Joshua Tree

Sie kennt die Antwort, aber die freundliche Rezeptionistin fragt trotzdem:
-Und was führt sie nach Twentynine Palms?
-Joshua Tree.
-Natürlich, der Joshua Tree Nationalpark.
Ich frage mich, ob sie alle Gäste fragt, warum in alles in der Welt man nach Twentynine Palms kommt, einer 30.000 Seelen Kleinstadt am Nordrand des Nationalparks Joshua Tree, mitten in der Mojave Wüste, oder ob sie sogar einen Schritt weitergeht und abzählt wie viele Gäste den Park nennen und wer etwas anderes? Zu sehen gibt es in der Stadt Twentynine Palms zwar mehr als 29 Palmen, aber wirklich anziehend ist sie eher weniger. Ihr Name rührt daher, dass 1852 Col. Henry Washington das San Bernadino Land untersuchte und an dieser Stelle die genannte Anzahl an Bäumen fand, man könnte auch von einer Oase sprechen und damit war ein Name in der Welt, obwohl es bis 1927 brauchte, um hier überhaupt eine Poststelle zu eröffnen und damit so ein bisschen wie urbanes Leben zu haben. Klimatisch recht angenehm gelegen, wenn nicht gerade Sommer ist (dann muss es hier die Hölle sein), scheint der Stolz des Städtchens die örtliche Militärbasis zu sein, die offiziell: „Marine Corps Air Ground Combat Center“ heißt und über deren Heldentum im letzten Irakkrieg wahrscheinlich nicht nur in der Motellobby unserer Rezeptionistin informiert wird. Nach einem Blick auf das Rathaus der Stadt, das als solches eigentlich nicht zu identifizieren ist (sondern genauso unspektakulär wie jedes andere Haus hier aussieht), fahren wir weiter zu unserem eigentlichen Ziel.
Ich gebe zu, als U2 Hörer bin ich doch irgendwie gespannt, was man hier so finden kann, im „Joshua Tree Nationalpark“, nachdem die Band ihr recht legendäres 1987er Album benannten, aber keines der Fotos im Booklet tatsächlich hier gemacht wurden. Mir geht folgender Song durch den Kopf, als wir Richtung Parkeingang fahren:

Tatsächlich wird mir spätestens nach der Einfahrt zum Park und der obligatorischen Gebühr von 25$ klar, dass der Song gar nicht vom U2 „Joshua Tree“ Album ist (peinlich). Ich versuche Songs dieses Albums in meinem Kopf zu summen, funktioniert aber nicht, es bleibt beim „Unforgettable Fire“, dem Soundtrack meiner „Joshua Tree“ Entdeckung.

Seinen Namen verdankt der Park seinen Bäumen, den Josua-Palmlilien, einer Art von Yucca-Palmen. Die Bäume wiederum verdanken ihren Namen den ersten hier durchquerenden Mormonen, die in den aufragenden Pflanzen die biblische Gestalt Joshuas sahen, der mit ausgetreckten Armen den Israeliten den Weg ins gelobte Land wies. Neben diesen einzigartigen Palmen ist der Park durch seine Gesteinsformationen bekannt, der ihn zu einem Paradies für Kletterer machen.

Die ersten Menschen, die in dieser Gegend siedelten waren wohl die Pinto-Indianer, die zwischen 8000-4000 v.u.Z. hier lebten und eine Jäger und Sammler Gemeinschaft waren. Einige Überreste dieser Kultur fanden sich im nach ihnen benannten Pinto-Basin, dem tiefsten Ort des Parks (305m über dem Meeresspiegel), wo die Großlandschaft der Mojave Wüste in die Colorado-Wüste übergeht. Später lebten noch weitere Stämme hier, bevorzugt in der Oase von Mara, die heute als das schon erwähnte Twentynine Palms bekannt ist. Noch heute leben Nachfahren von vier Stämmen in zwei Reservaten, welche sich in der Nähe des Parks befinden (eins im Coachella Tal und das andere bei Twentynine Palms). Und so kamen auch die ersten Europäer in diese Gegend, als sie die Absicht hatten Indianer zu missionieren (was über einen langen Zeitrahmen betrachtet eigentlich nie gut für die letzteren Ausging). Der Spanier Pedro Fages verfolgte im Jahr 1772 Indianer (Einheimische) hierher, da diese von der Mission San Diego fortgelaufen (entflohen) waren. Bis in die 1870er Jahre waren es aber meistens nur Durchreisende oder Expeditionen, die sich in diesen Teil der Mojave-Wüste verloren. Doch zu jenem Zeitpunkt siedelten sich Rinderfarmer an, die hier ihr Vieh grasen ließen. Um genügend Wasser in dieser sehr trocknen Gegend zu haben, bauten die ersten Farmer den Barker Damm im Jahr 1900, der sich heute noch im Park befindet. Auch Bergbau wurde betrieben und Gold und Silber abgebaut, tatsächlich wurde bis in die 1970er Jahre hier abgebaut und 1950 wurde sogar die Fläche des schon 1936 von Präsident Roosevelt als National Monument geschützten Gebietes verkleinert, um weitere Erdarbeiten erledigen zu können. Letztendlich wurde aber 1994 der Nationalpark Joshua Tree gegründet mit einer Fläche von ca. 3.200km², welche weit größer ist, als der bis dahin geschützte Bereich.

Heute ist der Park zumeist reine Natur. Es gibt neuen Campingplätze, wovon aber nur drei Wasser haben und nachdem Prinzip „wer zuerst kommt, hat einen Platz und kann hier übernachten“ funktionieren. Viele Kletterer kommen im Park auf ihre Kosten, wobei die Kletterrouten bedingt durch die überschaubare Höhe der Felsen relativ kurz sind (verglichen beispielsweise mit dem Yosemite Nationalpark). Durch den geringen zivilisatorischen Einfluss ist bei einigen Campern auch die Beobachtung der Sterne sehr populär, da es im Park kaum Lichtsmog in der Nacht gibt. Da viele Teile des Parks wild gehalten werden, verteilen sich die Besucher des Joshuas Trees recht großflächig (anders als beispielsweise im Yosemite Tal) und man kann als Besucher die wunderschöne Wüstenlandschaft mit seinen Palmen, Felsen, Bergen und Tälern ausgiebig genießen.

Und nach einem Tag im wundervollen Joshua Tree senkt sich die Sonne Richtung Horizont und bemalt das Land und den Himmel mit Farben, wie sie in Kalifornien scheinbar fast jeden Tag vorkommen.