien, welche Piazzas ausgestalten ließen, die der Herrschaft des Fürsten verbunden waren. Diese Piazzas waren übersichtlich gestaltet und nicht darauf angelegt bürgerliche Belange zu erledigen, sondern mit prunkvollen Rahmen dem Monarchen zu huldigen.
Mit dem Einsetzen von demokratischen Bewegungen ab dem 19. Jahrhundert verteilten sich die Energien des Bürgerforums auf unterschiedliche Plätze der ständig wachsenden Städte. Neue Bürokratien, wie Gerichtspaläste bekamen Vorplätze, ebenso kulturelle Einrichtungen, wie beispielsweise die Oper (ein wunderschönes Beispiel ist der Dresdner Theaterplatz). Sehr eindrucksvoll ist das an der platzartigen Architektur der Wiener Ringstraße zu sehen, wo sich die wichtigsten Einrichtungen des Staates auf monumentaler Fläche aneinanderreihen.

Die place d’armes
. Die Aufstellung der bewaffneten Kräfte im öffentlichen Raum hatte eine Doppelfunktion in der Geschichte der Stadt. Zum einen diente es dazu den Bürgern anzuzeigen, dass für ihre Verteidigung gesorgt wurde, zum anderen war der Platz gleichzeitig dafür da, den Bürgern anzuzeigen, das die bestehenden Machtverhältnisse besser nicht herausgefordert werden sollten. Diese Funktionen wurden gern auf den Plätzen vor den Palästen des Monarchen aufgeführt. So konnte später extra umgebaute Paradeplätze gigantische Dimensionen erhalten. (Beispiel St.Petersburgs Winterpalais und Generalstabsgebäude) oder gleich ganz vor die Tore der Stadt verlegt werden, wo für Manöverplätze genügend Raum vorhanden war. Diese Form der Plätze haben in Europa nur in abgewandelter Form überlebt, denn das Militär ist fast unsichtbar in den Städten geworden. Lediglich im Namen, wird an die militärische Nutzung der Vergangenheit erinnert, oder in Wien auf dem Heldenplatz, dessen Fläche früher tatsächlich als Paradeplatz genutzt wurde.

Der Platz der Spiele.
Wo heute Veranstaltungshallen oder Multifunktionsarenen in den Städten gebaut werden, um Spiele und Unterhaltung aller Art den Bürgern zu präsentieren, wurden diese früher im öffentlichen Raum ausgetragen. Dabei waren diese Spiele ritualisierte Ereignisse gewesen, die auch als Ventile für politische Unzufriedenheit genutzt werden konnten. Gab es keine geeigneten Orte, um diese Spiele auszuführen, konnten städtische Plätze dafür benutzt werden. Das Amphitheater ist der erste Bau der Menschheitsgeschichte, der den Spielen ein eigenes Bauwerk gab. Wiederum die bereits vorher öfter erwähnte Plaza Mayor in Madrid ist ein schönes Beispiel, wie Spiele im öffentlichen Raum ausgetragen werden konnten. Auf diesem Platz (wie auf vielen anderen Plaza Mayores in Spanien) konnte man Stierkämpfe erleben. Diese waren anfangs ein eher aristokratisches Vergnügen und wurden vor den Toren der Stadt abgehalten. Später wurden die Regeln und die Räumlichkeiten verfeinert und der Stierkampf innerhalb eines fest umrissenen Geländes auch in der Stadt ausgetragen, wobei dafür Straßen und Plätze extra abgesperrt wurden, so wie es auch heute noch zu sehen ist, am berühmtesten sicherlich bei San Fermin in Pamplona. Im 17. Jahrhundert wurden Plätze dann bereits unter der Idee angelegt, sie könnten auch für Stierkämpfe nutzbar sein. Juan Gomes de Mora jedenfalls konstruierte mit dem Plaza Mayor in Madrid ein Rechteck von 151m mal 117m in die Mitte der eher verwinkelten spanischen Hauptstadt. Darum wurden Häuser mit der einheitlichen Höhe von vier Etagen gebaut, die mit Arkaden für Läden und mit Balkonen gesäumt waren, damit auch von gehobener Perspektive auf den Platz und sein geschehen geschaut werden konnte. So wird davon ausgegangen, dass bis zu 50.000 Zuschauer hier Platz fanden (was zur damaligen Zeit rund die Hälfte der Einwohner der Stadt waren). Mit dem Ende des aristokratischen Interesses am Stierkampf und der Verbreitung als Volkssport und Vergnügen wurden später Arenen erbaut, um Einzelkämpfe durchzuführen, die dann vom interessierten Publikum mit einem Eintrittsgeld bezahlt wurden. 1745 entstand so die erste Stierkampfarena in Madrid.
Verkehrsplätze. Seit ihrer Entstehung führen Plätze Verkehr aller Art zusammen und verteilen ihn wieder auseinander. Natürlich ist der Durchfluss des Verkehrs konträr zu anderen Platzfunktionen, wie beispielsweise dem Aspekt der Bürgerversammlung, welche ungestört beraten möchte. Schon deshalb war das römische Forum für den Verkehr gesperrt und wurde direkt neben der Kreuzung der beiden Hauptstraßen angelegt, welche sich in römischen Städten in der Stadtmitte begegneten. Auch im Mittelalter finden sich immer wieder Plätze, die nicht für den Verkehr freigegeben waren, so auch in der Renaissance, wo Plätze mit Ketten abgesperrt werden konnten. Der englische square wurde im Regelfall nie für den Verkehr geöffnet und schuf eine kleine Parkanlage Mitten in der Stadt. So war schon dem vorher bereits erwähnten Alberti die Problematik zwischen Verkehrsaufteilung und sozialen Versammlungsort bewusst, denn der Verkehr musste fließen können, gleichfalls durfte er jedoch nicht den sozialen Aspekt an den Rand drängen. Mit dem Aufkommen des Massenverkehrs erlangen die Verkehrsplätze eine vollkommen neue Bedeutung und sind zu Orten des Transits und zu Kreuzungen geworden. Sie werden dann bestenfalls zu quirligen Plätzen, auf welchen sich Autos, der Nahverkehr und eilig herumlaufende Passanten auf Straßenhändler oder sich zufällig treffende Bekannte treffen.
Wohnplatz. Im Mittelalter wohnten Handwerker über ihren Läden, diese wiederum sollten möglichst in der Stadtmitte zu finden sein, am besten in der Nähe des Marktplatzes, daher war die Gestaltung um einige Plätze auch eine Frage, wie man die Wohnungen herum anordnet. Wohnplätze entstanden wenn einheitliche (und exklusive) Wohnungen in einheitlicher Planung, um einen Platz herum angelegt wurden. Solche Wohnplätze konnten durchaus für die Öffentlichkeit beschränkt zugänglich sein. Es war auch möglich, dass sie von Adligen finanziert wurden und dann beispielsweise mit einem Denkmal zur Verherrlichung des Aristokraten ausgestaltet wurden.

Der öffentliche Raum heute – zwischen Designerplätzen, Verkehrsinseln und Malls

Die Funktionalität von öffentlichen Plätzen hat sich in den letzten Jahrhunderten stark gewandelt, insbesondere seit dem Aufkommen der Moderne, als nicht nur die Städte ganz neue Dimensionen annahmen, sondern auch das soziale Leben in der Stadt sich radikal veränderte. Das gesellschaftliche Leben ist teilweise von den Plätzen abgewandert. Waren es erst Massenkommunikationsmittel wie Zeitungen, Radio und Fernsehen, welche Neuigkeiten und Nachrichten und ebenso deren Interpretation direkt in die heimische Wohnung lieferten und damit nicht mehr den Austausch von Neuigkeiten im öffentlichen Raum befeuerten, so ist es heute das Internet im Handy, dass überall und zu jederzeit dem Impuls der Welt weiterreicht. Damit einher geht eine schleichende, aber heute deutlich zu Tage tretende Veränderung des Platzes ein her. Das ästhetische Erlebnis eines Platzes ist wichtiger geworden als die gesellschaftlichen Erfahrungen, die man auf ihm aufnimmt. „Designerplätze“, wie Kostof sie nennt, entstehen und verlangen danach, dass Plätze um ihrer selbst willen genossen werden, als wären sie kleine Erlebnisparks. Es entstehen neuartige Plätze, die in ihrer Bauform ihre eigene Legitimation angeben, z.B. als statusgeladene Kunstlandschaft, wie am Platz im Rockefeller Center, in New York City. Gerade die Architektur der Hochhäuser hat den Platz und seine Funktion verändert. Plätze wurden an die Wolkenkratzer gesetzt, um Bauvorschriften zu umgehen (so wie am Seagram Building in New York City). Sie wurden aber auch zu einer Art von Podium für das Hochhaus, damit dies dann entsprechend wirken kann. Ihre Ausgestaltung ist dabei aber eher bescheiden und ihr Wert zum Verweilen überschaubar. Eine andere Entwicklung der Moderne ist, dass menschliche Rituale aus öffentlichen Plätzen entfernt und in privatisierte öffentliche Plätze verlagert werden, so wie es beim Marktplatz geschehen ist, der nun im Einkaufszentrum (vorher im beginnenden 20. Jahrhundert in der Markthalle) liegt. Die Shopping Malls in unseren Städten sind teilweise riesige öffentliche Plätze mit Überdachung, die aber unter der Kontrolle eines Besitzer stehen und deshalb eigentlich nur teil-öffentliche Plätze sind. So bleibt für die heutige Zeit festzuhalten; wenn Plätze unsere gemeinsame Geschichte repräsentieren, wenn sie uns ein Gefühl gemeinsamen Schicksals erlauben, dann ist zu fragen, was im individualisierten Einkauf in der Mall davon noch übrig ist. Ein schönes Beispiel für diese Individualisierung bietet Woody Allen Film „Scenes From a Mall (Deutsch: „Ein ganz normaler Hochzeitstag“), der komplett in einem Einkaufszentrum spielt, dass überall auf der Welt stehen könnte. Heute, nochmal ein Vierteljahrhundert nach der Veröffentlichung dieses Films wandelt sich die Form des Lebens in der Öffentlichkeit scheinbar immer rasanter. Plätze, werden zu Lokationen, um sich mit einem Selfie für die digitale Ewigkeit festzuhalten, sie dienen als Marker, individueller Ereignisse, die von einer Öffentlichkeit im digitalen Raum kommentiert werden können. Wie häufig findet man in den sozialen Netzwerken Bilder von lächelnden Gesichtern auf den Plätzen dieser Welt, verbunden mit dem Namen der Stadt und einem Hashtag, der Platz wird dabei aber nur noch zur Kulisse der eigenen Selbstdarstellung, die wiederum den eigentlich Platz überschreitet und in die digitalen Weiten hinaus eilt. Der Platz hat hierbei kein Leben mehr, sondern ist die Kulisse der eigenen Selbstdarstellung. Trotzdem sind auch heute noch städtische Plätze wichtige soziale Funktionsträger in den Städten, immer noch werden Märkte (wenn auch keine mehr für Lebens-notwendige-Mittel) auf ihnen abgehalten, werden Demonstrationen und Feste auf ihnen aufgeführt oder neuste Bewegungsformen von Jugendgruppen ausprobiert. Und so sind auch heute noch Plätze, Orte wo städtisches Leben ausgetragen wird und was kann es angenehmeres geben als in einem Cafe zu sitzen, auf einen vorliegenden Platz zu schauen und das das urbane Leben zu genießen, dass sich wie auf einer Bühne vor einen ausbreitet.

Literatur:
Dieser Artikel ist sehr stark beeinflusst von Spiro Kostofs Buch „Die Anatomie der Städte“ (Campus; 1991)

Geschichte von Buenos Aires

Die doppelte Gründung von Buenos AiresDas erste Vierteljahrtausend – Bedeutungslos am FlussDie Unabhängigkeit Argentiniens und der Aufstieg Buenos AiresDas rasante Anwachsen von Buenos AiresDie Stadt von WeltWeltstadt als Traum – Buenos Aires von 1930 bis 2000 | Buenos Aires heute

Die doppelte Gründung von Buenos Aires

Buenos Aires liegt am Mündungstrichter des Flusses Rio de la Plata. Dieser entsteht nordwestlich der Stadt aus dem Zusammenfluss des Rio Paraná und des Rio Uruguay, beides Flüsse die weit in das Landesinnere Südamerikas reichen, wobei der Paraná nach dem Amazonas der zweitlängste Strom des Kontinents ist. Es wird vermutet, dass der Name Rio de la Plata, übersetzt Silberfluss, damit zu tun hat, dass man von hier zu den reichen Silbervorkommen nach Potosi in Bolivien gelangen könnte. Eine andere Spekulation der Namensgebung erzählt die interessante Geschichte, wie der spanische Entdecker Juan Díaz de Solis 1516, drei Karavellen für Spanien befehligend, die Mündung hinauf fuhr. Da der Rio de la Plata 290km lang und am Ende rund 220km breit ist, wirkt sie wohl auf den ersten Blick wie ein Teil des Atlantischen Ozeans. Solis nannte den Abschnitt folgerichtig „Mar Dulce“, da das Süßwasser das Meerwasser verdrängte. Er landete am Zusammenfluss von Rio Uruguay und Paraná an und nahm das Gebiet für Spanien in Besitz. Die hier zahlreich lebenden Indianer-Stämme waren den Neuankömmlingen nicht freundlich zugeneigt und es kam zum Konflikt, wobei Solis und einige seiner Männer starben. Auffällig für den überlebenden Rest der Crew war jedoch der reiche Silberschmuck, den die Indianer trugen, weshalb die Spanier davon ausgingen, dass hier gewaltige Silbervorkommen vorhanden sein müssten. Der Name Rio de la Plata verweist in dieser Geschichte also ebenfalls auf die Hoffnungen auf großen Reichtum.
Eine weitere Expedition startete 1534 in Cádiz unter Pedro de Mendoza, der sehr großzügig ausgestattet, mit 11 Schiffen an den Rio de la Plata reisen sollte. Sein Auftrag war es, das Gebiet um den Rio de la Plata für Spanien in Besitz zu nehmen und drei Siedlungen zu erbauen, wobei er 1.500 Kolonisten mit sich führte. Eine lange Suche nach dem richtigen Siedlungsplatz begann und wurde 1535 oder 36 am südwestlichen Ufer mit dem Bau einer ersten Festung beendet. Mendoza benannte sie – wie damals üblich – nach einer Schutzheiligen; Nuestra Señora del Buen Aire.
Mendoza und seine Kolonisten verschwendeten sicherlich nicht viele Gedanken daran, hier eine zukünftige Weltstadt zu errichten, im Gegenteil ihre gesamte Planung war alles andere als weitreichend. Es ging ihnen in erster Linie, um einen regionalen Stützpunkt in unbekannten Gefilden, verbunden mit der Hoffnung Gold und Silber zu finden, schließlich war Mendoza vom spanischen König zum neuen Gouverneur ernannt wurden und hoffte, wie alle anderen Teilnehmer auch auf gewaltigen Reichtum. Der Aufbau der Siedlung war alles andere als leicht, denn das Hinterland von Buenos Aires besteht aus weiten Grasflächen, die keinerlei Steine zum Bau von Häusern anboten. So muss dieses erste Fort mehr wie eine notdürftige Brettersiedlung ausgesehen haben. Die landwirtschaftliche Nutzung war alles andere als geplant und die Verpflegung mit Nahrung wurde hauptsächlich im Tauschhandel mit Einheimischen durchgeführt. Jedoch gingen die Tauschvorräte der Spanier bald zur Neige und man verlagerte sich auf die räuberische Herausgabe von benötigten Materialen von den Einheimischen, was diese selbstverständlich nicht positiv aufnahmen und im Gegenzug das Fort belagerten. Die führte wiederum zu einer schlimmen Hungersnot in der neuen Siedlung. 1537 wurde Mendozas erster Offizier flussaufwärts geschickt, um eine weitere Siedlung zu gründen, was nicht nur damit zu tun hatte das man den bisherigen Platz für suboptimal hielt, sondern auch mit dem Versprechen an den spanischen König, drei Forts zu bauen. Juan de Ayolas segelte rund 1200km nördlich auf dem Rio Paraná hinauf und ließ dort Asunción erbauen, die heutige Hauptstadt von Paraguay. Diese entwickelte sich weit besser als Buenos Aires und um das Jahr 1540 siedelten dessen Einwohnern nach Asunción und ließen das Fort allein zurück.   
Für das spanische Kolonialreich war die Aufgabe von Buenos Aires allerdings aus zwei Gründen unangenehm. Zum einen war man sich nicht sicher, ob die Portugiesen, welche in Brasilien siedelten, oder gar andere Mächte, die strategisch wichtige Mündung des Rio de la Plata besetzten, zum anderen war eine Verbindungsstation nach der Atlantiküberfahrt an der Küste Südamerikas wichtig, damit hier die Weiterreise zu den Gold und Silbermienen im Inneren des Kontinents abgewickelt werden konnte. So geriet der Ort auch nicht in Vergessenheit. Immer wieder wurde eine erneute Besiedlung angedacht, doch erst mit einem neuen Gouverneur in Asunción wurden die Bemühungen intensiviert.
Er sendete 1580 seinen Schwiegersohn Juan de Garay an den Mündungstrichter und dieser gründete am 11. Juni 1580 „La Ciudad de la Santísima Trinidad y Puerto de Santa Maria del Buen Ayre“ (zum Glück gab es damals noch keine Ortseingangsschilder). Der neue Namenszusatz ergab sich daraus, dass das Gründungsdatum am Dreifaltigkeitssonntag lag. Im Übrigen ergibt sich daraus die, heute jedoch selten verwendete, Bezeichnung „La Trinidad“ für Buenos Aires. Der 11.6.1580 gilt als das eigentliche Gründungsdatum der Stadt.


