Landmarks Frankfurts (Europaturm, Commerzbank Tower, Messe Turm, neue EZB)
Mit dem englischen Begriff „landmark“ ist eigentlich ein natürlicher oder menschgemachter Gegenstand gemeint, der zur Orientierung nutzt, gemeint. Dieser ist leicht zu identifizieren und daher auch für die Herausbildung eines Ortes ein wichtiger Gegenstand der Wiedererkennung. So können landmarks herausragende Gebäude einer Stadt sein und in Mitten vieler anderer Gebäude stehen, die weniger Aufmerksamkeit erregen. In unserer Zeit, in welcher ein Konkurrenzkampf der Städte nach Touristen und Attraktivität für zahlungskräftige Bewohner besteht, sind „landmarks“ ein Mittel um Anziehungskraft, Identität und Interesse zu erzeugen. Ein Wiedererkennungswert mit Mehrwert sozusagen. Mit einem oder gar mehreren herausragenden Bauwerken soll die Attraktivität der gesamten Stadt erhöht werden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Stadt Bilbao, die durch den Bau und die Eröffnung des spektakulären Guggenheim Museums von Frank O. Gehry, einen Touristenstrom in Gang setzte und zu einer großen Um- und Neugestaltung des vorher sehr heruntergekommenen Stadtzentrums führte. So ist es in den letzten Jahrzehnten bei einigen Stadtvätern zu einem verstärkten Interesse an „landmark building“ gekommen, um die Attraktivität ihrer Stadt zu erhöhen (ob das immer funktioniert, was das kostet und letztendlich bringt etc., steht auf einem anderen Blatt).
Natürlich gibt es keine feste Kategorie für „landmarks“, auch wird der Begriff teilweise negativ aufgefasst, als dysfunktionale Geldverschwendung für Architektur, doch darum soll es hier nicht gehen. Die folgenden vier Gebäude wurden ausgewählt, da sie durch ihre hohe Sichtbarkeit innerhalb der Stadt Frankfurt eine gewisse Prominenz des Sehens in der Stadt am Main haben und gleichzeitig interessante architektonische Stile wiederspiegeln. Der Fokus liegt hier also auf Höhe, weniger auf architektonischer Tradition oder gar Wert.
Als erste „landmark“ stellen wir ein Bauwerk vor, was gar kein Haus ist, sondern ein Turm, hier aber mit besprochen werden soll, weil es die höchste Architektur der Stadt ist: der Europaturm. Nördlich der Innenstadt gelegen, im Stadtteil Ginnheim, ist der Fernsehturm deutlich von den Hochhäusern abgegrenzt und mit einer Gesamthöhe von 337,5m ist er auch höher als jeder Wolkenkratzer Mainhattans. Der „Ginnheimer Spargel“ wäre sogar Deutschlands höchstes Gebäude, hätte man ihn mit einer etwas höheren Antenne ausgestattet, denn seine reine Bausubstanz ist 295,4m hoch (beim Berliner Fernsehturm, dem Spitzenreiter mit hoher Antenne, sind es nur 248m). Der Bau war nötig geworden, da das Fernmeldehochhaus in den Hochhäuser der Innenstadt höhentechnisch zu verschwinden drohte. So wurde 1978 der Turm eröffnet, für dessen Konstruktion Johannes Möhrle, Peter Metzger und Erwin Heinle verantwortlich waren. Die Kanzel beherbergte in ihren sechs Geschossen auch ein Restaurant mit 200 Plätzen, dass aber schon seit Jahren für Publikum aus Brandschutzgründen geschlossen ist, wie auch der Rest des Turms. Die Kanzel misst an ihrer breitesten Stelle 60m. Darüber befinden sich sieben Parabolspiegel, die dem Turmabschluss ein besonderes Aussehen geben. Nachts wird der Turm in der Farbe Magenta angestrahlt, die auf den Betreiber des Bauwerks hinweist.
Der CommerzbankTower ist Frankfurts höchstes Haus und nicht nur deshalb stellt es einen markanten Sichtpunkt in der Skyline der Stadt dar. Der Wolkenkratzer ist in Richtung Norden und Westen von anderen Hochhäusern umgeben, in den anderen Richtungen aber weithin sichtbar und dominiert den Blick auf die zahlreichen Hochhäuser der Innenstadt. 1997 eröffnete die 259m hohe (mit Antenne 300m) Hauptzentrale der Commerzbank. Geplant wurde sie vom Architektenbüro Norman Fosters. Es war es bis 2003 das höchste Haus in Europa und liegt mittlerweile auf Platz 7.
