Madrid Rio

Der Park Madrid Rio ist ein städteplanerisches Vorzeigeprojekt, wie an die Stelle des platzfordernden Straßenverkehrs urbane Räume geschaffen werden können. Ausgangspunkt ist der Autobahnring M30, der besonders im Westen Madrids, sich sehr nahe an die Innenstadt annähert, da er dort am Flussufer des Manzanares gebaut wurde. Nicht nur wurde durch die Autobahn die Stadt zerschnitten, sondern auch die Abgas- und Lärmbelastung war in Sichtweite des Palacio Reals oder der Almudena Kathedrale schwer erträglich. Mit anderen Worten, eine Autobahn die mitten durch die Stadt führt, hat in den letzten Jahrzehnten an Glanz und öffentlicher Bewunderung durchaus eingebüßt und wird heute zumeist als störend empfunden. Die Frage war, was tun? In Madrid hat man die Autobahn und große Teile der Auf- und Zufahrten zu dieser, unter den Fluss gelegt, um oberhalb das Flussufer neu zu modellieren und es in eine Parklandschaft umzugestalten. Dabei ist man sehr gründlich vorgegangen und der neu entstandene urbane Raum kann sich sehen lassen und wird von den Madrilenen gern angenommen.

Der Umbau der Autobahn vollzog sich in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends. Seit 2007 wurden die dafür gebauten Tunnel sukzessive freigegeben, welche sich zu einem richtigen Tunnelsystem ausweiten und den gesamten westlichen Teil der M30 Stadtumfahrung ausmachen. Dieses unterirdische Gewirr von Straßen ist bei der Durchfahrt beeindruckend und man kann feststellen, dass in Madrid die Neigung Kreuzungen durch Tiefbaumaßnahmen zu vermeiden durchaus auch seine Vorteile hat.

