Geschichte Athens

Jede Stadt hat eine Geschichte. Diese zu erzählen kann lang und komplex oder kurz und aufstrebend sein. Stadtgeschichten können nur wenige Jahrzehnte alt sein, oder bis in die Vorzeit reichen, wo nur vage Quellen ausfindig gemacht wurden und Mythos und Fakt bestenfalls annähernd korrespondieren. Große Schicksalsschläge können Städte ereilen, Kämpfe, Seuchen, Zerstörungen, manchmal sogar die vollkommene Auslöschung einer Stadt (denken sie an Karthago). Andere Städte waren blühende Zentren, in ihnen wurden Dinge zum ersten Mal ins Leben gerufen, welche den Lauf der Menschheit veränderten, dann wieder wurde das hell erstrahlende Licht im Laufe der Zeit immer dunkler. Einige Städte fielen der Vergessenheit anheim, andere wurden erinnert und begannen wieder zu leuchten, wenn auch mit einem anderen Licht.
Athen ist eine Stadt, deren Geschichte – und das macht sie so faszinierend - fast alles gerade Gesagte mitbringt.

Athens mythisches Entstehen

Berühmte Städte der Antike haben ihre Gründungsmythen, welche den Ursprung der Stadt erklären und damit die Existenz der Stadt in göttlichen Zusammenhang bringen. So ist dies auch bei Athen der Fall. Die Erwähnung dieser Mythen ist insofern wichtig, weil sie für das Leben in der antiken Stadt durchaus bedeutungsvoll waren. Mythischer Gründer von Athen war Kekrops. Er wurde angeblich aus der Erde geboren und hatte einen schlangenähnlichen Körper. Ihm werden zahlreiche Taten zugeschrieben. Er vereinte die Bewohner Attikas, ließ das Volk zählen, schenkte den Athenern das Alphabet und führte Gesetze ein, wie beispielsweise die Einehe. Seine wichtigste Tat soll der Bau der Burg gewesen sein, die den Namen Kekropia trug und auf dem heutigen Akropolis Hügel stand. Sein Grab soll deshalb im Erechtheion (das wiederum seinen Namen von Erechthus bekam, dem Vater des Kekrops) auf der Akropolis liegen.
In jenen mythischen Tagen im Nebel der Vor-Geschichte fand auch eine Auseinandersetzung zwischen den Göttern Poseidon und Athena statt, die letztere zur bestimmenden mythischen Gestalt, nämlich zur Schutzgöttin der Stadt machte. Was war passiert? Meeresgott Poseidon erhob ebenso wie Athena, die Tochter von Zeus und Nichte Poseidons, Anspruch auf Attika. Man vereinbarte einen Wettstreit, jener sollte das Land bekommen, der den Bürgern Athens das bessere Geschenk machte. Poseidon schlug mit seinem Dreizack in den Stein des Akropolisfelsens und ließ eine Wasserquelle sprudeln, das war beeindruckend. Leider kam – wie beim Meeresgott eventuell zu erwarten war – nur Salzwasser aus der Quelle, was weniger beeindruckte. Athena wiederum ließ ihre Lanze ganz in der Nähe der Quelle fallen und erschuf einen Olivenbaum, welcher angeblich der Ursprung der reichhaltigen Olivenproduktion in der Stadt war. Olivenöl von Athen wurde in der Antike tatsächlich zu einem wirtschaftlichen Schlager. Auf attischen Silbermünzen wurden schon im 5. Jahrhundert v. Chr. der Olivenzweig abgebildet, gern in Verbindung mit einer Eule, welche die Weisheit der Athena symbolisierte. Athena gewann den Wettstreit und von nun an sollte die Stadt Athen hießen, wobei es eigentlich bis heute nicht klar ist, ob die Stadt nach der Göttin, oder die Göttin nach der Stadt benannt ist.[1]

Die Anfänge und der Aufstieg von Athen

Doch nun zurück von den himmlischen Spuren zu den Fakten humanen Lebens. Erste Spuren von menschlichen Siedlungen hat die Archäologie aus dem 4.Jahrtausend v. Chr. (alle Jahresangaben beziehen sich bis auf weiteres auf die Zeit v. Chr.) ausgegraben. Dabei wohnten diese frühen Siedler wohl in der Nähe der Akropolis. In der Blütezeit der mykenischen Kultur – also im 14. und 13. Jahrhundert - gab es auf dem Berg mehrere Gebäude, in welchem ein Priester lebte, Lebensmittel gespeichert wurden und eine Art von Verwaltung fungierte. Gleichzeitig funktionierte das Gebiet als ein Kultplatz, was die Anwesenheit des Priesters erklärt. Eine genaue Lagebeschreibung dieses ersten Palastes ist heute nicht mehr erstellbar, lediglich die Spuren einiger Mauern sind südlich der Propyläen heute noch als Reste identifizierbar. Gleichwohl war die Siedlung in jener Zeit ein unwesentliches Örtchen, im Schatten wichtigerer Handelszentren. Dadurch wurde Athen aber auch von den Umwälzungen nicht erfasst, die sich im ausgehenden 2. Jahrtausend zutrugen. In dieser vermeintlichen „Ruhe“ gedieh beispielsweise die Töpferkunst (zu sehen an der Dipylon Amphora, gefunden in Kerameikos), die anfangs besonders bei Grabbeilagen zum Einsatz kam.


