Expo 2008 und neue Architektur in Saragossa

Saragossa richtete die Weltausstellung Expo 2008 aus. Über Wohl und Übel dieser gigantischen Veranstaltungen lässt sich trefflich streiten, Fakt ist allerdings, dass sich noch heute einige wirklich bemerkenswerte Gebäude auf dem Gelände finden (was bei temporären Bauten von Ausstellungspavillons nicht immer selbstverständlich ist). Diese, wie auch einige andere, herausragende zeitgenössische Gebäude in der Hauptstadt Aragóns, sollen im nächsten Text vorgestellt werden

Auf dem Expo – Gelände:

Das Expo Gelände liegt nordwestlich der Altstadt auf dem Mäander Namens Rasillas des Ebro-Flusses, welcher für die Ausstellung bebaut wurde. Obwohl das Thema der Expo 2008 „Wasser und nachhaltige Entwicklung“ war, ist diese Nachhaltigkeit insbesondere bei den eindrucksvollsten Pavillons leider kaum gegeben. Zwar gab es einige Pläne und sogar Besitzerwechsel für die Nachnutzung, aber 2016, also acht Jahre danach, stehen insbesondere die architektonische Wahrzeichen, wie der Wasser Turm oder der Brückenpavillon ungenutzt herum, was gerade bei Besuchern von Saragossa zu ziemlicher Frustration führen kann. Nachhaltig war nur der Bau des Flusswasser-Aquariums „Acuario Fluvial“, des Kongresszentrums und einer Reihe von Bauten, die heute für administrative Aufgaben benutzt wurden (wie die Ciudad de Justicia), sowie eine große Parklandschaft am Ebro, die von vielen Einheimischen insbesondere am Wochenende gern benutzt wird.
Es folgt ein Blick auf die interessantesten Bauten des Geländes:

Der Water Tower (deutsch: Wasserturm, spanisch: Torre del Agua) ist das architektonische Erkennungszeichen der Expo und gleichzeitig auch das höchste Haus Saragossas mit immerhin 78m. Erdacht wurde der Bau von Enrique de Teresa und seinem Büro. Der Pavillon besteht aus einem Sockel und einem Turmschaft, der den Grundriss eines Wassertropfens hat. Die Außenhaut des Glasturms ist von einem Fachwerk durchzogen, dem sich ein Gitternetz anschließt, das sich dynamisch um den Turm windet, von der Grundform aber etwas an den Torre BBVA im AZCA Madrid erinnert. Heute steht er leer und man wundert sich warum man ein Hochhaus an einem attraktiven Standort nicht nutzt, die Antwort darauf ergibt sich aus dem Innenleben des Turms, denn dieser ist größten Teils hohl. Neben einer Ausstellung zum Thema Wasser war 2008 hier eine 21m hohe Skulptur zu sehen, die einen zerplatzenden Wassertropfen zeigte. So gesehen ist der Wasserturm kein Hochhaus, sondern ein in die Höhe gebauter Pavillon, was allerdings den Nachnutzwert arg limitiert. Selbst die Aussichtsterrasse mit Gastronomie auf dem Dach ist heuer nicht mehr geöffnet, lediglich im Sockel befindet sich eine Wassersporteinrichtung für den angrenzenden Teich.

Der Brücken-Pavillon (spanisch: Pabellón Puente) von Zaha Hadid ist ein weiteres Beispiel für spektakuläre, aber heute leider ungenutzte Architektur. Der Bau überquert den Ebro, ist also Brücke, aber gleichzeitig auch ein Ausstellungsgebäude.  Er gliedert sich in vier sogenannte Kapseln. Die vom südlichen Flussufer startende Kapsel führt auf eine Insel, wo sie sich in drei andere Kapseln ergießt (um bei der Metaphorik des Wassers zu bleiben), die dann zum Nordufer leiten. Der dynamische, 275m lange, Bau ist von dreieckigen Schuppen überzogen, die an Haifischhaut erinnern soll. Wie bei Bauten von Zaha Hadid Architects typisch, ist die gesamte Form des Bauwerks fließend und hat eine biomorphe Gestalt. Die urbane Aufgabe, die der Pavillon auch als Brücke ausüben soll, ist wie schon erwähnt, aber nicht gegeben, da er für die Öffentlichkeit heute nicht mehr zugänglich ist und von den hybriden Aufgaben als Ausstellungsraum und Übergang keine mehr ausgeführt wird. Insofern ist dieser Bau, der aber immer noch als Wahrzeichen der Expo gesehen werden kann, leider gescheitert.

