Essen

Geschichte Essensurban facts Essen

Als Kind stellte ich verwundert fest, dass es einen Ort auf der Welt gibt der genauso hieß wie die Nahrungsaufnahme und freute mich darüber, dass dort wohl gern gespeist wurde. Später konnte ich dann die Lage des Ortes einordnen und bemerkte dass er Mitten im Ruhrgebiet lag und alle die schon mal davon hörten, oder gar mal dort waren versicherten mir, dass es sich dabei um keinerlei schöne Gegend handeln würde. Mich selbst faszinierte immer etwas der Gedanke in eine Gegend zu kommen, die so viele Einwohner auf begrenztem Raum hat, denn das Ruhrgebiet hat mehr als 5 Millionen. In Deutschland gibt es dafür keinen Vergleich, nur Berlin hat annähernd einen solchen Ballungsraum zu bieten und doch ist das Ruhrgebiet ganz anders. Denn hier liegen einfach mehrere Städte dicht aneinander, es gibt kein Zentrum, sondern nur ein Straßengewirr, unzählige Bahnverbindung und die Feststellung dass die Ruhr selbst nur am Rande des Ruhrgebietes verläuft. Doch steigt man einmal auf eine der zahlreichen Bergbauhalden und schaut ins Land, so stellt man verwundert fest, dass man zwar zahlreiche Schlote und Fabriken erkennt, aber dazwischen immer so viel Grün ist, dass die Städte nur schwer auszumachen sind. Das Ruhrgebiet wirkt hier gar nicht wie ein Großstadtmoloch, sondern wie eine Ansammlung von Industrieörtchen, deren Landmarken ihre Fabriken und deren Abraumhalden sind.

Essen liegt im Zentrum des Ruhrgebiets und gleich vorweg muss man natürlich sagen, dass es hier keinen Kölner Dom gibt, es gibt auch keinen Reichstag oder andere Gebäude von internationalem Rang und wirklich schön ist es auch nicht auf dem ersten Blick, aber wer nur ein ganz wenig mehr sieht und sich etwas Zeit nimmt, nicht nur die A40 langzufahren, der wird äußerst angenehm überrascht sein, was für eine vielfältige und interessante Stadt Essen ist. Zwischen Emscher im Norden und Ruhr im Süden gelegen, ist die Kommune eine ehemalige Stahlstadt. Noch heute hat Thyssen-Krupp seine Konzernzentrale hier, ebenso wie die großen Unternehmen Evonik, steag oder RWE, die Händler Aldi-Nord, Karstadt und Deichmann oder der Baukonzern Hochtief. Allerdings gibt es keinerlei Kohlezechen oder Stahlwerke mehr. Nach den Zerstörungen des 2.Weltkrieges und der Kohlenkrise der 1950er Jahre erlebte Essen, wie große Teile des Ruhrgebietes, einen massiven Strukturwandel, der nicht immer erfolgreich verlief. Essen ist aber heute eine Dienstleistungsstadt und ein kulturelles Zentrum. Nicht grundlos war die Stadt Europas Kulturhauptstadt 2010 und natürlich ebenso nicht ohne Grund, wurde dabei das gesamte Ruhrgebiet mit einbezogen. Ich habe lange überlegt, ob man das Ruhrgebiet nicht als eine einzige riesige Stadt betrachten sollte, aber bei allen Ähnlichkeiten (wie geschichtlicher Aufstieg, Lage, Faszination für den Fußball etc.) gibt es doch erhebliche Unterschiede, weshalb hier Essen nach Duisburg die zweite Stadt im sogenannten Pott ist, die etwas näher betrachtet wird.

Erstmals in Essen war ich 2006 und seitdem war ich immer wieder gern vor Ort, sei es zur Loveparade 2007 gewesen (deren Dimensionen einer Massenveranstaltung ich seitdem nie wieder solch geballter Form sah) oder bei Besuchen von Freunde. Dabei ist Essen mehr als „nur“ Industriekultur, mehr als nur die wirklich imposant umgenutzte Zeche Zollverein, die seit 2001 vollkommen berechtigt Weltkulturerbe ist. Essen hat ebenso einen der reichsten Stadtbezirke Deutschlands und das nicht nur weil einer der Aldi-Brüder hier lebt. Die Stadt hat, ähnlich anderer Städte im Revier, eine starke Differenzierung zwischen Nord und Süd. Während die ärmeren Bevölkerungsteile mehr Richtung Emscher leben (daher im Norden) werden die Bewohner Richtung Ruhr (Süden) immer reicher, die Gegenden erst grüner, dann die Wohnungen und Häuser größer und schließlich endet man an der Villa Hügel, dem ehemaligen Wohnhaus der Krupps und heutigem Museum, dass es in seiner Dimension mit dem Villen der Magnaten der amerikanischen Ostküste am Hudson-River locker aufnehmen kann.

Essen ist auch eine Sportstadt, wenn gleich festzustellen ist, dass interessanterweise in den letzten Jahren populäre Mannschaften alle in finanzieller Schieflage waren, sowohl der Fußballtraditionsverein Rot-Weiß Essen, als auch Handballmacht TuSEM Essen und der Eishockeyverein Moskitos gingen alle mindestens einmal in Insolvenz. So sind Schalke-Fans in Essen sehr häufig anzutreffen und pflastern auch das Stadtbild an Spieltagen. Auch selbst Sport treiben ist in Essen kein Problem. Die Stadt ist die Grünste im ganzen Ruhrgebiet. Auf zahlreichen stillgelegten Eisenbahntrassen kann man joggen, radeln oder Inline skaten und der Baldeneysee ist ein Paradies für den Wassersport und auch Randsportarten wie das Badminton erfreuen sich an Popularität.