Die Geschichte Athens – und an dieser Stelle muss sich der Blick etwas erweitern - ist immer auch die Geschichte der 2.647km² großen Halbinsel Atikka, wo um das Jahr 900 rund einhundert Siedlungen mit ca. 50.000 Einwohnern existierten. Im Laufe von Jahrhunderten wuchsen diese Gemeinden zu einer politischen Einheit zusammen. Anfangs war Athen dabei unbedeutender als andere Siedlungen, aber die Akropolis erfuhr mehr und mehr Bedeutung und mit ihr die darum herum entstehende Stadt Athen. Immer wieder gab es Auseinandersetzungen und Rivalitäten, die aus dem Machtstreben verschiedener aristokratischer Familien Attikas resultierten. Diese Konflikte wurden in der politischen Form der Tyrannis eingedämmt, in welcher sich eine Herrscherfamilie oder Einzelperson, an die Spitze der Macht stellte. Dies konnte jedoch nur von Dauer sein, wenn der Tyrann sich der Loyalität größerer Teile der (einfacheren) Bevölkerung bewusst war. In Korinth existierte diese Form der politischen Machtausübung schon seit dem 7. Jahrhundert. In der damals viel beachtenswerteren Stadt wurde diese Form der Machtausübung wohl durch den Handel mit den persischen Gebieten als Vorbild übernommen. Tatsächlich profitierten so geführte Städte seinerzeit. Korinth konnte seine Infrastruktur beträchtlich erweitern. In Athen kam es gleichfalls zum Versuch der Etablierung einer Tyrannis, welche jedoch in Person des Kylon scheiterte. Als höchster Beamter der Stadt, aber eben nicht Tyrann, folgte ihm Drakon, der einige Gesetzesreformen vornahm. Er dämmte die häufig ausgeübte Blutrache erfolgreich ein, was in der Folge zu einer Stärkung des Gemeinsinns der Athener (daher aller geeinten Bewohner Attikas) führte.
Es war aber erst Solon, der so etwas wie einen eigenen attischen Staat schuf. Er übernahm 594 das Amt des Archonten, des obersten Beamten, und versuchte eine ausgewogene Gesetzgebung, Eunomie genannt, durchzusetzen. Der schwierigste und größte Schritt dabei war eine Reform der landwirtschaftlichen Besitzverhältnisse, die zuvor in den Händen weniger Aristokraten lag, welche den überwiegenden Teil der Bauern in hohe Verschuldung, Schuldknechtschaft oder gar Sklaverei trieb. Solon erließ die Schulden und definierte die Rolle der (männlichen) Bürger neu. Er etablierte die Gemeinschaft der Bürger (den Demos) und übertrug ihm Rechte und Pflichten, wobei er die vermögende Oberschicht nicht in Frage stellte, denn der Einfluss der Bürger auf die Politik wurde nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gestaffelt. Nur die reichsten Athener konnten politische Ämter ausüben. Gegliedert wurde die Einordnung nach dem Ernteertrag, angefangen mit 500 Scheffeln abwärts. Damit trieb Solon die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit enorm voran, da nun eine höhere Motivation herrschte, ökonomisch erfolgreich zu sein, um mit zu entscheiden. Gleichzeitig wurde das Gemeinschaftsbewusstsein weiter gestärkt, den theoretisch war kein Bürger mehr ausgeschlossen vom Schicksal der eigenen Stadt.
Ein wichtiges Element der Integration waren gleichfalls ritualisierte Feste, wie die Panathenäen, kultische Spiele zu Ehren der Stadtgöttin Athena Polias. Ab 566 lud man alle Griechen zu diesen Feierlichkeiten ein, wenngleich ähnliche Veranstaltungen in Olympia, Delphi oder Korinth bei den Griechen angesehener und populärer waren. Jedoch wurden die Sieger der panathenäischen Spiele ebenfalls gebührend gewürdigt. Es gab leichtathletische Disziplinen, Wagen- und Pferderennen und gleichfalls musische Wettbewerbe. Der Sieger bekam athenisches Olivenöl aus extra angefertigten Amphoren. Dabei variierte die Anzahl der zu gewinnenden Amphoren je nach Altersklasse und Disziplin. Ein Sieger im Wagenrennen konnte bis zu 140 Amphoren (umgerechnet rund 5.000 l) als Preis einstreichen, was ein sehr lukrativer Gewinn war. Nur an den Ruhm eines Sieges in Olympia kam ein Sieg bei den Panathenäen nicht heran.
Nur wenige Jahre nach den ersten attischen Wettkämpfen war es Peisistratos, Sohn eines Adelsgeschlechts der attischen Ostküste, der die politische Konstellation einer Tyrannis in Athen wiederherstellte. Seine ersten Versuche der Machtübernahme scheiterten, aber 546 schließlich landete er mit einem Sölderheer in Marathon und übernahm nach kurzer militärischer Auseinandersetzung die Herrschaft. Die Grundlage seiner Gewalt war jedoch das Wohlwollen, welches er bei der Landbevölkerung Attikas erreichte. Er führte Staatshilfen bei Missernten ein und ließ besonders Feste zu Ehren des Gottes Dionysos feiern, welcher bei den Bauern sehr populär war. Am Südhang der Akropolis wurde dafür ein Heiligtum eingerichtet. Die Feste zu Ehren des Gottes boten später den Rahmen für die Aufführungen der auch heute noch geschätzten antiken Dramen (später dazu mehr). Peisistratos vergaß aber auch die Adligen nicht und schuf einen Ausgleich mit ihnen. So blühten in Athen Handel und Handwerk weiter auf und insbesondere die Töpferkunst war weit über die Grenzen Attikas hinaus begehrt. Nach Peisistratos Tod übernahmen seine Söhne Hippias und ferner Hipparchos die Macht. Letzterer wurde 514 Opfer eines Attentates, das wohl weniger politische Gründe hatte, als das es aus einer unglücklichen Liebesbeziehung heraus motiviert war. Allerdings setzte sich im kollektiven Gedächtnis der Athener diese Tat als Tyrannenmord fest, denn in Folge des Todesfalls verschärfte Hippias wiederum seine Tyrannenherrschaft beträchtlich, was wiederum zu großer Ablehnung bei der Bevölkerung führte und schließlich dazu, dass er 510 aus Athen vertrieben wurde.
Seine Nachfolge führte zu innerer politischer Unruhe und ständigen Rivalitäten insbesondere beim Adel. Die Lösung dieses Zustandes kam unter der Leitung des Kleisthenes und war etwas revolutionär Neues; eine demokratische Verfassung! Politische und juristische Entscheidungen sollten vom Volk entscheiden werden, in einer von wehrfähigen Männern Athens (daher keine Frauen oder Fremde und natürlich erst recht nicht Sklaven) aufgestellten Versammlung. Ein Exekutivrat aus 500 Abgeordneten sollte entstehen. Um die alten und verkrusteten Strukturen zu brechen, setzte Kleisthenes eine Reform der vier Stammesverbände (Phylen) durch. Er löste die alten Stämme auf und ersetzte sie mit 10 neue Phylen, welche sich nicht nach Abstammung definierten, sondern nach Territorium. Jeder Stamm erhielt drei Gebiete. Eines in der Stadt Athen, eines am Meer und eines im Binnenland. So wurde erreicht, dass alle Phylen ungefähr gleiche ökonomische und damit auch politische Chancen hatten. Jede Phyle konnte 50 Bürger in die Ratsversammlung entsenden. Gleichzeitig wurden Gerichte eingesetzt, die aber mehr als 100 Mitglieder hatten, damit sie zu groß wurden, um nicht die Mehrheit der Mitglieder zu bestechen. Die Reformen wurden von 507 bis 505 durchgeführt, als in Attika rund 120.000 Menschen lebten, in der Stadt Athen selbst rund 7.500. Für antike Verhältnisse war das Gebiet groß und wohlhabend und daher äußerst attraktiv.
Das sahen auch andere Mächte so. Der nach Persien vertrieben Hyppias schloss sich dem dortigen Heer an, das Athen als lohnendes kriegerisches Ziel ausgemacht hatte und 490 einem Feldzug gegen die Stadt unternahm. Nachdem die Perser schnell und reibungslos Gebiete in der Ägäis eingenommen hatten, gingen sie bei Marathon an Land, wo sie aber auf eine beachtliche Truppe von 9.000 Fußsoldaten der Athener trafen und verloren. Ein glorreicher Sieg für die Griechen. Schnell wurde die Schlacht zum Mythos, in welcher Freiheit gegen Knechtschaft siegte und Demokratie gegen Despotie.
Die Perser jedoch waren nur kurz geschlagen und sollten einen neuen Angriff vorbereiten. Der Großkönig Xerxes führte zehn Jahre später ein gewaltiges Heer über den Hellespont, die heutigen Dardanellen, mit einer Brücke aus 300 aneinander befestigten Schiffen in Richtung Athen. Die Athener waren aber ebenso gewappnet und hatten ihre Strategie geändert. Sie setzten nun auf ihre neu aufgebaute Marine. Tatsächlich zeigte sich aber schnell, dass man auch mit 200 Schiffen nichts gegen die persische Übermacht ausmachen konnte. Die Schiffe wurden benutzt, um die Bevölkerung zu evakuieren. Die Perser besetzten Athen. Sie raubten zahlreiche Kunstwerke, unter anderem die beiden Statuen, die zu Ehren der Tyrannenmörder des Hipparchos erstellt wurden und richteten größere Zerstörungen insbesondere auf der Akropolis an. Es kam nun auf eine zweite Auseinandersetzung an, die als Seeschlacht von Salamis bekannt wurde. Die griechischen Poleis einte die Anstrengung gegen den gemeinsamen Feind und sie siegten. Zu Lande wurde eine Entscheidung, in der Schlacht von Plataiai gesucht, in welcher die restlichen Perser geschlagen wurden und zurück nach Kleinasien flohen. Nach der Rückeroberung der Stadt war es den Athenern ein großes Anliegen die beiden Statuen der Tyrannenmörder schnell wieder zu erbauen und so wurde die Vertreibung der Tyrannis und der Sieg über die Perser nachfolgend als eng miteinander verbundene Ereignisse begriffen, die das attische Selbstbewusstsein stärkten.