Der Pavillon Aragóns von Olano y Mendo Arquitectos hat einen quadratischen Grundriss und steht auf drei massiven Stützen, die einen Plaza (der heute gern von Skateboardern genutzt wird) frei geben. Besonders auffallend ist die Verkleidung des Pavillons. Die Glas und Betonelemente weben ein glitzerndes Gitterwerk, wobei es sich nach oben hin von opak zu transparent verändert. Die Außenhaut soll laut den Architekten die unterschiedlichen Landschaften der Region (insbesondere Berge und Täler) wiederspiegeln, dabei aber eine Einheit bilden, in der Form eines geflochtenen Korbes.

Der spanische Pavillon von Francisco Mangado wirkt sowohl elegant als auch sehr symbolisch. Er ist wie ein Wald, der aus dem Wasser wächst. Die aus dem Teich angelegten Pfeiler geben dem Bau eine natürliche Erscheinung und tatsächlich sind sie aus recyceltem Holz hergestellt. Auch er steht heute leer.

Das Kongresszentrum von Nieto & Sobejano Arquitectos ist eines der wenigen Bauwerke, die eine Nachnutzung bekommen haben. Es beinhaltet neben einem großen Auditorium mit 1440 Sitzen auch ein Ausstellungsgelände und modulare, kleinere Räume, die unterschiedlich genutzt werden können. Emblematisch am Kongresszentrum ist seine 167m lange Schauseite zum Expo Plaza hin. Es wirkt wie ein geometrisches Auf und Ab, ein Dach das sich vom Boden bis in die Höhe von 34m erstreckt. Laut den Architekten soll es Rahmen, Raum und Licht in einem architektonischen Gebäude vereinen. Erstaunlich ist die kurze Bauzeit, die nur deshalb eingehalten wurde, da verstärkt auf vorgefertigte Teile zurückgegriffen werden konnte.

Brücken:
Nicht wirklich zur Expo 2008 gehörend, aber für ihre infrastrukturelle Anbindung entscheidend sind zwei neue Brücken über den Ebro, die auch heute noch ihre Funktion erfüllen.
Zum einen die Puente del Tercer Milenio (auf Deutsch: „Brücke des dritten Millenium“), die den Bahnhof Delicias mit dem Expo Gelände auf einer neuen Ringstraße verbindet. Die Stabbogenbrücke wurde vom Ingenieur Juan José Arenas entworfen. Der Bogen aus Beton misst erstaunliche 216m Länge bei einer maximalen Höhe von 35m über der Fahrbahn. Die je zweimal 32 Hänger-Paare sind am Bogen angebracht. Die Fahrbahn ist 43m breit und hat nicht nur 6 Fahrspuren für Autos sondern auch einen wettergeschützten Fußweg.
Die Pasarela de Voluntariado ist eine Fußgängerbrücke, welche die Innenstadt und das Expo Gelände verbindet. Der Brückenbauer Javier Manterola ließ dafür einen 75m hohen Mast spannen, der 30 Grad geneigt ist und an dem 46 Trägerkabel im Fächersystem hängen, die das gebogene 270m lange Deck halten. Diese sehr eigenwillige Schrägseilbrücke kostete rund 7,5 Millionen Euro und ist für ihren Brückentyp sicherlich sehr innovativ. Ein um 30 Grad schräger Pylon ist zwar nicht neu (sie die Alamillo Brücke von Calatrava in Sevilla), dass dieser aber nicht in einer Linie zum Deck, sondern seitlich dazu angebracht ist, beeindruckt schon, da Brückendeck und Pylone so voneinander unabhängig, schwendend wirken. Auch nach Beendigung der Expo wird die Brücke noch von zahlreichen Fußgängern benutzt.

Neue Architektur, die nicht zur Expo 2008 gehört:
Natürlich besitzt Saragossa auch weitere eindrückliche Neubauten der zeitgenössischen Architektur, wobei zwei Gebäude herausragen, beides Museen.

