Geschichte Barcelonas

Sehr oft wird die Gründung von Barcelona mit der Besetzung durch Hannibal im Jahre 218 v. Chr. gleichgesetzt. Zweifellos gab an dieser Stelle schon eine frühere Besiedlung durch iberische Kulturen. Später übernahmen die Römer die Stadt und gaben ihr den Namen Barcino und damit eine Vorform des heute gebräuchlichen Namens. Der Ort war jedoch nicht mehr als eine mäßig bedeutende Kleinstadt. Die Goten eroberten die Stadt und Barcelona wurde kurzzeitig zur Hauptstadt erhoben, verlor diese Stellung jedoch schnell wieder an Toledo.
Der Aufstieg der Stadt begann im 9. Jahrhundert. Nach einer rund hundertjährigen Besetzung durch die Mauren wurde Barcelona 801 von Christen erobert und die „spanische Mark“ gegründet. Damit wurde die Grenzregion des Frankenreiches auf der iberischen Halbinsel bezeichnet. Innerhalb dieser Grenzregion entstanden mehrere Grafschaften, welche anfangs noch dem fränkischen König unterstanden, mit der Zeit aber immer selbstständiger wurden. Wilfried „der Behaarte“ vereinte die Grafschaften Urgell, Cerdanya, Barcelona und Girona unter sich und begründete die Dynastie der Grafschaft von Barcelona. Im Laufe des 10. Jahrhunderts löste sich die Grafschaft aus dem fränkischen Lehnssystem. Durch die Heirat des Grafen Ramón Berenguer IV. mit der Infantin Petronillia von Aragon (im Jahr 1137, Petronilla war da gerade ein Jahr alt!) wurde Berenguer König von Aragón. Es entstand das Königreich Aragón – Katalonien (auch „Krone Aragon“ genannt) mit der Hauptstadt Barcelona. Durch Eroberungen gelang es Berenguer, dass Land zum bedeutendsten Königreich des westlichen Mittelmeerraus zu machen. Unter Jaume I. wurden die Eroberungen noch intensiviert, man nahm 1238 Valencia ein, 1286 Menorca und 1299 Mallorca. Auch heute wird in allen diesen Regionen noch die katalanische Sprache gesprochen. Der Handel blühte auf, man gab sich fortschrittliche politische Institutionen wie die „Corts Generals“ (eine der ersten Ständeparlamente der Welt) und stieg mit der Eingliederung der drei Mittelmeerinseln Sizilien, Sardinien und Korsika in das Herrschaftsgebiet zu den führenden europäischen Mächten auf, wovon natürlich die Hauptstadt Barcelona profitierte, auch weil sie zu jener Zeit der wichtigste Hafen der westlichen Mittelmeerküste wurde. Diesen Reichtum erahnt man noch heute in den prächtigen gotischen Gebäuden der Stadt. Das Streben zur See wurde dabei immer mehr zu einer Notwendigkeit, da Kastilien auf dem iberischen Festland eine immer wichtiger werdende Rolle spielte.
1410 erlosch die Dynastie der Grafen von Barcelona und die Herrschaft viel an Fernando von Antequera, einem aus dem kastilischen Grafengeschlecht der Trastámara kommenden Grafen. Mit ihm begann der Niedergang der Krone Aragons und Barcelonas. Durch die Heirat von Fernando II. von Aragon mit Isabella I. von Kastilien (den „katholischen Königen“) im Jahre 1469 entstand der spanische Zentralstaat. Die politische Macht wurde ins Zentrum des Landes gelegt, ab 1561 wurde Madrid die Hauptstadt Spaniens. Die Krone Aragons verlor mehr und mehr an Bedeutung und Eigenständigkeit, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Ein Impulsgeber dafür war Kolumbus Entdeckung Amerikas. Barcelona wurde vom Amerika-Handel ausgeschlossen, lediglich von Sevilla aus, brachen die Schiffe in die neue Welt auf. Als im Konflikt zwischen Spanien und Frankreich, Katalonien sich an die Seite Frankreichs begab, wurde es im Pyrenäenfrieden 1659 bestraft und verlor seine nördlichen Gebiete an Frankreich (wenngleich hier erwähnt werden muss das diese Bestrafung eine Gesamtspaniens war, das damit seine Rolle als Weltmacht aufgeben musste). Diese Friedensreglung provozierte ab 1701 den spanischen Erbfolgekrieg, der die Nachfolge auf die spanische Krone regeln sollte. Katalonien setzte spät auf die habsburgische Seite, welche letztendlich gegen die französische Seite der Bourbonen verlor. Der neue bourbonische König Felipe V. beschnitt daraufhin alle katalanischen Freiheiten und organisierte einen absolutistischen Zentralstaat. Der 11. September 1714, der Tag an dem Barcelona an die Truppen Felipes V. fiel, ist heute der Feiertag Kataloniens (in Spanien haben Orte und Regionen eigene Feiertage).
Statt politischer Autonomie verlagerte man in Barcelona seit dem 18. Jahrhundert sein Interesse und versuchte seinen Reichtum zu mehren. Manufakturen entstanden und wurden bald von Fabriken abgelöst. Die alten Zünfte verloren immer mehr an Bedeutung und Barcelona wurde zum Zentrum der Industrialisierung, einem Prozess der fast im gesamten Rest Spaniens ausblieb. In Barcelona wurde das erste spanische Dampfschiff gebaut, genauso wie die erste Eisenbahnlinie. Doch mit zunehmender Industrialisierung und Urbanisierung wurden zahlreiche soziale Nebenwirkungen sichtbar. Eine sich zunehmend vergrößernde Schicht der Arbeiterklasse lebte unter teilweise verheerenden sozialen und hygienischen Bedingungen (im heißen Sommer 1854 fielen 6000 Menschen der Cholera zum Opfer). Immer wieder gab es gewaltsame Aufstände in der Stadt, welche blutig niedergeschlagen wurden. Der rasche Anstieg der Bevölkerungszahlen verlangte nach neuen städteplanerischen Lösungen. Das moderne Barcelona entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1869 wurde nach dem Plan Cerdà (einen der vielen Städtebauplänen des 19. Jahrhunderts) die Eixample (katalanisch für Expansion) gebaut, ein neuer Stadtteil der die Stadt wie ein quadratisches Gitternetz nach Norden hin erweiterte. Die Eixample sollte eigentlich mit vielen Grünflächen und Parks angelegt werden, doch durch den nicht nachlassenden, immensen Zuzug von Menschen mussten diese Flächen durch Wohnhäuser ersetzt werden, was ihr die heutige Form eines Schachbrettmusters einbrachte. Das aufstrebende Bürgertum machte die Eixample zur Heimat zahlreicher, um die Jahrhundertwende gebauter Jugendstilgebäude (dem so genannten „Modernisme“), welche auch heute noch einen großen Reiz und den Ruf Barcelonas als eine Stadt des Jugendstils prägen.

