Golden Gate und Bay Bridge

Wenn überhaupt, dann gibt es nur sehr wenige Städte in der Welt die ihren Anspruch eine schöne Metropole zu sein, so sehr mit Brücken verbinden wie San Francisco. Genau genommen ist es hier sogar nur eine Überquerung, die mit ihrem Aussehen, ihren Dimensionen und ihrer Eingebettetheit in der Landschaft, wohl als die berühmteste und als schönste wahrgenommene Brücke der Welt gilt. Die Rede ist natürlich von der Golden Gate Bridge. Tatsächlich ist die Golden Gate Bridge aber nur eine von fünf beachtlichen Brücken, die sich über die Bucht von San Francisco schlagen, wobei nur zwei von ihnen tatsächlich eine Verbindung aus bzw. in die Stadt bilden. Diese beiden Bauwerke, die beide nicht nur ingenieurtechnische Höchstleistungen sind, sondern gleichfalls wunderschöne Brücken, sollen im folgenden näher dargestellt werden.

Golden Gate Bridge

Obwohl nur am äußersten Nordwestrand der Stadt gelegen, weit ab von der Innenstadt und von den gewöhnlichen Aussichtspunkten in San Francisco kaum, oder gar nicht zu sehen, ist die Golden Gate Bridge doch das unumstrittene Wahrzeichen der Stadt, der Bay Area und im Grunde auch von Kalifornien. Die Brücke taucht laut wikipedia in 73 Spielfilmen (u.a. in Vertigo), 33 Serien (u.a. in Full House) auf, wird in 14 Songs erwähnt und taucht in leicht abgewandelter Form auch auf so manchem Logo wieder auf, wie beispielsweise beim Basketballteam der Golden State Warroirs. Dabei war das Bauprojekt anfangs nicht unumstritten, verläuft die Querung doch nicht nur an einem landschaftlich sehr reizvollen Ort, dem Golden Gate, der einzigen, und lange Zeit unentdeckten, Durchfahrt vom Pazifik zur Bucht von San Francisco. Gleichwohl war eine Überbrückung des Verkehrs zwischen der Stadt und des sich nördlich anschließenden Marin Countys schon seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts thematisiert worden.
In den 1920er Jahren wurden die Pläne für eine Brücke konkreter. Joseph B. Strauß legte eine Skizze für eine kombinierte Ausleger- und Hängebrücke vor, die aber als zu teuer abgelehnt wurde. Gleichfalls wehrten sich die Fährbetreiber gegen ein Bauwerk, da sie – berechtigterweise – um ihre Existenz fürchteten. Trotzdem konnte 1929 eine Behörde gegründet werden, dessen Vorsitz Joseph B. Strauß bekam, dessen Aufgabe es war, neue Ideen vorzulegen, war doch die Technik für Hängebrücken schon weiter fortgeschritten. Am Beispiel der George-Washington Brücke in New York, die 1931 eingeweiht wurde, konnte man ermessen, dass Spannweiten von über einem Kilometer Länge möglich waren. Strauß entwickelte gemeinsam mit Charles A. Ellis und Irving F. Morrow neue Pläne für eine Hängebrücke mit der revolutionär neuen Spannweite von 1280m. Die Finanzierung des Baus sollte durch Anleihen in einer Gesamthöhe von 35 Millionen US-Dollar gemeistert werden, welche trotz der 1929 hereinbrechenden Großen Depression im darauffolgenden Jahr sichergestellt wurden. Durch Mauteinnahmen sollten die Summe und die Zinsen wieder ausbezahlt werden, was schließlich bis zum Jahr 1971 dauerte.