Athen als Großmacht der griechischen Welt

Im antiken Griechenland existierte nicht ein zusammenhängender Territorialstaat, sondern eine größere Anzahl von einander unabhängigen Stadtstaaten, sogenannten Poleis. Nach dem Sieg gegen die Perser etablierten sich die Polis Athens als eine der führenden Mächte im System der Stadtstaaten.
Der Wiederaufbau der Stadt nach den Verwüstungen durch die Perser gelang schnell und wurde durchaus prachtvoll (mehr dazu im nächsten Kapitel) gestaltet. Seine Stellung in der Welt der griechischen Stadtstaaten festigte Athen mit dem weiteren Ausbau seiner Flotte und wurde so zu einer unumstrittenen Regionalmacht, die darum bemüht war, die Herrschaft über die griechische Inselwelt zu erlangen. Die geeignete Institution dafür war der Attisch-Delische Seebund. Gegründet wurde er im Jahr 477, auf der Insel Delos, der Heimat des Apoll-Kultes, dem sich auch die ionischen Griechen anschließen konnten. Ziel war es, den Druck auf die immer noch als Gefahr wahrgenommenen Perser aufrecht zu erhalten. Athen war sehr einverstanden, dass die Bundeskasse auf der heiligen Insel Delos deponiert wurde, konnte das doch etwas den Eindruck mildern, dass die Athener das Sagen im Bund hatten und Bundesgelder nicht nur für militärische Zwecke, sondern auch zum Ausbau der Stadt ausgaben. Obwohl innerhalb des Stadtstaates die Regeln der Demokratie hochgehalten wurden, war Athen nicht an gleichberechtigter Politik gegenüber den anderen Mitgliedern des Seebundes interessiert, sondern eher darauf, den eigenen Bedarf zu decken. Die attische Polis agierte imperialistisch.
Das wichtigste Problem war das der Getreideversorgung, denn Athen war nicht mehr in der Lage die eigene Polis allein zu versorgen. Schätzungen zeigen dass man rund 84.000 Personen hätte versorgen können, tatsächlich muss die attische Polis im späten 5. Jahrhundert wohl über 300.000 Einwohner gehabt haben.[2] Man kann also davon ausgehen, dass mindestens die Hälfte des Getreides importiert werden musste. Eine große Bedeutung kam dabei der Insel Euböa zu, die gemeinsam mit Lemnos, Lesbos und Thrakien die von Athen systematisch verwalteten Kornkammern waren.
In der griechischen Welt etablierte sich in der Zwischenzeit ein zweiter politisch-militärischer Zusammenschluss, der peloponnesische Bund, der die Städte Südgriechenlands vereinte und von Sparta angeführt wurde. Beide Vereinigungen hatten unterschiedliche Vorgehensweise, wie sie mit ihren Mitgliedern umgingen. Während Sparta versuchte mit seinen Bundesgenossen zusammenzuarbeiten, war der attisch-delische Seebund durch die Herrschaft Athens dominiert, wobei die erfolgreiche attische Führung und der dadurch entstandene Ruhm, die anderen Stadtstaaten so beeindruckte, dass eine attische Dominanz gern in Kauf genommen wurde. Der Bund focht zahlreiche Schlachten gegen die Perser aus, so 466 an der Mündung des Eurymedon und unterstützte Aufstände in Ägypten oder in Zypern.
Eigentlich sollten sich Athen und Sparta, oder eben der attisch-delische und der peloponnesische Bund, nicht in den Weg kommen, denn beide hatten unterschiedliche Interessen. Athen war an der Ägäis, Sparta an der Peloponnes interessiert. Die Probleme starteten, als weniger bedeutende Städte die beiden Stadtstaaten in ihre Konflikte hereinzogen. Ausschlaggebend war Epidamnos, eine strategisch günstig gelegene Stadt an der Adriaküste. Als innenpolitische Probleme in der Stadt zwischen Aristokraten und Demokraten auftauchten, wandten sich die Demokraten an die Mutterstadt Korfu (damals Kerkyra), die wiederum eine Tochterstadt von Korinth ist. Griechische Städte, so muss an dieser Stelle eingeschoben werden, gründeten, wenn sie eine gewisse Größe erreichten, neue Städte bzw. Kolonien, die dann Tochterstädte wurden, was durchaus, wie an diesem Beispiel absehbar, auch über mehrere „Generationen“ weitergeführt werden konnte. Kerkyra lehnte aber das Ansinnen von Epidamnos ab, worauf diese sich an die „Großeltern“ in Korinth wandten. Korinth und Kerkyra wiederum hatten ein sehr unterkühltes Verhältnis, fühlte man in Korinth zu wenig Respekt von Seiten der Tochterstadt, während man dort wiederum die eigenen Leistungen, man war mit 120 Schiffen die zweitgrößte Seemacht Griechenlands hinter Athen, nicht genug gewürdigt sah. Zwischen Stadtstaaten konnte es also durchaus wie in richtigen Familien zugehen. Kerkyra fragte schließlich Athen um Beistand, in dem es um Aufnahme in den attisch-delischen Seebund bat, was Athen wiederum im Gefühl größtmöglicher Machtentfaltung erlaubte. 433 kam es dann zu einer Seeschlacht zwischen Kerkyras Flotte und Schiffen aus Korinth und dessen Verbündeten von der Peloponnes, bis eine Abordnung aus Athen eintraf, die einen solchen Eindruck machte, dass die Korinther sich lieber zurückzogen. Athen, natürlich auch an den wirtschaftlichen bzw. handelspolitischen Möglichkeiten der Adriaküste interessiert, zeigte hiermit deutlich das man sich als Imperialmacht verstand, die einzugreifen gedenkt, wenn ein eigenes Interesse geweckt wäre. Bei einem großen Teil der griechischen Welt traf diese nicht mehr auf großes Gefallen. So zog auch Sparta in den Krieg gegen Athen und den Seebund. Es begann der Peloponnesischer Krieg, der Verwüstung, Grausamkeit, Krankheiten und viele Tote mit sich brachte. Ohne die Tiefe der Auseinandersetzung zu schildern, brach der Krieg bis nach Sizilien hinaus, wo 415 unter anderem die Schlacht um Syrakus stattfand, die Athen verlor. Mit der Schlacht von Aigospotamoi 405 endete der Krieg mit dem fast vollständigen Versenken der athenischen Flotte. Sparta war nun der neue Hegemon in Hellas und setzte eine Schreckensherrschaft aus 30 Tyrannen in Attika ein.           

