Frühe Hochhäuser in Frankfurt
Frankfurts Skyline ist in Deutschland einzigartig. Wenn man jedoch etwas in die Vergangenheit schaut fällt auf, dass die Stadt keineswegs immer eine Hochhausstadt war und eine dementsprechende Skyline hatte. Erst in den 1960er Jahren reichten die ersten Hochhäuser an die Höhe des Domturms (95m) heran, in den 1970er beginnt dann das Zeitalter der Wolkenkratzer, denn die neuen Türme werden zu den höchsten Häusern Deutschlands und spätestens seit den 1990er kann man darüber reden das Frankfurt eine Skyline hat, denn es werden nicht nur immer höhere Wolkenkratzer gebaut, sie werden auch zahlenmäßig immer mehr. Momentan sind unter den 100 höchsten Häusern in Deutschland, 36 in Frankfurt, nimmt man nur die Top 20 sind es sogar 15. Es gibt keine andere deutsche Stadt, in welcher mehr Hochhausbauten geplant und auch umgesetzt werden. Doch wie begann das? Im nächsten Abschnitt schauen wir auf die Anfänge zurück.
Nimmt man Frankfurts erstes Hochhäuser, das DGB-Haus (31m) oder das IG-Farbenhaus (35m) als Beispiele der Hochhausbauten vor dem 2.Weltkrieg, so stehen diese klar im Schatten damaliger Riesen wie dem Ullsteinhaus in Berlin mit 76m (1925), dem Hansahaus in Köln mit 65m (1925), dem Tagblattturm in Stuttgart mit 61m (1928) oder dem Bau 36 mit 66m in Jena (1935).
In der fast völlig zerstörten Innenstadt wurde auch nachdem 2.Weltkrieg nicht gleich in die Höhe gebaut. Die Architektur der Wirtschaftswunderzeit war zwar in einigen Fällen von großer Eleganz, wie beim Junior-Haus von Wilhelm Berentzen aus dem Jahr 1951, aber wirklich hoch waren diese Häuser, auch im Vergleich zu anderen Städten in Deutschland nicht.
Ein erstes wirkliches Hochhaus, dass auch als solches im kollektiven Gedächtnis der Stadt hängen geblieben ist, war das heute nicht mehr existente Zürich-Haus, das 1962 fertiggestellt wurde und eine Höhe von 68m erreichte. Höher war sogar noch das Fernmeldehochhaus in der Nähe der Zeil, dass 1954 schon eine beachtliche Dimension von 69m erreichte, aber in der Bevölkerung als äußerst hässlich verrufen war und nur wenig Gegenliebe fand. Mit zunehmenden Wohlstand der Wirtschaftswunderjahre stiegen die Preise für Grund und Boden auch in der Stadt am Main beträchtlich. Die wirtschaftlich, gewinnbringende Nutzung von Grundstücken erforderte zunehmend eine hohe Verdichtung der bebauten Fläche, oder anders formuliert, hohe Häuser nützen intensiver und wirtschaftlicher die vorhandene begrenzte und teurer werdende Fläche. Immer mehr hohe Neubauten wuchsen in der Innenstadt, aber insbesondere auch in das Villenviertel Westend hinein, was zunehmend den Unmut der Bevölkerung nach sich zog, auch weil zahlreiche Spekulationen um Grundstücke und Häuser stattfanden. So verfielen zunehmend alte Villen bzw. wurden absichtlich nicht in Stand gesetzt, um das Land später wertsteigernd veräußerbar zu machen. Und so geschah in Frankfurt, erstmals in Deutschland eine Hausbesetzung. Frankfurt war schon seit 1967 ein Zentrum der Studentenbewegung und diese Studenten waren es auch, die den Protest gegen den Abriss historischer Villen im Westend anführten (wenn man heute durch das Westend geht, würde man darauf nicht zwingend kommen). Damals galten die historistischen Bauten des Gründerzeitalters des späten 19. Jahrhunderts nicht als schützenswert. Am 19. September 1970 besetzten einige Aktivisten das Haus auf der Eppsteiner Str. 47. Auch wenn sicherlich sehr unterschiedliche Motive zu dieser und späteren Besetzungen führten (insgesamt muss die Hausbesetzterszene als äußerst bunt bezeichnet werden), setzte sich dadurch ein Bewusstseinswandel durch, der das Thema Denkmalschutz einer breiten Öffentlichkeit vorstellte.
Schon in den 1950er und 60er Jahren war von Seiten der Stadtverwaltung thematisiert und geplant worden, eine funktionale Differenzierung der Stadtteile einzuführen. Die Innenstadt sollte dabei als Ort der Arbeitenden festgelegt werden (erst später entsteht dann die Einsicht, dass durch diese Entwicklung Innenstädte abends vollkommen veröden und quasi unbewohnt sind, noch heute in Frankfurts Bürostadt Niederrad zu erleben). Pläne wurden geschmiedet wie Landflächen am besten genutzt werden konnten und das Hochhaus schien ein idealer Kompromiss zu sein, genutzte Fläche an ausgewählten Orten zu verdichten, um andere Stadtteile zu entlasten. Die neuen Riesen sollten an Kreuzungen als Orientierungspunkte dienen und den Blick in der Stadt leiten.