IAACC
Das Instituto Aragonés de Arte y Cultura Contemporáneos, kurz IAACC, oder auch Museum Pablo Serrano, ist das bedeutendste Kunstmuseum der Stadt für Malerei des 20. Jahrhunderts. Es wurde 1994 eröffnet und ist heute in einem spektakulären Bau des einheimischen Architekten José Manuel Perez Latorre beheimatet, welcher von 2008 bis 2011 über die älteren Gebäudeteile, einer alten Industriearchitektur, gebaut wurden. Es handelt sich dabei quasi um einen Überbau, der auf die alten Hallen gesetzt wurde und der die Ausstellungsfläche mehr als verdreifachte auf über 7500m². Interessante Zeichnungen zum Bau finden sich hier.

Caixa  Forum
Nur wenige hundert Meter vom IAACC entfernt befindet sich das Caixa Forum, ein Museum der Stiftung der katalanischen Caixa Bank, die auch Museen in Barcelona, Madrid oder Palma de Mallorca unterhält. Das Haus steht in der Nähe des ehemaligen Hauptbahnhofes Portillo, der aber heute nur noch ein unterirdischer S-Bahn Halt ist. Die Architektin Carme Pinós, die zu Beginn ihrer Karriere übrigens mit Enric Miralles zusammengearbeitet hat, gewann mit ihrem Entwurf 2009 den Vergabewettbewerb. Das sechsstöckige Bauwerk (mit Untergeschossen), scheint sich in zwei große geometrische Blöcke zu teilen und wird von 1600 Aluminiumblechen abgedeckt, die unterschiedlich perforiert sind und damit ein wenig an die Ornamentik des Mudejar erinnern. Nachts leuchten LEDs aus den Rückseiten der Bleche. Nach rund vier Jahren Bauzeit, öffnete das Caixa Forum Zaragoza 2014 seine Türen.

World Trade Center
Das World Trade Center Zaragoza gehört mit 77m Höhe seiner beiden Zwillingstürme zum Stadtbild, wenngleich es etwas außerhalb der Innenstadt liegt. Es ist ein moderner, 2008 eröffneter, Büro- und Hotelkomplex aus der Hand des Architekturbüros von José Antonio Aranaz. Markant sind die zwei 19 geschossigen Glastürme, die in er Stadt weithin sichtbar sind.

Was ist dekonstruktivistische Architektur?

Woran erkenne ich ein Gebäude des architektonischen Stils des „Dekonstruktivismus“? Das ist eine nicht ganz leicht zu beantwortende Frage, der wir uns in diesem Artikel stellen wollen. Man kann den Dekonstruktivismus als eine Epoche im Bauen ansehen, der irgendwann nach der Zeit der modernen und auch der postmodernen Architektur begann. Ein kurzer Blick zurück: historisch betrachtet ist die alles dominierende Bauform des 20. Jahrhunderts die Moderne, mit ihren klaren Linien, scharfen Kanten, einem Hang zur Internationalität, dem Versuch zeitlos und daher unhistorisch zu bauen und einem strengen Rationalismus. Vom DDR-Plattenbau über das Seagram Building in New York bis zum Loos-Haus in Wien kann man grob vereinfacht von Gebäuden der Moderne sprechen.