Der Höhepunkt der athenischen Welt

Der Aufstiegs Athens zur Hegemonialmacht in Griechenland hatte jedoch auch weitreichende innere Entwicklungen in der Polis veranlasst, in welcher sie sich zu einer bis dato noch nie da gewesenen Kulturmetropole mauserte, dessen Erinnerung sich über Jahrhunderte hinweg bis heute gehalten haben. Deshalb folgt jetzt ein Blick zurück, von der Niederlage im Peloponnesischen Krieg hin zum Sieg gegen die Perser.
Der Wiederaufbau nach der Verwüstung durch die Perser löste einen wirtschaftlichen Boom aus. Die Bürger Attikas zogen vermehrt von den ländlichen Regionen der Halbinsel in die Stadt, gleichzeitig wurde der Hafen in Piräus stark ausgebaut, um für die Seemacht Athen dienlich zu sein. Die Anwesenheit in der Stadt war auch der politischen Mitbestimmung geschuldet, denn die Bürgerversammlung und die Gerichte tagten häufig.
Das erforderte zahlreiche Bauaufgaben in der Stadt. Die von Themistokles durchgesetzte Strategie Athen zu einer Seemacht auszubauen, benötigte notwendigerweise den Aufbau eines geeigneten Hafens. Dieser wurde in Piräus, rund vier Kilometer von der Akropolis entfernt an einer geografisch günstigen Stelle erbaut. Von großer Bedeutung war es Hafen und Stadt als Einheit zu verteidigen, womit die Stadtmauern erheblich ausgebaut werden mussten. Ab den 470er Jahren wurden Land- und Seemauern errichtet, die ein Dreieck Athen – Piräus und die Bucht von Phaleron einschlossen. Doch das Gebiet war verteidigungstechnisch zu groß und benötigte zu viele Streitkräfte (die man lieber auf den Schiffen verwendete), um es effektiv zu kontrollieren. So wurde in den 440er Jahren eine dritte Mauer angelegt, die parallel zur Mauer nach Piräus erbaut wurde, die es jedoch ermöglichte eine Transportstraße innerhalb der befestigten Anlage entlang zu führen, bei gleichzeitig geringer Einsatzstärke für das Militär. Die so entstandenen Anlagen wurden die Langen Mauern genannt.
Gleichzeitig zur Stadt an der Akropolis entwickelte sich Piräus damit zu einer (eigenen) wachsenden Stadt, die als Hafen Kaufleute aber insbesondere Schiffsbauer Handwerker anzog.[3] In Athen selbst mussten ebenso neue Häuser erbaut werden, gleichzeitig galt es viele repräsentative Bauaufgaben anzugehen, war man sich doch bewusst, dass man architektonisch seiner Vormachstellung unter den griechischen Poleis Ausdruck verleihen musste. Das bedurfte einer ganzen Reihe von finanziellen Mitteln. Man besann sich einerseits auf die Silberminen in Laureon im Süden von Attika. Diese Minen wurden schon seit dem 3. Jahrtausend genutzt, niemals aber systematisch ausgebeutet, so dass sie volkswirtschaftlich ins Gewicht gefallen wären. Höchstwahrscheinlich fehlten einfach technische Mittel oder ausreichende Arbeitskräfte. Man warb Experten aus Nordgriechenland an, um den Abbau zu forcieren. Der Bergwerksbau, der vom Staat verpachtet wurde, expandierte schnell. Hauptsächlich Sklaven schufteten in den Mienen und schufen damit neuen Reichtum der Polis. Der intensive und auf kurzfristige Einnahmen ausgelegte Bergbau, verursachte mit der Zeit größere Umweltschäden, die sich später im 4. Jahrhundert sehr negativ bemerkbar machten. Viele Gebiete konnten nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden, unverhüttete Silber- und Bleischlacken wirkten sich auf die Gesundheit der Bewohner Athens aus, nicht zuletzt war der Baumbestand in der Region rapide zurück gegangen. Diese Effekte waren aber erst längerfristig bemerkbar. Kurzfristig waren es die Einnahmen die interessierten.
Die andere große Einnahmequelle war die Bundeskasse des attisch-delischen Seebundes, die bis 454 in Delos verblieb, dann aber nach Athen geholt wurde, wo die eingezahlten Bundesgelder noch einfacher für die eigenen städtischen Belange benutzt werden konnte. Der Hegemon zu sein, war zweifellos von Vorteil! In dieser Zeit lebten allein in der Stadt Athen mindestens 35.000 Menschen, was sie zur bevölkerungsreichsten Stadt Griechenlands machte, doch wie schon erwähnt, es war nicht die Größe der Stadt, die uns heute noch beeindruckt, sondern der Beitrag Athens zur Weltkultur.
In jenen Tagen entstanden einige der bedeutendsten Schätze der Menschheitsgeschichte. Herodot veröffentlichte seine Historien, eine erste Universalgeschichte seiner Zeit, die ihm zum „Vater der Geschichtsschreibung“ machten. Aus dem von Peisistratos eingeführten Fest der „Großen Dionysien“ entwickelte sich die griechischen Tragödien. Bei den Festveranstaltungen in der zweiten Märzhälfte wurden in Form eines Wettbewerbs szenische Aufführungen präsentiert, die nicht nur nach ihrem Text, sondern auch nach der Schauspielkunst, der Kostümierung und der Bühnenausstattung beurteilt wurden. Das alles wurde am Südhang der Akropolis in einem rechteckigen Bezirk dargeboten, auf denen hölzerne Bühnen erbaut wurden. Das wohl älteste erhaltene Stück ist Aischylos „Die Perser“ aus dem Jahr 472, in welchem die persische Niederlage aus deren Augen beschrieben wurde. Neu war, dass das Kriegsergebnis nicht als Resultat strategisch-taktischer Fehler aufgeführt wurde, sondern als eine Moralgeschichte welche die Hybris der Perser thematisierte und die Götter erzürnte. Solche Stücke begeisterten das Publikum. Die geschäftstüchtigen athenischen Töpfer produzierten Vasen, welche symbolische Bilder der