Geschichte Tarragonas
Die Geschichte Tarragonas ist außergewöhnlich und reicht weit in die Vergangenheit zurück. Iberische Stämme siedelten wohl schon 500 v.u.Z. auf dem Gebiet des heutigen Tarragonas, auch wenn sie bevorzugt im etwas weiter südlich gelegenen Ebrodelta beheimatet waren. Sie trieben Handel mit Griechen und Phöniziern. Erstmals historisch bedeutend wurde der Ort, während der punischen Kriege zwischen Karthago und Rom. Nach römischer Geschichtsschreibung waren die Einwohner eher den Römern zugetan und unterstützten sie. Die Römer nannten den Ort Tarraco und machten ihn zu einem Teil ihres damals noch schmalen Besitzes auf der iberischen Halbinsel. Als 197 v.u.Z. zwei römische Provinzen auf der iberischen Halbinsel geschaffen wurden (hispania citerior und hispania ulterior) saß der Statthalter der neuen Provinz hispania citerior (also des „diesseitigen oder näheren Spaniens“) in Tarraco. Zusammen mit Carthago Nova (Cartagena), Saguntum (Sagunto) und Ilrida (Lleida) wurde es zu einem der bedeutendsten Orte des östlichen Iberiens. So kam beispielsweise Kaiser Augustus im Jahr 27 v.u.Z. in die Stadt, um von hier die Feldzüge in Kantabrien zu überwachen. Die Handelsstraße Via Augusta, welche weiter Richtung Süden (also in Richtung Saguntum) führt, wurde unter seiner Zustimmung ausgebaut und nach ihm benannt. Die Neuordnung der spanischen Provinzen führte dazu, dass aus der Provinz Hispania citerior, Hispania Tarraconensis wurde, was auch mit der enormen Bedeutung des Ortes für die gesamte Region zu tun hat. Die Stadt erlebte ihre Blütezeit um die Zeitenwende und war die reichste Hafenstadt an der westlichen Mittelmeerküste. Einen weiteren Bauboom erlebte Tarraco im 2.Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Durch eine Reform des Reiches ausgelöst, begannen städtische Eliten ihren Reichtum in repräsentativen Bauten zeigen zu wollen. Sowohl das Amphitheater als auch das Provinzialforum fallen in diese Zeit. Danach setzt aber ein schleichender Niedergang ein. Interessant ist das Jahr 259, als während der valerianischen Christenverfolgung Bischof Fructuosis und zwei seiner Diakone im Amphitheater hingerichtet wurden, gleichzeitig ist dies ein Beleg für die erste christliche Gemeinde im Ort, wobei erst ab dem 5.Jahrhundert Überlieferungen von christlichen Gebäuden in Tarraco sprechen. Der Einfall der Franken im Jahr 260 änderte die Stadtstruktur. Nicht nur wurden einige Gebäude zerstört, auch tieferliegende Siedlungen am Meer wurden mehr und mehr aufgegeben.
Endgültig von den Westgoten besetzt wurde die Stadt 476, unter deren König Eurich und damit endet der spektakulärste Teil der tarragonesischen Geschichte. Die Westgoten übernahmen die städtischen Strukturen und stellten fortan eine dünne Oberschicht. Die politische Bedeutung schmälerte sich aber, als zur neuen westgotischen Hauptstadt Toledo ernannt wurde. Allerdings blieb die Stadt ein kirchliches Zentrum. Jedoch nur bis 716, als schließlich die Mauren unter al-Hurr die Stadt eroberten. Tarragonas Bedeutung in den folgenden Jahrhunderten wurde immer geringer und es soll Zeiten gegeben haben, wo der Ort mehr oder weniger nicht mehr besiedelt war. 1136 eroberte Raimund Beranger III. die Stadt und vergrößerte damit sein katalanisches Territorium. Die Stadt wurde zum Hauptsitz der katalanischen Kirche erhoben, was nicht nur mit der ehemals wichtigen kirchlichen Stellung zu tun hatte, sondern insbesondere damit, dass die Katalanen nicht mehr abhängig vom Erzbischofftum Narbonne sein wollten. 1171 wurde mit dem Bau einer neuen Kathedrale begonnen, die jedoch erst 1331 fertiggestellt wurde.
Viele Jahrhunderte später, 1811, stand die Stadt wieder im Fokus. Die französischen Revolutionsarmee erstürmte die Stadt am 8.Juni. Die Bewohner Tarragonas als auch die spanischen Truppen leisteten jedoch erbitterten Wiederstand, was wiederum die Franzosen veranlasste, ein Massaker zu verüben, dass insbesondere auch die Zivilbevölkerung sehr schwer traf. Von den 4000 Toten an jenen Tagen, waren 2000 Zivilisten.
Heute ist Tarragona ein sehr anziehender Touristenort, der viel von seiner antiken Geschichte erzählen kann. So ist sind auch die antiken Reste der Stadt Tarraco seit 2000 UNESCO-Weltkulturerbe. Aber die Stadt ist ebenso ein wirtschaftliches Zentrum im Süden Kataloniens, zusammen mit der etwas kleineren Nachbarstadt Reus (105.000 Einwohner), die den Flughafen der Region beherbergt. Der Hafen Tarragonas ist ein wichtiger Handelsort und hat ebenso mit dem Wohlstand der Region zu tun, wie die hauptsächlich petrochemischen Industrien im Südwesten der Stadt.