Schon nach dem 2.Weltkrieg als die Moderne die alles beherrschende Form des Bauens wurde, entstanden Häuser, die sich diesem Trend entgegen stellten. Bis in die 1970er Jahre hinein war jedoch die Epoche vollkommen wirkmächtig und wenig hinterfragt. Erst in den darauf folgenden Jahren kam es zu Abweichungen und Neuerungen, wie beispielsweise der Postmoderne.
Der Dekonstruktivismus jedoch entstand erst in den 1980ern.  Der Begriff bezieht sich auf eine philosophisch-hermeneutische Methode, die insbesondere in Schriften von Jaques Derrida ausgearbeitet wurden. Ihm ging es um die Dekonstruktion von sprachlichen Systemen, um dort tieferliegende Bedeutungen herauszufiltern. In der Architektur muss man diesen interpretativen Gestus nun in ein gestalterisches Element verwandeln. Dabei orientiert sich die Architektur an der bildenden Kunst, mit ihrem Prinzip der Demontage, das verborgenen Strukturen und Inhalte aufzeigen soll und die Fragmentierung in der heutigen Gesellschaft Ausdruck verschaffen möchte. Vereinfacht könnte man zusammenfassend sagen, der Dekonstruktivismus kann als „Architektur des Aufzeigens von Brüchen“ gedeutet werden.
An dieser Stelle muss allerdings ein Kompromiss der hier vorliegenden Darstellung angezeigt werden. In diesem Artikel verwenden wir das Wort dekonstruktivistisches Bauen weiter, als es architekturgeschichtlich eigentlich vollkommen Korrekt wäre, denn man kann von einer Zweiteilung sprechen; zum einen vom eigentlichen Dekonstruktivismus und zum anderen vom deformativen Bauen.
Die erste Variante ist die etwas ältere Form, welche Kanten, Brüche und Falten beinhaltet und etwas rau wirkt. Die zweite Form zeigt biomorphe Formen und ineinander fließende Flächen an und ist eine Variante des Gestalten von Häusern die heute noch verwendet wird und zunehmende Popularität genießt. Insgesamt kann man sagen dass diese Form der Architektur ein Phänomen der Advangarde ist, die Bildungsbürger gern als Distinktionsmedium benutzen, um zu zeigen was sie kennen und wie viel kulturelles Kapital mal wieder im Einsatz ist (wundern sie sich nicht, verehrter Leser, dieser Artikel macht im Grunde nichts anderes, wenngleich er versucht auch darüber aufzuklären). Gleichzeitig ist es aber eine sehr kostspielige Form des Bauens, die weiterhin darauf ausgelegt ist, Aufmerksamkeit zu erheischen und daher auch als eine Spektakel-Architektur beschrieben werden kann. Jedoch sind diese Faktoren im ökonomischen System unserer Tage durchaus sehr erfolgreich, bedenkt man, dass sich Bauherren für den Erfolg ihres Anliegens auch – allerdings positiv konnotierter – Aufmerksamkeit wünschen und für ein neues Landmarken-Gebäude (also einem Bauwerk, was grob formuliert, heraussticht) gern auch den teuren Namen des Stararchitekten bezahlen und für eine ungewöhnliche Form das Budget auch etwas spreizen. 

Wie kann man sich aber die dekonstruktivistische Architektur genau vorstellen. Ohne Bezug zur Moderne geht dies, wie schon erwähnt, nicht. Die dekonstruktivistische Architektur ist als Gegenpol zur Moderne zu lesen, man kann sogar davon sprechen das sie versucht das Bauen neu zu erfinden, denn sie nimmt sich die Bedingungen von Form, Statik und Funktion und versucht diese zu zerlegen. Die mit der Moderne verbunden Grundsätze der Architektur: den rechten Winkel, das Aufrechte, das Prinzip vom Stütze und Last, Gravitation und Statik sollen hier aufgehoben werden. Dabei ist nicht unbedingt Harmonie erwünscht, sondern der Bruch ist das Ziel: schiefe Wände, scharf geschnittene Formen, Spalten treten auf. Anders als die serielle Produktion der Moderne, die auf billige Reproduktion angelegt wird (was selbstredend natürlich nicht für alle Bauwerke zu verallgemeinern ist, ein Meisterwerk der Moderne, das New Yorker Seagram Building, war das teuerste Hochhaus seiner Zeit) lehnt der Dekonstruktivismus ab. Jedes Bauwerk ist wie ein einzelnes Kunstwerk. Wobei dabei auch in Kauf genommen wird, das sich der Bezug zur Umwelt nicht herstellt. So wirken diese Gebäude wie Mitten in der Stadt gelandete Raumschiffe (siehe dazu der UfA-Kristallpalast in Dresden, der auch noch um 180 Grad falsch eingeparkt wurde. In der Zeit unmittelbar nach seiner Eröffnung war ich Zivildienstleistender in der Nachbarschaft und ich erinnere mich an keinen einzigen alten Menschen, den ich zu betreuen hatte, der auch nur ansatzweise positiv vom neuen Gebäude sprach). Man könnte sagen, der Dekonstruktivismus ist eine Art Anti-Haltung, eine Demontage der modernen Architektur. Er bringt nicht die Häuser zum Schweben (so wie moderne Bauten, beispielsweise bei der Unité in Marseille) sondern sie scheinen in Permanenz einzustürzen. Er sucht bewusst einen Kunstcharakter und trägt symbolhafte Züge in sich.