aufgeführten Stücke wiedergaben und so die zumeist nur ein einziges Mal aufgeführten Werke in Erinnerung hielten. Aischylos Aufführungen erlangten eine so große Popularität, dass einige seiner Tragödien sogar posthum gespielt wurden und Siege bei den Wettbewerben errangen. In seiner Nachfolge agierten Künstler wie Sophokles, dessen Stücke nicht nur politische Themen thematisierten, sondern auch Grundfragen des menschlichen Daseins reflektierten. Noch heute werden seine Werke, wie beispielsweise die Antigone, in Theatern auf der ganzen Welt gespielt. Nicht zu vergessen ist auch der dritte der großen griechischen Tragödiendichter Euripides, der durch seine sozialkritischen Stücke in seiner Heimat Athen nicht die ganz große Popularität erlangte und dessen Aufführungen erst nach seinem Tode euphorisch gefeiert wurden. Rund 100 Jahre später, in der Mitte des 4. Jahrhunderts wurde unter Lykurg das Theater im Dionysosheiligtum zu einer permanenten Architektur aus Stein erweitert, in welchem 17.000 Personen im halbkreisförmigen Zuschauerraum Platz fanden. Dies zeigt den großen und langfristigen Erfolg der Aufführungen. Am Eingang des Theaters wurden Statuen zu Ehren der drei großen Dramatiker aufgestellt.
Ab der Mitte des 5. Jahrhundertwurde wurde in Athen für die Ewigkeit gebaut. Auf der heiligen Akropolis wurde ein Gebäudeensemble errichtet, dass auch noch heute, rund 2.500 Jahre später, und das als Ruine, die Besucher der Stadt in seinen Bann zieht. Der Initiator des Projektes des Neubaus der Akropolis war Perikles, der mit dem Bau den Anspruch der Stadt bekräftigte, politisches und sakrales Zentrum aller ionischen Griechen zu sein. Diesem architektonischen Meisterwerk der Weltgeschichte soll ein eigener Beitrag gewidmet werden, der hier zu finden ist.
Die Akropolis wurde in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts fertiggestellt, der Blütezeit Athens, in welcher die Stadt sich als die Erzieherin Griechenlands sah. Die gewaltigen Baumaßnahmen erstaunen insbesondere, da die Stadt sich, wie oben beschrieben, des Öfteren im Kriegszustand befand. Zeitgleich mit dem Bau der Akropolis wurde das Hephaiston errichtet, der Tempel für die beiden Götter der Kunstfertigkeit. Der Tempel steht oberhalb der Agora, mit der er über eine Steintreppe verbunden war und bildet in Stein nochmals die künstlerischen Leistungen der Stadt ab, in der nuancenreich und sublim wie noch nie in der Weltgeschichte künstlerische Werke geschaffen wurden. Die Agora, dass städtische Zentrum, war ein offener Platz, auf denen man Gerichtshöfe und Verwaltungsgebäude fand, wobei festzustellen ist, dass die Bürgerversammlungen hier nicht stattfanden, sondern auf dem Pnyx-Hügel, der in etwa, wie ein ansteigendes Theater ausgestaltet war und wo jeder Bürger sein Anliegen vortragen konnte. Das sitzende Publikum konnte hier den Rednern zuhören. Die ekklesia, also die Bürgerversammlung wurde 40 mal im Jahr abgehalten und es war der Ort, wo die Macht der Rhetorik erstmals die Entscheidungen aller Bürger beeinflussen sollte.
Nach der endgültigen Niederlage Athens im Peloponnesischen Krieg verfiel die Vormachtstellung der Stadt in der Welt der griechischen Poleis. Für einige Jahre gab es auch keine Bürgerversammlungen mehr, denn 30 Tyrannen aus Sparta regierten Athen mit teilweise radikalen Säuberungsaktionen unter der Bevölkerung, bevor die Tyrannen letztendlich vertreiben werden konnten und sich wiederum eine demokratische Ordnung durchsetzte. Außenpolitisch nicht mehr bedeutungsvoll, etablierte sich Athen aber als Hort der Bildung neu. Die Geburt der Philosophie, die das Fundament des systematischen und wissenschaftlich orientierten Denkens fand ebenfalls in Athen statt. Sokrates, der in der attischen Demokratie lebte, gilt als der Urvater der Philosophie, der „Meister aller Meister“ (Michel de Montaigne) auch wenn von ihm nur indirekte Quellen vorhanden sind. So stammt alles was wir über bzw. von ihm wissen, aus sekundären Veröffentlichungen seiner Schüler wie Xenophon, oder Platon. Letztgenannter verließ nach dem Todesurteil gegen Sokrates im Jahr 399 Athen, weil ihm ein solches Verdikt alles andere als gerecht vorkam. Er reiste durch die antike Welt und kam schließlich nach Athen zurück, wo er eine kleine Gruppe von Schülern um sich scharte, die er dialogisch von seinen Vorstellungen der Welt unterrichtete. Nördlich der Stadt erwarb er am heiligen Hain des Heros Akademos ein Grundstück und gründete dort eine Schule, die sich nach dem Grundstück Akademie nannte. Daraus entwickelte sich eine Bildungsinstitution, aus der beispielsweise Aristoteles hervorging, welcher später der Lehrer Alexander des Großen wurde.  Als Aristoteles vom makedonischen Königshof nach Athen zurückkehrte, gründete er seine eigene Schule, im Lykeion. Auch Antisthenes, ein anderer Schüler Sokrates eröffnete eine eigene Schule, im folgte Epikur, der sich aus Samos kommend, in Athen niederließ und 306 eine eigene Bildungseinrichtung ins Leben rief, bevor um 300 mit der Stoa die fünfte große Philosophenschule in Athen entstand. Ihr Name entstand aus der Säulenhalle auf dem Hauptplatz der Agora, wo sich Zenon von Kiton mit seinen Schülern traf. Obwohl seiner politischen Bedeutung beraubt wurde Athen so ein Zentrum geistiger Bildung und der Geburtsort der Philosophie.