Oberirdisch ist Madrid Rio allerdings noch weitaus beeindruckender und führt vom unteren Ende des Parque del Oeste (des Westparks) über rund 8km lang bis zum Parque Lineal Manzanares. Auf der kompletten Strecke kann man Fahrrad fahren, skaten, joggen oder einfach nur flanieren. Deshalb soll an dieser Stelle ein Rundgang entlang des Weges beschrieben werden.
Wer am Parque del Oeste, der sich entlang des Hanges von Moncloa (Metrostation) bis zum Fluss zieht, auf Madrid Rio stößt, der stellt fest, dass der erste Teil des Ufers nicht ausgebaut ist. Die Autobahn führt hier noch oberirdisch hinter einer kleinen Wohnsiedlung und vor dem Waldgebiet des Casa del Campo entlang, die Uferpromenade ist zwar breit, besteht aber zumeist nur aus trockenem Lehm. Von weitem schon sieht man den Mast der Seilbahn Teleferico den man unterquert, kurz danach gelangt man an die neu ausgebauten Flussufer (zu empfehlen wäre hier ein kleiner Abstecher auf den nur wenige Meter weiter links befindlichen Paseo de la Florida und der Kirche Antonio de la Florida, denn diese wurde von Francisco de Goya ausgemalt). Nur wenige hundert Meter weiter erreicht man die Puente del Rey aus dem Jahr 1828. An dieser kann man die Gelegenheit nutzen, um zum Casa del Campo zu gehen (rechterhand), Madrids Waldparkgebiet, dass auf 1700ha nicht nur den Zoo, einen Gondelteich („Lago“) und einen Freizeitpark beherbergt, sondern auch eine Oase der Ruhe in der sonst recht lauten Stadt darstellt. Casa del Campo ist auch zum Joggen, Wandern und Picknicken wunderbar geeignet. Linkerhand taucht der Bahnhof Principe Pio auf, der ehemalige Nordbahnhof, der jetzt auch ein Einkaufszentrum und ein unterirdischer (was sonst) Busbahnhof ist. Entscheidet man sich weiter entlang des Flusses zu spazieren, kann man bald eine großartige Aussicht auf den Palacio Real, die Kathedrale Almudena oder die Hochhäuser des Plaza España genießen und auch die ersten Restaurants und Kiosks lassen nicht auf sich warten, die zu angemessenen, wenngleich nicht billigen Preisen, Speis, Trank und Rast anbieten. Das nächste Highlight ist die alte Puente de Segovia, die aus dem Jahr 1594 stammt und unter Leitung von Juan de Herrera errichtet wurde. Sie ist noch eine Zeugin des habsburgischen Madrid, des hier so genannten „Madrid de Austrias“, einer Epoche der habsburgischen Herrschaft Spaniens, die maßgeblich Madrids Gestalt beeinflusste (siehe: Geschichte Madrids). Schwenkt man nach links ab, kann man über die Calle Segovia stadtaufwärts in eben jenen ältesten Stadtteil spazieren. Der nächste Teil des Madrid Rio führt dann am rechten Flussufer entlang, Kinderspielplätze bieten Gelegenheit, für die jüngere Generation Abwechslung zu finden. Bald erreicht man die wunderliche Brücke Pasarela de Principado de Andorra, welche wie ein Dreieck über den Fluss führt, kurz danach türmst sich schon das riesige Estadio Vicente Calderon auf, die Heimat von Atletico de Madrid. Doch lange wird das Stadion hier nicht mehr stehen. Der Klub baut schon am östlichen Stadtrand eine neue Arena, die auf dem ehemaligen Estadio Olímpico aufbaut (ein Link zum geplanten Bau ist hier: https://youtu.be/FbUOcCXPoLo ), einem angefangenen Sportfeld das die Madrider Hoffnungen auf die Ausrichtung der Olympischen Spiele unterstreichen sollte, was aber bekanntermaßen nie wirklich Erfolg brachte. Am Vicente Calderon taucht auf der linken Seite auch einmal kurz die Autobahn aus dem Untergrund auf. In Zukunft – nach dem Abriss des Stadions und der dahinterliegenden Brauerei Mahou, sollen hier neue Häuser und ein Park entstehen und die Autobahn auch hier unter die Erde verschwinden.
Als nächstes unterqueren wir die Puente de Toledo, die ein wundervolles Beispiel des auf der iberischen Halbinsel vorzufindenden Barockstils des Churriguerismus ist und 1732, nach den Plänen von Pedro de Ribera fertiggestellt wurde. Gleich dahinter  erreicht man die Puente de Arganzuela, das ganze Gegenteil der feingliedrigen Toledo-Brücke. Genau genommen handelt es sich bei der Arganzuela Brücke um zwei Fußgängerbrücken, welche sich auf einem kleinen Hügel treffen. Das imposante Bauwerk von Dominique Perrault ist sicherlich eines der auffälligsten Neubauten des neuen Flussufers. Während die Parklandschaft am linken Flussufer sich etwas weitet und Platz für Spielwiesen und einen „Strand“ (für Kleinkinder) macht, bleibt es am rechten Ufer etwas enger. Der Wechsel von einer Seite zur Anderen wird aber durch eine Vielzahl von Übergangsmöglichkeiten erleichtert, so wie den Zwillingsbrücken Puente de Invernadero bzw. Puente de Matadero. Letztere führt direkt zum Kulturzentrum Matedero, einem ehemaligen Schlachthof (wie der Name in der Übersetzung verrät), dessen Besuch unbedingt zu empfehlen ist. Neben zahlreichen Veranstaltungen von Theater über Konzerten, Diskos bis hin zu Ballett findet der interessierte Besucher hier auch Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, eine Cafeteria und eine Bar, sowie einen Fahrradverleih. Gleich dahinter endet der Madrid Rio in seiner bisherigen Form, er führt nun nur noch auf der rechten Seite des Flusses entlang und bald schon wird er zu einem Provisorium, das direkt neben der 5-spurigen Autobahn entlang führt, die hier wieder oberirdisch verläuft. Aber die wenigen Meter auf sich zu nehmen lohnt sich, denn schon bald geht der Parque Madrid Rio nach 8km endgültig in den Parque Lineal de Manzanares über, der 2003 eröffnet wurde und in der Gesamtplanung vom Katalanen Ricardo Bofill stammt. Auf 130ha kann man hier unter anderen zwei Aussichthügeln besuchen. Der weiter nördlich gelegene hat die Form einer Pyramide und trägt eine Skulptur von Manolo Valdés mit einem riesigen Kopf der auf die Stadt schaut. Der etwas weiter südlich gelegene Aussichtshügel ist etwas höher und erlaubt eine fantastische Aussicht auf Madrid oder in der entgegengesetzten Richtung auf das Tennisstadion Casa Magica, ebenfalls von Dominique Perrault, wo jedes Jahr Anfang Mai ein Tennis Masterstunier stattfindet.

Wer nun genug gelaufen ist, dem ist der Rückweg zu den wenige hundert Meter entfernten Metrostationen „San Fermín“ oder „Hospital 12 de Octubre“ zu empfehlen, um mit der Linie 3 zurück in die Innenstadt zu fahren.