Das Hochhaus hat den Grundriss eines Dreiecks und ist in Stahlskelettbauweise errichtet worden. Neben seiner Höhe ist das Gebäude für seine umweltfreundliche Klimatechnik bekannt, die sich in neun thematisch unterschiedenen Gärten (asiatische, mediterrane und amerikanische Klimazonen) versinnbildlichen. Diese Gärten, die jeweils rund 15m Hoch sind und sich wie eine Kette um das Haus ziehen, sind nicht nur dazu da, den innen liegenden Büros Licht zu verschaffen, sondern haben eine elementare Funktion beim Klimaaustausch des Hauses. Dieser funktioniert auf Grund einer vorgehängten Glasfassade und schaffte einen hauseigenen Mikrokosmos. Der innenliegende Kern des Haus ist ein 160m hoher Atriumbereich, während sich die Versorgungsbereiche mit den Lifts an den abgerundeten Ecken des Wolkenkratzers befinden. Rund 2.100 Menschen arbeiten in dem rund 600 Millionen DM teuren Hochhaus, das übrigens nach Anmeldung zu verschiedenen Terminen besichtigt werden kann und unter anderen in den Panoramaliften einen großartigen Ausblick bietet.
Der Messe Turm ist mit seiner Höhe und seiner Form herausragend und von vielen Stellen in und um Frankfurt deutlich zu sehen. Interessant ist das er je nach Wetterlage und Standpunkt mal wie ein dünner Bleistift aussieht, mal wie ein mächtige Burg mit Spitze, denn gerade bei diesigen Wetter, beginnendem Abendhimmel und einiger Entfernung scheint der schlanke Riese geheimnisvollerweise etwas zuzunehmen. Bis zur Fertigstellung der Commerzbank war der, 1991 eröffnete, MesseTurm nicht nur Frankfurts, sondern Europas höchster Wolkenkratzer (und löste die Lomonossow-Universität in Moskau ab, die mit 240m seit 1953 diesen Titel hielt) und erreicht 257m. Er überragt den bisherigen deutschen Spitzenreiter Silberturm um fast 100m, war das erste Haus mit über 200m Höhe und stieß in Mainhattan in vollkommen neue Dimensionen vor. Gelegen direkt an der Messe befinden sich zwar einige Wolkenkratzer in der Nähe (wie Westend Gate oder T185), aber nicht in direkter Nachbarschaft, womit der monumentale Charakter des Hochhauses noch verstärkt wird.
Der MesseTurm ist ein Musterbeispiel an postmoderner Architektur. Vom Deutsch-Amerikaner Helmut Jahn geplant, beinhaltet der Turm die geometrischen Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck. Auf einer nur 41x41m langen Grundfläche des Sockels erwächst ein sich verjüngender Schaft, die wie eine startende Rakete scheinbar immer mehr Balast abwirft und an deren Ende die rote Granit Fassade in eine Glasfassade übergeht und an der Spitze in ein 36m hohes Dreieck mündet. In seiner Gestaltung und Anmutung ist eine Orientierung zu klassischen Art-Déco Hochhäusern durchaus sichtbar, ausdrücken möchte der Architekt jedenfalls Ruhm, Reichtum und Macht. Obwohl das Haus nicht nur eine eigene Postleitzahl und einen eigenen U-Bahn Zugang hat, ist es für die Öffentlichkeit leider nicht zugänglich.
Das neue Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) ist mit seinen 185m (201m mit Antenne) kein alles überragender Riese. Er reiht sich zwar in die Top 10 der höchsten Frankfurter Häuser ein, doch seine Maße sind nicht entscheidend. Viel wichtiger ist seine Lage und auch seine Form, denn das gläserne Hochhaus der Wiener Architekten Coop Himmelb(l)au steht im Osten der Stadt, anders als die weiteren Wolkenkratzer in der Stadtmitte und im Westend. Für den Bau wurde sogar der Frankfurter Hochhausrahmenplan geändert. Die neue EZB stellt einen neuen Sichtpunkt quasi am anderen Ende der Stadt dar und gleichzeitig soll es den Osten der Stadt beleben und aufwerten, sollen doch rund 2.300 Bänker darin arbeiten. Gleichzeitig ist es ein höchst interessantes architektonisches Projekt, denn es bezieht die Großmarkthalle von Martin Elsaesser, eines der bedeutendsten Werke der Moderne in Deutschland, mit in den Gebäudekomplex ein.
Ganz klar ist das neue Hochhaus ein Prestigeobjekt für die EZB. In einem internationalen Wettbewerb setzten sich Coop Himmelb(l)au durch, auch weil sie die Regel, die denkmalgeschützte Großmarkthalle mit einzubeziehen und nicht abzureißen verwirklichte. Jedoch wird die rund 220m lange Halle, die 1928 zu ihrer Eröffnung, der größte stützenfreie Stahlbetonbau der Welt war, mit einem Querriegel durchschnitten, was zahlreiche Kritik hervorrief, aber dennoch erlaubt wurde. Der eigentliche Wolkenkratzer besteht aus zwei verdrehten Hochhausblöcken, die mit einem vertikalen Atrium mit Gärten verbunden sind. Das rund 1,2 Milliarden teure Objekt soll in diesem Jahr (2014) eröffnet werden.