Athen im hellenistischen und römischen Zeitalter

Tatsächlich waren die politischen Realitäten für die Stadt eher trist. 338 geriet Athen unter makedonische Herrschaft und verlor seine vollständige Souveränität. Die neuen Machthaber zeigten sich jedoch als Förderer der Kunst und Bildung und so blieb der Polis der Ruf als Stadt des Geistes. Großzügig wurde Athen von den ptolemäischen Machthabern aus Alexandria unterstützt, die gern an den panathenäischen Spielen teilnahmen. Auch die Könige Pergamons, wie Eumenes I. sahen in Athen ein Vorbild und baute seine Hauptstadt Pergamon danach um. Mit einigen finanziellen Mitteln beteiligte man sich beispielsweise am Ausbau des Dionysostheaters. König Attalos II. beschenkte Athen mit einer Säulenhalle am Ostrand der Agora, die heute von amerikanischen Förderern wiederaufgebaut wurde und besichtigt werden kann. Athen wurde zu einer Art von kulturellem Zentrum der Antike. Als Handelsstadt musste man sich jedoch langsam dem immer bedeutender werdenden Rhodos geschlagen geben, dass zum neuen Zentrum des ägäischen Handelsnetzes wurde und damit auch dem Hafen Piräus Marktanteile abspenstig machte.
Als die Römer zur neuen Hegemonialmacht im Mittelmeer wurden, ernannten diese Delos zu einem Freihafen, um den Handel im widerspenstigen Rhodos zu schädigen. Athen sollte die Verwaltung von Delos übernehmen. Während die Insel prächtig gedieh kam auch Athen zu neuem Wohlstand. Ein heute noch sichtbares Zeichen ist der Turm der Winde, ein 15m hoher Turm, der um 100 gebaut wurde. Auf seiner Spitze befand sich eine Wetterfahne, die über den acht Seiten des Bauwerks sich drehte und damit die acht Windrichtungen anzeigte, die auf den Seiten allegorisch abgebildet wurden und noch heute zu sehen sind. Für die Seefahrerstadt Athen hatte dies auch praktischen Nutzen, denn die Windrichtung war ein elementarer Fakt für den Schiffsverkehr. Der praktische Nutzen des Turms der Winde wurde verstärkt durch eine eigene Sonnenuhr auf jeder der Seiten. Der Clou des Gebäudes war aber eine Wasseruhr im Inneren, welche die damals präziseste Zeitmessung der antiken Welt ermöglichte.
Den Römern, der neuen „Weltmacht“ der antiken Welt, erwuchs in jenen Jahren ein neuer Feind, das Königreich Pontos, dass von der Südküste des Schwarzen Meeres aus, sich kräftig ausbreitete. Dessen König Mithridates VI. konnte seine Macht bis auf die Ägäis erweitern und in Athen war man bereit sich ihm anzuschließen. Nach innerrömischen Streitigkeiten setzte sich dort Lucius Cornelius Sulla durch, der im Jahr 87 mit einer Armee in Attika auftauchte, die Stadt Athen belagerte, sie einnahm und schließlich massiv zerstörte, woran allerdings Piräus mehr litt als Athen selbst. Sulla ließ insbesondere die Verteidigungsmauern abreisen, die bis dato immer noch den Hafen von Piräus eingeschlossen hatten. Der Hafen verlor damit völlig seine Bedeutung und Athen wiederum seine Rolle als wichtiger Handelsplatz. Die nachfolgenden Herrscher Roms schenkten Athen nur wenig Aufmerksamkeit und es war erst Kaiser Augustus und insbesondere sein Weggefährte Agrippa, welche die Stadt wieder mit Beachtung und Güte bedachten. Agrippa ließ das Odeion auf der Agora bauen, einen Vortrags- und Konzertsaal in welchem bis zu 1.000 Besucher Platz fanden. In der Zeit Augustus fand in Rom eine starke Hinwendung der Öffentlichkeit zu klassischer athenischer Kunst statt, so dass nicht wenige Athener Künstler an der kaiserzeitlichen Kunst beteiligt waren. Gleichfalls fiel Athens Ruf als Bildungsstädte bei den Römern auf offene Ohren. Sie sendeten ihre lernbegierigen Kinder in die Stadt, um an den Philosophenschulen zu studieren. Athen blühte wieder auf und das verdankte die Stadt wiederum ihrem Ruf aus der klassischen Vergangenheit, welche um die Zeitenwände tatsächlich schon mehrere hundert Jahre vergangen war. Athen wurde durch diese Anziehungskraft so etwas wie eine kosmopolitische Stadt der Antike. Hier trafen sich Menschen aus ganz unterschiedlichen Herkunftsgebieten. Schön zeigt dies ein heute noch erhaltenes Monument für Gaius Iulius Antiochus Philopappus, dem letzten Nachkommen einer nordsyrischen Königsdynastie. Im wurde wegen seiner Wohltaten um 116 n. Chr. (ab sofort beziehen sich alle nicht weiter definierten Jahrenzahlen in der folgenden Argumentation auf unsere Zeitrechnung) ein Denkmal gesetzt, dass nicht nur seine Wohltaten für die Stadt Athen pries, sondern auch seine Leistung als römischer Konsul würdigte und seine Herkunft aus königlichen Hause der Kommagene anzeigte. Denkmäler die so unterschiedliche Herkünfte und Orte in sich vereinten, waren äußerst selten in der Antike.   
Es war aber insbesondere der römische Kaiser Hadrian, der Athen weiter ausbaute. In seiner Jugend durchlief er eine klassisch griechische Bildung und fühlte sich als Kaiser berufen, die Stadt zu neuem Glanz zu verhelfen. Ein neues Aquädukt wurde gebaut, neue Straßen und Plätze errichtet und er erließ Gesetze, die den Verkauf des athenischen Olivenöls stark verbesserten und somit die wirtschaftliche Situation der Bürger verbesserte. Hadrian lag insbesondere daran den Ruf Athens als Bildungsstadt zu polieren, weshalb er eine neue Hochschule einrichtete. Auf einer Fläche von 90x120m entstand ein Gebäude für Bibliotheken und Hörsälen, so wie den obligatorischen Säulengängen und Grünflächen.
Im Osten der Akropolis ließ Hadrain das Olympieion vollenden, einen Tempel, der bereits unter den Peisistratiden begonnen wurde. Das ganze Projekt wurde vollkommen neu überdacht. Der Kult des Zeus Panhellenios wurde neu eingeführt und das Gebiet zu einem sakralen Zentrum erklärt, um so den Gemeinsinn aller Griechen zu befördern. Dies geschah mit der Durchführung gemeinsamer Spiele, die unter dem Vorsitz Hadrians erstmals 125 abgehalten wurden. Am Eingang zum Bezirk ließen die Athener ein Denkmal bauen, das Hadrianstor, dass den Kaiser in den höchsten Ehren, als eine Art zweitem Stadtgründer, pries.
Ab dem Ende des 2. nachchristlichen Jahrhunderts erlahmte wiederum die Bautätigkeit in Athen. Trotzdem blieb die Stadt wohlhabend und damit ein beliebtes Ziel für Räuber, die dem spätrömischen Reich immer mehr zu schaffen machten. 267 überfielen die Heruler Athen und richteten schwere Verwüstungen an. Als Reaktion darauf wurde der Bau einer neuen Stadtmauer intensiviert, allerdings in ihren Dimensionen viel kleiner als vor der Zerstörung Sullas. Sie umschloss die Akropolis und die Gebiete nördlich davon. Tatsächlich sollte aber diese Stadtmauer bis ins 19. Jahrhundert hinein ausreichend für die Größe der Stadt bleiben. Das Zentrum der Stadt lag nun in der römischen Agora, die etwas weiter östlich der alten griechischen Agora gelegen war und eigentlich schon länger ein Handelsplatz war. Athen konnte sich aber den Ruf als Ort der Bildung bewahren, auch als das römische Reich sich in zwei Hälften spaltete und Athen nun zum byzantinischen Reich gehörte. Byzanz, das christliche Konstantinopel, wurde zum neuen Machtzentrum der griechischen Welt. Das Christentum wurde zur Staatsreligion und auch in Athen entstanden die ersten frühchristlichen Kirchen, bevor der Einfluss der christlichen Kirche beständig zunahm. Ab dem 5. Jahrhundert baute man heidnische Tempel zu Kirchen um, wie dies nicht nur im Pantheon, sondern auch im Erechtheion, den Propyläen oder im Turm der Winde vollzogen wurde. Dramatisch traf die Stadt, dass durch ein Dekret Kaiser Justinians die philosophischen Schulen der Stadt als Orte des Heidentums geschlossen werden mussten. Damit versank Athen nicht nur als Hort der Bildung in die Bedeutungslosigkeit. Es gibt tatsächlich kaum noch Quellen, die in den nächsten Jahrhunderten von der Stadt sprechen. Athens antike Geschichte war damit zu Ende gegangen.

