Expo 2008 und neue Architektur in Saragossa
Saragossa richtete die Weltausstellung Expo 2008 aus. Über Wohl und Übel dieser gigantischen Veranstaltungen lässt sich trefflich streiten, Fakt ist allerdings, dass sich noch heute einige wirklich bemerkenswerte Gebäude auf dem Gelände finden (was bei temporären Bauten von Ausstellungspavillons nicht immer selbstverständlich ist). Diese, wie auch einige andere, herausragende zeitgenössische Gebäude in der Hauptstadt Aragóns, sollen im nächsten Text vorgestellt werden
Auf dem Expo – Gelände:
Das Expo Gelände liegt nordwestlich der Altstadt auf dem Mäander Namens Rasillas des Ebro-Flusses, welcher für die Ausstellung bebaut wurde. Obwohl das Thema der Expo 2008 „Wasser und nachhaltige Entwicklung“ war, ist diese Nachhaltigkeit insbesondere bei den eindrucksvollsten Pavillons leider kaum gegeben. Zwar gab es einige Pläne und sogar Besitzerwechsel für die Nachnutzung, aber 2016, also acht Jahre danach, stehen insbesondere die architektonische Wahrzeichen, wie der Wasser Turm oder der Brückenpavillon ungenutzt herum, was gerade bei Besuchern von Saragossa zu ziemlicher Frustration führen kann. Nachhaltig war nur der Bau des Flusswasser-Aquariums „Acuario Fluvial“, des Kongresszentrums und einer Reihe von Bauten, die heute für administrative Aufgaben benutzt wurden (wie die Ciudad de Justicia), sowie eine große Parklandschaft am Ebro, die von vielen Einheimischen insbesondere am Wochenende gern benutzt wird.
Es folgt ein Blick auf die interessantesten Bauten des Geländes:
Der Water Tower (deutsch: Wasserturm, spanisch: Torre del Agua) ist das architektonische Erkennungszeichen der Expo und gleichzeitig auch das höchste Haus Saragossas mit immerhin 78m. Erdacht wurde der Bau von Enrique de Teresa und seinem Büro. Der Pavillon besteht aus einem Sockel und einem Turmschaft, der den Grundriss eines Wassertropfens hat. Die Außenhaut des Glasturms ist von einem Fachwerk durchzogen, dem sich ein Gitternetz anschließt, das sich dynamisch um den Turm windet, von der Grundform aber etwas an den Torre BBVA im AZCA Madrid erinnert. Heute steht er leer und man wundert sich warum man ein Hochhaus an einem attraktiven Standort nicht nutzt, die Antwort darauf ergibt sich aus dem Innenleben des Turms, denn dieser ist größten Teils hohl. Neben einer Ausstellung zum Thema Wasser war 2008 hier eine 21m hohe Skulptur zu sehen, die einen zerplatzenden Wassertropfen zeigte. So gesehen ist der Wasserturm kein Hochhaus, sondern ein in die Höhe gebauter Pavillon, was allerdings den Nachnutzwert arg limitiert. Selbst die Aussichtsterrasse mit Gastronomie auf dem Dach ist heuer nicht mehr geöffnet, lediglich im Sockel befindet sich eine Wassersporteinrichtung für den angrenzenden Teich.
Der Brücken-Pavillon (spanisch: Pabellón Puente) von Zaha Hadid ist ein weiteres Beispiel für spektakuläre, aber heute leider ungenutzte Architektur. Der Bau überquert den Ebro, ist also Brücke, aber gleichzeitig auch ein Ausstellungsgebäude. Er gliedert sich in vier sogenannte Kapseln. Die vom südlichen Flussufer startende Kapsel führt auf eine Insel, wo sie sich in drei andere Kapseln ergießt (um bei der Metaphorik des Wassers zu bleiben), die dann zum Nordufer leiten. Der dynamische, 275m lange, Bau ist von dreieckigen Schuppen überzogen, die an Haifischhaut erinnern soll. Wie bei Bauten von Zaha Hadid Architects typisch, ist die gesamte Form des Bauwerks fließend und hat eine biomorphe Gestalt. Die urbane Aufgabe, die der Pavillon auch als Brücke ausüben soll, ist wie schon erwähnt, aber nicht gegeben, da er für die Öffentlichkeit heute nicht mehr zugänglich ist und von den hybriden Aufgaben als Ausstellungsraum und Übergang keine mehr ausgeführt wird. Insofern ist dieser Bau, der aber immer noch als Wahrzeichen der Expo gesehen werden kann, leider gescheitert.
Der Pavillon Aragóns von Olano y Mendo Arquitectos hat einen quadratischen Grundriss und steht auf drei massiven Stützen, die einen Plaza (der heute gern von Skateboardern genutzt wird) frei geben. Besonders auffallend ist die Verkleidung des Pavillons. Die Glas und Betonelemente weben ein glitzerndes Gitterwerk, wobei es sich nach oben hin von opak zu transparent verändert. Die Außenhaut soll laut den Architekten die unterschiedlichen Landschaften der Region (insbesondere Berge und Täler) wiederspiegeln, dabei aber eine Einheit bilden, in der Form eines geflochtenen Korbes.
Der spanische Pavillon von Francisco Mangado wirkt sowohl elegant als auch sehr symbolisch. Er ist wie ein Wald, der aus dem Wasser wächst. Die aus dem Teich angelegten Pfeiler geben dem Bau eine natürliche Erscheinung und tatsächlich sind sie aus recyceltem Holz hergestellt. Auch er steht heute leer.