 Juan de Garays lies festlegen, dass die Straßen in einer rechtwinkligen Gitterstruktur angelegt werden, eine Straßen- oder in diesem Fall besser, Wegestruktur, wie man sie von römischen Städten kennt, oder vom „grid“ in Manhattan und der bei neuangelegten Siedlungen in Südamerika nicht unüblich war. Das Besondere an Garays Gitter ist aber, dass es noch heute die Straßenstruktur von Buenos Aires prägt. Die gegenwärtige Form seiner Straßen ist daher maßgeblich noch von seinem Gründungsdatum her abzulesen! Bis ins Jahr 1883 wurde diese Anlage nur minimal verändert und war so regelmäßig, dass Charles Darwin 1832 auf seiner Weltreise mit der Beagle bemerkte, Buenos Aires wäre die am gleichmäßig angelegteste Stadt die ihr kenne.
Garays Planungen waren weitreichender und nachhaltiger als die von Mendoza, denn er gab ebenso Flächen für landwirtschaftliche Nutzung und Viehhaltung frei. Die ersten Siedler waren dabei fast alle Kreolen, also in Südamerika geborene Kinder europäischer Einwanderer aus Asunción. Die Grundstücke wurden so angelegt, dass jeder Siedler eine Parzelle bekam, es aber noch viele leere Flächen gab, die später gefüllt werden konnten. Sie wurden die ersten lehmigen Wege angelegt und kleine Lehmhäuser gebaut.

Das erste Vierteljahrtausend – Bedeutungslos am Fluss

Die ersten Jahre, Jahrzehnte, ja sogar Jahrhunderte, waren keine Geschichte des steilen Aufstiegs einer neuen Stadt, sondern eher die Geschichte von Stagnation einer kleinen, dreckigen, wenn nicht sogar unzivilisierten Ortschaft am Rande der Welt. Hinter der Siedlung begann die Pampa, das riesige flache Weideland und dahinter dann Patagonien, dass bis in 19.Jahrhundert hinein terra incognita war, sprich vom dem keiner so recht wusste wie groß, gefährlich und schön es eigentlich war. Doch Buenos Aires wurde vom spanischen Kolonialsystem auch keineswegs dazu angelegt sich hervorzuheben, größer oder irgendwie bedeutender zu werden. Ganz im Gegenteil, die Stadt war dazu da, als Verbindungsweg nach Potosí zu dienen, der reichsten Stadt Südamerikas mit seinen Silberminen. Als 1542 das Vizekönigreich Peru installiert wurde, wurde Lima dessen wichtigste Hafenstadt. Die Rolle von Buenos Aires war stark begrenzt und der Handel von hier für fast alle Güter verboten, die Stadt sollte nicht den wichtigen Warenaustausch blockieren. Lediglich der Handel von Leder und Kuhfellen war erlaubt und schon bald machte sich die Stadt einen Namen mit diesen Produkten. Nur ein weiterer Geschäftszweig war erlaubt, der Sklavenhandel. Erst besaßen dafür die Franzosen eine Lizenz, später die Briten, die einen Sklavenmarkt kurz hinter der Stadtgrenze betrieben. Der Sklavenmarkt hatte einige Bedeutung und um 1800 herum, waren rund ein Viertel der Einwohner Buenos Aires schwarze Sklaven aus Afrika.
Durch die restriktive Handelspolitik die das Vizekönigreich der Stadt Buenos Aries auferlegte, wuchs vor allem eins, der Schmuggel. Tatsächlich blühte der Schwarzhandel und einige Einwohner häuften einen beträchtlichen Wohlstand an, den sie aber lieber innerhalb des Hauses zeigten, weshalb das Stadtbild sich nicht wirklich veränderte, gleich gar nicht zum Schönen. Durch die unbedeutende Funktion im Kolonialreich findet sich in Buenos Aires auch keine Kolonialarchitektur, wie in anderen ähnlich alten Städten in Südamerika und alle Spuren dieser Zeit, auch die damalige Burganlage, sind heute nicht mehr zu finden. Lediglich die Struktur der Stadt ist heute noch sichtbar, mit ihrem Mittelpunkt, dem Plaza de Mayo, damals der einzige öffentliche Platz in der Stadt.
Eine Änderung der Situation trat erst 1776 ein, als es zu einer Umstrukturierung der spanischen Kolonialgebiete in Amerika kam. Es wurden vier neue Vizekönigreiche installiert, eines davon war das Virreinato del Rio de la Plata. Es erstreckte sich auf einer Fläche, die heute ganz Argentinien, Bolivien, Uruguay und Paraguay ausmachen würde. Hauptstadt dieses Territoriums wurde Buenos Aires, dessen Stellung sich damit dramatisch verbesserte. Die Handelsbeschränkungen fielen weg und Buenos Aires wurde zu einem wichtigen Handelszentrum. Um 1800 hatte die wachsende Stadt rund 45.000 Einwohner (im Vergleich zu 12.000 noch 50 Jahre vorher) und war damit schon die größte Stadt in Südamerika. Damit wurde der locker besiedelte Ort zunehmend verdichtet, keinesfalls aber schöner, auch wenn nördlich der Stadt neue Wegenetze gezogen wurden, um freien Bauplatz zu schaffen. Das dortige Farmland wurde urbanisiert, der Schlachthof, der vorher außerhalb der Stadt lag, wurde nach Süden verlegt, wiederum außerhalb der Stadtgrenzen. Interessanterweise ist das eine erste Weichenstellung für das heutigen Buenos Aires; während der Süden der Stadt viele arme Nachbarschaften und Industriegebiete hat, siedeln im Norden, die Mittel- und Oberschicht (auf diese Verschiebung kommen wir später zurück).
Keiner der elf bis 1810 regiereden Vizekönige investierte viel Aufmerksamkeit in den Ausbau Buenos Aires und die kleinen Neurungen jener Zeit, wie der Recova Markt, sind heute allesamt verschwunden. Parks gab es und Gärten lagen zumeist nur hinter den Mauern der Häuser in privater Atmosphäre. Mit dem Paseo de la Alameda wurde aber ein erster öffentlicher Straßenzug am Fluss geschaffen, der trotz aller Unvollkommenheit gern zum Flanieren der Bürger der Stadt benutzt wurde.

Die Unabhängigkeit Argentiniens und der Aufstieg Buenos Aires

Als neue Hauptstadt des Vizekönigreiches wurde Buenos Aires zum Mittelpunkt der politischen Ereignisse in der Region, welche wiederum in engen Zusammenhang mit den Ereignissen in Europa standen. Dort überrollten die napoleonischen Armeen viele Länder. Spanien, nur noch ein Schatten der ehemaligen Weltmacht, wurde eher gezwungenermaßen, zum Alleierten Frankreichs. Unter den zahlreichen Feinden Frankreichs, und in dem Moment auch Spaniens, waren die Briten, welche 1806 Buenos Aires besetzten. Damit wurde die Stadt erstmals in seiner Geschichte von Feinden erobert. Die spanische Verwaltungsoberschicht, wie auch der Vizekönig flüchteten aus der Stadt. Die Einwohner der Stadt, die Porteños (übersetzt so in etwas wie die Hafensiedler), waren zwar zunehmend von der spanischen Vormundschaft gesättigt und nahmen die Flucht der iberischen Elite als Armutszeugnis, aber eine Besetzung von britischen Truppen war ihnen doch zu viel. Einheimische, bewaffnete Kräfte, die Patricios,  geführt von General Santiago de Liniers, eroberten die Stadt zurück. Ein Jahr später versuchten es die Briten wieder, scheiterten aber erneut. Buenos Aires ließ sich nicht erobern. Noch heute gibt es in Buenos Aires die Straßen Reconquista (die „Rückeroberung“ der Stadt 1806) und Defensa (die „Verteidigung“ der Stadt 1807), welche an diese Ereignisse voller Stolz erinnern. Aus den Erfahrungen über die eigene Stärke, erwuchs erstmals nicht nur in der Stadt, sondern im gesamten Umland ein neues Selbstbewusstsein, dass die eigene Stärke betonte. Die ersten Ideen wurden geboren, sich unabhängig vom spanischen Staat zu machen. 1810 kam es zu ersten Protesten auf dem Plaza del Mayo. Es wurde eine demokratisch gewählte Vertretung der Bürger eingefordert. Schließlich wurde am 25.Mai des Jahres der Vizekönig vertrieben und die Unabhängigkeit ausgerufen. Die Legende besagt, dass nach tagelangem Regen und Schlechtwetter des südlichen Spätherbsts, an jenem Tag, nach langer Zeit, erstmals die Sonne aufzog. Diese „sol del mayo“, ist heute noch auf der argentinischen Flagge zu sehen.
 Jedoch war dies nur ein erster Schritt und Spanien sah sich bald in ganz Südamerika mit Unabhängigkeitsbewegungen konfrontiert, welches es versuchte kriegerisch zu ersticken. Jedoch waren keine dieser kriegerischen Bemühungen langfristig vom Erfolg gekrönt. Am 9.Juli 1816 kam es zur vollständigen Loslösung von Spanien, der sogenannte Kongress von Tucumán begründete die Provincias Unidas del Río de la Plata, ein Vorläufer des heutigen Argentiniens. Innerhalb des neuen Staates formierten sich zwei gegensätzliche politische Positionen; Föderalisten und Unitaristen. Während die Föderalisten eher konservativ geprägt waren und zu starken Führerpersönlichkeiten tendierten, waren die Unitaristen eher Technokraten, die europäische Bildung schätzten. Letztendlich war dieser Konflikt für die Rolle Buenos Aires in einem neuen Staat entscheidend und sie ist auch heute noch in der aktuellen argentinischen Politik aufzufinden. Als erstes wurden im neuen Staat jedoch die Zeichen der alten Herrschaft getilgt und noch 1816 wurde der Stierkampf, das Symbol Spaniens, verboten (nicht unähnlich dem kürzlich verhängten Stierkampfverbot in Katalonien). Die Stadt wuchs weiter stetig und wurde das wirtschaftliche Zentrum des südlichen Amerikas.
In diese Zeit fällt der Baubeginn der neuen Fassade für die Kathedrale der Stadt, die mit ihrer neoklassischen Fassade, dass erste wirklich neuartige Bauwerk von Buenos Aires wurde. Sie ist stark beeinflusst von der europäischen Architektur jener Zeit und diese Beeinflussung, ja die geradezu fast manische Nachahmung, des europäischen Baugeschmacks, wurde zu einem prägenden Merkmal für Buenos Aires.
1829 kam Juan Manuel de Rosas an die Macht, ein Anhänger der Förderalisten, der seine Herrschaft zunehmend diktatorisch umgestaltete und als erster „caudillo“, als erster „Führer“ Argentiniens bezeichnet werden kann. Damit wurde ein autoritärer Politikstil etabliert, dem zukünftig – insbesondere im 20. Jahrhundert – noch weitere autoritäre Machtfiguren folgen würden. Rosas war für die Entwicklung der Stadt insofern bedeutungsvoll, als er die Infrastruktur verbesserte, indem er aus der starren Gitterstruktur der Straßen, einige verbreitern und zu Alleen umbauen ließ, eine Uferbefestigung zum Fluss hin schuf und die Felder und Hütten des nördlichen Vorortes Palermo in die Stadt integrierte, auch um dort seinen herrschaftlichen Wohnsitz zu errichten. Nachdem de Rosas 1852 durch Truppen von Justo José de Urquiza geschlagen wurde, dankte er ab und flüchtete nach Großbritannien. Von nun an übernahmen die Unitaristen die Vorherrschaft im Land und Buenos Aires veränderte sich zunehmend, geprägt von deren Vorliebe, dem europäischen Vorbild nachzueifern.
Das Jahr 1852 wird daher auch als die Wegmarke gesehen. War die Geschichte der Stadt bis dahin, provinziell, rückschrittlich oder gar langsam, begann nun der Aufstieg der Stadt von Welt.
1853 wurde eine neue staatliche Verfassung verabschiedet und die argentinische Konföderation gegründet, allerdings ohne Buenos Aires, denn die Stadt und die dazugehörende Provinz erklärten sich vom argentinischen Staat unabhängig. Die Gründe dafür lagen wohl insbesondere in der sich zunehmenden Herausstellung der wirtschaftlichen Vormachtstellung der Stadt im Land, insbesondere in der immer wichtiger werdenden Rolle des Hafens über welchen die Stadt einzig und allein selbst entscheiden wollte (und dessen Einnahmen man nicht unbedingt teilen wollte). So dauerte es bis 1859 ehe sich Buenos Aires der Konföderation anschloss und erst 1880 wurde die Stadt formell Hauptstadt Argentiniens. Das führte aber gleichzeitig zu einer Herauslösung aus der Provinz Buenos Aires, welche eine neue Hauptstadt bekam, die Stadt La Plata, die auf dem Reißbrett entworfen, ungefähr 70km südöstlich entstand. Buenos Aires selbst wurde nun vom Bund aus verwaltet, was hieß, dass nicht die Porteños ihren Bürgermeister wählen konnten, sondern das ein Intendente  (eine Art staatlicher Verwalter)eingesetzt wurde. Wenig später wurden, wieder auf Kosten der Provinz Buenos Aires, zahlreiche Vororte dem Stadtgebiet angegliedert.
Während all dieser politischen Veränderungen wuchs Buenos Aires weiter, 1857 erreichte der Ort das Niveau einer Großstadt (daher 100.000 Einwohner).

Das rasante Anwachsen von Buenos Aires

1880 zählte Buenos Aires bereits rund 250.000 Einwohner, eine rasante Bevölkerungszunahme, die viele andere Lateinamerikanische Städte erst viel später erleben sollten (und erstaunlicherweise eher der Bevölkerungsexplosion europäischer Städte jener Zeit gleicht). Verursacht war dieser Zuwachs von der ersten Welle europäischer Immigranten, die in der südlichen Hemisphäre ein neues Leben beginnen wollten. Die industrielle Revolution in Europa, die von einer rapiden Progression der Einwohner begleitet wurde und teilweise zu hoffnungslosen Verhältnissen auf dem Alten Kontinent führte, setzte massenweise neue Arbeitskräfte frei. Buenos Aires, sowie Argentinien insgesamt, hatten zu jener Zeit einen großen Bedarf an Arbeitskräften, veränderte sich doch auch hier die wirtschaftliche Situation des Landes von kleinen Farmwirtschaften hin zu industrieller Güterproduktion. Ein Beispiel für die neuen Möglichkeiten, die sich im 19.Jahrhundert ergaben, war das Erreichen eines französischen Dampfschiffes 1876 in Buenos Aires, welches gekühltes Fleisch mitführte, was nach der Atlantiküberfahrt noch genießbar war. Mit dem Kühlschrank war für die argentinischen Farmer die Möglichkeit gegeben, ihre Fleischproduktion auch nach Europa zu verschicken und ganz neue Märkte zu erschließen. Das argentinische Rumpsteak konnte man nun weltweit verzehren.
Mit dem ständigen Zuzug von Menschen ging allerdings auch einher, dass Wohnungsknappheit bzw. die katastrophale Wohnsituationen auch in Buenos Aires zu finden waren. Bestes Beispiel waren die conventillos, kleine Häuser in denen hunderte Menschen lebten, da sie dort nur ein Bett mieteten, während alle anderen Wohneinrichtungsgegenstände geteilt wurden. Insbesondere die hygienischen Zustände waren in diesen Quartieren, die meist in San Telmo oder La Boca zu finden waren, katastrophal. Einen eher symbolischen Ausdruck dieser Zustände zeigte sich in der Gelbfieberepidemie von 1871. Innerhalb von nur drei Monaten verloren dabei rund 14.000 Menschen, rund 8% der Bevölkerung ihr Leben. Die Epidemie breitete sich von San Telmo aus und betraf bald die ganze Stadt. Schuld an der verheerenden Krankheit wurde den Bedingungen in den Armutsquartieren gegeben, obwohl man heute weiß, dass die Krankheit von einer Mückenart übertragen wurde. Da es gerade in San Telmo aber viele stehende (Ab-)Wässer gab, fand diese hier ein ideales Brutgebiet.
Zwei Konsequenzen ergaben sich aus dieser Epidemie. Zum einen wanderten die wohlhabenderen Porteños endgültig in die nördlichen Stadtteile ab. Diese waren damals kaum erschlossen, aber wer es sich leisten konnte, der verließ die zunehmend überfüllte Innenstadt und wohnte im Barrio Norte. Heute sind die nördlichen Stadtteile Retiro, Recoleta, Palermo und Belgrano die Nachbarschaften der Mittel- und Oberschicht. Zum anderen wurde die Epidemie zum Anlass genommen, die Infrastruktur der Stadt zu verbessern. Wasser und Abwasserkanäle wurden gebaut, Strom- und Gasleitungen verlegt, 1875 eröffnete die erste Müllkippe der Stadt und die Müllabfuhr wurde eingeführt.
Seit 1857 führte auch die Eisenbahn in die Stadt, wobei die erste Station und ihr Gleisbett in die Nähe des Flusses gelegt wurden, damit begann ein Prozess, der den Fluss zunehmend aus dem Stadtbild verdrängte. In den 1870er Jahren wurden die ersten Straßenbahnen in der Stadt eingeführt. Erst noch mit Pferdebetrieb, ab dem 20.Jahrhundert dann elektrisch betrieben. Das Netz breitete sich schnell aus und damit begann eine räumliche Expansion der Stadt, denn nun war es für viele Porteños möglich, für einen günstigen Preis und in kurzer Zeit in die Innenstadt zu fahren, um dort zu arbeiten, während man am Rande der Stadt wohnte. Neue, entfernte Stadtteile wie Belgrano oder Flores konnten somit entstehen.
Immer neue Immigranten drangen nach Buenos Aires, fanden Arbeit und ließen die Wirtschaft stetig wachsen. Immer wieder warb sogar die Regierung um neue Arbeitskräfte, wobei man besonders an Mittel- und Nordeuropäer dachte, da man diese als besonders fleißig ansah. Der Reichtum der Stadt mehrte sich zunehmend und man dachte erstmals in Buenos Aires daran, repräsentative Bauten zu errichten, um insbesondere mit europäischen Städten mithalten zu können. In der Nachahmung europäisch-historistischer Baukunst sah man in Buenos Aires, die beste Möglichkeit die Stadt zu verschönern und ihren Reichtum und Fortschritt zu repräsentieren. Vorbild nahm man sich natürlich nicht am spanischen Kolonialreich, sondern an Paris, zusammen mit London, die Weltstadt der Jahrhundertwende. Dieser essentielle Unterschied zu anderen (süd-)amerikanischen Städten besteht auch heute noch (diese waren weit weniger europäisch geprägt). Der New Yorker Stadtbiograph James Gardener schreibt über Buenos Aires: „it feels invincibly, proudly, even polemically European.” (Gardener; S. 138). Dabei verdrängt das Neue jener Jahre auch die letzten Wurzeln des spanischen Kolonialen Erbes.
Mit dem Jahr 1880 und der Rolle als offizielle Hauptstadt Argentiniens kam ein weiterer Schub in die architektonische Verbesserung der Stadt, der von Paris aus in Mode gekommene Beaux-Arts Stil wurde gern und häufig verwendet um prächtige neue Bauwerke aufzustellen. Wichtig war den argentinischen Bauherren der erste Blick, nicht eine dahinter steckende Innovation der Bauten. Ein Beispiel für die Bedeutung der Außendarstellung bei gleichzeitiger Nachahmung europäischer Bauformen ist der Friedhof von Recoleta. Ähnlich strikt rechtwinklig wie die Stadt angelegt, repräsentieren die eng aneinander liegenden Grabbauten, mit ihren Nachahmungen des Historismus, des Jugendstils oder des Klassizismus die glorifizierten Familiengeschichten. Die Anlage wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts angelegt und ist heute eine der Hauptattraktionen der Stadt und gilt als einer der eindrucksvollsten Grabstätten Amerikas.
Die zahlreichen Bautätigkeiten der Lebenden wurde insbesondere von einer sich herausbildenden Schicht der Oligarchen geprägt, die sich reich ausgestattete Villen errichten ließen. Auch hier war wieder Paris das Vorbild. Interessanterweise waren jedoch die argentinischen Häuser weitaus besser ausgebaut als ihre französischen Vorbilder, was insbesondere daran lag, dass ihre Ideale in Frankreich um 1860 gebaut wurden, die südamerikanischen Nachbauten aber 30-50 Jahre später. Ein Fahrstuhl, warmes Wasser und Stromanschluss wurden auch bald für die Mittelklasse zur gewünschten und auch bezahlbaren Wohnungsausstattung. Ein signifikanter Unterschied zwischen den neuen Häuserreihen in Buenos Aires und seinen europäischen Vorbildern ist allerdings die Zerstückelung von Straßenzügen. Eine einheitliche Traufhöhe, oder gar eine einheitliche Straßenästhetik war (und ist heute noch) kaum in der Stadt zu finden. Jedes Haus war ein eigenes Bauprojekt und die Straßen sind folglich die Abflogen von ganz unterschiedlichen Gestaltungsformen, die eine ganzheitliche Harmonie selten aufkommen lassen. Dieses Durcheinander ist in der DNA der Stadt verankert, die wie schon erwähnt eine Gründung im spanischen Kolonialreich ist. Die Stadtgründungen standen dabei alle unter der Prämisse gleichförmige Bauplätze zur Verfügung zu stellen, die individuell von den späteren Besitzern bebaut werden konnten. Dieses individuelle Element ist noch heute viel häufiger vorkommend, als eine gleichförmige Gestaltung von Straßenzügen. Einige Ausnahmen in Buenos Aires werden später noch besprochen. Durch die unterschiedlichen Höhen benachbarter Häuser, entstanden die sogenannten medianeras, graue Häuserseiten ohne Fenster. Diese entstehen, wenn unterschiedlich hohe Häuser in einer Reihe gebaut wurden, denn man kann sich nicht sicher sein, ob die Häuserwand des höheren Hauses nicht doch später mal von einem neuen Nachbarbauwerk zugebaut wird und die Fenster dann ihre Funktion verlören. Die medianeras sind ein typisches Merkmal von Buenos Aires. Eine weitere lokale Besonderheit sind die ochavas, die spezielle Formung der Eckgebäude Buenos Aires. Fast jedes Eckhaus hat eine Schrägkante, die einen 90 Grad Winkel vermeidet und stattdessen sich zur Kreuzung hin öffnet. Diese Eckgestaltung findet sich zwar auch in vielen anderen Städten, aber die Häufigkeit bzw. fast Ausschließlichkeit der ochavas in Buenos Aires ist markant.  