Dem Dekonstruktivismus geht es visuell um Dynamik, die auch eine Dynamik des Sozialen erzeugen soll, mit einem Durchbrechen des Gewohnten, ohne dabei aber eine spezifische Idee eines neuen Lebens zu haben (wie dies die Moderne noch tat). Es geht diesem Stil nicht um den Aspekt der Problemlösung, sondern um Desillusionierung und Problemveranschaulichung. Man baut das schroffe Gegenteil zum Bestehenden und dabei werden die Gebäude zu Parasiten der europäischen und ebenso modernen Stadt. Es ist eine Architektur die bestehende Muster aufbrechen möchte, die soziale Bewegungen hinterfragt und Aushandlungsprozesse auch als Benutzer der Architektur (nicht nur als Betrachter) erfordert. Gleichwohl ist es eine sehr teure Architektur, dies zusammen mit dem Bruch, den diese Architektur im Stadtbild aufwirft, macht sie nicht umstritten.

Wer mehr zum Thema erfahren möchte, den empfehle ich Hildegard Kretschmers sehr gutes Einführungsbuch zum Thema „Die Architektur der Moderne“. Ebenso Thema, allerdings in verstärkt soziologischer Perspektive ist Heike Delitz Beitrag „Expressiver Außenhalt“ im Sammelband „Die Architektur der Gesellschaft“ von der Autorin gemeinsam mit Joachim Fischer herausgegeben.

Gläserne Manufaktur

Das Dresden meiner Kindheit war unter anderem eine Industriestadt. Ich erinnere mich noch sehr gut daran in der Straßenbahn, am kräftig qualmenden Kraftwerk Mitte vorbeigefahren zu sein. Für mich waren die Werke und Betriebe immer der hässliche Teil der Stadt, der den schönen Teil verdreckt. Ich kann mich deshalb entsinnen, anfangs etwas skeptisch gewesen zu sein, als man in den 1990er Jahren ankündigte, dass Volkswagen eine Autofabrik in den bzw. an den Rand des Großen Garten bauen wollte. Dies an einen Ort, der mir recht bekannt war, da an dieser Ecke des Fučikplatzes (heute Strassburger Platz),die Endhaltestelle der mir aus Kinderzeiten hochgeschätzten Pioniereisenbahn (heute Parkeisenbahn) lag. Dahinter befand sich ein von mir kaum beachtetes Ausstellungsgelände. Als man genau dahin ein Werk bauen wollte, war nicht nur ich etwas verdutzt, denn in einer Stadt, die gerade so wie Dresden, sehr stark auf Tradition ausgerichtet ist, war eine Autofabrik etwas schwer Vorzustellendes, zumal es hier nie eine Automobilindustrie gab. Doch die Idee schien schon bald zu gefallen, denn es sollte nicht irgendeine beliebige Fertigungshalle errichtet werden, sondern ein Prestigeobjekt – eine „Gläserne Manufaktur“.
Der Begriff der Manufaktur war mir immer nur mit etwas Edlem wie dem Meissner Porzellan bekannt, das ziemlich kostbar sein musste, denn ich erinnere mich daran wie wir Kinder bei Bekannten meiner Eltern zugegen waren und ein solch kostbares Stück nur aus sicherer Entfernung betrachten konnten. Es in unsere Hände zu geben, durch die es ja hätte durchrutschen können, erschien selbst uns zu gewagt.  Eine Manufaktur schien kostbare Sachen zu produzieren (Manufaktur steht aber von der Wortbedeutung für Handarbeit, was am Beispiel der Arbeitsweise der Gläsernen Manufaktur ebenso (zumindest teilweise) zutreffend ist). Und es wird den Verantwortlichen von Volkswagen ähnlich gegangen sein, denn sie wollten ihr teuerstes Produkt in der Kulturstadt Dresden bauen lassen, den VW Phaeton. Diesen zugegebener Maßen recht preisintensiven Schlitten, sollen Kunden nicht einfach so erwerben, vielmehr sollen sie – einem mündigen Käufer gleich – zuschauen dürfen, wie das Produkt zusammengeschraubt wird. Anders als bei herkömmlichen Produkten wird hier der Herstellungsprozess bewusst für den Käufer geöffnet (etwas was bei vielen anderen Produkten kaum denkbar wäre, wer will schon Fleisch essen, nachdem er ein Schlachthaus besucht hat) und aus dem Produktionsprozess wird eine Show gemacht. Daher leitet sich der Anspruch ab, eine Gläserne Manufaktur zu sein. Ein Betrieb wo das Reinschauen zum Konzept der Arbeit gehört.