Das Kongresszentrum von Nieto & Sobejano Arquitectos ist eines der wenigen Bauwerke, die eine Nachnutzung bekommen haben. Es beinhaltet neben einem großen Auditorium mit 1440 Sitzen auch ein Ausstellungsgelände und modulare, kleinere Räume, die unterschiedlich genutzt werden können. Emblematisch am Kongresszentrum ist seine 167m lange Schauseite zum Expo Plaza hin. Es wirkt wie ein geometrisches Auf und Ab, ein Dach das sich vom Boden bis in die Höhe von 34m erstreckt. Laut den Architekten soll es Rahmen, Raum und Licht in einem architektonischen Gebäude vereinen. Erstaunlich ist die kurze Bauzeit, die nur deshalb eingehalten wurde, da verstärkt auf vorgefertigte Teile zurückgegriffen werden konnte.
Brücken:
Nicht wirklich zur Expo 2008 gehörend, aber für ihre infrastrukturelle Anbindung entscheidend sind zwei neue Brücken über den Ebro, die auch heute noch ihre Funktion erfüllen.
Zum einen die Puente del Tercer Milenio (auf Deutsch: „Brücke des dritten Millenium“), die den Bahnhof Delicias mit dem Expo Gelände auf einer neuen Ringstraße verbindet. Die Stabbogenbrücke wurde vom Ingenieur Juan José Arenas entworfen. Der Bogen aus Beton misst erstaunliche 216m Länge bei einer maximalen Höhe von 35m über der Fahrbahn. Die je zweimal 32 Hänger-Paare sind am Bogen angebracht. Die Fahrbahn ist 43m breit und hat nicht nur 6 Fahrspuren für Autos sondern auch einen wettergeschützten Fußweg.
Die Pasarela de Voluntariado ist eine Fußgängerbrücke, welche die Innenstadt und das Expo Gelände verbindet. Der Brückenbauer Javier Manterola ließ dafür einen 75m hohen Mast spannen, der 30 Grad geneigt ist und an dem 46 Trägerkabel im Fächersystem hängen, die das gebogene 270m lange Deck halten. Diese sehr eigenwillige Schrägseilbrücke kostete rund 7,5 Millionen Euro und ist für ihren Brückentyp sicherlich sehr innovativ. Ein um 30 Grad schräger Pylon ist zwar nicht neu (sie die Alamillo Brücke von Calatrava in Sevilla), dass dieser aber nicht in einer Linie zum Deck, sondern seitlich dazu angebracht ist, beeindruckt schon, da Brückendeck und Pylone so voneinander unabhängig, schwendend wirken. Auch nach Beendigung der Expo wird die Brücke noch von zahlreichen Fußgängern benutzt.
Neue Architektur, die nicht zur Expo 2008 gehört:
Natürlich besitzt Saragossa auch weitere eindrückliche Neubauten der zeitgenössischen Architektur, wobei zwei Gebäude herausragen, beides Museen.
IAACC
Das Instituto Aragonés de Arte y Cultura Contemporáneos, kurz IAACC, oder auch Museum Pablo Serrano, ist das bedeutendste Kunstmuseum der Stadt für Malerei des 20. Jahrhunderts. Es wurde 1994 eröffnet und ist heute in einem spektakulären Bau des einheimischen Architekten José Manuel Perez Latorre beheimatet, welcher von 2008 bis 2011 über die älteren Gebäudeteile, einer alten Industriearchitektur, gebaut wurden. Es handelt sich dabei quasi um einen Überbau, der auf die alten Hallen gesetzt wurde und der die Ausstellungsfläche mehr als verdreifachte auf über 7500m². Interessante Zeichnungen zum Bau finden sich hier.
Caixa Forum
Nur wenige hundert Meter vom IAACC entfernt befindet sich das Caixa Forum, ein Museum der Stiftung der katalanischen Caixa Bank, die auch Museen in Barcelona, Madrid oder Palma de Mallorca unterhält. Das Haus steht in der Nähe des ehemaligen Hauptbahnhofes Portillo, der aber heute nur noch ein unterirdischer S-Bahn Halt ist. Die Architektin Carme Pinós, die zu Beginn ihrer Karriere übrigens mit Enric Miralles zusammengearbeitet hat, gewann mit ihrem Entwurf 2009 den Vergabewettbewerb. Das sechsstöckige Bauwerk (mit Untergeschossen), scheint sich in zwei große geometrische Blöcke zu teilen und wird von 1600 Aluminiumblechen abgedeckt, die unterschiedlich perforiert sind und damit ein wenig an die Ornamentik des Mudejar erinnern. Nachts leuchten LEDs aus den Rückseiten der Bleche. Nach rund vier Jahren Bauzeit, öffnete das Caixa Forum Zaragoza 2014 seine Türen.
World Trade Center
Das World Trade Center Zaragoza gehört mit 77m Höhe seiner beiden Zwillingstürme zum Stadtbild, wenngleich es etwas außerhalb der Innenstadt liegt. Es ist ein moderner, 2008 eröffneter, Büro- und Hotelkomplex aus der Hand des Architekturbüros von José Antonio Aranaz. Markant sind die zwei 19 geschossigen Glastürme, die in er Stadt weithin sichtbar sind.