Athens bedeutungslose Jahrhunderte

Die Stadt lebte weiter, aber nur als größeres Dorf im Schatten von Konstantinopel. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden einige neue Kirchbauten errichtet, im byzantinischen Baustil gehalten, wie beispielsweise die wundervolle Agii-Apostoli-Kirche. Als 1204 der 4. Kreuzzug das orthodoxe Konstantinopel eroberte, bildeten sich in Griechenland kleinere Staaten, die in den Besitz der Franken kamen, Athen fiel auch darunter. Das byzantinische Reich und insbesondere Konstantinopel waren aber durch den innerchristlichen Streit (katholische gehen orthodoxe Kirche) so geschwächt, dass 1453 die Stadt und fast in einem Atemzug das verbliebene Reich an die neue Macht Kleinasiens und Osteuropas fielen; das osmanische Reich. Nur drei Jahre nach Konstantinopel fiel Athen ebenfalls an die Osmanen, die der Stadt keine Bedeutung zumaßen. Als die Renaissance das mittelalterliche Europa wachküsste, war Athen so vergessen, dass einige Gelehrte annahmen die Stadt sei zerstört und untergegangen. Tatsächlich lebte sie als kleines Städtchen bis ins 19. Jahrhundert weiter vor sich hin. Die Türken ließen sich auf der Akropolis nieder und bauten dort eine Garnison aus, während die Griechen in der Unterstadt, der heutigen Plaka, lebten. Als die Venezianer 1687 die Stadt erfolglos belagern, zerstörte eine Kanonenkugel das Parthenon, das von den Osmanen als Munitionslager genutzt wurde, nur ein weiteres Detail im dramatischen Niedergang.  
Die Idee des antiken Athens mit seinen kulturellen Errungenschaften von der Demokratie bis zur Philosophie blieben aber in Erinnerung und hielten länger als die Steine auf der Akropolis. Als 1821 der griechische Unabhängigkeitskrieg gegen das osmanische Reich ausbrach, sympathisierte der Großteil von Europa mit den Griechen, die schließlich 1830 ihren eigenen Staat ausrufen konnten. Da nach der französischen Revolution, den napoleonischen Kriegen und dem Wiener Kongress die Zeichen in Europa aber so gar nicht nach einer demokratischen Ordnung für den entstehenden Staat aussahen, bestimmten die europäischen Großmächte einen neuen König für den griechischen Staat. Dafür suchte man sich eine eher schwache Monarchie aus und ernannte einen Wittelsbacher, Prinz Otto von Bayern, zum neuen griechischen König. Griechenland bleib nach 368 Jahren osmanischer Herrschaft und einem erfolgreichen Unabhängigkeitskrieg daher de facto weiter fremdbestimmt.

Das neue Athen entsteht

König Otto reiste 1833 erstmals in sein neues Land und erreichte die kleine Stadt Nafplia auf der Peleponnes, die in Mangel an Alternativen zur Übergangshauptstadt ernannt wurde. Schnell entschloss man sich jedoch, Athen zur Hauptstadt zu machen. In jener Zeit lebten rund 5.000 Menschen in der Stadt, an der die großen Kunstepochen wie Romanik, Gotik, Renaissance oder Barock schlicht vorübergezogen sind, ohne Spuren zu hinterlassen.
Die Ernennung zur Hauptstadt Griechenlandes ist der Beginn des modernen, heutigen Athens. Nach den Zerstörungen des griechischen Befreiungskampfes gegen die Osmanen war nun die Möglichkeit geboten, eine neue repräsentative Hauptstadt zu erbauen. An Plänen dafür mangelte es nicht. Der erste Entwurf für „Neu-Athen“ von Stamátios Kleánthes und Eduard Schaubert wurde ebenso wenig angewendet wie eine Revision dieser Pläne von Leo von Kletze. Es war schließlich der bayrische König Ludwig I., der seinem Sohn Otto I. von Griechenland die Entscheidung abnahm, die hauptsächlich darin schwankte, wo das königliche Schloss errichtet werden sollte. Dies wurde dann auf einer Höhe am Syntágma-Platz gebaut. Von hier aus, so sah es schon der Ur-Plan vor, wurde ein dreiecks-förmiges Straßennetz aufgespannt, dass aus drei Hauptstraßen bestand. Auf der Panepistímiou-Straße wurde ein neoklassizistisches Ensemble aus drei repräsentativen Bauwerken erstellt, der Universität, der Akademie und der Nationalbibliothek, die zusammen die Athener Triologie bilden. Doch schon von Beginn an, setzte die Bodenspekulation allen Plänen massiv zu, obwohl das neue Athen anfangs nur langsam wuchs. Ein Ende des Dreiecks, der Omonia-Platz war noch für 50 Jahre das äußere Ende der Stadt.
Nachdem 1863 König Otto abgesetzt wurde, übernahm der dänische Prinz Wilhelm den Thron in Griechenland, dass in den Folgejahren zahlreiche neue Gebiete, wie die ionischen Inseln, Thessalien und Teile von Epirus zugesprochen bekam und damit wuchs. Zum Zeichen, dass die Industrialisierung auch im Südosten Europas Einzug hielt, wurde die erste Eisenbahnverbindung des Landes 1869 zwischen Athen und Piräus eröffnet. Sie ist eine Vorstufe der später weiter ausgebauten Athener U-Bahn. 1880 schließlich zählte die Stadt bereits 100.000 Einwohner und wurde zur Großstadt. 1888 wurde das Kongresszentrum Zappeion in der Nähe des Königsschlosses eröffnet und 1896 die ersten olympischen Spiele der Neuzeit in Athen gefeiert, die jedoch eine durch und durch moderne Version der Spiele darstellten und mit den antiken olympischen Wettkämpfen nur noch sehr wenig zu tun haben. Griechenland als Staat wuchs auch zu Beginn des 20.Jahrhunderts und verleibte sich 1913 nach dem zweiten Balkankrieg den größten Teil von Makedonien und die Hafenstadt Thessaloniki ein. Mit dem Griechisch-Türkischen Krieg von 1919/22 kommt es zur kleinasiatischen Tragödie, als griechische Ideen die Grenzen des alten byzantinischen Reiches für sich wiederzuerlangen kläglich scheitern und die alte Hafenstadt Smyrna (das heutige Izmir) völlig zerstört wurden und an die Türkei fiel. 1923 wurde die Türkei im Vertrag von Lausanne zu einem souveränen Staat erklärt und ein Bevölkerungstausch vereinbart. 500.000 Türken mussten griechische Gebiete verlassen, und 1,5 Millionen Griechen, türkisches Staatsgebiet. Viele siedelten sich in den Vorstädten von Athen an, wo zahlrieche neue Wohnviertel entstanden, die an die alten Städte erinnern (z.B. Nea Smyrni). Das war der Beginn der gewaltigen Ausdehnung der Athener Stadtlandschaft. Gleichzeitig konnte die Stadt sich als Ort von Kunst und Kultur wieder einen Namen machen, 1933 beispielsweise wurde hier die Charta von Athen unterzeichnet, dass Manifest der modernen Architektur.
Der 2. Weltkrieg brachte erst einen italienischen Angriff und dann die deutsche Besetzung des Landes. Nachfolgend zur Unterdrückung kamen Hunger und Tod. In den Kriegswintern 41/42 und 42/43 sollen im Großraum Athen über 100.000 Menschen verhungert sein. Es folgte der griechische Bürgerkrieg von 1944 bis 49, der die griechische Volkswirtschaft an den Rand ihrer Auflösung brachte. Trotzdem, oder vielleicht eher deshalb, zogen verstärkt in 1960er Jahren immer mehr Menschen nach Athen, war dies doch die wirtschaftlich stabilste Region, eines insgesamt rückständigen europäischen Staates, der erst nach dem Ende der Militärjunta 1974 wieder eine Demokratie einführte. Dem langzeitig vollkommen ignorierten Ausbau der städtischen Infrastruktur wurde erstmals in den 1990er Jahren begegnet. Getrieben von der Olympia-Bewerbung für 2004 wurden die U-Bahn, Autobahnen und ein neuer Flughafen ausgebaut. Mit dem Ausrichten der Olympischen Spiele wurden diese Bemühungen nochmals verstärkt. Die Pláka wurde sorgsam renoviert und die antiken Sehenswürdigkeiten zu einem zusammenhängenden Kulturstätten-Areal vereinigt.  So ist Athen auch heute noch eine Stadt, die auf Fremde besonders anziehend wegen seiner historischen Bedeutung und dessen sichtbaren Zeugen ist, aber es ist auch eine moderne Stadt mit viel Leben, die aber noch etwas baufälliger und unaufgeräumter wirkt, als andere „schicke“ europäische Metropolen.        