Die Stadt von Welt

Eine der einflussreichsten Menschen im Baugeschehen von Buenos Aires war Torcuato de Alvear, der Intendente der Stadt. Obwohl nur von 1883 bis 87 im Amt, leitete er eine ganze Reihe von Veränderungen ein. Eine davon war das Projekt, die Straßengitterstruktur der Stadt neu zu definieren. Dabei sollten einige Straßen verbreitert und zu großen Boulevards umgebaut werden und so eine Hierarchie im sonst gleichförmigen Gitter entstehen. Sowohl entlang der Ost-West Achse (mit Corrientes, Cordoba, Santa Fé) als auch der Nord-Süd Achse (mit  Callao und Pueyrredón) wurden boulevardartige Hauptstraßen verbreitert. Alvear ließ Plätze anlegen, Bäume pflanzen und lockerte damit zusätzlich das Gitter auf.
Mit der Planung seines größten Projekts, der Avenida de Mayo, vermachte er der Stadt eine spektakuläre und gleichzeitig symbolische neue Hauptstraße, wenngleich diese erst nach seinem Tode vollendet wurde. Sie sollte vom wichtigsten Platz der Stadt, dem Plaza de Mayo mit dem Sitz des Staatspräsidenten, der Casa Rosa, zwei Kilometer lang in gerader Linie (was zu erwarten war) zum Congresso, dem Sitz des Parlamentes verlaufen. Die beiden wichtigsten politischen Institutionen des Landes waren die Bindeglieder dieser Prachtstraße. Die Avenida de Mayo war die erste, vollkommen neue Straße, die in das Gitternetz der Stadt eingelassen wurde (zwischen Rivadavia und Yrigoyen, was man auch heute noch problemlos im Stadtplan erkennt). Zwischen 1885 und 1894 wurde sie angelegt, unter großen Protesten der dortigen Hausbesitzer, meistens jenen, die bei den Bodenspekulationen nichts gewannen. Entstanden ist ein 30m breiter Boulevard, damals die breiteste Straße im Land und ganz an den Pariser Boulevards orientiert, welche übrigens ebenso 30m breit sind. Im Unterschied zur restlichen Stadt war man hier auch an einer Uniformität der Häuser interessiert (alle sollten 25m hoch sein), um der Straße einer großen Harmonie zu verleihen.
Der Parlamentssitz, Palacio de Congreso, am Ende der Avenida del Mayo, wurde zum neuen Symbol des aufstrebenden Staates Argentiniens. Architekt Vittorio Meano inspirierte sich am Washingtoner Capital und ließ von 1896 bis 1905 einen auf große Symmetrie angelegten, gleichzeitig aber gewaltigen Bau schaffen, dessen Eigentümlichkeit es ist, gestreckt zu wirken  (in der Kuppel vielleicht am besten zu sehen).
Nicht nur die politischen Bauwerke jener Jahre hatten eine hohe Strahlkraft, die drei neuen Hauptbahnhöfe der Stadt; Retiro, Constitucion und Once zeigten ebenso den gestiegenen Anspruch ans Bauen in Buenos Aires. Nicht weniger als das Beste, das Opulenteste und Größte, war gut genug für Argentiniens Hauptstadt. Noch heute sind die Vorhallen und Querbahnsteige der Estacion de Retiro oder des Bahnhofes Constitucion beeindruckende Kathedralen des Transits. Ein neuer Botanischer Garten, ein Zoo und der Neubau des Opernhauses Colon waren weitere Vorhaben, die der Bedeutung der Stadt zur Weltstadt zur Geltung verhelfen sollten.
Größere Infrastrukturmaßnahmen folgten im beginnenden 20. Jahrhundert mit dem Bau einer U-Bahn, der Subte (eine Kurzform von „Subterráneo“ = „unterirdisch“). Als erste Metro der südlichen Hemisphäre wurde sie 1913 (und eine der ersten weltweit, noch vor Madrid oder Moskau), mit der Eröffnung der Linie A, eingeweiht. Die Streckenlänge der Subte war anfangs übersichtlich, denn erst 1930 wurde eine zweite Linie eröffnet, aber mit dem Bau einer eigenen U-Bahn war ein Zeichen gesetzt wurden, dass keine technische Innovation zu teuer war für Buenos Aires. Viel essentieller war der Ausbau des Hafens. Wobei es einen einheitlichen Hafen so nicht gab und auch heute nicht gibt, vielmehr existierten drei Häfen der Stadt. Heute sind nur noch der südlich in La Boca und Barracas gelegene Hafen und der Puerto Nuevo, nördlich der Retiro Station in Betrieb, was für jeden Besucher der Innenstadt schnell sichtbar wird, nicht weil die Hafenanlagen so herausragen, sondern weil eine schier endlose Menge an Lastwagen durch das Stadtzentrum fährt, um Container von einem Hafen zum anderen zu bringen. Ein dritter Hafen war der, direkt vor der Innenstadt angelegte Puerto Madero, dessen Bau bereits 1889 begann. Die riesige Anlage, die von Eduardo Madero geplant wurde, schnitt das Stadtzentrum endgültig vom Fluss ab. Vier große Becken mit Hafenanlagen wurden zwischen der Innenstadt und dem Rio de la Plata angelegt. Puerto Madero wurde nur bis in die 1960er hinein betrieben und wird seit einigen Jahren zu einem Wohngebiet für die obere Mittelschicht und Oberschicht umgebaut (mehr dazu unter: Hochhäuser in Buenos Aires).
 Ein für das heutige Buenos Aires noch prägendes Element ist das großflächige Anlegen von Grünanlagen um das Jahr 1900. War die Stadt bis weit ins 19. Jahrhundert hinein, eine fast baumlose Stadtlandschaft, so erstellte man zur Jahrhundertwende Parks in den unterschiedlichsten Größen und Formen. Eine der schönsten ist heute der Parque Tres de Febrero mit seinem japanischen Garten. In diesem Zusammenhang kann ebenso das elegante Hippodromo, die Pferderennbahn, genannt werden, die besonders den begüterteren Kreisen ein Vergnügen bereiten sollte.
Mit der zunehmenden Einwanderung veränderte sich die Struktur der Stadt. Verschiedene Stadtviertel differenzierten sich voneinander ab. Spanische Immigranten siedelten in anderen „barrios“ als Italienische oder wiederum russische Juden. Deren Zuzug macht Buenos Aires übrigens heute noch zur 7. größten jüdischen Gemeinde in der Welt (mit dem einzigen koscheren McDonalds außerhalb Israels, gelegen in der Abasto Mall, in der es noch zwei weitere McDonalds gibt!).
Erstaunlich ist bei dieser kulturellen Verschiebung der Stadt, das langsame Verschwinden der schwarzen Bevölkerung. Wie bereits erwähnt, machte diese um 1800 20-30% der Porteños aus. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts siedelten sie vermehrt um den Plaza de la Independencía. Obwohl sie, anders als die indigenen Einwohner in Argentinien, nicht verfolgt wurden, waren sie niemals gleichberechtigte Bürger und tatsächlich wurde ihr Anteil an der städtischen Bevölkerung immer weniger. Warum dies der Fall ist, ist bis heute nicht aufgeklärt.
Ein sehr populäres Immigrantenviertel war La Boca, in der Nähe des Hafens, dass sich zu einem vorwiegend italienischen Arbeiterviertel entwickelte. Heute ist es eine Mischung aus sozialem Brennpunkt und Touristenziel, mit seinen buntbemalten Holzhäusern am Caminito, einem kleinen Weg in der Mitte des Viertel. Die bunte Bemalung der Holzhäuser ist ein Markenzeichen von La Boca und entstand wohl aus der Tatsache, dass lediglich Farbreste zum Anstreichen vorhanden waren und diese meist nicht für das ganze Haus ausreichten, so das unterschiedliche Seiten, verschiedene Farben hatten. Heute ist der Charme des Viertels an die kräftigen Besucherströme angepasst wurden. Zwischen dem Caminito und dem Stadion des Fußballclubs Boca Juniors, der Bombonera (übersetzt „der Pralinenschachtel“), kann der Besucher hier Souvenirs kaufen, Essen und Trinken gehen oder sich von Tangovorführungen unterhalten lassen. Gleichzeitig wird er aber gewarnt, nur in den drei, vier touristischen Straßenzügen zu bleiben (in welchen auch stets sichtbar Polizei patroliert), da die Kriminalitätsrate dahinter stark ansteigt. 
Buenos Aires, obwohl auch mit typischen Problemen seiner Zeit belastet, schien um 1910 vor einer glorreichen Zukunft zu stehen. Kaum eine Stadt expandierte mit so einer rasanten Geschwindigkeit, zog neue Menschen, aber auch Arbeit und Geld, an. 1906 war man zu einer Millionenstadt gewachsen und ein Ende des Zustroms war nicht abzusehen. Neue Prachtbauten, wie das allseits bewunderte Opernhaus Colón im Neo-Renaissance Stil, eröffneten im Abstand von wenigen Jahren und zum einhundertjährigen Jubiläum der Unabhängigkeit (1910) wurde sogar eine Weltausstellung in der Stadt abgehalten. Während in Europa die politischen Spannungen zum 1.Weltkrieg führten, träumte man in Argentinien von einer weiter florierenden Welt, in welcher man nicht mehr den Alten Kontinent nachahmen musste, um ihn zu überholen. Prominente und Gelehrte kamen nach Buenos Aires, eine Tatsache, die noch einhundert Jahre vorher undenkbar erschien, nimmt man Darwin 1832 aus der Zählung heraus, der aber seinerzeit nur ein Forschungsreisender auf der Durchreise war. Eine Literaturszene entstand ebenso, wie eine Kunstgemeinde. Mit dem Tango entstand eine eigene Kunstform, wenngleich sich Porteños und Einwohner von Montevideo endlos darüber streiten können, wer und in welcher Stadt der Tanz erfunden wurde. Von den Einheimischen gern angeführt wird, das mit Carlos Gardel, der mit drei Jahren nach Buenos Aires zog, die Stadt sicherlich einen, wenn nicht den, berühmtesten Tango-Sänger und Komponisten zum Sohn hat.
1913 beschloss man, einen großen Einschnitt in die Straßenstruktur der Stadt zu machen und das rechteckige Gitternetz in zwei Fällen aufzulösen. Vom Plaza de Mayo an sollten zwei Diagonale Straßenzüge wegführen, um damit neue Sichtachsen zu schaffen und gleichzeitig zwei neue Prachtstraßen zu gestalten. Bis 1943 dauerte der Ausbau der Straßenzüge, noch vermehrt im Stil des Beaux-Artes errichtet. Allerdings sind hier schon erste Probleme zu bemerken, denn die südlichen Diagonale wurde nie abgeschlossen und endet bereits drei Blocks nach dem Plaza de Mayo. Die nördliche Diagonale reicht bis zum Justizpalast und verbindet damit symbolisch eine weitere Stütze der Gesellschaft mit dem Hauptplatz der Stadt.
Im Jahr 1928 zählte Buenos Aires bereits 2 Millionen Einwohner. Die großen Flächen in den neuen Stadtteilen Belgrano und Flores (1887 eingemeindet) wurden nicht nur rasch zugebaut, sondern ebenso schnell verdichtet. Aufgelockerte Vororte sind in der Stadt Buenos Aires deshalb kaum zu finden. Innerhalb der Stadtgrenzen, welche jedoch nur 202km² ausmachen, ist durch Immobilienspekulation, industrieller Expansion, und insbesondere durch die Verbesserung der Nahverkehrsmittel, eine schnelle und vollständige Urbanisierung aufzufinden, die fast keine lockere Bebauung kennt. Generell blieb es bei der Einteilung, dass im Norden die finanziell reicheren Schichten wohnten, während man im Süden Industrie- und Arbeiterviertel vorfand.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde der Historismus als prägende Bauform vom Jugendstil und der Moderne abgelöst. Das erste Hochhaus der Stadt, der Palacio Barolo auf der Avenida de Mayo, erdacht von Mario Palantini wurde 1923 eröffnet und ist ganz im Stil des Jugendstil ausgeführt. Die Besonderheit liegt in seiner symbolischen Form, die in ihrer Struktur an der „Göttlichen Komödie“ von Dante anknüpft. Ebenso in diesem Stil zeigt sich der Abasto Großmarkt, der heute ein großes Einkaufszentrum ist. Mit dem Edificio Kavanagh bekam Buenos Aires nicht nur ein neues höchstes Haus, sondern auch ein Bauwerk, das bereits maßgeblich vom rationalen Denken der Moderne geprägt wurde.
Zum 400-Jahrestag der Anlandung Pedro de Mendozas wurde ein 67m hoher Obelisk an der Stelle gebaut, an der 1812 die erste Argentinische Flagge aufgezogen wurde. 1936 fertiggestellt sollte der Obelisk schon drei Jahre später wieder abgerissen werden. Nur das Veto des Intendenten der Stadt bewahrte das Bauwerk vor seiner Zerstörung. Heute ist es ein Wahrzeichen der Stadt.

