Marseille
Es gibt eine Zeit im Leben, da sind road trips schwer angesagt. Diese Zeit beginnt meist – und eigentlich auch notwendigerweise – mit dem Erwerb des Führerscheins und dem Besitz eines Automobils. 1998 besaß ich zwar ersteres, aber nicht den fahrbaren Untersatz, was aber kein Problem darstellte, da ein Freund eben diesen zur Verfügung stehen hatte. 1998 war auch das Jahr in dem Zeit irgendwie knapp war, denn die damals noch übliche Praxis des Ableistens von Wehr- oder Zivildienst war zu tun und das für volle 13 Monate, was im Regelfall mit den Studienbeginn im Folgejahr kollidierte und dazu führte das Zeit bzw. Urlaub eben knapp war, denn man musste mit dieser Pflicht fertig werden. So hatte ich für meinen ersten road trip gerade mal eine Woche Zeit. Es galt also eine ambitionierte Route zu finden und da keiner von den Reiseteilnehmern je am Mittelmeer war, führte uns die Route nach Marseille und von dort sollte die Cote D’Azur abgefahren werden. So war Marseille die erste Stadt, die ich je länger (genau genommen aber auch nur 24 Stunden) im Zuge einer Autofernreise mit Freunden sah. Ich erinnere mich an den Moment, als wir auf die Autobahn in Dresden auffuhren, als einen, bei der die Freiheit die Welt zu erkunden voll ausgebreitet vor uns lag.
Leider interessierte ich mich damals nur sehr wenig für Städte, Architektur oder Fotografie, so das es keine Zeugnisse aus eben jenen Tagen gibt. Da kam ein günstiger Umstand 2013 zum Tragen, die Stadt nach 15 Jahren wiederzusehen. Ein fußballverrückter (kann es eine schönere Verrücktheit geben?) Freund lud mich zu einem Wochenendausflug nach Marseille ein, dessen Höhepunkt natürlich ein Spiel des heimischen Vereins Olympique gegen Girondins war. Trotz eines etwas langatmigen Spiels und eines fast vollständig verregneten Samstag erinnere ich mich mit großer Begeisterung an jene Tage und Marseille, Frankreichs Metropole am Mittelmeer.
Ähnlich wie viele Hafenstädte am Mittelmeer hat Marseille eine lange und sehr interessante Geschichte, die bis ins Jahr 620 v.u.Z. zurückreicht und damit die älteste Stadt Frankreichs ist. Die Gründung ging übrigens auf die Griechen zurück, die hier eine Handelskolonie gründeten. Heute ist der griechische Einfluss in der Stadt nicht mehr vordergründig. Marseille ist eher ein Schmelztiegel zwischen Europa und Afrika geworden, leider auch mit einigen Problemen. Trotzdem ist es eine Stadt im Wandel, in der sich viel verändert, auch wenn viel über diesen Wandel diskutiert wird, wie beispielsweise 2013 als die Stadt europäische Kulturhauptstadt war.