Puente Vizcaya

Gebäudeart Jahr Architekt Ort
Brücke – Schwebefähre 1893 Alberto Palacio, Ferdinand Arnodin Getxo bei Bilbao

 

Der Fluss Nervión ist die geografische Klammer des Ballungsgebietes Bilbaos. Er verbindet die Stadt mit den Vororten, die sich fast alle an seinem Ufer aufreihen, bis er hinter Portugalete und Getxo in  eine weite Bucht mündet, die Abra, welche sich zum Kantabrischen Meer ergießt. Von Bilbao bis zur Bucht Abra bildet der Nervión eine Ría, einen lange und tiefe Meereseinfahrt, die es Schiffen ermöglicht, weit ins Land hinein zu fahren. Bis zum großen Stadtumbau Bilbaos, der in den 1990er Jahren begann, lag der Hafen im Stadtgebiet Bilbaos rund 15km südlich der Mündung. Große Schiffe befuhren den Ría Bilbao.
Die Idee eine Überquerung des Ría Bilbaos an dessen Ende zu bauen, kam vom Industriellen Santos López de Letona. Dieser emigrierte als junger Mann nach Mexiko und machte dort als Textilunternehmer ein Vermögen. Zurück in Europa kaufte er auf beiden Seiten der Flussmündung Land und hatte ein großes Interesse beide Flussufer zu verbinden, auch um eine Wertsteigerung seiner Gebiete zu erreichen. Aber das Projekt wurde nicht wirklich eine populäre Anlagemöglichkeit. Zum einen verband es zwar das Städtchen Portugalete mit dem Strand von Getxo, aber dort standen nur Sommerhäuser der Oberschicht. Weiterhin waren die beiden Flussufer geografisch ganz unterschiedlich. Im westlichen Teil von Portugalete erhob sich ein Hang, während der Ostteil in Las Arenas de Getxo flach war. Dazu kam das eine Brücke eine beträchtliche Lichte Höhe haben musste, damit große Schiffe die ins Rìa hineinfuhren, unter ihr hindurch passten. Langgezogene Rampen oder Auffahrten wären aber gerade im mondänen Getxo nicht durchsetzbar gewesen. Die Lösung für diese Herausforderung erstellte der im französischen Baskenland geborene Ingeneur  Alberto Palacio, ein Schüler Eiffels, gemeinsam mit Ferdinand Arnodin. Sie erschufen eine Weltneuheit, eine eiserne Hängebrücke mit einer hochgelegenen Querung, welche einen Förderkorb tragen sollte, welcher an Seilen unter dem Brückenträger angebracht ist und oberhalb des Wassers von einem Ufer zur anderen Seite fährt. Obwohl Palacio die treibende Kraft und sogar der größte Investor wurde, sicherte sich Ferdinand Arnodin die Patentrechte und baute später zahlreiche weitere Schwebefähren. 20 Stück wurden insgesamt gebaut, wobei es heute nur noch acht von ihnen gibt.


Die Anlage der Puente Vizcaya oder im Volksmund auch Puente Colgante, besteht aus vier 45m hohen Stahlfachwerktürmen, die mit einem 160m langen Traggerüst verbunden sind. An diesem ist dann die Transportbarke aufgehängt, die Lasten, wie Fußgänger und PKW bis zu 22 Tonnen tragen darf (theoretisch wären weitaus höhere Lasten möglich). Die neue Überquerung veränderte die beiden Flussuferseiten maßgeblich. Während Portugalete insbesondere durch den Zuzug von Arbeitern wuchs, wurde aus dem Sommerquartier Las Arenas de Getxo ein nobler Ort der Oberschicht, der das ganze Jahr bewohnt wurde.
Zu einem entscheidenden Einschnitt in der Geschichte der Puente Colgante kam es 1937, als die republikanischen Truppen das Traggerüst sprengten, um die franquistische Armee vor Bilbao zu stoppen, was aber – wie die spätere Geschichte zeigt – nicht gelang. Nach vier Jahren wurde die Brücke wieder aufgebaut, wobei dies erheblich mühevoller, als der erste Aufbau rund 50 Jahre vorher war, da Spanien nach dem Bürgerkrieg und im 2.Weltkrieg isoliert und sehr verarmt war.
Mit der wirtschaftlichen Krise der Industrie in der Region Bilbao und der Verlegung des Hafens in die Abra Bucht im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts, wäre ein Abriss der Puente Colgante denkbar gewesen (ein Schicksal das mehr als 50% aller Schwebefähren geteilt haben). Glücklicherweise entschied man sich für das Gegenteil, die Schwebefähre als ein eisernes Symbol der industriellen Entwicklung in Bilbao zu erhalten und rekonstruierte die Brücke von 1996 bis 1999. Streng genommen wurde die Puente Vizcaya erst damit zu einer wirklichen Brücke, denn seit 1999 führt auf dem Traggerüst ein Panoramaweg von einer Seite zur Anderen, welcher von Besuchern benutzt werden kann. Um diesen Weg zu erreichen, wurden Aufzüge in die Stahlfachwerkträger eingebaut und heute kann man die Puente Colgante in luftiger Höhe zu Fuß überqueren (für 7€, übrigens wird darauf hingewiesen, dass die Besucher bitte nicht alle gleichzeitig aller 0,8sec springen sollen, da dies zu erheblichen Schwingungen führen könnte). 2006 wurde die Puente Vizcaya zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und ist heute nicht nur eine vielgenutzte Überquerung für Einheimische, sondern ebenso ein Magnet für Besucher und ein Symbol für die industrielle Vergangenheit der Metropolregion Bilbaos.

Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden

Ich erinnere mich noch als Olympique Marseille 1993 die Champions League gewann. Nicht das ich das Spiel gesehen hätte, aber ich weiß noch was ich an jenem lauen Frühsommerabend machte. Ich war auf dem Universitätssportplatz und versuchte ein Mädchen zu beeindrucken, mit meinen Fußballkünsten. Ein ziemlich dämliches Unterfangen, denn Mädchen kann man fast nie mit Fußball beeindrucken und erschwerend kommt hinzu, dass ich auch des Spiels viel zu wenig mächtig war (und bin), um auch nur irgendjemand damit zu beeindrucken. Aber ich war noch jung und diese Erfahrung war vielleicht nützlich für mich. Als ich dann später nach Hause kam, erfuhr ich das Marseille den Cup gewonnen hatte und ich glaube ich war ganz zufrieden damit (ich glaube ich war auch mit dem Abend mit dem Mädchen zufrieden, kann das aber nicht mehr genau sagen, es war wohl eine gesunde Portion Selbstverblendung im Spiel).

Der Sportplatz auf dem ich an jenem Abend weilte, war nicht mehr lange ein Solcher, denn nur wenig später gab es Pläne, auf ihm ein neues Gebäude zu errichten. Ein sehr guter Freund berichtete mir von diesem „Schandplan“ und prangerte dabei gleichzeitig die Zerstörung wertvoller Grünflächen an. Ein Argument dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Dabei fiel mir wehmütig der Abend von 1993 ein und so wollte auch ich nicht wirklich ein neues Gebäude auf diesem Platz sehen.
Als ich dann 1998 anfing, an der Technischen Universität in Dresden zu studieren, war aus dem Vorhaben ein Projekt geworden. Noch zu meiner Grundstudiumszeit war der Sportplatz zu einer Baustelle umgewandelt, mittlerweile wusste ich auch um die Funktion des neu zu errichteten Bauwerks. Es sollte ein Bibliotheksbau werden, der fast alle quer auf dem Unigelände verteilten Bibliotheken vereinen sollte, ja gar noch mehr, was den Namen Landes- und Universitätsbibliothek erklärt. Eine nicht unpraktische Sache, wie ich damals fand.

Als 2002 der Bau für die Studenten eröffnet wurde, kam er mir von außen ungewöhnlich und versteckt vor, hinter einem recht hohen grünen Wall und ich hatte Mühe den klotzartigen und kühl wirkenden Bau, in mein Herz zu schließen. Doch Innen beeindruckte mich die SLUB sofort, weitläufige Gänge auf denen viel Platz war, eine wirklich wunderbare Auswahl an Büchern, vieler Disziplinen und ein riesiger Lesesaal, der mit natürlichem Licht gespeist wurde. Die Zeit meines Hauptstudiums sollte ich häufiger mal in der Bibliothek verbringen.