Literaturempfehlungen:

Ulrich Sinn „Athen. Geschichte und Archäologie“ (2004); eine kurze und übersichtliche Einleitung in die Geschichte der Stadt insbesondere in der Antike

Klaus Gallas „Reclams Städteführer Athen“ (2013); ein hervorragendes Büchlein für jeden Athen-Reisenden, starke Orientierung an den archäologischen Sehenswürdigkeiten, aber sehr fundiert und erhellend geschrieben

Colin McEvedy „Städte der klassischen Antike“ (2011); in diesem Buch werden 120 Städte der Antike vorgestellt, u.a. auch Athen und Piräus, ein Reiseführer in die Vergangenheit

Richard Sennett „Fleisch und Stein. Der Körper und die Zivilisation in der westlichen Welt“ (1997); in diesem Buch werden das Körperbewusstsein, Rituale und kulturelle Muster in verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte beleuchtet, u.a. auch im Athen zu Zeiten Perikles 

David Abulafia „Das Mittelmeer. Eine Biographie“ (2013); auch in Abulafias wundervoller Biographie der Geschichte des Mittelmeers ist selbstverständlich das klassische Athen und besonders seine Auseinandersetzungen mit anderen Polei vertreten

 

Anmerkungen:

[1] Der Name der Stadt wurde bis in die letzten Jahrzehnte hinein immer im Plural verwendet (Athēnai; im Englischen übrigens heißt die Stadt heute noch Athens) und erst in den 1960er Jahren setzte sich im Griechischen die Einzahl Athína mehr und mehr durch.   

[2] Siehe genauer bei Albulafia, David „Das Mittelmeer. Eine Biographie“ S. 197

[3] Noch heute gehört Piräus nicht zum Stadtgebiet Athens und ist eine eigenständige Stadt.

Der römische Torbogen von Cabanes

Ein bisschen im Nichts liegt er, der antike Bogen aus römischer Zeit, der sich unweit der Stadt Cabanes in der Provinz Castellón aufzeigt, der Arco Cabanes. Heute führt ein wenig befahrener Kreisverkehr um eines der ältesten noch vorhandenen Bauwerke der Antike im Land Valencia. Als er im 2.Jahrhundert gebaut wurde, stand er direkt an der Via Augusta um 90 Grad von ihr gedreht. Die Via Augusta war die wichtigste Straße des römischen Reiches auf der iberischen Halbinsel. Über 1500km hinweg verband sie die wichtigen Orte der damaligen Zeit von den Pyrenäen kommend bis an den Atlantik nach Cádiz. Der Straßenname kommt übrigens von Kaiser Augustus, der kurz vor der Zeitenwende regierte und den Ausbau der Straßenverbindung in Auftrag gab. Die gut ausgebaute Straße konnte man zu Fuß, per Pferd oder Handkarren benutzen und in regelmäßigen Abständen gab es sowohl Wachposten, als auch Versorgungsstellen. So genannte Miliarios, Wegsteine, wurde alle 1000 Schritte angebracht (genau genommen alle 1481,5m) und waren dazu da, die Entfernung im Blick zu behalten. Höchstwahrscheinlich befand sich in der Antike in der Nähe des Torbogens eine kleine Siedlung, als auch eine weitere Straße die in Richtung Mittelmeer führte.

Die heutige Ruine  war einst ein Triumphbogen, der wohl eine private Grabanlage zierte. In der Gegenwart sind aber nur Reste des Originals, das rund 7m hoch gewesen sein muss (heute sind es weniger als 6m) zu sehen. Wohl bis zum 16. Jahrhundert konnte der Bogen in seiner ursprünglichen Form bestehen (wie Einritzungen vermuten lassen), doch irgendwann danach, wurde das Gebälk des Bogens gestohlen. Vermutlich wurden einige Steinquader in der nahen Stadt Cabanes für andere Zwecke verwendet. Die beiden Pfeiler und der Bogen, der übrigens keinen Schlussstein hat, sind aus Kalkstein, wobei die Basis aus Granit ist. Es wurde kein Mörtel verwendet. Seit 1931 steht der römische Bogen von Cabanes unter Schutz und zeigt von der langen Historie dieser Gegend und auch davon dass man auch abseits der heutigen großen Straßen noch viel entdecken kann.