Im Zuge der Industrialisierung begann auch ein verstärktes Nationalgefühl Katalonien und damit auch Barcelona zu durchdringen. Die katalanische Sprache feierte eine Renaissance und verstärkte eine eigene katalanische Kultur. Mit der Gründung der 2.Republik in Spanien 1931 erhielt Katalonien seinen Autonomiestatus zurück und Barcelona wurde wieder zur katalanischen Hauptstadt. Doch diese Phase währte nur bis zum Ende des spanischen Bürgerkrieges 1939. Unter der Diktatur Francos wurde Spanien wieder zu einem Zentralstaat umgebaut und Katalonien verlor jegliche Autonomie, sogar die katalanische Sprache wurde verdrängt. In den 1950er und 60er Jahren siedelten sich zahlreiche Andalusier in Barcelona an, die auf der Suche nach besseren Jobs nach Norden gezogen waren. Erstaunlicherweise führte dies nicht zu einem Zurückgehen des Katalanischen. Da die neuen Einwohner die Sprache als Ausdruck der Opposition zum Franco-Regime betrachteten, wurde dieser immer stärker, nahm aber im Gegensatz zum baskischen Nationalismus nie gewaltsame Züge an.

Mit dem Tod Francos und der Umwandlung Spaniens zur Demokratie bekam nicht nur Katalonien wieder seine weitgehende Autonomie wieder, Barcelona erlebte ebenso einen neuen Aufschwung. Dieser zeigte sich nicht zuletzt der Weltöffentlichkeit mit den Olympischen Spielen von 1992. Die Stadt erlebte dadurch einen fast schon radikalen Wandel. Sie konnte sich der Weltöffentlichkeit präsentieren und wandelte in wenigen Jahren ihr Image von einer etwas schmuddeligen Industriestadt zu einer hippen Metropole mit historischem Charme des Jugendstils, wunderbarer geografischer Lage zwischen Bergen und Mittelmeer, urbaner Weltoffenheit und moderner Architektur. Heute ist Barcelona der Touristenmagnet auf der iberischen Halbinsel für Städtetourismus und präsentiert stolz sein eigenes Selbstbewusstsein, dass auch in Richtung Unabhängigkeit von Spanien tendiert.