Heute besuche ich immer noch regelmäßig die SLUB, zumeist um mir Bücher über Architektur auszuleihen, wie auch jenes das gerade vor mir liegt und das unter dem Titel „Neue Architektur in Deutschland“ auch das Dresdner Bibliotheksgebäude wohlwollend beschreibt. Anders als auf der Homepage der SLUB (die nicht einen Satz zur architektonischen Bedeutung des Bauwerks verliert), scheint das Gebäude des Architekturbüros „Ortner & Ortner Baukunst“ durchaus Beachtung gefunden zu haben (wie auch in der Ausstellung Neue Deutsche Architektur). Die beiden Kuben mit ihren rechteckigen Fensterschlitzen und der mosaikartigen Fassade aus Travertin lassen das Bauwerk, wie zwei große Bücherregale aussehen. Mittig zwischen den beiden Steinquadern befindet sich eine bündig in die begrünte Oberfläche eingelassene Glasfläche, die das Oberlicht des großen Lesesaals bildet. Dadurch sind die für die Öffentlichkeit zu benutzenden Räume auf Erdgeschoß bzw. Kellergeschoss (zwei an der Zahl) Niveau, was das Gefühl des Bunkers zumindest bei einigen meiner Kommilitonen evozierte. Im oberirdischen Bereich des Nordkubus befindet sich neben einer Cafeteria und Veranstaltungssälen noch ein Buchmuseum. Das südliche Gebäude beherbergt vorwiegend die Verwaltung. Zwischen beiden Gebäuden ist zumeist eine recht ruhige Atmosphäre zu genießen (immer Sommer auch in Form einer Liegewiese), die sich im Inneren des Hauses zwischen den Bücherregalen nicht immer findet, da von Jahr zu Jahr immer mehr Studenten Gefallen an der SLUB zu scheinen finden. Nachdem es nun über 20 Jahre her ist, dass ich letzt- und einmalig auf jenem Platz Fußball spielte, erfreue ich mich sehr über den Bau der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek, die Dresden sicherlich zu einem klügeren Ort gemacht hat.

Konsumgenossenschaft Vorwärts

Über fünf Jahre lang führte mich der tägliche Weg zur Arbeit an einem alten verlassenen Lagerhaus vorbei, dass mich schon als Kind beeindruckte, nur dass ich nicht den Namen des Bauwerks kannte. Das Dresden meiner Kindheit hatte viele solcher alter und runtergekommener Häuser, die nicht selten verlassen waren, wie beispielsweise der Erlweinspeicher, für mich damals ein Schandfleck am Elbufer und das erste Opfer, sollte ich mal Sprengmeister werden. Heute ist es beachtenswerterweise ein vier Sterne Hotel.
Etwas anderes war es mit der Konsumgenossenschaft „Vorwärts“, von der hier die Rede sein soll. Das Gebäude liegt nur etwas südlich der Stadtmitte Dresdens, jedoch ist es recht versteckt. Die am Haus vorbeiführende Fabrikstraße endet offiziell nur wenige hundert Meter weiter unter der Nossener Brücke ohne dass irgendein Ort von Interesse in dieser Gegend wäre, wenn man vom Kraftwerk Nossener Brücke absieht. Die auf der anderen Seite des Bauwerks entlangführende Bahntrasse kennt hier keinen Haltepunkt. Trotzdem reichen meine Erinnerungen, lange zurück an den dunklen Klinkerbau, in der schmutzigen weil, industriell geprägten Gegend, in die man außerordentlich selten kam. Doch dieses Haus hatte etwas. Ich denke, ich war vor allem von den langen horizontalen Fensterreihen beeindruckt. Auch war mir so recht nie klar, wofür dieses Haus eigentlich gebaut wurde. Doch erst mit der Zeit meiner täglichen Arbeitswege fiel meine Beachtung stärker auf den rötlichen Backsteinbau.

Das mit der Straße eine leichte Kurve vollziehende Gebäude, des Fleischverarbeitungsbetriebs der  Konsumgenossenschaft „Vorwärts“, wurde von 1927 bis 1930 gebaut. Geplant hatte es der Dresdner Architekt Kurt Bärbig. Das sechsgeschossige Haus sollte Teil eines großen Komplexes für die Nahrungsmittelproduktion der Stadt werden. Dessen Ausführung wurde aber nie beendet, da die Weltwirtschaftskrise einen Weiterbau stoppte. Das bestehende Bauwerk ist durch einen Tunnel mit einer Wagenhalle auf der gegenüberliegenden Straßenseite verbunden. Diese von Karl Schmidt geplante Halle ist leider auch nicht mehr benutzt, seit dort vor einigen Jahren eine Go-Cart Bahn auszog.

Das heute leider leer stehende Haus der Konsumgenossenschaft besteht aus zwei Flügeln, die in einem stumpfen Winkel durch einen gläsernen Turm verbunden werden, der allerdings gegen Vandalismus geschützt, mit Brettern verdeckt wird. Bärbig hat sich mit diesem Haus eng an den Stil des Architekten Erich Mendelsohn gehalten, besonders deutlich wird dies mit den horizontalen über die geschwungene Ecke verlaufenden Fensterreihen. Dieser dem Typus der Neuen Sachlichkeit verbundene Stil, zeigt auch heute noch eine schlichte Eleganz und eine wunderbar unaufdringliche Dynamik. Untypisch für Dresden ist das Haus ein mit Klinkern verkleideter Stahlskelettbau. Alle Freunde moderner Architektur können nur hoffen, dass sich in absehbarer Zukunft eine neue Nutzungsmöglichkeit für dieses schöne und mittlerweile denkmalgeschützte Gebäude finden wird.