All das sollte natürlich nicht irgendwo am Stadtrand geschehen, sondern am besten mitten in der Stadt und da der Theaterplatz schon verbaut war, fand man das Areal am Großen Garten, das auch irgendwie passt, denn hier an der Lennéstrasse befindet sich so etwas wie das „Wochenendviertel“ der Dresdner. Neben dem Großen Garten (mit seinen schönen Wegen, Biergärten, dem Botanischen Garten, dem Open-Air Veranstaltungsgelände „Junge Garde“ und der Parkeisenbahn) kann man auch ins Stadion gehen oder das Hygiene Museum besuchen und selbst wenn das Wetter nicht stimmt, könnte man auch ins Arnhold Bad gehen, da die „Stadtpfütze“ überdacht und beheizt ist.
Die Fabrik liegt fast in so etwas wie in einem Freizeitbereich. Und sie hat selbst Anteil am kulturellen Leben, denn die Gläserne Manufaktur bietet von Zeit zu Zeit durchaus ausgewählte kulturelle Höhepunkte an, seien es nun Konzerte oder Diskussionsrunden, wie das leider nach Wolfsburg umgezogene „Philosophische Quartett“ mit Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski.

Das Gebäude versucht den Ideen des Prestigeobjekts, mit Einbeziehung in das städtische Leben, Rechnung zu tragen. Nach dem Baubeginn im Jahr 1999, wurde das Werk schon 2001 eingeweiht. Verantwortlich für den Entwurf war das Architekturbüro von Gunther Henn, der sich auch schon für andere VW-Vorzeigeobjekte wie die Autostadt in Wolfsburg auszeichnete.
Von außen dominiert auf der Schauseite ein  etwas futuristisch anmutendes Bild, auf den anderen Seiten insbesondere zur Stübelallee sind glatte Glasfassaden bestimmend. Der gesamte fast quadratische Bau ist in zwei Teile getrennt. Der Produktionsteil begrenzt in einer L-Form den Besucher- und Kundenteil. Der Werksteil kann nicht nur durch eine Glasverkleidung eingesehen werden, es ist sogar möglich ihn über Besucherterrassen zu betreten, der Produktionsprozess wird dadurch gewissermaßen auch zu einem kleinen – wenngleich monotonen – Theaterstück. Das es sich bei den Fertigungshallen nicht um eine simple Fabrik mit den üblichen Interpretationen wie Schmutz, Lärm und Hektik handelt, wird schon beim ersten Blick klar. Fast klinisch rein kommt es dem Besucher vor. Die Autos werden auf Parkettfußböden zusammengeschraubt und es wird viel indirektes Licht verwendet, um nach außen hin die Lichtemissionen zu dämpfen. Den Übergang von Werkhalle und Besucherraum stellt inhaltlich ein 40m hoher Turm dar, der als Hochregal, fertiggestellte Phaeton lagert und der dezent im Hintergrund an der Seite des Gebäudes residiert. Das Besucherforum wiederum besteht aus einer „Orangerie“ in der die Produkte des Hauses ausgestellt werden (daher hochpreisige VWs) und auf der Veranstaltungen abgehalten werden können. Als historische Reminiszenz an das Dresdner Kugelhaus, welches 1928 nach Plänen von Dieter Birkenholz in unmittelbarer Nähe stand (und schon in der Nazizeit wieder abgerissen wurde) befindet sich ein kugelförmiger Kinosaal in der Mitte des Besucherbereichs, welcher VW- Werbung präsentiert. Der Eingangsbereich trennt das Restaurant „Lesage“, an welchen sich die Büros der Manufaktur anschließen von einer Kundenlobby, welche ein exklusives Einkaufsgefühl vermitteln soll und auf drei Etagen Käuferberatung, Freizeitgestaltung und Fahrzeugübergabe beheimatet. Dieser Bereich ist nicht für „normale“ Besucher der Manufaktur zugänglich, sondern nur für die neuen (stolzen) Besitzer des Wagens. Vergleichbar ist dieser Teil mit den VIP-Logen, des sich in Sichtweite befindlichen Stadions.