Weltstadt als Traum – Buenos Aires von 1930 bis 2000

1930 wurde der fast schon 80-jährige Präsident Hipólito Yrigoyen, durch einen Militärputsch gestürzt (eben jener Yrigoyen der 1919,  in der sogenannten Semana Trágica, einen Arbeiteraufstand blutig niederschlagen ließ). Fünf weitere Staatsstreiche sollten bis 1976 folgen und das Land immer wieder erschüttern. Argentinien war schon in den Dekaden vor 1930 keine wirklich stabile Demokratie (wie fast kein Land zu jener Zeit), aber durch die zahlreichen gewaltsamen Machtwechsel in den nächsten Jahrzehnten stagnierte die damals  achtgrößte Volkswirtschaft der Welt mitsamt ihrer Hauptstadt zunehmend. Statt andere Städte der Welt in Rang und Schönheit zu überholen, wurde man selbst überholt. Politische Extremisten verübten Anschläge. Regime ließen verhaften, foltern und töten. Besonders bekannt ist noch heute die Militärjunta, die 1976 an die Macht kam. Ihre Methoden der „vuelo de la muerte“ in denen Verdächtige lebend aus dem Flugzeug in den Rio de la Plata geworfen wurden, ist ein trauriger Höhepunkt, in einer von traurigen Geschehnissen reichen Geschichte der Stadt und des Landes von 1930 bis 1980. 
Das Bauwerk des 20. Jahrhunderts in Buenos Aires ist kein Haus, sondern eine Straße; die Avenida  9 de Julio, die Nord-Süd Tangente, die so breit ist, dass sie die Stadt in zwei Teile zu schneiden scheint. Von 1934 bis 1980 wurde an ihr gebaut. Sie ist genau einen Block, des ursprünglichen Straßengitters, breit und wird von den Porteños gern als die breiteste Straße der Welt vorgestellt. Trotz dieser Dimensionen ist sie jedoch ein häufiger Gastgeber für Staus und ein urbanistischer Fehlgriff des Autozeitalters. Fußgänger haben keinerlei Möglichkeit, sie in einer Grünphase zu überqueren und trennt sie die Innenstadt in zwei Teile auf. Es gibt Stimmen, welche die Avenida für die größte Bausünde in der Stadt halten. 
Architektonisch erreichte die Moderne natürlich auch Buenos Aires. In der Regierungszeit Juan Peróns wurde der soziale Wohnungsbau beispielsweise mit der Ciudad Evita (nach seiner zweiten und sehr populären Frau benannt) gefördert. Dabei wurden auch Elemente der monumentalen Architektur verwendet, wie beim Bau der Juristischen Fakultät der Universität.
Schon 1947 erreichte die Einwohnerzahl innerhalb der Stadtgrenze drei Millionen Bewohner, eine Zahl die auch sich nicht mehr steigern ließ und seit dem ungefähr gleich blieb. So entstand die masive Besiedlung der Vorstädte, teilweise mit relativ eintönigen Wohn-Hochhäuser. Neue Straßenbahn- und Eisenbahnlinien zogen schnell neue Hausbauten an, die sich immer weiter in den Umkreis der Stadt verlagerten und so entstand der Ballungsraum Gran Buenos Aires, der 1960 bereits 6,7 Millionen Einwohner hatte. Innerhalb dieses Gebietes, in der Nähe der Stadt Eizeiza ließ man in den 1940er Jahren einen neuen Flughafen bauen, der damit rund 30km außerhalb des Stadtzentrums lag. In der Stadt wurde ein zweiter Flughafen gebaut, der Aeroparque, der nur wenige km nördlich des Retiro Bahnhofs liegt.
In den 1960er Jahren verordnete sich Buenos Aires das Aussehen einer modernen Großstadt, was nichts anderes bedeutete, dass man Hochhäuser zwischen dem Plaza de Mayo und Retiro Bahnhof bauen ließ. Im neuen Gebiet „Catalinas Norte“ wuchs 1957 mit dem Edificio Alas das erste und damals höchste Hochhaus der Stadt. Das Alas schaut tatsächlich jedoch wie ein Wolkenkratzer der 1930er Jahre aus. Der Ausbau der neuen Skyline kam in den 1960/70er Jahren voran, stoppte dann aber bis Mitte der 1990er Jahre, war aber niemals nur auf Catalinas Norte begrenzt. Nach der Schließung des Hafens Puerto Madero wird seit einigen Jahren dort ein neues Wohngebiet umgesetzt, was die benachbarten Hochhäuser von Catalinas Norte sogar noch übertrifft (siehe dazu auch: Hochhäuser in Buenos Aires).
1983 wurde die seit 1976 herrschende Militärjunta durch den demokratisch gewählten Präsidenten Raúl Alfonsín abgelöst. Diese bis heute andauernde demokratische Epoche ist gekennzeichnet von vielen Auf und Abs. Wirtschaftlichen Hochphasen (in den 1980er und 90ern) folgten tiefe Depressionen (1998 bis 2003 sowie gegenwärtig). Politische Instabilitäten sind trotz zweier verheerenden Bombenattentate auf jüdische Ziele 1992 und 1994 glücklicherweise selten. Im letztgenannten Jahr wurde der Status der Stadt geändert und ihr mehr Rechte verliehen. Weitere zwei Jahre später, wurde eine städtische Verfassung angenommen, nach welcher die Stadt sich wieder selbst regieren kann. Fernando de la Rúa wurde zum ersten Bürgermeister von den Porteños gewählt, später wurde er Präsident Argentiniens (wie auch der heutige Amtsinhaber Mauricio Macri, der erst Präsident des Fußballclubs Boca Juniors war und später Bürgermeister der Stadt). Der Bürgermeister regiert jedoch nur die Stadt, die offiziell Ciudad Autónoma de Buenos Aires heißt mit ihren 2,8 Millionen Einwohnern auf nur 202km². Der sich angrenzende Ballungsraum Gran Buenos Aires wächst weiter und zieht sich heute rund 100km entlang des Flusses Rio de la Plata entlang, bei einer Breite von rund 40km und hat rund 13 Millionen, womit man zu den drei größten Städten Südamerikas gehört und wo rund ein Drittel aller Argentinier leben.     

Buenos Aires heute

Das heutige Buenos Aires gilt als eine der sichersten und reichsten Städte Südamerikas. Insbesondere im nördlichen Teil der Stadt, sind die Unterschiede zu europäischen Metropolen kaum zu bemerken. Das ändert sich aber deutlich, wenn man durch die Innenstadt in Richtung Süden kommt. Buenos Aires kann seine armen Ecken dann kaum verstecken. Slums sind auch in Buenos Aires anzutreffen. Gleich hinter dem Bahnhof Retiro, dehnt sich etwas versteckt ein dichtbebautes Armenviertel zum Hafen Puerto Novo aus, in welchem unter bescheidensten Bedingungen rund 40.000 Menschen leben. Bedenkt man das nur rund 15min Fußweg später der prächtige neue Stadteil Puerto Madero wächst, der reiche Porteños anziehen soll, kann man sagen, das Buenos Aires heute durch die großen Gegensätze zwischen Arm und Reich geprägt ist, einen Zustand der nicht nur von Papst Franziskus angeprangert wird, der aus dem Arbeiterstadtteil Flores stammt und viele Jahre in der Kathedrale der Stadt predigte. Und so gibt es in Buenos Aires den Ausdruck „muy primer mundo“ (in etwa: „sehr erste Welt“), um etwas technisch hochmodernes, geschmackvolles oder teures zu bezeichnen, ein Ausdruck der schon verrät, dass man hier irgendwie nicht ganz in der 1.Welt lebt, denn dort ist es eben eine Selbstverständlichkeit, die nicht erwähnt werden muss. Es scheint vielmehr Teil des kollektiven Bewusstseins der Porteños zu sein, in einer Melancholie zu leben, einstmals bedeutsamer, wohlhabender und schöner gewesen zu sein.  

Geschichte Tarragonas

Die Geschichte Tarragonas ist außergewöhnlich und reicht weit in die Vergangenheit zurück. Iberische Stämme siedelten wohl schon 500 v.u.Z. auf dem Gebiet des heutigen Tarragonas, auch wenn sie bevorzugt im etwas weiter südlich gelegenen Ebrodelta beheimatet waren. Sie trieben Handel mit Griechen und Phöniziern. Erstmals historisch bedeutend wurde der Ort, während der punischen Kriege zwischen Karthago und Rom. Nach römischer Geschichtsschreibung waren die Einwohner eher den Römern zugetan und unterstützten sie. Die Römer nannten den Ort Tarraco und machten ihn zu einem Teil ihres damals noch schmalen Besitzes auf der iberischen Halbinsel. Als 197 v.u.Z. zwei römische Provinzen auf der iberischen Halbinsel geschaffen wurden (hispania citerior und hispania ulterior)  saß der Statthalter der neuen Provinz hispania citerior (also des „diesseitigen oder näheren Spaniens“) in Tarraco. Zusammen mit Carthago Nova (Cartagena), Saguntum (Sagunto) und Ilrida (Lleida) wurde es zu einem der bedeutendsten Orte des östlichen Iberiens. So kam beispielsweise Kaiser Augustus im Jahr 27 v.u.Z. in die Stadt, um von hier die Feldzüge in Kantabrien zu überwachen. Die Handelsstraße Via Augusta, welche weiter Richtung Süden (also in Richtung Saguntum) führt, wurde unter seiner Zustimmung ausgebaut und nach ihm benannt. Die Neuordnung der spanischen Provinzen führte dazu, dass aus der Provinz Hispania citerior, Hispania Tarraconensis wurde, was auch mit der enormen Bedeutung des Ortes für die gesamte Region zu tun hat. Die Stadt erlebte ihre Blütezeit um die Zeitenwende und war die reichste Hafenstadt an der westlichen Mittelmeerküste. Einen weiteren Bauboom erlebte Tarraco im 2.Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Durch eine Reform des Reiches ausgelöst, begannen städtische Eliten ihren Reichtum in repräsentativen Bauten zeigen zu wollen. Sowohl das Amphitheater als auch das Provinzialforum fallen in diese Zeit. Danach setzt aber ein schleichender Niedergang ein. Interessant ist das Jahr 259, als während der valerianischen Christenverfolgung Bischof Fructuosis und zwei seiner Diakone im Amphitheater hingerichtet wurden, gleichzeitig ist dies ein Beleg für die erste christliche Gemeinde im Ort, wobei erst ab dem 5.Jahrhundert Überlieferungen von christlichen Gebäuden in Tarraco sprechen. Der Einfall der Franken im Jahr 260 änderte die Stadtstruktur. Nicht nur wurden einige Gebäude zerstört, auch tieferliegende Siedlungen am Meer wurden mehr und mehr aufgegeben.

Endgültig von den Westgoten besetzt wurde die Stadt 476, unter deren König Eurich und damit endet der spektakulärste Teil der tarragonesischen Geschichte. Die Westgoten übernahmen die städtischen Strukturen und stellten fortan eine dünne Oberschicht. Die politische Bedeutung schmälerte sich aber, als zur neuen westgotischen Hauptstadt Toledo ernannt wurde. Allerdings blieb die Stadt ein kirchliches Zentrum. Jedoch nur bis 716, als schließlich die Mauren unter al-Hurr die Stadt eroberten. Tarragonas Bedeutung in den folgenden Jahrhunderten wurde immer geringer und es soll Zeiten gegeben haben, wo der Ort mehr oder weniger nicht mehr besiedelt war. 1136 eroberte Raimund Beranger III. die Stadt und vergrößerte damit sein katalanisches Territorium. Die Stadt wurde zum Hauptsitz der katalanischen Kirche erhoben, was nicht nur mit der ehemals wichtigen kirchlichen Stellung zu tun hatte, sondern insbesondere damit, dass die Katalanen nicht mehr abhängig vom Erzbischofftum Narbonne sein wollten. 1171 wurde mit dem Bau einer neuen Kathedrale begonnen, die jedoch erst 1331 fertiggestellt wurde.
Viele Jahrhunderte später, 1811, stand die Stadt wieder im Fokus. Die französischen Revolutionsarmee erstürmte die Stadt am 8.Juni. Die Bewohner Tarragonas als auch die spanischen Truppen leisteten jedoch erbitterten Wiederstand, was wiederum die Franzosen veranlasste, ein Massaker zu verüben, dass insbesondere auch die Zivilbevölkerung sehr schwer traf. Von den 4000 Toten an jenen Tagen, waren 2000 Zivilisten.

Heute ist Tarragona ein sehr anziehender Touristenort, der viel von seiner antiken Geschichte erzählen kann. So ist sind auch die antiken Reste der Stadt Tarraco seit 2000 UNESCO-Weltkulturerbe. Aber die Stadt ist ebenso ein wirtschaftliches Zentrum im Süden Kataloniens, zusammen mit der etwas kleineren Nachbarstadt Reus (105.000 Einwohner), die den Flughafen der Region beherbergt. Der Hafen Tarragonas ist ein wichtiger Handelsort und hat ebenso mit dem Wohlstand der Region zu tun, wie die hauptsächlich petrochemischen Industrien im Südwesten der Stadt.

Geschichte Alicantes

Der Küstenstreifen an dem Alicante liegt, ist schon seit ca. 7000 Jahren besiedelt. Jäger und Sammler sind um 5000 v.u.Z. aus Mitteleuropa nach Süden vorgestoßen und ließen sich unter anderem hier nieder. Diese Stämme errichteten am Benacantil Berg, auf dem heute die Burg steht, erste Siedlungen. Um rund 1000 v.u.Z. bereisten griechische und phönizische Händler das westliche Mittelmeer. Auf der Suche nach Handlungsstützpunkten mit den einheimischen Stämmen wurde wohl von den Griechen am Fuße des Berghanges die Ortschaft Leukon Teijos gegründet, übersetzt, die Stadt des Lichts. Die an einer Bucht strategisch günstig gelegene Stadt, wurde später von Karthagern übernommen, die sie von nun an Akra Leute nannten und eine Fortifikation auf dem Benacantil erbauten. Doch erst die anschließende römische Eroberung brachte dem Ort einen weiteren Schub und größere regionale Bedeutung, verbunden mit ihm einen weiteren, neuen Namen, Lucentum. Neben Steinmetzen lebten Fischer hier, die gepökelten Fisch für den Verkauf nach Rom vorbereiteten. Rund 700 Jahre herrschten die Römer über die Stadt bevor sich nach dem Niedergang des römischen Reiches die Westgoten die spanische Halbinsel sicherten. Doch nur kurze Zeit später überrannten die Mauren ganz Iberien und besetzten 711 die Stadt. Sie nannten sie von nun an Al Lucant und sollten bis 1296 hier herrschen. Allerdings war der Ort eher unbedeutend in maurischen Herrschaftsgebiet.
Im Zuge der Reconquista eroberte Jaume II. die Stadt für die Krone Aragons (zwischenzeitlich wurde es schon 1240 von Alfonso X. aus Kastilien in Besitz genommen) und ließ es dem Königreich Valencia zufallen. Als eine „Vila Reial“ konnte sich die Stadt im Parlament der Cortes Valencianes repräsentieren. Eine weitere einschneidende Entwicklung war die im 17. Jahrhundert vorgenommene Vertreibung der bis dato weiter hier lebenden Mauren, die nach der Reconquista noch geduldet wurden und deren wirtschaftlicher Einfluss in der Region erheblich war. Insbesondere die blühende Landwirtschaft kam fast völlig zum erliegen. Der spanische Erbfolgekrieg, der 1701 bis 15 tobte, brachte zwar keine erhebliche Zerstörung, jedoch sank die Bedeutung der Stadt weiter, da nun auch das Königreich Valencia nicht mehr existierte. Das Schuhhandwerk und die Fischerei sorgten für das Einkommen der Bürger. Erst mit dem Ende des 19. Jahrhunderts stieg die wirtschaftliche Bedeutung Alicantes wieder an, als der Hafen der Stadt zu einem bedeutenden Umschlagplatz wurde und die Bevölkerung anwuchs. Wie viele Städte der Levante war Alicante im spanischen Bürgerkrieg zwischen 1936 bis 39 lange in republikanischer Hand, die republikanische Regierung soll im städtischen Hafen 1939 an Bord gegangen sein um vor den einrückenden Truppen Francos endgültig aus Spanien zu fliehen.
Mit den 1960er Jahren begann man in der gesamten Region den Tourismus zu fördern und natürlich wurden auch die Strände von Alicante zu Anziehungspunkten für Touristen aus Europa. Neue Gebäude schossen in die Höhe (wobei bei weitem nicht in den Dimensionen die man in Benidorm finden kann) und die Stadt erhielt einen neuen Flughafen, der seit 1967 Touristen in die Stadt und das Umland bringt. Heute reisen rund 10 Millionen Personen über den Flughafen. Die meisten kommen dabei aus Großbritannien (5 der 10 verkehrsreichsten Routen Alicantes führen nach Großbritannien, nur 2 zu anderen spanischen Destinationen). Mit den Touristen erlebte Alicante auch einen weiteren Bevölkerungsboom und wurde zu einer der am schnellsten wachsenden Stadt Spaniens (1950 erreichte man die Großstadtmarke von 100.000 Einwohner, in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends übersprang man schon die 300.000 Einwohner). Der Schwung der Bevölkerungszunahme ist in den letzten Jahren abgeklungen. Heute hat Alicante 332.000 Einwohner, wobei einige hier dauerhaft lebende Nordeuropäer sich nicht offiziell gemeldet haben und die Zahl wohl etwas höher ist als offiziell dargestellt. Ob länger bleibende Urlauber oder Tagestouristen, Alicante ist auch heute noch sehr populär. Ereignisse wie das hier startende Volvo Ocean Race oder die Johannisfeuer im Juni ziehen viele Neugierige in die Stadt.

Die europäische Stadt im Mittelalter

Das ausgehende Mittelalter (insbesondere das 13. Jahrhundert) ist die Zeit, in der es zu einer wahren Stadtgründungswelle in Europa kommt. Wir wollen an dieser Stelle an die Überlegungen des Mediävisten Jaques LeGoff anknüpfen, dessen hervorragendes Buch „Die Geburt Europas im Mittelalter“ wärmstens empfohlen wird (die Argumentation wird hier größtenteils aufgenommen).

