Avila

58.083 Einwohner | 231km² | 250 Einwohner pro km² | Hauptstadt der gleichnamigen Provinz | seit 1985 UNESCO Weltkulturerbe | 110km NO von Madrid

 

Neben Toledo und Segovia gehört Avila zu den drei historischen Städten in der Umgebung von Madrid. Wie Segovia ist es durch die Berge von der rund 110km südöstlich liegenden spanischen Hauptstadt getrennt. Wenn man von Madrid kommend das iberische Scheidegebirge überschreitet, das Kastilien in zwei Teile trennt, gelangt man in die Weiten der nördlichen Meseta: Noch ganz an dessen Rand, auf über 1100m Höhe (und damit die höchstgelegene Provinzhauptstadt Spaniens), liegt Avila, in den eher unbesiedelten Weiten am Rande der Sierra.

Avila ist eine der ältesten Städte Kastiliens, aber wirklich bekannt ist die Stadt heute, weil sie sich ein historisches Erbe erhalten hat, die in fast keiner anderen europäischen Stadt mehr so zu finden ist. Avila hat noch eine durchgehende, die Altstadt umschließende Stadtmauer, die sich mit 88 Türmen auf rund 2500m Länge zieht. Sie entstand vom 11. bis ins 14. Jahrhundert und ist der wichtigste Grund, warum Avila schon 1985 zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
Tatsächlich reicht die Geschichte der Stadt weit zurück. Das iberische Volk der Vettonen soll die Stadt gegründet haben, später eroberten die Römer den Ort, den sie Abila nannten. Zur damaligen Zeit scheint Avila auch den typisch römischen Grundriss gehabt zu haben, mit zwei sich rechtwinklig kreuzenden Hauptstraßen und einem Forum. Wie überall sonst auf der iberischen Halbinsel beendeten die Westgoten die römische Vorherrschaft und wurden dann von den Mauren vertrieben. Diese mussten im 11. Jahrhundert den christlichen Heeren die Stadt überlassen. Doch wie auch Toledo, lag Avila in jenen Jahren im Grenzgebiet zwischen Christentum und Islam, was dazu führte, dass die Stadt keine wirkliche wirtschaftliche Blüte erlebte. Ihre Randlage im Reich der Krone Kastiliens führte auch dazu, dass erstes eine Befestigungsanlage ab 1090 erbaut wurde. Die Bauarbeiten zogen sich bis in das 14. Jahrhundert hinein. Interessanterweise wurden die Anlagen dann aber nicht substantiell erweitert, so dass einige bedeutende Bauwerke, wie die Basílica de San Vicente schon zu ihrem Baustart außerhalb der umschlossenen Stadt lagen. Avila entwickelte sich im späten Mittelalter zu einer Stadt der Ritterschaft, die hier Häuser und Paläste bauen ließ. Mit der Vereinigung Spaniens unter den katholischen Königen gelang Avila der Aufstieg zu einer wichtigen Stadt im neu entstehenden Weltreich. Diese Bedeutung für die spanische Krone, die sich auch in wirtschaftlicher Prosperität niederschlug versiegte im 17. Jahrhundert. Erst die Eisenbahn brachte wieder etwas mehr Leben zurück nach Avila, da eine wichtige Verbindung von Madrid in den Norden Spaniens durch die Stadt führte. Im spanischen Bürgerkrieg wurde Avila schnell von franquistischen Truppen eingenommen und nach dem Ende des Krieges und in den Jahren der Diktatur Francos wuchs das Provinzstädtchen, wenngleich nicht außerordentlich schnell. Trotzdem scheint die zeit in Avila noch stehen geblieben zu sein, waren doch hier noch bis vor wenigen Jahren Plätze nach dem alten Regime benannt oder Büsten von Franco auf den Straßen zu sehen. Das ist umso erstaunlicher als der erste frei gewählte Präsident Spaniens, Adolfo Suárez doch in der Stadt aufwuchs.
Heute ist Avila ein Magnet für Besucher, welche neben der etwas rauen Landschaft des bergigen Kastiliens hier eine ziemlich gut erhaltene mittelalterliche Stadt vorfinden können. Gleichfalls strömen katholische Pilger gern in die Stadt, hat doch die Heilige Teresa von Avila hier gewirkt.

urban facts Vigo

Allgemeine Daten:

Einwohner (Ballungsraum) 292.817 (480.917)
Einwohnerentwicklung 2013-2016: -1,2%
Fläche 109 km²
Bevölkerungsdichte 2717 Einw./km
Geographische Höhe 28m üNN
Niederschlagsmenge /Regentage / Sonnenstunden pro Jahr 1791mm / 129 / 2269
Fluss Ría de Vigo

 

Infrastruktur:

Bürgermeister Abel Cavallero Álvarez (PSOE)
Verwaltungstechnische Bedeutung Kreisstadt
Flughafen Aeropuerto de Vigo (VGO; eröffnet 1929;  0,95 Mio. PAX 2016; 1 Landebahnen; 9km O der Innenstadt)
ÖPNV 35 Buslinien
Entfernung nach… Santiago de Compostela 90km (Auto: 1h, Bahn: 50min)
Madrid 600km (Auto: 5h 20min; Bahn: 6h 5min)
Bilbao 670km (Auto: 5h 50min)
Porto 150km (Auto: 1h 25min; Bahn: 4h 20min)nächster Ort über 500.000: Porto 150km
nächster Ort über 1000.000: Madrid 600km