Die Bauarbeiten begannen 1933 und stellten eine enorme Herausforderung dar, zum einen weil hier in neue Dimensionen vorgestoßen wurde. Es wurden die bisher höchsten Pfeiler (232m) gebaut, sowie die längsten und dicksten Kabelstränge verwendet. Gleichfalls mussten die bisher größten Unterwasserfundamente in einer Meerenge mit extrem starker Strömung befestigt werden. Die Stahlteile der Pylone wurden in Pittsburgh gefertigt und von dort über den Atlantik, den Panama-Kanal und den Pazifik bis an die Baustelle gebracht. Eine Route, wie sie auch von vielen Goldsuchern rund 90 Jahre vorher genommen wurde, die über das Golden Gate kamen., in der Hoffnung auf ein gutes Leben. Am 20.November trafen sich die beiden Fahrbahnen in der Mitte der Brücke und die Bauarbeiten konnten am 19.April 1937 beendet werden, übrigens ganz leicht vor der geplanten Zeit und ebenso unter den veranschlagten Kosten (ein Phänomen der Auswirkungen der Großen Depression, so wurde auch das Empire State Building billiger als gedacht). Bei den Bauarbeiten starben insgesamt elf Menschen. Das diese Zahl nicht höher war, verdankt sich einem unter der Baustelle gespannten Netz, das Bauarbeiter im Fall eines Sturzes aufhalten sollte. So konnten insgesamt 19 Menschen das Leben gerettet werden. Die ins Netz gefallenen Überlebenden wurden übrigens als „Half-Way-To-Hell-Club“ bekannt. Am 27.Mai durften erstmals Fußgänger die Brücke benutzen und rund 200.000 Menschen sollen an diesem Tag die Chance für einen Rundgang genutzt haben, einen Tag später wurde die Golden Gate Bridge offiziell eröffnet.
Zum Zeitpunkt der Eröffnung an, stellte die Golden Gate Brücke neue Weltrekorde für Hängebrücken auf, der bedeutendste sicherlich mit der schon erwähnten längsten Hauptstützweite von 1280m. Erst 1964 wurde dieser Rekord von der Verrezano-Narrows-Bridge in New York City gebrochen (um nur 18m! der heutige Rekordhalter ist die Akashi-Kaikyo-Brücke in Japan mit 1991m Mittelspannweite). Insgesamt ist die Brücke 2737m lang, wobei die Hängebrücke eine Länge von 1966m aufweist (im südlichen Verlauf schließt sich eine Bogen- und eine Balkenkonstruktion an). Zwei Merkmale machen die Golden Gate einzigartig. Das ist zum einen die Form der Pylonen, die unter dem Fahrbahndeck aus einem gekreuzten Fachwerk bestehen, oberhalb des Decks aber mit horizontalen Querriegeln verbunden ist, die in der Höhe ihren Abstand verringern. Das zweite Merkmal ist ihre typische Farbe, das „International Orange“. Es war eigentlich nur die Farbe des Rostschutzmittels, dass aber hervorragend in die Landschaft der Bay Area passte und deshalb behielt die Brücke diesen Anstrich bei.
Heute benutzen rund 120.000 Fahrzeuge die sechspurige Brücke auf dem Highway 1. Die Fahrt stadteinwärts kostet eine Mautgebühr, die über das Internet bezahlt werden muss (es gibt keine Mautstellen mehr), stadtauswärts ist die Fahrt immer kostenlos. Leider ist die Brücke auch Anlaufpunkt von Selbstmördern und es wird geschätzt, dass seit ihrer Eröffnung rund 1600 Menschen sich durch einen Sprung über das 1,20m hohe Geländer selbst getötet haben. Das ist die zweithöchste Rate für eine Brücke auf der Welt. Seit 2017 werden deshalb Schutznetze aufgestellt um potentielle Suizide zu verhindern.