Das 13.Jahrhundert ist eine vergleichsweise friedliche und ökonomisch prosperierende Zeit in Europa, wobei mit diesem Begriff der Teil des Kontinentes verstanden wird, auf dessen Territorien sich damals, der Katholizismus als wesentliche Religion durchgesetzt hatte.
Die Stadt des Mittelalters bewahrt sich zwar in großen Teilen den Standort der antiken Stadt, jedoch hat sich ihr Erscheinungsbild geändert. Die militärische Funktion ist kleiner geworden, so wie die ökonomische Funktion angewachsen ist.

Was ist in jener Stadt zu finden?
Der Markt stellt den Mittelpunkt der Mittelalterlichen Stadt dar. Neu ist, dass die vielen Läden der Handwerker Einzug gehalten haben und damit die Stadt zu einem Orten der Produktion machten, die bisher fast ausschließlich auf dem Land von statten ging. Zu einer Stadt gehört natürlich auch die obligatorische Stadtmauer, welche die Stadt aber nicht definiert. Denn was die Stadt ausmacht sind seine Bewohner, die Bürger. Diese sorgten sich um die Reinlichkeit in der Stadt und bauten neue Gebäude, die zunehmend ästhetischen Maßgaben nach eiferten oder gar neu definierten. So entstand in der Stadt eine neue Vorstellung von Schönheit. Die Stadtmauern hielten quasi eine Gemütsverfassung der Bewohner fest, die sich in materiellen Gegebenheiten und geistigen Vorstellungen manifestierte. Die Stadtmauer war nicht nur ein Schutzwall, sondern sie war auch das Symbol für die Stadt. Gern wurden in den aufkommenden Stadtsiegeln die Mauer der Stadt aufgenommen. Wichtig waren dabei natürlich auch die Stadttore, die zwischen Innen und Außen vermittelten. Die Dialektik zwischen privilegiertem Innenraum und dem Äußeren spielte im Mittelalter eine große Rolle.
Städte wurden zu Orten der Bewunderung. Berge und Küsten, die heute Besucher anziehen, hatten keinen Reiz für die Bewohner des Mittelalters. Städte allerdings schon. Hier wohnten vergleichsweise viele Bewohner auf engen Raum, wirtschaftliche Aktivitäten im größeren Ausmaß wurden hier getätigt, neue und teilweise imposante Bauwerke schmückten die Straßen und unterschiedliche Gewerbe waren zu finden. Schließlich hatte auch jede Stadt, die etwas auf sich hielt einen legendären Mythos, der die Genese in der Vergangenheit erklärte. So wurden die Städte, neben den Klöstern zu den ersten Orten, einer wenngleich noch sehr rudimentären, Geschichtsschreibung.

Im Mittelalter kann man grob verschiedene Stadttypen unterscheiden:
Die Bischofsstadt:  Die Anwesenheit eines Bischofs war ein wichtiges urbanes Zeichen. Als Verantwortlicher für die Riten sammelten sich unter ihm die Gläubigen in den Kirchen. Dabei wurden erstmals auch die Toten in das Stadtleben einbezogen und Friedhöfe innerhalb der Siedlungen angelegt, was eine revolutionäre Neuerung war, denn noch in der Antike galt dem toten Leichnam Abscheu.
Großstädte: Das 13. Jahrhundert sah ein nicht zu unterschätzendes Bevölkerungswachstum, wobei die großen Städte Europas nicht die Dimensionen des Orient erreichten. Bedeutende Städte hatten bereits 10- oder gar 20.000 Einwohner. Barcelona und Palermo waren mit 50.000 Einwohner außergewöhnlich, London, Gent, Genua und Cordoba (allerdings auf islamischen Boden gelegen) hatten schon 60.000, Bologna und Mailand über 70.000 Einwohner. Florenz und Venedig überschritten wohl schon die heutige Grenzmarke zur Großstadt mit über 100.000 Einwohnern und Paris mit seinen mindestens 200.000 Einwohnern im Jahr 1300 sprengte alle Dimensionen in Europa.
Hauptstädte: Hauptstädte waren Orte die von einer übergeordneten politischen Gewalt zum Sitz erhoben wurde. Dies war im Mittelalter eine große Besonderheit und hat nicht viel mit einer heutigen Hauptstadt zu tun. Die Wichtigkeit politischer Behörden war sehr gering und den Status Hauptstadt einer administrativen Einheit zu sein, war wenig bis gar nicht ausgeprägt, zumal die Höfe nicht unbedingt an einem einzigen Ort beheimatet sein mussten und eher durch die Lande reisten.
Stadtstaaten: Stadtstaaten demgegenüber waren Städte, die sich zu eigenständigen Staaten entwickelten. Ein Phänomen, dass man insbesondere in Italien beobachten konnte. Die italienischen Städte durchliefen vom 10. bis zum 14. Jahrhundert eine Entwicklung, die sich in drei Phasen aufteilen lässt. Nach der Errichtung einer aristokratischen Kommune, bei dem man Grafen oder Bischöfen die Macht genommen hatte folgte die Aufspaltung des an der Macht kommenden Adels. So griff man in der zweiten Phase zumeist auf einen auswärtigen Amtsträger zurück, dem einige Befugnisse übertragen wurden. In einer dritten Phase setzte sich die Stadtregierung schließlich aus Zünften und Kooperationen der handwerklichen und kaufmännischen Elite der Bevölkerung zusammen. Dabei kam es immer wieder zu zahlreichen Auseinandersetzungen der Familienclans, welche die Regierungsgewalt übernahmen. Die italienischen Städte sind jedoch eher Ausnahme als Regel. Im Rest Europas lebte die Aristokratie zumeist auf Burgen auf dem Lande, wobei sie sich durchaus Zweitwohnsitze in den Städten leisteten.

Soziale Gruppen in der Stadt
Die Stadt steht nicht komplementär zum Feudalsystem des Landes, sondern sie profitierte von ihm. Sie nutze die Produkte des Landes, ebenso zog sie Bauern als neue Bewohner an und die handwerklichen und ökonomischen Entwicklungen der Stadt, ist ohne den landwirtschaftlichen Überschuss an Lebensmitteln nicht zu denken. Dabei ist der Regierungstyp unterschiedlich zum Feudalsystem des Landes. Die Städte kämpften zumeist um Freiheitsrechte, die sie teilweise auch bekamen. Damit wurden sie zu Kommunen, die ein Maß an Selbstverwaltung entstehen ließ. Diese Administration wiederum führte zum Einsatz von Juristen, die als erste Rechtsgelehrte alltägliche Probleme zu lösen hatten. Erst später, mit der Einbeziehung der Universitäten wurden daraus Experten des Rechtes, die sich um Ausarbeitung von umfangreichen Rechtskatalogen kümmerten. Ein weiterer Aspekt der Stadt ist es, dass sie verstärkt Steuern und Abgaben von ihren Bürgern eintrieben, zumeist um kommunale Projekte zu finanzieren. Die Gleichheit der Stadtbürger wurde dabei aber schnell ausgehebelt und es bildete sich eine Schicht von Eliten, die sich finanziell und politisch von den anderen Stadtbürgern absetzte. Diese neu entstehende Oberschicht, war unabhängig vom Adelsgeschlecht, aber auch sie kannte bürgerliche Genealogien, dass heißt Generationenübergreifende Familienbande, die zu höherem Status führten. Ebenso konnten einige Berufe einen höhere Reputation genießen und die Zahl der als unerlaubt geltenden Berufe ging zurück. Der Gastwirt beispielsweise, der seit der Antike einen sehr schweren Stand hatte wurde rehabilitiert. Nur die Prostitution und der Wucherer blieben verabscheuungswürdig. Die Prostitution jedoch wurde geduldet und der Wucher so umgedeutet, dass lediglich der verstärkt von Juden betriebene Gebrauchsdarlehen sich Vorwürfe gefallen lassen musste.
Auf der anderen Seite der Skala standen die Kaufleute, die zumeist im großen Maßstab mit wertvollen Produkten handelten. Diese Patrizier bildeten zumeist die städtische Führungsschicht. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass der Reichtum der Städte weniger von diesem Personenkreis, als vom Gewerbe entsprungen ist. So sieht man beispielsweise in Flandern, wo das Tuchmachergewerbe florierte, führte es auch zum Wachstum der dortigen Städte. Erst die Textilverarbeitung schuf die Kaufmannsgilde.
So war die soziale Ungleichheit die sich gerade auch in der Stadt zeigte, eine sichtbare Belastung der Zeit. Dennoch war die Stadt ein einheitliches, wenngleich prä-demokratisches Gebilde. Aber gerade im Vergleich zur weit ins Umland hineinreichenden muslimischen Stadt oder mit der chinesischen Stadt, die kein Zentrum und keine Autonomie besaß, entwickelte sich die europäische Stadt intensiver, vielfältiger und auch demokratischer als andere Beispiele dieser Zeit. Ausgehend von Kerngebieten, die entweder ein Markt, oder eine Burg waren entwickelten sich die Städte insbesondere im 13. Jahrhundert mit großer Geschwindigkeit.

Fazit
Die Städte waren anfangs auf kleinem Raumkonzentrierte Gesellschaften in Mitten von weiten, schwach bevölkerten Gebieten. Sie sind Orte der Produktion und des Tausches, wobei sich beide Formen unter dem Einfluss der Geldwirtschaft vermischen. Kulturell trennt sie sich vom ländlichen Gebiet, weil Städte die Praxis kreativer und schöpferischer Arbeit begünstigten. Geschäfte machen und Geld zu erwirtschaften war etwas zutiefst städtisches, ebenso wie ein Aufkommender Sinn für Schönheit und dem Hang zum Luxus. Reiche bilden in der Stadt keine Hierarchie mehr untereinander aus, sondern sitzen Seite an Seite und regieren eine einheitliche und solidarische Masse, wobei dies das Ideal abbildet, das in der Realität immer wieder an seine Grenzen stieß, gerade da sich die Oberschicht in Steuerfragen gern begünstigte. Doch von der Grundidee her waren alle Städter gleich, ganz anders auf dem Lande, wo der Grundherr über den Leibeigenen verfügen konnte. Der Städter war Nutznießer einer Gemeinschaftskultur, die sich überall im städtischen Raum ausbildet, auf den Marktplätzen, in Schulen, Tavernen, beim Theaterspiel (das seit dem 13.Jahrhundert von den Klöstern kommend, auch in der Stadt wieder auflebte) und auch bei der Predigt. „Die mittelalterliche Stadt ist eine Persönlichkeit, die die Vielzahl der Persönlichkeiten prägt, aus denen es besteht. Das urbane Europa hat bis heute so manche ihrer Grundzüge bewahrt.“ (S.154)

Geschichte Barcelonas

Sehr oft wird die Gründung von Barcelona mit der Besetzung durch Hannibal im Jahre 218 v. Chr. gleichgesetzt. Zweifellos gab an dieser Stelle schon eine frühere Besiedlung durch iberische Kulturen. Später übernahmen die Römer die Stadt und gaben ihr den Namen Barcino und damit eine Vorform des heute gebräuchlichen Namens. Der Ort war jedoch nicht mehr als eine mäßig bedeutende Kleinstadt. Die Goten eroberten die Stadt und Barcelona wurde kurzzeitig zur Hauptstadt erhoben, verlor diese Stellung jedoch schnell wieder an Toledo.
Der Aufstieg der Stadt begann im 9. Jahrhundert. Nach einer rund hundertjährigen Besetzung durch die Mauren wurde Barcelona 801 von Christen erobert und die „spanische Mark“ gegründet. Damit wurde die Grenzregion des Frankenreiches auf der iberischen Halbinsel bezeichnet. Innerhalb dieser Grenzregion entstanden mehrere Grafschaften, welche anfangs noch dem fränkischen König unterstanden, mit der Zeit aber immer selbstständiger wurden. Wilfried „der Behaarte“ vereinte die Grafschaften Urgell, Cerdanya, Barcelona und Girona unter sich und begründete die Dynastie der Grafschaft von Barcelona. Im Laufe des 10. Jahrhunderts löste sich die Grafschaft aus dem fränkischen Lehnssystem. Durch die Heirat des Grafen Ramón Berenguer IV. mit der Infantin Petronillia von Aragon (im Jahr 1137, Petronilla war da gerade ein Jahr alt!) wurde Berenguer König von Aragón. Es entstand das Königreich Aragón – Katalonien (auch „Krone Aragon“ genannt) mit der Hauptstadt Barcelona. Durch Eroberungen gelang es Berenguer, dass Land zum bedeutendsten Königreich des westlichen Mittelmeerraus zu machen. Unter Jaume I. wurden die Eroberungen noch intensiviert, man nahm 1238 Valencia ein, 1286 Menorca und 1299 Mallorca. Auch heute wird in allen diesen Regionen noch die katalanische Sprache gesprochen. Der Handel blühte auf, man gab sich fortschrittliche politische Institutionen wie die „Corts Generals“ (eine der ersten Ständeparlamente der Welt) und stieg mit der Eingliederung der drei Mittelmeerinseln Sizilien, Sardinien und Korsika in das Herrschaftsgebiet zu den führenden europäischen Mächten auf, wovon natürlich die Hauptstadt Barcelona profitierte, auch weil sie zu jener Zeit der wichtigste Hafen der westlichen Mittelmeerküste wurde. Diesen Reichtum erahnt man noch heute in den prächtigen gotischen Gebäuden der Stadt. Das Streben zur See wurde dabei immer mehr zu einer Notwendigkeit, da Kastilien auf dem iberischen Festland eine immer wichtiger werdende Rolle spielte.
1410 erlosch die Dynastie der Grafen von Barcelona und die Herrschaft viel an Fernando von Antequera, einem aus dem kastilischen Grafengeschlecht der Trastámara kommenden Grafen. Mit ihm begann der Niedergang der Krone Aragons und Barcelonas. Durch die Heirat von Fernando II. von Aragon mit Isabella I. von Kastilien (den „katholischen Königen“) im Jahre 1469 entstand der spanische Zentralstaat. Die politische Macht wurde ins Zentrum des Landes gelegt, ab 1561 wurde Madrid die Hauptstadt Spaniens. Die Krone Aragons verlor mehr und mehr an Bedeutung und Eigenständigkeit, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Ein Impulsgeber dafür war Kolumbus Entdeckung Amerikas. Barcelona wurde vom Amerika-Handel ausgeschlossen, lediglich von Sevilla aus, brachen die Schiffe in die neue Welt auf. Als im Konflikt zwischen Spanien und Frankreich, Katalonien sich an die Seite Frankreichs begab, wurde es im Pyrenäenfrieden 1659 bestraft und verlor seine nördlichen Gebiete an Frankreich (wenngleich hier erwähnt werden muss das diese Bestrafung eine Gesamtspaniens war, das damit seine Rolle als Weltmacht aufgeben musste). Diese Friedensreglung provozierte ab 1701 den spanischen Erbfolgekrieg, der die Nachfolge auf die spanische Krone regeln sollte. Katalonien setzte spät auf die habsburgische Seite, welche letztendlich gegen die französische Seite der Bourbonen verlor. Der neue bourbonische König Felipe V. beschnitt daraufhin alle katalanischen Freiheiten und organisierte einen absolutistischen Zentralstaat. Der 11. September 1714, der Tag an dem Barcelona an die Truppen Felipes V. fiel, ist heute der Feiertag Kataloniens (in Spanien haben Orte und Regionen eigene Feiertage).
Statt politischer Autonomie verlagerte man in Barcelona seit dem 18. Jahrhundert sein Interesse und versuchte seinen Reichtum zu mehren. Manufakturen entstanden und wurden bald von Fabriken abgelöst. Die alten Zünfte verloren immer mehr an Bedeutung und Barcelona wurde zum Zentrum der Industrialisierung, einem Prozess der fast im gesamten Rest Spaniens ausblieb. In Barcelona wurde das erste spanische Dampfschiff gebaut, genauso wie die erste Eisenbahnlinie. Doch mit zunehmender Industrialisierung und Urbanisierung wurden zahlreiche soziale Nebenwirkungen sichtbar. Eine sich zunehmend vergrößernde Schicht der Arbeiterklasse lebte unter teilweise verheerenden sozialen und hygienischen Bedingungen (im heißen Sommer 1854 fielen 6000 Menschen der Cholera zum Opfer). Immer wieder gab es gewaltsame Aufstände in der Stadt, welche blutig niedergeschlagen wurden. Der rasche Anstieg der Bevölkerungszahlen verlangte nach neuen städteplanerischen Lösungen. Das moderne Barcelona entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1869 wurde nach dem Plan Cerdà (einen der vielen Städtebauplänen des 19. Jahrhunderts) die Eixample (katalanisch für Expansion) gebaut, ein neuer Stadtteil der die Stadt wie ein quadratisches Gitternetz nach Norden hin erweiterte. Die Eixample sollte eigentlich mit vielen Grünflächen und Parks angelegt werden, doch durch den nicht nachlassenden, immensen Zuzug von Menschen mussten diese Flächen durch Wohnhäuser ersetzt werden, was ihr die heutige Form eines Schachbrettmusters einbrachte. Das aufstrebende Bürgertum machte die Eixample zur Heimat zahlreicher, um die Jahrhundertwende gebauter Jugendstilgebäude (dem so genannten „Modernisme“), welche auch heute noch einen großen Reiz und den Ruf Barcelonas als eine Stadt des Jugendstils prägen.

Im Zuge der Industrialisierung begann auch ein verstärktes Nationalgefühl Katalonien und damit auch Barcelona zu durchdringen. Die katalanische Sprache feierte eine Renaissance und verstärkte eine eigene katalanische Kultur. Mit der Gründung der 2.Republik in Spanien 1931 erhielt Katalonien seinen Autonomiestatus zurück und Barcelona wurde wieder zur katalanischen Hauptstadt. Doch diese Phase währte nur bis zum Ende des spanischen Bürgerkrieges 1939. Unter der Diktatur Francos wurde Spanien wieder zu einem Zentralstaat umgebaut und Katalonien verlor jegliche Autonomie, sogar die katalanische Sprache wurde verdrängt. In den 1950er und 60er Jahren siedelten sich zahlreiche Andalusier in Barcelona an, die auf der Suche nach besseren Jobs nach Norden gezogen waren. Erstaunlicherweise führte dies nicht zu einem Zurückgehen des Katalanischen. Da die neuen Einwohner die Sprache als Ausdruck der Opposition zum Franco-Regime betrachteten, wurde dieser immer stärker, nahm aber im Gegensatz zum baskischen Nationalismus nie gewaltsame Züge an.