Kritisiert wurde an der Gläsernen Manufaktur, dass ein solches Werk nicht unerheblichen Lastwagen-Verkehr nach sich ziehen würde, schließlich müsse man die Fahrzeugteile für die Endmontage in die Fabrik bringen. Dieser Nachteil wurde aber durch eine sehr hübsche Idee etwas entkräftet, da man sich entschloss, ein Logistikzentrum in der Friedrichstadt zu errichten und zwei Transportstraßenbahnen zwischen beiden Orten pendeln zu lassen, was gleichzeitig ein netter Nebeneffekt auf Dresdens Schienennetz darstellt (die Karosserie wird aber per LKW geliefert). Weiterhin wurde der fehlende Bezug zur Architektur der Stadt kritisiert, insbesondere bei der Materialauswahl (aus Glas und Metall), die keinen Beziehung zu Dresden darstellt. Hier halte ich die Kritik für übertrieben, da man in Dresden traditionell neuer Architektur argwöhnisch zu begegnen versucht und ein Glasgebäude es sowieso schwer hat nicht kritisiert zu werden. Die Gläserne Manufaktur ist vielmehr eine innovative Form der Verknüpfung von zeitgenössischer Produktion, Imagepflege eines Konzerns und urbanen Treffpunkt. Auch wenn sich wohl fast kein Dresdner einen Phaeton leisten kann, ist die Manufaktur eine interessante Adresse, deren ästhetische Außenwirkung besticht und die eine neue Sehenswürdigkeit in der Stadt Dresden darstellt.
P.S. Eine Führung in der Gläsernen Manufaktur kann an dieser Stelle empfohlen werden. Nicht empfohlen wird der Kauf des Architekturführers „Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden“ aus dem Stadtwandel Verlag. Diese 66 Seiten starke Broschüre von Autor Lars Klaaßen ähnelt sehr einem Werbetext von VW. Wer die Führung besucht hat wird auch nur vereinzelt Neues erfahren, schlimmer wiegt aber der lobhudelnde Ton und das vollkommene Fehlen jeglichen kritischen Geistes, der dem erfolgreichen Projekt „Gläserne Manufaktur“ nicht wirklich gut zu Gesicht steht und nur wie schnell zusammengeschriebene Werbung aussieht.

Neue Architektur in Madrid

Madrids Status als europäische Metropole, hat auch mit einem regelrechten Bauboom zu tun. Mitte des ersten Jahrzehntes unseres Jahrhunderts konnte man hören, dass es in Europa keine Stadt gab, in der mehr neue Gebäude errichtet wurden als hier. Dabei sind vor allem Wohnhäuser in der Peripherie der Stadt in die Höhe geschossen, zumeist mit Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Das enorme Wachstum der Madrider Metro speiste sich im Übrigen aus einer Symbiose aus Wohnungsbau, Grundstücksspekulation und infrastrukturellem Ausbau. Unbebautes Land in den Vorstädten wurde aufgekauft und eine Metrolinie dahin geführt. Dadurch steigerte sich der Wert des Landes und es wurde mit Gewinn verkauft. Mit den Einnahmen daraus wurde die Metrolinie weiter gebaut und das Spiel mit der nächsten Station wiederholt. Als die Immobilienblase 2008 platze war damit auch das Wachstum der Metro beendet. Allerdings auf einem sehr ausgebauten Niveau, die Madrider U-Bahn ist die 5.größte der Welt.
Das wohl vorzeigenswerteste urbanistische Projekt des letzten Jahrzehnts ist Madrid Rio, bei dem die am Ufer des Flusses Manzanares liegende Stadtautobahn unter die Erde verlegt wurde und oberhalb ein Park entstand. Dazu soll ein eigener Beitrag vorbereitet werden.
Das Hochhausviertel Cuatro Torres Business Area (CTBA), dass das Stadtbild im Norden von Madrid entscheidend verändert hat ist ebenfalls neueren Datums und wurde um 2010 fertiggestellt. Dazu erfahren sie mehr im Artikel zu den Hochhäusern in Madrid.

Aber auch Verwaltungsorgane, Kultureinrichtungen, Unternehmen und sogar der Wohnungsbau haben einige recht interessante Bauwerke geschaffen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass dafür immer mehr auch auf international renommierte Architektenbüros zurückgegriffen wird, die teilweise für ihre Auftraggeber spektakuläre Bauten planen. Madrid verzeichnet sich damit auf einer Karte der globalisierten Architektur. Konkret ist dabei das Museum der katalanischen Caixa Bank zu nennen, das Caixa Forum, das vom schweizer Duo Herzog & deMeuron geplant wurde. Das Büro aus Basel lieferte auch die Pläne für das neue Hauptquartier der Bank BBVA, die in einen Neubau im Nordosten der Stadt ziehen werden, der von einem spektakulären Hochhaus dominiert wird.  Die große Bedeutung der Kultur in der Stadt zeigt sich ebenfalls in Anbauten zu bestehenden Museen. Am eindrucksvollsten ist hierbei sicherlich Jean Nouvels Erweiterung des Museums Reina Sofia, der mit seiner gigantischen Dachkonstruktion einen neuen urbanen Raum schafft. Andere weltweite tätige Büros ließen gleichfalls ihre Spuren in Madrid, ob nun im Wohnungsbau, mit dem eigenwilligen, aber originellen, Edificio Mirador des niederländischen Büros MVRDV, oder beim Unternehmenssitz wie dem Endessa Hauptquartier der Amerikaner von Kohn Pedersen Fox.