So war und ist Frankfurt immer auch eine Stadt der Kontroversen über Neubau und Schutz der alten Bausubstanz und eine Stadt in der Hochhäuser abgrundtief gehasst oder als Zukunftsvision gesehen wurden. Frankfurt ist hier ebenso gespalten in der Bewertung der Hochhäuser, wie es geteilte Ansichten im späteren Umgang mit ihnen gibt, denn nicht Wenige wurden für neuere Bauten abgerissen oder aber so saniert, dass man schon von neuen Bauwerken sprechen muss. Dabei muss beachtet werden, dass das Hochhausensemble trotz seines vermeintlich jungen Alters immer noch älter ist als vergleichbare Anordnungen in Paris, London oder Moskau. Heute gehört die Skyline zu Frankfurt und für viele ist sie das Erkennungszeichen der Stadt.
Jetzt sollen die frühen Hochhausbauten näher beschrieben werden, die in den 1960er und frühen 1970er Jahren entstanden sind.
Die BHF Bank gehört heute zu den eher weniger auffallenden Hochhäuser auf der Bockenheimer Landstraße. Doch zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung 1965, war das Bauwerk mit 82m Höhe das höchste Bürohaus in Frankfurt. Architekt Sepp Ruf orientiert sich mit diesem Gebäude ganz in der Tradition des damals alles beherrschenden International Style der Moderne. Kein überflüssiges Dekor ist hier zu finden, alles wirkt einfach und modern. Obwohl es – wie so viele Frankfurter Bauten der 1950er und 60er – abgerissen werden sollte, stellte es die Stadt unter Denkmalschutz und so wurde es bis 2009 saniert (Büro Wittfoht) und beinhaltet jetzt eine Sky-Lounge.
Das Büro Center Niebelungenplatz scheint heute irgendwie verloren im Nordend zu stehen. Doch als 1966 das Shell-Hochhaus (so der damalige Name) eröffnet wurde, bestand noch in Frankfurt der Plan, am Frankfurter Alleenring an ausgewählten Punkten (zumeist an den nordwärts aus der Innenstadt führenden Hauptstraßen) Hochhäuser zu errichten. Einzig das Shell-Hochhaus von Architekt Günter Rheingaus wurde aber letztendlich hochgezogen. Mit 90m sollte es zum höchsten Haus der Stadt werden. Doch schon in den 1980er Jahren stand das Gebäude leer, insbesondere neue Brandschutzreglungen machten es nicht mehr vermietbar. Im Jahr 1993 wurde es von Novotny Mähner Assozierte komplett umgebaut. Das neue BC Niebelungenplatz wurde nicht nur erhöht und erreicht jetzt 110m, sondern es hat nun auch eine postmoderne Gestalt. Die Rotunde auf dem Dach, wie auch der vorhängende Panoramaaufzug wurden neu eingebaut.
Auch das Rhein Main Center ist nicht mehr in seiner originalen Form vorhanden, sondern wurde postmodern umgebaut. Als es 1969 eingeweiht wurde, markierte es das westliche Ende der Hochhäuser der Stadt und war äußerst unbeliebt, da es schon Mitten im Villenviertel Westend steht. Die Architekten Helmut Joos und Reinhard Schulze erbauten einen funktionalen 84m hohen Bau der damaligen Zeit. Dieselben Architekten durften 1991 auch den Umbau leiten (diesmal als Büro JSK). Das Haus erhielt eine markante Uhr auf Dachhöhe und eine hervorstechende, unterschiedlich farbige Fassade. So wirkt es heute, wie ein Musterbau der Postmoderne und erinnert ein wenig an Philip Johnsons Sony Building in New York.
Das Deutsche Bank Investment Banking Center (kurz IBC) ist ein in seiner Originalform noch erhaltenes Haus aus dem Jahr 1971. Der 93m hohe Büroturm wurde 1971 eröffnet und ist voll dem Architekturzeitalter des International Style gewidmet. Architekt F. Wilhelm Simon ließ dunkelbraunen Stahl verwenden. Der Turm wird noch von einem siebengeschossigen Nebenbau begleitet. Jeder der 21. Etagen ist eine Brüstung vorgelagert, welche die horizontalen Fensterreihen umrundet.