Mit dem Tod Francos und der Umwandlung Spaniens zur Demokratie bekam nicht nur Katalonien wieder seine weitgehende Autonomie wieder, Barcelona erlebte ebenso einen neuen Aufschwung. Dieser zeigte sich nicht zuletzt der Weltöffentlichkeit mit den Olympischen Spielen von 1992. Die Stadt erlebte dadurch einen fast schon radikalen Wandel. Sie konnte sich der Weltöffentlichkeit präsentieren und wandelte in wenigen Jahren ihr Image von einer etwas schmuddeligen Industriestadt zu einer hippen Metropole mit historischem Charme des Jugendstils, wunderbarer geografischer Lage zwischen Bergen und Mittelmeer, urbaner Weltoffenheit und moderner Architektur. Heute ist Barcelona der Touristenmagnet auf der iberischen Halbinsel für Städtetourismus und präsentiert stolz sein eigenes Selbstbewusstsein, dass auch in Richtung Unabhängigkeit von Spanien tendiert.

Geschichte Essens

Die Geschichte Essens geht zurück auf die Stiftsgründung des Bischofs von Hildesheim im Jahr 845. Schon einige Jahrzehnte vorher war, im heute zur Stadt gehörenden Werden, ein Benediktinerkloster gegründet wurden. 842 begann man mit dem Bau der Stiftskirche, auf deren Grund heute noch das Essener Münster steht. 1003 bekam Essen das Marktrecht. Kontinuierlich wurde das Münster erweitert und 1244 wurde die Stadtmauer gebaut. Im 14. Jahrhundert versuchten die Bürger der Stadt die Reichsunmittelbarkeit zu erreichen, was 1377 gelang. In diesem Jahr bestätigte Karl IV. der Stadt Essen den Titel freie Reichsstadt. In diese Zeit gehen ebenso die ersten Kohlefunde zurück, wobei ein erstes Kohlebergwerk 1450 den Betrieb aufnahm. Immer wieder gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen der Stadt und dem Stift, die teilweise vom Reichskammergericht entschieden werden mussten. Als das 16. Jahrhundert zu Ende ging, begann die Waffenindustrie in der Stadt zu florieren. Doch dieser Aufschwung währte nur kurz. Der 30-jährige Krieg bringt Unheil, Verfolgung und Tod über die Stadt, auch weil die Stadt evangelischen Glaubens war, der Stift aber zur katholischen Kirche gehörte.

Seit 1822 gehörte Essen dann zur Rheinprovinz Preußens. Der preußische Staat förderte durch reformierte Gesetzgebung die wirtschaftliche Prosperität und den Erfolg der Industrialisierung der gesamten Ruhrregion. Die Industrialisierung die schon am Beginn des 19. Jahrhunderts langsam einsetzte ist nicht nur in Essen eng mit der Familie Krupp verbunden. 1811 wurden die Krupp Gussstahlfabrik gegründet, welche Anfangs aber eher geringen wirtschaftlichen Erfolg hatte, später aber zu einem Weltkonzern aufstieg. Der Kruppkonzern dominierte alsbald den Blick auf die Stadt. Das Fabrikgelände, dass westlich der Altstadt entstand, hatte schon 1873 eine zehnmal größere Fläche als die gesamte Altstadt Essens. Schon zu dieser Zeit prägten neben der Schwerindustrie auch der Bergbau das Bild der Stadt. Viele Zechen förderten Kohle, Eisenbahnen transportierten sie weiter. Essen hatte am Ende des 19. Jahrhunderts das dichteste Eisenbahnnetz des Ruhrgebiets. Noch immer kündet der Reichtum der Familie Krupp in der Villa Hügel, über der Ruhr gelegen mit riesigen Park und einem Haus. Der 1.Weltkrieg, der mit großer Euphorie begann ließ den Bedarf an Waffen enorm anstiegen, wovon natürlich die „Kanonenstadt“ Essen profitierte, wurden doch bei Krupp gewaltige Geschütze, wie die „Dicke Bertha“ gebaut. Doch auch hier machte das Ende des Krieges mit Hunger und Armut keine Ausnahme. 1923 besetzten französische Truppen das Ruhrgebiet, da man dem Deutschen Reich vorwarf, fällige Reparationszahlungen nicht zu zahlen. 1925 endete die Zeit der Besetzung, in die auch die „Karsamstagstragödie“ 1923 fiel, als im Krupp-Werk 13 Arbeiter von französischen Soldaten erschossen wurden. Noch heute zeugen im Ruhrmuseum zahlreiche Pranger-Poster vom Hass auf die Franzosen in den 1920er Jahren. All dies trug aber dem rasanten Wachstum der Stadt keinen Abbruch, schon seit 1896 war Essen eine Großstadt. Einige Eingemeindungen in den 1920er Jahren führten sogar dazu, dass Essen 1929 über 600.000 Einwohner hatte und eine der größten deutschen Städte wurde. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde ein NSDAP-Mann zum Oberbürgermeister ernannt und auch in Essen brannten am 9.November jüdische Einrichtungen. Interessant ist aber, dass die Synagoge der Stadt nicht nur das Pogrom überstand (sie brannte zwar innen aus, äußerlich jedoch blieb sie erhalten), sondern auch die verheerenden Bombenangriffe im 2.Weltkrieg, die 90% der Gebäude zerstörten. Damit ist Essen eine der sehr wenigen Orte in Deutschland die eine Synagoge besitzen, die schon vor 1933 erbaut wurde, wenngleich sie heute nicht mehr als Gotteshaus, sondern als Museum genutzt wird. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass tausende Zwangsarbeiter im 2.Weltkrieg, in den Fabriken der Stadt arbeiten mussten.
Nachdem Krieg folgte der Wiederaufbau, wobei die Rolle als Kohle- und Stahlstadt zunehmend abnahm und später ganz zum erliegen kam, schön zu sehen am Hauptbahnhof, wo dem Besucher der etwas ältere Slogan „Einkaufsstadt Essen“ entgegen leuchtet. Aus der Krupp- und Stahlstadt Essen wurde ein Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum. Zwar finden man immer noch Industriebetriebe in der Stadt, jedoch schlossen schon in den 1950ern die ersten Zechen bis 1986 mit der Zeche Zollverein auch das letzte Kohlebergwerk der Stadt schloss und heute zum Veranstaltungs- und Kulturzentrum umgebaut wurde, dass seit 2001 Weltkulturerbe ist. Auch Stahl wird in Essen nicht mehr hergestellt. Vom riesigen Gebiet der Krupp-Werke ist fast gar nichts mehr in der Stadt zu sehen. Die heutige Konzernzentrale steht zwar auf den alten Krupp-Werken, ist aber erst im Jahr 2010 eröffnet wurden. Doch Essen ist immer noch Heimat zahlreicher Großunternehmen wie eben Thyssen-Krupp, RWE, Evonik, Hochtief oder Aldi-Nord.
Bis 1988 war Essen noch die fünftgrößte Stadt Deutschlands bevor es von Frankfurt am Main überholt wurde. Heute ist Essen nur noch die viertgrößte Stadt Nordrhein-Westfalens und hat seit den 1960ern rund 20% der Bevölkerung verloren. Trotzdem bietet die Stadt kulturell einiges, neben der schon erwähnten Zeche Zollverein mit dem sehenswerten Ruhr-Museum, war die Stadt 2010 Europas Kulturhauptstadt.

Geschichte Hamburgs

Als im 8. Jahrhundert sich einige Sachsen in der Nähe eines Geestrückens an der Alster niederließen, machten sie dies, weil man hier günstig die Elbe überqueren konnte und damit ein guter Ort gefunden war, der strategisch recht günstig lag, denn weitere mögliche Elbübergänge lagen viele Kilometer entfernt. Neben ein paar bescheidenen Höfen entstanden auch eine erste Befestigungsanlage, eine Hammaburg (Ham kommt wohl von „Sumpf“ bzw. „Ufer“), die dem Ort seinen Namen verlieh. 810 eroberten die Heere Karl des Großen die Gebiete der Sachsen und wurden seinem Reich einverleibt, jedoch blieb die hier beschriebene Siedlung im Grenzgebiet. Im Norden Richtung Skandinavien und nach Osten in Richtung der dort lebenden Slawen war das Reich an sein Ende gekommen. So stammt die erste Erwähnung des Örtchens, aus dem Jahr 831, als Karls Sohn, Ludwig der Fromme, den Mönch Ansgar als Bischof einsetzte, um die angrenzenden Gebiete zu missionieren. Missionierung war damals nicht nur eine Bekehrung zum richtigen Glauben, sondern auch eine Erweiterung des Territoriums. Der neue Erzbischof ließ einen Dom bauen, musste aber miterleben, wie schon 845 dänische Wikinger Kirche und Ort überfielen und verwüsteten. So zog sich Ansgar erst mal in das sichere Bremen zurück. Jedoch wurde gegen 850 die Siedlung neu errichtet und hatte bald schon wieder rund 200 Einwohner, so dass fünf Jahre später ein neuer hölzerner Mariendom gebaut wurde. Jedoch waren auch die nächsten Jahrhunderte immer wieder geprägt von der unsicheren Grenzlage und Angriffen, dann zumeist von Slawen. Ein Wall wurde errichtet, sowie eine erste steinerne Bischofsburg. Das gegen 1045 fertiggestellte Bauwerk, gilt als erstes europäisches Steingebäude nördlich der Elbe.
Das Jahr 1111 hat für Hamburg eine wichtige Bedeutung, denn dem Grafen von Schaumburg wurden die Grafschaften Holstein und Stormarn verliehen und Hamburg wurde ihre Residenz. Neben zahlreichen Neugründungen der Schaumburger, wie beispielsweise der bald florierenden Handelsstadt Lübeck, begann der Handel in der Region zu florieren, was Hamburg natürlich zu Gute kam. Im Jahr 1188 wurde in der Schleife der Alster die Neustadt gegründet, für die man nur ein Jahr später bei Kaiser Friedrich Barbarossa einen Freibrief erwarb, der Hamburg freien Handel auf der Elbe zusicherte. Damit begann der Aufschwung der Stadt Fahrt aufzunehmen und das obwohl man nichts Schriftliches in die Hand bekam, denn bedauerlicherweise ertrank der Kaiser nur drei Tage später. Da die Hamburger aber erfinderisch sind, wenn es um die Sicherung eigener Privilegien geht, fälschten sie im 13. Jahrhundert den Freibrief, der danach tatsächlich anerkannt wurde. Noch heute wird am 7.Mai der Hafengeburtstag gefeiert, der auf die Verleihung dieses Briefs gründet, dessen Legitimität aber heute natürlich keiner mehr ernsthaft anzweifelt. Um die Jahrhundertwende 1200 besaß Hamburg bereits rund 1.500 Einwohner. Die wachsende Stadt benötigte zunehmend mehr Nahrungsmittel und so wurde 1190 ein erster Staudamm an der Alster errichtet, um Wasser für eine Mühle zu erhalten, 1235 folgte ein weiterer Damm. Noch heute prägen die damit entstehende Binnen- und Außenalster das Bild Hamburgs. 1216 vereinigten sich die Altstadt und die Neustadt. In diese Zeit fielen die Verleihung des Stadtrechts und die Ernennung eines eigenen Rats, sowie eigener Gerichtsbarkeit. Immer mehr eigene Macht und Unabhängigkeit festigten die Stellung der Stadt gegenüber den gräflichen Rechten. Im 13. Jahrhundert folgte eine starke Erweiterung der Stadt. Neben der Altstadt, um die Marktkirche St.Petri und der Neustadt die um St. Nikolai wuchs, wurde südlich davon das Katharinenkirchspiel gegründet und um 1250 die östlich gelegene St. Jakobi Kirchgemeinde. Die neuen Gebiete wurden mit Mauer, Gräben und Toren gesichert. 1300 hatte die Stadt bereits 5.000 Einwohner und seit 1290 hatte man ein gemeinsames Rathaus für Altstadt und Neustadt.

Hamburg wurde Mitglied der Hanse, einen Zusammenschluss von Städten, die den Handel in nordeuropäischen Gewässern koordinierte und kontrollierte und sogar militärisch aktiv eingriff, wenn es sein musste, beispielsweise gegen Seeräuber wie Klaus Störtebeker, der übrigens am 20. Oktober 1400 in Hamburg mit 73 weiteren Piraten enthauptet wurde. Der Handel ließ die Hansestädte florieren, Handelsnetze entstehen, Niederlassungen (Kontore) entstanden in fernen Orten wie London oder Novgorod. Neben einer ständig wachsenden Bevölkerung, um 1450 hatte Hamburg bereits zehn- bis fünfzehntausend Einwohner, zeigten die in die Höhe wachsenden Kirchtürme den Reichtum der Hansestädte an. Gebaut wurden sie in Ermangelung von Sandstein oder Muschelkalk aus eigens hergestellten Steinen aus Lehm und Kalk. Diese Backsteinbauten erreichten erstaunliche Höhen, wie man zum Beispiel an der ersten gotischen Backsteinkathedrale, der Lübecker Marienkirche, sehen kann, deren Dimensionen 1350, ebenso wie heute noch faszinieren. Auch die Hamburger Kirchen zeugen von diesem Reichtum und prägen noch heute mit ihren weit höher als 100m aufragenden Türmen das Bild der Stadt.
1460 starb das Grafengeschlecht der Schaumburger aus und Hamburg gehörte in dessen Folge zur dänischen Krone. Sogleich machte die selbstbewusste Stadt aber auf Ihre Unabhängigkeit aufmerksam und so blieb die dänische Herrschaft, die immerhin bis 1768 formal weiter bestand, für Hamburg und dessen Bürger erträglich. Konflikte entstanden eher innerhalb der Stadt, so wie bei der Einführung der protestantischen Lehre. Zwar stand zu Beginn der um sich greifenden Lehre Luthers, der Rat der Stadt auf Seiten des Domkapitels, konnte letztendlich den Protestantismus aber nicht aufhalten. Nach einer Disputation 1528 im Rathaus wechselte man offiziell zur neuen Glaubensform, was anders als in vielen anderen Städten Europas, aber ohne größere Probleme geschah. Daran hatte insbesondere der beauftragte Pfarrer Johannes Bugenhagen Anteil, der die reformatorische Umgestaltung organisierte. Zu Hamburgs höchster kirchlicher Person wurde der Superintendent (seit 1933 trägt er den Titel Landesbischof), die Köster wurden aufgelöst und in den Kirchspielen wurden Verwaltungen gewählt. Gleichzeitig setzte damit ein Differenzierungsprozess der bürgerlichen Stadtverwaltung ein, bei denen Deputationen für unterschiedliche Aufgaben gegründet wurden.
Das 16. Jahrhundert bedeutete den langsamen Niedergang von Hanse und norddeutschen Handelsstädten, nicht aber den von Hamburgs. Die Entdeckung der Neuen Welt und der beginnende Fernhandel waren günstig für die Stadt, da sie mit ihrer Anbindung an der Nordsee für die neu entstehenden Handelsströme sehr günstig lag. Auch hier zeigt sich wieder einmal deutlich, wie sich geografische Lokationen und ihre strategische Bedeutung über die Zeit hinweg verändern. Hamburg stieg zum bedeutendsten Hafen in den deutschen Landen auf. 1558 wurde die erste deutsche Börse hier errichtet. Hamburg öffnete sich auch für fremde Händler, die weiteren wirtschaftlichen Aufschwung in die Stadt brachten. Die Toleranz hatte jedoch klare Grenzen. Nur Lutheraner konnten Bürgerrechte erwerben. Reformierte oder Mennoniten mussten ins benachbarte Altona, um ihre Religion auszuüben. Neue jüdische Siedler durften das sogar nur privat tun. Der zunehmende Wohlstand der Stadt benötigte mehr Sicherheit, so wurden schon 1547 neue Wallanlagen gebaut, 1616 bekam der niederländische Spezialist Johann von Valckenborgh den Auftrag, eine unüberwindliche Befestigung zu bauen. Diese entstand unter anderem mit mit vier Toren, 22 Bastionen, tiefen Gräben und hohen Mauern bis 1625 und vergrößerte vorausschauend das Stadtgebiet beträchtlich. Der neue Platz für wurde für einen neuen Stadtteil genutzt, der um die neugebaute Michaeliskirche entstand. Der 1669 fertiggestellte Turmhelm dieser Kirche ragte stolze 129m über der Stadt (bis er 1750 vom Blitz getroffen wurde und abbrannte, aber noch höher wiedererrichtet wurde). St. Michaelis wurde jedoch eher zu einem Armenviertel Hamburgs, was auch daran lag, dass man hier keine Fleete (also natürliche Wasserläufe, die Warentransport per Schiff erlauben) benutzen konnte.