Bay Bridge

Unter der weltweiten Bekanntheit und Popularität der Golden Gate Bridge verschwindet fast schon ein wenig San Franciscos „Hausbrücke“. Doch die Bay Bridge ist nicht nur der Überquerung wegen, die verkehrstechnisch wichtigere (mit täglich 270.000 Fahrzeugen fahren mehr als doppelt soviel wie auf der Golden Gate Bridge) Verbindung, von der Innenstadt direkt auf die andere Seite der Bay nach Oakland, sie ist gleichfalls eine wunderschöne Brücke und ingenieurtechnische Meisterleistung in einem.

Die Notwendigkeit einer Brücke von der westlichen Halbinsel, auf welcher San Francisco liegt, auf die östliche Seite der Bucht führend, wurde seit der Eröffnung der Transkontinentalen Eisenbahn offensichtlich, denn diese stoppte eben auf dieser östlichen Seite, in Oakland. Schon 1872 wurde ein Bay Bridge Committee gegründet, die eine Eisenbahnüberquerung planen sollte. Die nächsten Jahrzehnte tat sich allerdings wenig bis gar nichts, denn die Größe und die Tiefe der Bucht ließen im 19.Jahrhundert keine geeignete Lösung offenbar werden. So wurde erst in den 1920er Jahren wieder eine offizielle Untersuchung gestartet, welche die technische Machbarkeit eines Brückenschlags untersuchen sollte, jetzt natürlich hauptsächlich auf den aufkommenden Autoverkehr abzielend.
Charles H. Purcell leitete die dafür eingesetzte Kommission, welche zu dem Ergebnis kam, die recht mittig in der Bucht liegende Yerba Buena Insel in das Projekt einzubeziehen. Diese war aber zum damaligen Zeitpunkt ein Stützpunkt der US-Marine und erst nach langen Verhandlungen mit den Bundesbehörden in Washington D.C. gab der Kongress 1931 seine Zustimmung, die Insel benutzen zu dürfen. Mit der Einbeziehung der Insel konnte man zwei Brücken bauen, um die zu überbrückende Distanz zu meistern. Auf der westlichen Seite zwischen San Francisco und der Yerba Buena Insel lagen aber trotzdem 3,2km, was in den 1930er Jahren eine zu große Distanz für konventionelle Hängebrücken mit zwei Pylonen darstellte. Die Lösung war, zwei nebeneinanderliegende Hängebrücken zu bauen, welche beide in einem in der Mitte liegenden Betonblock verankert sein sollten. Auch die östliche Seite zwischen der Insel und Oakland war über 3km lang. Hier entschied man sich für eine Stahlfachwerkauslegerbrücke, die eine lichte Höhe von 58m erreichte, bei einer Hauptspannweite von 427m. An diese Hauptbrücke schlossen sich fünf weitere Fachwerkbrücken mit 155m Stützweite und danach weitere 14 Fachwerkbrücken mit je 89m Stützweite und einem abschließenden 327m langen Stahlbetonviadukt. Auch auf der Yerba Buena Insel musste gebaut werden und ein 165m langer Tunnel gegraben werden, um eine Verbindungsstraße zwischen den Brücken zu bekommen. Das beim Bau freigesetzte Gestein und der Schutt wurden übrigens dazu verwendet, Treasure Island aufzuschütten, eine künstliche Insel die sich der Yerba Buena Island anschließt und 1939 als Gelände der Golden Gate International Exhibition genutzt wurde.
Der Grundstein für das Mammutprojekt wurde am 9. Juli 1933 gelegt (kurz nach der Golden Gate Bridge) und schon am 12. November 1936 wurde die Brücke eröffnet (ganze sechs Monate vor der Golden Gate Bridge). 24 Menschen verloren bei den Bauarbeiten ihr Leben. Zum Zeitpunkt ihrer Einweihung war der westliche Teil der Bay Bridge die längste zusammenhängende Hängebrückenkonstruktion der Welt, da es sich technisch jedoch um zwei Brücken handelt, wurden die beiden Teile zur zweit- und drittlängsten Hängebrücke der Welt erklärt. Das Bauwerk erhielt den offiziellen Namen James „Sunny Jim“ Rolph Bridge, nach dem zwei Jahre vor der Eröffnung gestorbenen Bürgermeister von San Francisco. Tatsächlich wurde aber wegen politischer Rivalitäten der offizielle Name selbst bei der Einweihung nicht von der Presse erwähnt und erst zum 50. Geburtstag der Brücke erinnerte man sich dieser Bezeichnung, der jedoch eigentlich praktisch nie benutzt wird. Gewöhnlich ist das Bauwerk als San Francisco-Oakland-Bay Bridge bekannt, oder wird nur kurz Bay Bridge genannt. Die Maut betrug anfangs 65ct., wurde aber bald auf 50ct. und später sogar auf 25 ct. herabgesetzt, bevor sie danach wieder sukzessive erhöht wurde. Heute zahlt man eine doppelte Maut (quasi für Hin- und Rückfahrt), aber lediglich in Richtung San Francisco, da man so die Kosten für die Mauterhebung reduzieren wollte.

Das Ungewöhnliche und Besondere an der Bay Bridge ist zweifellos ihre Zwillingshängebrücke, der von San Francisco bis zur Yerba Buena Insel führende Westteil des gesamten Brückenschlages. Die von San Francisco kommend erste Hängebrücke hat Stützweiten von 357m-704m-354m bei einer lichten Höhe von 69m, zur Durchfahrt der Schiffe. Danach folgt ein 52m langer zentraler Ankerblock aus Beton, der in 70m Tiefe mit dem Felsen verankert ist und eine Höhe von 85m über dem Meer erreicht. Danach folgt der Zwilling der ersten Hängebrücke. Die Stahl-Pylonen erreichen eine Höhe von 158m, wobei sie anders als bei der Golden Gate Brücke mit – gewöhnlichen – kreuzenden Diagonalen verbunden sind.
Von Beginn an wurde die Brücke doppelstöckig benutzt. Anfangs im Obergeschoss von PKWs und im Untergeschoss von LKWs und einer Straßenbahn. Nachdem aber der LKW-Verkehr rasant zunahm und die Straßenbahn an Bedeutung verlor, wurde das System 1957 umgebaut. Nun konnten je fünf Spuren pro Deck in eine Richtung freigegeben werden, wobei das obere Deck in Richtung San Francisco führt (in vielen Filmen wird dies übrigens nicht korrekt wiedergeben, z.B. in der „Reifeprüfung“). Nachdem Loma-Prieta-Erdbeben 1989 brach ein 15m langes Teilstück des oberen Decks der East Bay Bridge auf das untere Deck, wodurch die Brücke für einen Monat geschlossen werden musste. Noch in den 1990er Jahren wurde über eine Sanierung der Brücke nachgedacht, wobei insbesondere die anfällige Fachwerkträgerkonstruktion der East Bay Bridge zur Diskussion stand. Man entschloss sich diese abzureisen, und durch einen Neubau zu ersetzen. Dabei wurde eine einhüftige selbstverankerte Hängebrücke gebaut, eine bis dato noch nicht benutzte Bauform. Hier wurden beide Fahrbahnen auf einer Höhe ausgeführt. Die neue Brücke wurde am 2. September 2013 eröffnet, während die altehrwürdige East Bay Brücke vom Folgetag an abgetragen wurde.