Geschichte Sevillas
Sevillas Geschichte reicht bis tief in die Vergangenheit und ihre Anfänge sind nicht wirklich geklärt. Sie beginnt schon bei den Phöniziern, die hier einen Handelsstützpunkt gründetet haben sollen. Klar ist jedoch, dass schon vor Ankunft der Römer der Ort bevölkert war und die Römer den Ort „Hispalis“ nannten, was sich vom phönizischen „Spal“ ableitet und wohl „unteres Land“ bedeutet. Die Stadt hatte eine wichtige strategische Bedeutung, weil der Fluss Guadalquivir, welcher damals noch „Betis“ genannt wurde, hier in einen beschiffbaren Binnensee mündete und sich als Hafen hervorragend eignete. Vom Flussnamen her, leitete sich auch die römische Provinz „Baetica“ ab, deren wichtigster Ort Hispalis war. Mit dem Ende der römischen Zeit kamen 428 die Vandalen, mit jenen die Plünderungen des Ortes, bevor letztendlich die Westgoten die iberische Halbinsel einnahmen. Sie machten die Stadt zu einem Bischofssitz, in welchem Isidor von Sevilla lebte und arbeitete. Er galt als der letzte große gelehrte der Spätantike.
Doch die Herrschaft der Westgoten dauerte nicht lange an. 712 eroberten die Mauren die Stadt. Sie machten den Ort zur Hauptstadt einer Provinz und gaben ihr einen neuen Namen. Die Stadt wurde fortan Išbīliyya gerufen. Daraus wurde dann später, der heutige Name Sevilla. Auch in der Zeit islamischer Besetzung wechselten sich die Herrschaftsverhältnisse zwischen verschiedenen Kalifen ab, die es aber jeweils verstanden die Stadt auszubauen. Unter den Almohaden, die 1147 an die Macht kamen, wurde Sevilla zum wichtigsten Ort in „al-Andaluz“ (da ist die Bezeichnung der maurischen besetzten Gebiete auf der iberischen Halbinsel, der Name Andalusien verweist noch heute darauf). Hier baute man die große Moschee, eines der prestigeträchtigsten Bauwerke der iberischen Halbinsel. Noch heute sind deren Reste in der Kathedrale auszumachen. 1248 eroberte Ferdinand III. von Kastilien die Stadt, was jedoch die Wirtschaftskraft der Region einschränkte, denn nach Schätzungen verließen rund 300.000 Mauren Sevilla und die Umgebung und wanderten nach Nordafrika oder Granada aus, das noch in islamischer Hand war. 1391 erlebte Sevilla ein blutiges Judenprogrom. Ein trauriges Schicksal das einige Orte auf der iberischen Halbinsel nach er Re-Christianisierung ereilte.
Sevillas Bedeutung wuchs mit der Eroberung der neuen Welt – Amerikas. Christopher Kolumbus entdeckte unter spanischer Flagge die neuen Territorien und schnell machten sich die Spanier daran, die dort gefundenen Schätze als die ihren zu reklamieren und nach Europa zu bringen. Sevilla wurde Hauptumschlagplatz des Amerikahandels und hatte eine Monopolstellung inne. Noch heute verweist man hier mit Stolz darauf, dass Sevilla im 16. und 17. Jahrhundert die wichtigste Stadt der Welt war. Auch wenn dies sicherlich diskutabel ist, so muss man sich schon verdeutlichen, dass nicht nur alle anderen spanischen Hafenstädte keine Rechte hatten, mit Amerika direkt zu handeln und so Händler immer erst Sevilla anlaufen mussten, auch andere europäische Handelsflotten mussten immer erst die Stadt am Guadalquivir besuchen, um an die kostbaren Güter zu gelangen. Sevilla wurde zu einem Zentrum von Handel, Macht, Wissen und Kultur. Amerigo Vespucci (nach ihm wurde der neue Kontinent benannt) oder auch Ferdinand Magellan (plante die erste erfolgreiche Weltumseglung, wenngleich er sie nicht überlebte) arbeiteten hier ihre Entdeckungsreisen aus. Die Casa de Contratación war das Verwaltungszentrum für alle amerikanischen Angelegenheiten des spanischen Staates und daher eine Art Superministerium, dass nicht in Madrid, sondern in Sevilla stand. Das Ende dieser Glanzzeit kam wie so viele Veränderungen in Spanien mit dem Erbfolgekrieg von 1701 bis 1714. Sevilla setzte auf die prohabsburgische Seite und mit der Übernahme der Macht durch die französischen Bourbonen verlor die Stadt 1717 ihr Handelsmonopol an Cádiz. Zweifellos trug zu dieser Entscheidung auch die zunehmende Versandung des Guadalquivir bei.
Trotzdem überlebten zahlreiche Verbindungen zur neuen Welt, 1728 nahm beispielswiese die Real Fábrica de Tabacos ihre Arbeit auf. Im damals zweitgrößten Gebäude Spaniens (nachdem El Escorial) wurde, wie der Name hinweist, Tabak produziert. 1758 wurde die erste spanische Zeitung außerhalb Madrids in Sevilla herausgegeben, jedoch dauerte es bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts ehe die Stadt einen Bau- und Bevölkerungsboom erlebte. Auch wenn Sevilla keine Industriestadt wurde, siedelten sich einige Gewerbe an, insbesondere die Keramikproduktion. Das Wachstum wurde beschleunigt durch den Abriss der alten Stadtmauern und den Anschluss an das Eisenbahnnetz. 1929 war die Stadt Gastgeber der Ibero-Amerikanischen Ausstellung, der die Ausdehnung der Stadt nach Süden beschleunigte, indem man neben dem Maria Luisa Park auch den immer noch imposanten Plaza de España schuf. Im spanischen Bürgerkrieg fiel die Stadt sehr schnell in die Hände der franquistischen Truppen.
Neuen Glanz sollte Sevilla anlässlich der 500 Jahrfeier der Entdeckung Amerikas erhalten. 1992 erhielt man die Weltausstellung. Dafür wurde sogar die erste Hochgeschwindigkeitszugstrecke Spaniens von Madrid nach Sevilla verlegt (das der damalige Ministerpräsident Felipe González aus Sevilla stammte, war für Region sicherlich nicht abträglich) und ein riesiges Expo-Gelände angelegt, welches leider heute in weiten Teilen zeigt, dass Großereignisse und Nachhaltigkeit meistens nicht Hand in Hand gehen. Ein Teil der Fläche wird versucht gerade wiederzubeleben, mit dem neuen Wolkenkratzer Torre Cajasur, der mit seinen 180m Höhe dem Stadtbild eine neue Wendung gibt.