Den neuen sicheren Wallanlagen ist es zu verdanken, dass Hamburg den 30-jährigen Krieg fast unbeschadet überstand. Das Wachstum der Stadt stieg immer rasanter an und so sollen sich im 17.Jahrhundert 60.000 Einwohner in der Stadt niedergelassen haben, was in den daraufhin entstehenden Gängevierteln (also besonders eng bebauten Häuserzeilen zumeist im Fachwerkstil) zu schlimmen sozialen und hygienischen Zuständen führte. Währenddessen versuchte der dänische König etwas von den guten Geschäften der Hamburger ab zu bekommen. Er baute den etwas elbabwärts gelegenen Hafen Glücksstadt, dem jedoch nur wenig Glück beschieden war. 1630 kam es zu einem Seekrieg auf der Elbe, den die Hamburger Flotte gegen die neue Stadt für sich entschied. Mehr Erfolg war der holsteinischen Siedlung Altona beschieden, die 1664 zur Stadt erhoben wurde. Nicht nur die größere Toleranz im etwas westlich gelegenen Städtchen ließ dieses erblühen. Der dortige Hafen entwickelte sich schwungvoll, schnell stieg Altona zur zweitgrößten Stadt Dänemarks auf. 1678 erkannte Dänemark dann jedoch schließlich Hamburg als freie Reichstadt an, dessen Recht sie bereits 1615 verliehen bekommen hatte. Hamburg handelte in jener Zeit schon mit fast allen europäischen Häfen, besonders aber mit Holland, Skandinavien und Frankreich. Da das Mittelmeer durch die Piraten der Barbareskenstaaten (Nordafrika) ein gefährliches Gebiet war, entschlossen sich die Hamburger Händler, bewaffnete Begleitschiffe mit den Handelsschiffen auszusenden. Die großen Routen des Fernhandels waren für die Stadt aber nicht erreichbar, da die Kolonialmächte Spanien und England nur eigene Schiffe dahin erlaubten. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lockerten sich die Regeln und Schiffe aus Hamburg segelten dann auch bis nach Amerika.
Das 17. Jahrhundert ist aber nicht nur vom wirtschaftlichen Erfolg der Händler geprägt, auch kulturell erlebte die Stadt einen Aufschwung, der ihren Ruf weit über Norddeutschland hinaus prägte. 1648 wurde hier die erste deutsche Oper gegründet, an der später Georg Philipp Telemann wirkte. Lessing arbeitete am 1767 gegründeten Schauspielhaus. Seine Zeit war jedoch nicht von großen Erfolgen geprägt, allerdings geht daraus der „Anti-Goeze“ hervor, der später Lessings berühmtestes Werk „Nathan der Weiße“ inspirierte und zeigte das religiöse Toleranz im damaligen Hamburg nicht wirklich vorhanden war. Doch sein Werk hatte Konsequenzen. 1785 wurden die Regeln der Religionsausübungen in Hamburg reformiert, Reformierte und Katholiken – nicht aber Juden – durften nun ihren Glauben in der Stadt ausüben. Andere Auswirkungen gab es nur wenige Jahre später für den schon lange nicht mehr benötigten Dom in der Stadt. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 gehörte das bis dato exterritoriale Gebiet nun zur Stadt und diese beschloss das Gotteshaus 1804 abzureißen. Zweifellos ein großer Verlust.

Jedoch gab es auch Beispiele für ein einsetzendes offeneres Klima in der Stadt, wie der „Patriotischen Gesellschaft“, die 1765 gegründet wurde und ein Zentrum der Hamburger Aufklärung wurde und 1789 die Französische Revolution enthusiastisch feierte. Die Begeisterung für Frankreich nahm aber stetig ab und schlug ins Gegenteil um, als durch die von Napoleon I. verhängte Kontinentalsperre der Handel der Stadt fast zum erliegen kam. Als 1812 die Franzosen Hamburg besetzten, führten sie zwar den Code Civil ein und setzten den Rat ab, aber die Lebensmittelversorgung wurde immer prekärer, auch weil tausende Soldaten versorgt werden mussten. Die Kosaken eroberten 1813 die Stadt, ihr Erfolg war aber nur von kurzer Dauer und sie mussten Hamburg schnell wieder an die Franzosen aufgeben. Diese trieben den Unmut der Bevölkerung auf die Spitze, als sie um die Weihnachtstage 1813 20.000 hungernde Hamburger aus der Stadt auswiesen, weil diese nichts zu essen hatten. Erstaunlicherweise wurde Hamburg von den Franzosen auch noch nach dem Einmarsch alliierter Truppen in Paris, vom französischen Gouverneur Davout besetzt, der die Stadt erst über einen Monat später im Mai 1814 freigab. Der Wiener Kongress nahm alle bürgerlichen Reformen zurück. Hamburg wurde aber als eine von vier freien Reichsstädten im neugegründeten Deutschen Bund bestätigt. Seit 1819 gab man sich den Titel „Freie und Hansestadt Hamburg“ und die Geschäfte wurden in den Jahren der Restauration wieder bestens betrieben. Einen großen Einschnitt stellt aber das Jahr 1842 dar, als am 6. Mai ein Feuer ausbrach, dass sich zu einer Katastrophe ausweitete und bis zum 8. Mai ein Drittel der Hamburger Altstadt zerstörte. 51 Menschen starben, über 20.000 wurden obdachlos, 1.750 Häuser wurden vernichtet, die Nikolai- und die Petrikirche zerstört, ebenso das Rathaus. Die Katastrophe sorgte für weltweites Aufsehen und von überall her bekamen die Hamburger Hilfe. Sie nutzten die Chance und bauten ihre Stadt neu auf, diesmal im Stil einer entstehenden Großstadt, die Hamburg rechnerisch schon seit 1787 war (was nichts anderes heißt als das die Grenze von 100.000 Einwohnern überschritten wurde). Breite Straßen wurden angelegt, die Alsterarkaden brachten venezianisches Flair, der Neubau der St. Nikolaikirche unter dem Briten Georg Gilbert Scott bekam den damals höchsten Kirchturm der Welt. Der Rathausbau zog sich allerdings in die Länge. Er wurde erst 1897 fertiggestellt. Unter Leitung von Architekt Martin Haller entstand fast schon ein Neorenaissance-Palast, der deutlich den Stolz der Hamburger Bürger herausstellte. Diese wurden seit 1860 mehr in die Politik durch eine neue Verfassung einbezogen, wenngleich immer noch nicht alle Bürger wählen durften. Auch in das Jahr 1860 fiel die Aufhebung der Torsperre. Zwar waren die Befestigungsanlagen schon jahrzehntelang abgerissen und gaben Platz für neue Promenaden und Parks, aber an den Toren mussten weiterhin Abgaben bezahlt werden, um in die Stadt zu kommen. Durch deren Aufheben entwickelten sich schnell neue Vorstädte, wie beispielswiese St.Pauli, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts eingemeindet wurden. Erste Eisenbahnlinien erreichten die Stadt 1842, jedoch dauert es bis 1872 für eine erste Elbbrücke. So konnten damit Züge von Harburg nach Hamburg fahren und die Stadt wurde mit dem Süden des neuen Deutschen Reiches verbunden.

Seit 1871 war man Teil dieses Reiches, was jedoch auch zolltechnische Konsequenzen hatte, die zwischen Reich und Stadt zu langen Verhandlungen führten, denn Hamburg wollte seine Rolle als freier Hafen nicht verlieren. Hamburgs Hafen sollte vor Zöllen geschützt werden. Händler brachten damals fast von jedem Ort der Welt Waren in die Elbestadt. Seit 1841 bestand sogar eine Dampfschifffahrtslinie für Passagiere nach England, seit 1850 nach New York. Zahlreiche Auswanderer nutzten den Hamburger Hafen, um ihr Glück in der neuen Welt zu suchen. Insgesamt 3,6 Millionen von Ihnen starteten ihr neues Leben hier (zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekamen die Auswanderer sogar ein eigenes Viertel, die Ballin-Stadt, um dort ihre Ausreise zu beginnen). Die Verhandlungen mit dem Reich führten 1888 zu einem Kompromiss und der Beibehaltung eines Freihafens. Südlich der Innenstadt wurden Wohn- und Geschäftsviertel weggerissen und dafür die Speicherstadt errichtet. Für diesen riesigen Lagerkomplex mussten 24.000 Menschen umgesiedelt werden, wie fast immer traf es dabei die arme Bevölkerung am härtesten, welche in neue, entfernte Vorstädte ziehen musste. Auch die neu entstehenden Industriebetriebe erhöhten die Zahl der Arbeiterschaft, die teilweise unter erbärmlichen Bedingungen in den Gängevierteln lebte. 1892 brach dort eine Choleraepidemie aus, an der ca. 8.000 Menschen starben. Der eintreffende Biologe Robert Koch sprach davon, nicht glauben zu können in Europa zu sein, als er die hiesigen Zustände sah. Nachfolgend wurden die Gängeviertel in der Innenstadt abgerissen und darauf später das Kontorviertel erbaut. 1914 wurde die Mönckebergstraße als neue Verkehrsachse zwischen Hauptbahnhof und Rathaus fertig gestellt, noch heute ist sie die Einkaufsmeile in der Hansestadt. Eben jener gerade erwähnte Hauptbahnhof wurde bereits 1906 in Betrieb genommen, dessen Architektur von Heinrich Reinhardt und Georg Süßenguth große Aufmerksamkeit erregte. Ein weiteres technisches Wunderwerk sollte 1911 folgen, als der (heute mittlerweile alte) Elbtunnel eröffnet wurde.

Wie fast überall in Mitteleuropa brachte der 1.Weltkrieg Leid, Tod und Hunger für die Einwohner. Die Geschäfte im Hafen brachen zusammen, junge Männer zogen in den Krieg und kamen nicht wieder. Am 6. November 1918 übernahm ein Arbeiter- und Soldatenrat die Stadt, die Novemberrevolution fegte über Deutschland und vertrieb das Kaiserreich. In der Weimarer Republik erholte sich die Hamburger Wirtschaft langsam. Das politische System wurde aber zunehmend von radikalen Kräften bedroht. Zu ihnen gehörte übrigens auch der Hafenarbeiter Ernst Thälmann, der Anführer der KPD wurde und später in der DDR unbegründeter weise große Verehrung genoss. Im Bereich der Kultur jedoch herrschte ein frischer Wind, schon 1919 wurden die Volkshochschule und die Universität gegründet. Der Hamburger SV sicherte sich mehrere deutsche Fußballmeisterschaften und im Nachtleben wurden die Feste im Curio-Haus legendär. Doch die Weltwirtschaftskrise 1929 radikalisierte die Stimmung zusätzlich, am 17.Juli 1932 kommt es zum Altonaer (das damals allerdings noch nicht zu Hamburg gehörte) Blutsonntag, bei dem es 18 Tote zu beklagen gab und das starke Auswirkungen auf die innere Struktur des Landes Preußen (zudem Altona gehörte) hatte. Wie überall, übernahm 1933 die NSDAP die Macht in Deutschland. Die Umgestaltung in einen totalitären Staat ging schnell, im Oktober 1933 wurde das Länderparlament Hamburgs aufgelöst. Bis August 1934 wurden schon 4661 politische Gegner der NSDAP in Hamburg verhaftet. Rüstungsindustrien, besonders der U-Bootbau wurden angesiedelt. 1937 wurde das lange geplante Groß-Hamburg Gesetz beschlossen. Die Nachbarstädte Altona, Wandsbek und Harburg-Willhelmsburg gliederten sich der Stadt an. Das bedeutete eine Verdopplung der Fläche und 40% mehr Einwohner. 1.700.000 Bewohner hatte die Stadt damit. Erstaunlicherweise ist dies ungefähr auch heute noch so. Allerdings sollten Hamburgs schrecklichsten Tage noch kommen. Seit 1940 gab es Luftangriffe auf die Stadt, doch vom 25. Juli bis zum 3. August 1943 setzte die Operation „Gomorrha“ ein, ein flächendeckender Luftangriff der Westalleierten der einen Feuersturm in der Stadt auslöste, rund 35.000 Menschen tötete und große Teile Hamburgs zerstörte. 51,8% der Wohnungen sollten zu Kriegsende zerstört sein, schlimmer war die Lage nur noch in Köln und Dortmund.

Der Wiederaufbau erfolgte dann unter britischer Besatzung. Hamburg entwickelte sich schnell zum Medienstandort der Bundesrepublik, 1946 wurde der Axel-Springer-Verlag hier gegründet, als auch „Die Zeit“, seit 1952 erscheint der „Spiegel“ hier. 1949 wurde dann Hamburg ein eigenes Bundesland, Bemühungen von Altona oder Harburg sich von der Stadt zu lösen wurden mit der Zeit immer weniger vernehmbar und sind heute verstummt. Schließlich setzte das westdeutsche Wirtschaftswunder ein, die Industrie und der Konsum expandierten, aber auch die Kultur lebte wieder auf. So wurde Gustav Gründgens Intendant des Schauspielhauses, oder die Beatles feierten im hiesigen Starclub erste Erfolge. Eine weitere Tragöde folgte jedoch auch in jenen Tagen. Die Sturmflut 1962, bei der 315 Menschen ihr Leben verloren. Während sich der damalige Flutkoordinator Helmuth Schmidt zum späteren Bundeskanzler weiter vorarbeitete, entwickelte sich die Stadt ebenso weiter. Große Infrastrukturprojekte wurden angeschoben, wie die Köhlbrandbrücke 1974 oder der neue Elbtunnel 1975. Und auch heute noch halten große Bauprojekte die Stadt und ihre Bürger in Atem, wie bei der momentan entstehenden Hafencity mit ihrer städtebaulichen Krone, der Elbphilharmonie.

Geschichte Frankfurt am Mains

Nur wenige Städte in Deutschland können auf eine so bedeutungsvolle Geschichte wie die Stadt Frankfurt verweisen. Schon im Neolithikum war die Gegend zwischen Taunus und Main besiedelt. Die Römer gründeten auf dem Territorium des heutigen Stadtteils Heddernheim die Stadt Nida. In deren Umgebung, auf einer erhöhten Insellage im Main, errichteten sie ebenso im ersten Jahrhundert ein Kastell, genau dort wo heute die Altstadt Frankfurts zu finden ist. Die Besiedlung entwickelte sich von hier aus, heute noch steht auf dem Römerberg das Rathaus der Stadt.