Selbstverständlich ist die Hauptstadt Spaniens auch ein reiches Betätigungsfeld für einheimische Architekten. Herausragend sind auch an dieser Stelle nur einige zu nennen, wie der Anbau des Prado-Museums von Pritzker Preisträger Rafael Moneo.  Andere sehr sehenswerte Beispiele sind die neue Stadtteilbücherei in Usera von Ábalos & Herreros oder das Veranstaltungsgebäude Teatros de Canal von Juan Navarro Baldeweg sowie das Barcelo Zentrum des Duos Nieto Sobejano. Auch das spanische Büro von Rafael de la Hoz hat einige spektakuläre Bauwerke in Madrid hinterlassen. Schon in den 1980er Jahren lieferte es mit dem Edificio Castelar einen wundervollen Neubau auf dem Paseo de Castellana ab. Mittlerweile hat der gleichnamige Sohn das Büro des Vaters übernommen und unter seiner Leitung sind die Firmenzentralen von Repsol, der in seinen Ausmaßen gigantische Telefonica Campus oder der Neubau der Handelskammer entstanden, so das man davon sprechen kann, dass das Büro Rafael de la Hoz fleißig mitgestaltet wenn neues Bauwerkes das Gesicht Madrids verändern.

Hochhäuser und zeitgenössische Gebäude

Valencia ist keine wirkliche Hochhausstadt. Nur zwei Wolkenkratzer (wenn man überhaupt davon sprechen kann) erreichen eine Höhe von über 100m, im Gegensatz beispielsweise zum rund 140 km südlich gelegenen Urlaubsort Benidorm, das 27 Bauwerke über dieser Höhe hat (mehr Informationen zu Benidorm hier). Interessant ist in Valencia aber, dass die Hochhäuser fast ausschließlich für Wohnungen oder Hotels benutzt werden. Die Spitzenreiter sehen sie in der Bildergalerie unter dem Artikel.

Deshalb wird hier die Gelegenheit genutzt auch interessante Gebäude der letzten Jahre vorzustellen, von denen Valencia schon eine Menge zu bieten hat. Neben den Bauwerken der Stadt der Künste und Wissenschaften, die an anderer Stelle vorgestellt werden (nämlich hier), findet sich sehr interessante zeitgenössische Architektur.
Am eindrucksvollsten ist dabei das Gebäude, das anlässlich des America’s Cup 2007 fertiggestellt wurde und dem finanzkräftigen Publikum einen hervorragenden Blick auf die Wettkämpfe liefern sollte. Gemeint ist „Veles e Vents“ des Briten David Chipperfield. Wie bei vielen seiner Gebäude ist auch dieses der geraden Linie verpflichtet, hier mit einer starken Betonung der Horizontale. Leider wurde nach den Wettbewerben keine wirklich dauerhafte Nachnutzung des attraktiven Hauses gefunden und so steht es zumeist leer, obwohl es das Glanzstück des umgebauten Yachthafens der Stadt darstellt. Am anderen Ende der Stadt hat das Büro von Norman Foster seine Spuren mit dem Kongresszentrum hinterlassen, dass 1998 eröffnet wurde. Das Gebäude ist im Grundriss wie eine konvexe Linse errichtet (oder ein Auge) und wird von umlaufenden Trägern definiert, die eine gewölbte Dachfläche halten. Gleich daneben befindet sich das Neubauviertel von Benicalp mit dem höchsten Haus der Stadt, dem Melia València, dass 117m misst. Etwas weniger hoch, aber sehenswert ist der Komplex des Hotel Sorolla Palace, dass seit 2005 Gäste empfängt. Seine elegante Form, die ein wenig an das Flatrion Building in New York erinnert, wird noch verstärkt durch den Baustoff Marmor, der die Wertigkeit der Fassade unterstreicht.