Der AfE Turm dürfte hier eigentlich gar nicht mehr aufgelistet werden, denn er wurde am 2. Februar 2014 abgerissen. Allerdings verdiente das Haus schon seit meinen ersten Frankfurt Besuchen meine Aufmerksamkeit und das nicht nur wegen seiner ausgesprochenen Hässlichkeit. Schon der Name des Hauses ist ein großes Missverständnis. AfE steht für Abteilung für Erziehungswissenschaften der Universität Frankfurt. Doch bevor 1972 das Haus, dass von den Architekten der Staatlichen Neubauabteilung Hessens geplant wurde, öffnete, war die Abteilung für Erziehungswissenschaften schon in der gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät aufgegangen. Das diese, in das mit 116m damals höchste Hochhaus der Stadt einziehen durfte, zeigte allerdings den hohen Stellenwert der Geisteswissenschaften zu jener Zeit. Geliebt wurde der Bau jedoch nie. Durch die eigenwillige Aufteilung der Geschosse (der Nordteil mit Seminarräumen hatte jeweils eine 1,5 fache Etagenhöhe) viel einigen der Studenten die Orientierung schwer. Für 2500 Personen war der Turm konzipiert, jedoch benutzten ihn meistens mehr. Die sieben Fahrstühle waren äußerst anfällig, bleiben stecken, hielten in falschen Etagen oder ruckelten fatal. Wartezeiten von 15min, um einen Platz im Lift zu bekommen sollen keine Seltenheit gewesen sein. Leider forderte ein Fahrstuhlunfall sogar ein Todesopfer, als 2005 eine Universitätsmitarbeiterin aus einem steckengebliebenen Lift herausklettern wollte. Nach dem Abriss des AfE-Turms soll an dieser Stelle der Kulturcampus Bockenheim entstehen.
Dem Park Tower erkennt man heute sein Alter kaum an, was auch daran liegt, dass er wie so viele Hochhäuser der Stadt, im Jahr 2007, komplett umgebaut wurde. Das „Original“ stammt von den Architekten Fischer, Krüder und Rathai und wurde 1972 als SGZ-Hochhaus eröffnet und war das erste eröffnete Haus, das höher als der Domturm war. Wie mehr oder weniger alle damaligen Hochhäuser war es im Internationalen Stil geformt. Den Umbau übernahm das Büro von Albert Speer, der bis auf den Rohbau zurückbauen ließ. Drei Stockwerke wurden ergänzt und die Höhe auf 115m geschraubt. Zusätzlich wurde ein zweiter Turmbaukörper versetzt angebracht, der den alten Baukörper quasi umklammert. Der ältere Teil ist verglast, der Neuere ist mit hellem Naturstein verkleidet. Er nimmt die Straßenachse des Reuterweges auf.
Das Holiday Inn South Hochhaus steht abseits der Stadt am anderen Ufer des Mains in Sachsenhausen. Es gehört damit nicht zur Skyline der Stadt, aber auf diese hat man von hier einen guten Blick. Das Haus wird eher wenig beachtet, außer von den hier übernachtenden Hotelbesuchern. 1972 eröffnet und 100m hoch, verfügt das vier Sterne Haus über 439 Zimmer, 3 Suiten und 4 Restaurants.
Das Hochhaus Neue Mainzer Straße 32-36 war bis 1997 das Hauptquartier der Commerzbank, bis diese in ihren Neubau (siehe landmarks) genau gegenüber zog. Das 108m hohe Haus wurde von Richard Heil geplant und 1973 fertiggestellt. Auch dieses Haus ist im Internationalen Stil errichtet wurden und war eines der ersten Hochhäuser im Bankenviertel, indem es heute vor lauter großen Nachbarn fast untergeht.
Das City Haus I, dass früher auch unter dem Namen Selmi-Hochhaus (nach dem Bauherrn Ali Selmi benannt) bekannt war sprengte die Höhendimensionen der frühen 1970er Jahre. Mit seinen 142m überragte es alle anderen Häuser deutlich. Ebenso deutlich war die Kritik, galt doch dieser Klotz als Zeichen der Stadtzerstörung. Ein gefundenes Fressen war, dass ein Feuer auf der Baustelle 1973 ausbrach. Dies bereitete der Frankfurter Feuerwehr große Sorgen, denn der Brand war im 40.Stockwerk ausgebrochen und die Einsatzkräfte hatten große Mühe den Brandherd zu erreichen, was erst nach 8 Stunden gelang. Viele Gegner des Hochhausbaus versammelten sich am umliegenden Platz der Republik und bejubelten das Feuer, wobei im Nachhinein Brandstiftung wohl ausgeschlossen werden kann. Ein Jahr später konnte das von Richard Heil und Johannes Krahn geplante Haus trotzdem eröffnet werden.
Das Haus ist eine Stahlbetonkonstruktion, dass aus zwei versetzten Hochhausscheiben besteht, welche durch einen Mittelteil verbunden sind. In mittlerer Höhe des Hochhauses befinden sich Technikgeschosse, die nach außen hin deutlich zu erkennen sind. Die ehemals sehr dunkle Fassade wurde nach der Sanierung des Hauses 2008 (durch das Frankfurter Büro von Christoph Mäckler) aufgehellt. Es ist heute noch ein wunderschönes Beispiel für die Architektur des International Styles und brauch auch einen Vergleich zu dessen Leitgebäude, dem Seagram Building in New York nicht zu scheuen.