Das Jahr 794 gilt als Gründungsjahr der Stadt (obwohl der Ort wohl seit der Römerzeit wegen seiner strategisch wichtigen Bedeutung duchgehend besiedelt war) als Karl der Große im „Furt der Franken“ (lat. „Franconovurd“)  eine Reichssynode einberief. Sein Sohn Ludwig der Fromme wählte die Stadt zu seinem Wohnsitz, ließ die Pfalz ausbauen, Mauern errichten und Gräben anlegen, so das auch die neueren, in unmittelbarer Nachbarschaft entstandenen Häuser vor ungebetenen Gästen geschützt wurden.
Mit der Teilung des Frankenreiches durch den Vertrag von Verdun 843 wurde die Stadt zu einem Hauptort des neuen ostfränkischen Reiches (wenn man so will einem, sehr, sehr frühen Vorläufer Deutschlands). Fortan wurden Reichstage in Frankfurt abgehalten, Kirchenversammlungen fanden hier statt und geistliche Stifte wurden gegründet. 1147 wurde in der Pfalzkapelle, Kaiser Konrad III. zur Teilnahme am zweiten Kreuzzug aufgerufen und dieser ließ daraufhin, noch vor seinem Aufbruch seinen 10-jährigen Sohn auf dem Hoftag zum Nachfolger wählen. Da dieser aber tragischer weise noch vor seinem Vater verstarb, wurde 5 Jahre danach wieder ein Kaiser (Friedrich I., genannt Barbarossa) gewählt und dies wiederum am gleichen Ort, wodurch es sich zu einem Brauch verfestigte, die Kaiserwahl in Frankfurt durchzuführen. Die wirtschaftlich erstarkende Stadt wurde in der Stauferzeit (1180) erweitert. Noch heute kann man die Reste dieser Erweiterung an der Staufermauer ablesen. 1221 wurde erstmals eine Brücke über den Main urkundlich erwähnt, es ist jedoch anzunehmen, dass sie schon zahlreiche Jahre vorher errichtet wurde. Sie verband die Kernstadt mit Sachsenhausen auf der anderen Seite des Mains, dass kein eigenständiger Ort war, sondern zu Frankfurt gehörte. Über die Herkunft des Namens Sachsenhausen gibt es keine konkreten Fakten. Die Legende besagt, dass Karl der Große schon zur Gründung der Stadt, am südlichen Ufer geschlagene Sachsen ansiedelte, das gilt jedoch als nicht bewiesen und wenig wahrscheinlich. Vielmehr wird sich der Name wohl von Sassenhusen herleiten, also dem Ort wo die „Beisassen hausten“. 1240 erlangte die Frankfurt das Messeprivileg vom König, was bedeutet, dass alle Besucher der Messe unter königlichen Schutz standen und die Bedeutung der Stadt besonders als Handelsplatz noch weiter erhöhte. 1245 (andere Quellen sprechen von 1372) wurde Frankfurt eine unmittelbare Reichsstadt, sie unterstand nun nur dem Kaiser und bekam damit größere Freiheiten und Privilegien, so durften 10 Stunden von der Stadt weg keine weiteren Zölle erhoben werden und Frankfurt erhielt das Recht eigene Bündnisse zu schließen. Reichstädte, wie Frankfurt, hatten eine eigene Gerichtsbarkeit, waren autonom und mussten ihre Steuern direkt an den Kaiser abführen. Schon um 1333 musste eine neue Mauer, die weiter wachsende Stadt neu umfassen, sie soll 60 Türme gehabt haben (davon erhalten ist einzig der Eschenheimer Turm). Zum weiteren Schutz wurden weit außerhalb der Stadt Landwehre erbaut, eine Anlage aus Dornensträuchern, mit Turmbauten an den Hauptstraßen. Noch heute zu sehen ist davon beispielsweise die Bockenheimer Warte. Mit diesem Schutzsystem wollte man sich auch Einfluss sichern vor streitlustigen Fürsten angrenzender Gebiete. Die Goldene Bulle von 1356 legte Frankfurt dann offiziell als ständige Wahlstadt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation fest. Frankfurt erwuchs zu großer Blüte, wurde weiterhin ein wichtiger Ort des Tuchhandels und hatte mit fast 10.000 Einwohnern eine Größe erreicht, die sie erst im 16. Jahrhundert wieder erreichen sollte. Mit dem wachsenden Erfolg kam selbstverständlich auch der Neid der umliegenden Gebiete auf, welche sich immer wieder Fehden mit der Stadt lieferten. So musste man 1389 beispielsweise eine heftige Niederlage gegen die Kronberger Ritter hinnehmen. Daraus lernten die Bürger und versuchten Gegner mit Geld und Verpflichtungen in Abhängigkeiten zu bringen, um mittelalterlichen Kriegen aus dem Weg zu gehen. Diese Strategie war bis zur Ausrufung des ewigen Landfriedens durch Kaiser Maximilian I., welche dann das Fehdewesen verbot, recht erfolgreich.
Obwohl im rund 40km entfernten Mainz, Gutenberg den Buchdruck erfand, war diese neue Form des Mediums auch für Frankfurt schnell sehr wichtig geworden, schon im 15. Jahrhundert wurde hier eine bedeutende Buchmesse abgehalten. Ebenso fand die Reformation in der Stadt ihren Niederschlag. Durch den schon europaweit bedeutenden Handel in Frankfurt kam aus auch zu Problemen. Unterschiedliche Währungen waren im Umlauf, zahlreiche Betrügereien verbanden sich damit, so dass man sich 1585 erstmals auf feste Wechselkurse zwischen den Währungen einigen konnte, damit die Messegeschäfte problemlos über die Bühne gehen konnten. Dies war die Geburtsstunde der Frankfurter Börse. Im 30-jährigen Krieg bewahrte Frankfurt seine Neutralität, was der Stadt nur wenige Kriegsverluste brachte, allerdings wurde sie auch von einer schweren Pestepidemie heimgesucht, wie weite Teile Europas. Als der Krieg mit dem Westfälischen Frieden beendet wurde konnte Frankfurt sich als freie Reichsstadt behaupten und schnell wieder zu altem Wohlstand zurückkehren. Eine lange Friedensperiode stellte sich ein und kulturelle Ereignisse von Bedeutung trugen sich in Frankfurt zu. Nicht nur wurde hier 1749 Goethe geboren (was an und für sich noch kein kulturelles Ereignis war und Goethes größte Schaffensjahre auch eher in Weimar beheimatet sind), Georg Philip Telemann war mehrere Jahre (1712-21) Musikdirektor an der Katharinenkirche, Mozart spielte hier und 1784 wurde Schillers „Kabale und Liebe“ in Frankfurt uraufgeführt. Kulturelle Großereignisse stellten auch immer noch die Kaiserkrönungen dar, die mit einigem Pomp inszeniert wurden.
Die Jahre nach der Französischen Revolution wurden aber wieder sehr wechselhaft. 1792 besetzten die Franzosen die Stadt wurden aber am Ende des Jahres von Preußen und Hessen vertrieben. 1796 beschossen die Franzosen erneut die Stadt und richteten schwere Schäden insbesondere in der Judengasse an, dem mittlerweile 300 Jahre altem Ghetto. Dies entstand in der Mitte des 15. Jahrhunderts, als die Stadtväter die seit der Gründung der Stadt ansässigen Juden in ein Straßenviertel am östlichen Stadtrand drängten. Mit der Zerstörung war dann aber das Ende der Ghettoisierung gekommen. Frankfurt musste aber Hohe Tributzahlungen leisten (zum zweiten Mal nach 1792), was aber den Vorteil hatte, dass die Stadt freie Reichstadt bleiben durfte und alle auf seinem Gebiet liegenden geistlichen Besitzungen erhielt. Doch auch dies hielt nur einige Jahre, bis 1806, als Frankfurt erneut besetzt wurde. Wiederum erzwangen die Franzosen hohe Tributzahlungen und die Stadt musste sich dem Rheinbund anschließen. Damit verbanden sich aber auch (zahlreiche positive) Veränderungen für die Bürgerrechte, die jetzt jeder Bürger erhielt (und damit auch die Juden). Ebenso gab es massive städtebauliche Veränderungen in jener Zeit. So wurden die Befestigungsmauern abgetragen und in Parkanlagen umgewandelt. Ein neues Stadtviertel im Osten der Stadt entstand, das Fischerfeld, dass hauptsächlich klassizistisch bebaut wurde und der Stadt damals den Ruf einbrachte, eine der schönste Städte Deutschlands zu sein. Leider ist von dieser klassizistischen Bebauung nur noch das Literaturhaus übrig geblieben.
Frankfurt ging 1810 im Großherzogtum Frankfurt auf und war für kurze Zeit deren Hauptstadt, denn nach der Völkerschlacht 1813 löste sich das Großherzogtum (das nur eine Idee der französischen Besatzer war) wieder auf und Frankfurt sollte seine alten Rechte wiederbekommen. Der Wiener Kongress legte Frankfurt nicht nur wieder als freie Stadt fest (mit Ihr gab es in Deutschland nur noch: Hamburg, Bremen und Lübeck), sondern ließ auch den Bundestag hier residieren, im (heute leider nur nachgebauten) Thurn und Taxis Palais. Damals war der Bundestag eine Vertretung der Machthaber der einzelnen deutschen Staaten (nicht wie heute das demokratisch gewählte Parlament des deutschen Volkes) und so kann man sagen Frankfurt wurde so etwas wie die heimliche Hauptstadt Deutschlands, denn einen einheitlichen Staat gab es immer noch nicht. Im Gegenteil um die Freie Stadt Frankfurt befanden sich vier Staaten: das Großfürstentum Hessen, das Kurfürstentum Hessen, das Herzogtum Nassau und die Landgrafschaft Hessen-Homburg die aus nicht viel mehr als der Stadt Bad Homburg vor der Höhe bestand. Das behinderte auch den Eisenbahnbau erheblich, trotzdem erhielt Frankfurt schon 1839 Eisenbahnanschluss, als die Taunusbahn eröffnet wurde, die auf 41km nach Wiesbaden führt (die erste Zugfahrt endete in Höchst, das damals zum Herzogtum Nassau gehörte.
Politisch sollte die Stadt aber ab 1848 ins Rampenlicht treten, als die Märzrevolution über die Gebiete des Deutschen Bundes ausbrach. Unwillig die Politik der Restauration nach dem Wiener Kongress mitzutragen erfasste eine bürgerlich-demokratische und auf die deutsche Einheit abzielende Bewegung das Land. In Frankfurt konstituierte sich am 18. Mai 1848 die Nationalversammlung, das erste frei gewählte Parlament für ganz Deutschland bzw. die Nachfolgerstaaten des 1806 untergegangenen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Schauplatz dafür war die Paulskirche, wenn man so will, der Geburtsort der deutschen Demokratie. In ihr wurde kontrovers über eine Verfassung gestritten und schließlich 1849 ein Entwurf dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. vorgelegt, der ihm zum Kaiser Deutschlands machen sollte, was dieser jedoch ablehnte. Schon etwas mehr als ein Jahr nach der ersten Sitzung war dieses politische Experiment jedoch wieder Geschichte. Der Deutsche Krieg 1866 (vereinfacht: Preußen gegen Österreich) beendete die Frankfurter Unabhängigkeit, denn die siegreichen Preußen verleibten die Stadt in ihr Territorium ein. Frankfurt wurde vom Status her zur Provinzstadt degradiert. In der preußischen Provinz Hessen-Nassau wurde man weder Hauptstadt noch nicht mal stand man einem Regierungsbezirk vor (wie auch heute übrigens noch).
Doch der Eintritt in das Gebiet Preußens hatte auch Vorteile. Frankfurt war, wie so viele Städte jener Tage der Urbanisierung, eine rasant wachsende Stadt. 1875 wurde man Großstadt (also hatte die Stadt 100.000 Einwohner, damit war man die 9. Stadt in Deutschland) und es ergab sich die Möglichkeit anliegende Dörfer und Städte nun einzugemeinden. Schon nach dem Fall der  Wallanlagen dehnten sich Vorstädte aus. Das Westend wurde seit 1850 planvoll erschlossen. Der Palmengarten, einer der Attraktionen auch der heutigen Stadt wurde hier unter Leitung des Bockenheimer Gärtners Franz Heinrich Siesmayer angelegt. Er entstand aus dem Erbe des Herzogs Adolph von Nassau, der als politischer Verlierer des Krieges 1866 seine Pflanzensammlung in Wiesbaden aufgeben musste. Die Stadt wuchs in jener Zeit konzentrisch um den alten Stadtkern herum. 1877 wurde das Dorf Bornheim eingemeindet, was die erste von zahlreichen Eingemeindungen werden sollte, dadurch entwickelte sich auch das Nordend auf dessen Boden schon seit 1828 der Hauptfriedhof angelegt wurde. Technologisch ist zu bemerken, dass das erste Telefon der Welt von Philipp Reis in der Stadt präsentiert wurde (1861). Drei „preußische“ Bürgermeister prägten bis 1914 das Schicksal der Stadt. Daniel Heinrich Mumm (aus der Sektdynastie) ließ Mainbrücken bauen, die städtische Kanalisation anlegen und zahlreiche Straßendurchbrüche anlegen, wie die Kaiserstraße oder die Zeil. Er ließ ebenso die Oper bauen, die sich aber finanziell zu einem Desaster entwickelte. Ähnlich der Elbphilharmonie in Hamburg sollten Sponsoren den Bau bezahlen, hinterließen aber letztendlich der Stadt 4,5 Millionen Reichsmark Schulden. Als das Bauwerk 1880 fertiggestellt wurde, kam schon Mumms Nachfolger Johannes von Miquel an die Macht, der eine Sparpolitik einführen musste. Trotzdem gelangen ihm in seinen zehn Jahren als Bürgermeister zahlreiche Errungenschaften. So entsteht die erste Kläranlage Deutschlands und die Stadt bekommt Anschluss an die Rheinschifffahrt und einen neuen Hauptbahnhof, dessen Bauherr aber der preußische Staat ist. Franz Adicke, der ab 1890 Bürgermeister für 22 Jahre wurde schaffte dann die Grundlagen zur Entwicklung einer modernen Großstadt. Unter ihm wurde eine allgemeine Bauordnung eingeführt, er ließ gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften gründen und öffentliche Verkehrsmittel ausbauen (schon 1884 hatte Frankfurt die erste kommerziell betriebene Straßenbahn Deutschlands, seit 1898 beteiligte sich die Stadt Frankfurt an den Straßenbahnen), nahm weitere Eingemeindungen vor (z.B. 1895 Bockenheim) und gründete mit Hilfe von Stiftern und des Unternehmers Wilhelm Merton 1912 die Universität Frankfurt, die zwei Jahre später eröffnet wurde, als jedoch schon der 1.Weltkrieg über Europa wütete. Frankfurt hatte bis zu diesem Zeitpunkt schon weit über 400.000 Einwohner (1910 lag man an 8.Stelle in Deutschland hinter: Berlin, Hamburg, München, Leipzig, Dresden, Köln und Breslau).
Die 1920er Jahre brachten der Stadt eine neue Blütezeit, die hauptsächlich mit dem Namen des Bürgermeisters Ludwig Landmann verbunden ist. Große Stadtplanungsprogramme wurden umgesetzt, die unter dem Titel das „neue Frankfurt“ bekannt wurden. Den Bürgern der Stadt sollten mit Mitteln des „neuen Bauens“ moderne Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Unter dem Stadtbaudirekter Ernst May, der zahlreiche avantgardistische Architekten um sich scharte, wurden in nur 5 Jahren 20 Siedlungen mit ca. 12.000 Wohneinheiten errichtet. Erstmals wuchs die Stadt nicht mehr konzentrisch vom Kern nach außen, sondern von außen nach innen, als neue Siedlungen an eingemeindete Ortschaften angegliedert wurden. In Frankfurt entstanden zahlreiche Gebäude der Moderne, was die Stadt auch heute noch zu einem bedeutenden Ort  für die Baukunst der 1920er Jahre macht. Noch heute beeindrucken  Bauwerke wie die Großmarkthalle (jetzt im Verbund mit der neuen EZB) oder das I.G. Farbenhaus, die vom Glanz des damaligen Bauens zeugen. Landmann sorgte aber auch dafür, dass Frankfurts Bedeutung als Verkehrsdrehkreuz weiter wuchs. Er schaltete sich bei den Planungen für die Autolinien ein, so dass sich die heutigen Autobahnen A3 und A5 in Frankfurt kreuzten, er baute die Messe aus und eröffnete 1926 den Rebstockflughafen, den Vorläufer des heutigen Rhein Main Airports, der dann aber unter den Nationalsozialisten auf der anderen Mainseite angelegt wurde.
Mit dem Machterhalt für die Nationalsozialisten und der im März durchgeführten Kommunalwahl wurde der jüdische-stämmige Landmann aus dem Amt entfernt. Die Umgestaltung und das Einsetzen des Terrors kamen sehr schnell. Frankfurt, wegen eines verhältnismäßig hohen Anteils an jüdischer Bevölkerung, verächtlich auch Jerusalem am Main genannt verbot schon im März städtische Bedienstete mit jüdischen Glauben, die allesamt aus den Ämtern entlassen wurden. Von den 29.000 Juden, die in den 1920er Jahren die Stadt wohnten (unter anderem wurde 1929 hier Anne Frank geboren), lebten nach dem Ende des 2.Weltkriegs noch 140 in Frankfurt. Doch der Schrecken des Krieges traf auch die Zivilbevölkerung. Noch vor dem Krieg wurde ein bestehendes Bunkersystem in der Altstadt ausgebaut, das zahlreiche Straßenzüge miteinander verband und einigen Menschen in den Nächten der Bombardierung das Leben rettete. Trotzdem starben rund 4.800 Zivilisten bei den Bombardements. 90% der Innenstadt wurden zerstört, vom dem am meisten erhaltenen gotischen Stadtkern in Europa blieb nichts mehr übrig.
Nach dem Krieg wurde Frankfurt Sitz der Trizone, also der vereinigten drei westlichen Besatzungszonen. So machte man sich auch einige Hoffnungen, Bundeshauptstadt zu werden (Landeshauptstadt von Hessen wollte man nicht sein, die Stadtväter sahen damals keinen historischen Bezug dazu) und baute auch dafür geschwind die Paulskirche wieder auf und auch gleich einen Plenarsaal. Doch bei der Abstimmung setzte sich Bonn durch. Frankfurt wurde zwar nicht Hauptstadt, übernahm aber gleich mehrere andere Rollen in der neuen Bundesrepublik. Durch seine zentrale Lage in der BRD wurde es zum Verkehrsknotenpunkt, sei es per Bahn, per Zug oder per Flugzeug. Frankfurt mauserte sich zur international höchst bedeutenden Messestadt (auch durch den Wegfall von Leipzig). Die Bundesbank beheimatete sich hier und mit ihr zog sie alle wichtigen deutschen Finanzinstitute an, die Börse wuchs zum zweitwichtigsten Handelsplatz Europas an. 1998 beschloss man dann die Europäische Zentralbank in die mittlerweile sprießende Finanzmetropole zu platzieren, womit Frankfurt heute der wichtigste Finanzplatz auf dem europäischen Festland ist.  Politisch steht die Stadt in den 1960er Jahren im Mittelpunkt der Beachtung, als die Auschwitzprozesse hier stattfanden.

Die nach dem Krieg arg zerstörte Stadt wurde zwar unter Beibehaltung historischer Straßenzüge wiederaufgebaut, aber im Stil der damals zeitgenössischen Moderne. Breitere Schneisen wie die Berliner Straße entstanden. Sie sollte eine Ost-West Achse durch die Innenstadt führen. Neubauten, meist nicht höher als fünf Stockwerke entstanden, das Mainufer wurde fast durchgängig nur mit Wohnhäusern bebaut. Zahlreiche Meisterwerke der modernen Architektur der 1950er sind noch heute zu sehen, wie das Junior-Haus, das Bienenkorbhaus oder das Bayer-Haus. Ein Wiederaufbau der gotischen Innenstadt wurde aber nur partiell am Römerberg vorgenommen und das auch erst in den 1980er Jahren (hier lohnt ein Vergleich mit dem Dresdner Neumarkt, der historisierend auch erst ab den 1990er Jahren aufgebaut wurde). Die Ausfallstraßen bekamen eher Torcharakter mit hoher Bebauung an ihren markanten Punkten. Die Hochhäuser kamen nach und nach dazu. Erste hohe Häuser sind schon am Ende der 1920er Jahre in Frankfurt gebaut wurden. Nachdem Krieg war es vor allem das Zürich-Hochhaus, 1957 eingeweiht das mit 68m Höhe neue Maßstäbe setzte (heute, und das ist für Frankfurt typisch wurde das Hochhaus durch ein noch viel höheres Hochhaus ersetzt, den 170m hohen OpernTurm). In den 1960 und 1970er Jahren folgten weitere Hochhäuser, mit dem WestEnd Gate ging der Titel höchstes Haus Deutschlands erstmals nach Frankfurt. Die Hochhäuser dominieren heute die Stadt, 31 sind höher als 100m. Sie konzentrieren sich vor allem um die Taunusanlage und am Messegelände. Heute sind die Wolkenkratzer das Markenzeichen der Stadt.

2014 ist die Stadt einzigartig in Deutschland. Nirgends gibt es so viele Bänker (rund 80.000) wie hier, die Reichtum  anhäufen und auch gern zur Schau stellen. Nirgendwo ist die multikulturelle Gesellschaft statistisch erfassbarer als hier, 2004 lebten rund 200.000 Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadt, wobei die Unterschiede von Stadtteil zu Stadtteil fast schon dramatisch wechseln (spazieren sie einfach mal vom Westend über Bockenheim nach Rödelheim). Nirgendwo wird so hoch gebaut, so schnell weggerissen und etwas Neues gebaut, keine andere deutsche Stadt verfügt auch nur ansatzweise über so eine Skyline wie Frankfurt (die zehn höchsten Wolkenkratzer der Republik stehen alle in Mainhattan). Nirgendwo ist die Kriminalität höher als in hier, wobei zwei Sachen deutlich zu vermerken sind; erstens zählt der Flughafen mit ins Stadtgebiet und jedes Zollvergehen zählt als Delikt, was die Statistik für Frankfurt ebenso negativ beeinflusst, wie die 300.000 Pendler die jeden Tag in die Stadt strömen und aus einer eigentlich beschaulichen mittlerweile über 700.000 Einwohnerstadt eine Metropole machen und sicherlich eine der interessantesten Städte Europas.