 

Kultur / Geschichte:

Universität Universidade de Vigo (UVIGO; gegründet 1990; 21.600 Studenten, 2 Universitätsgelände in Vigo, so wie je ein Campus in Pontevedra und Ourense)
Anzahl Museen 18 (laut wikipedia.es)
Sportvereine der Stadt Celta de Vigo (Fußball; gegründet: 1923; 4x Finalist des span. Pokals; 1x HF EuropaLeague;  Ø-Zuschauer 2015/16: 18.205 @ Balaídos (29.500)
Erste urkundliche Erwähnung 1024
Großstadt seit 1943
Das entscheidende Jahr 1833: wird Pontevedra zur Provinzhauptstadt und nicht Vigo
Meisten Einwohner im Jahr heute
Arbeitslosenquote: 16,7% (12.2016)

 

 

Vigo

urban facts Vigo | Islas Cies

In der Liste der schönsten Regionen Spaniens, wird Galizien immer eine Spitzenposition einnehmen. Hier im Nordosten der iberischen Halbinsel formen Flüsse beachtliche Täler, die sich ins Meer ergießen. Hier ist alles grün, weil der Atlantik Regen und teilweise trübes Wetter mitbringt und es gibt noch einsame und wunderschöne Strände. Was es aber auch gibt, wenn auch nur einmal, ist eine Industriestadt, die sich in der wunderschönen Landschaft eingebettet hat und deren Attraktion trotzdem ein wunderschöner Strand ist. Dieser liegt auf den der Stadt etwas vorgelagerten Inseln Cies, die als großer Anziehungspunkt für Besucher gelten. So kann man in jedem Hotel in Vigo problemlos gleich auch eine Fährfahrt auf die Islas Cies mit buchen, was dann auch die Meisten, die nicht für Arbeitszwecke in der Stadt sind gleich tun.

Vigo ist die größte Stadt in Galizien. Sie ist eine wichtige spanische Hafenstadt am Atlantik (wie jeder Fan des Filmes „das Boot“ weiß; ich bin mir nicht sicher, ob ich erstmals da von Vigo hörte, oder eher durch den Fußballklub Celta de Vigo) und sie ist eine nicht unbedeutende Universitätsstadt. Allerdings hat Vigo keine administrative Bedeutung, denn sie ist weder Hauptstadt Galiziens (das ist das nur ein Drittel so große Santiago de Compostela) und noch nicht mal Provinzhauptstadt (das ist Pontevedra, das ungefähr so viele Einwohner hat, wie Santiago de Compostela).

Trotzdem hat Vigo eine interessante Geschichte. Ausgrabungen zeigen das es schon recht früh ein „Castro“, also eine befestigte Wohnsiedlung auf einem Berg, in der Nähe des Fjordes des Rìa de Vigo gab. Die in der Stadt verehrten Kelten (die beispielsweise Namensgebend für den hiesigen Fußballverein sind) siedelten wohl bereits vor den Römern hier. Der Name Vigo stammt aber wohl von den Letztgenannten bzw. vom latenischen Wort „vicus“, was kleine Siedlung bedeutet. Und so war der Ort über die nächsten Jahrhunderte tatsächlich eher klein und unwichtig. Im 10. Jahrhundert wurde es – wie fast die gesamte spanische Halbinsel von den Mauren eingenommen, 1170 aber von Fernado II., dem ambitionierten Herrscher Leons (das Reich Leon zog sich in jener Zeit über den gesamten Nordostens Spaniens) erobert. Im Mittelalter musste sich Vigo einigen Attacken der Vikinger erwehren und im 14. Jahrhundert erreichte eine Pestepidemie die Stadt und rottete die ohnehin nicht gerade zahlreiche Bevölkerung fast aus. Nach der spanischen Eroberung Amerikas und einigen 1529 vom königlichen Hof erhaltenen Handelsprivilegien blühte Vigo auf, so dass sie auch die Aufmerksamkeit erlangte, wie jene von Sir Francis Drake, in Spanien als britischer Seeräuber gefürchtet, welcher 1589 die Stadt zerstören ließ. Ihm taten es 1619 türkische Seeräuber nach und so beschloss man Stadtmauern zu zum besseren Schutz zu erbauen. Im Laufe des spanischen Erbfolgekrieges kam es 1702 zur Seeschlacht vor Vigo, bei dem britisch-niederländische Schiffe, die Stadt und die sich in ihr befindliche spanische Silberflotte (die von Frankreich unterstützt wurde) angriffen und besiegten. 2800 Menschen starben bei den Gefechten und die Briten erbeuteten einen nicht unerheblichen Teil des Schatzes. Wie viel Silber wirklich in jenen Tagen in Vigo lagerte ist bis heute Teil von Spekulationen, denn ein nicht genau zu schätzender Teil soll, wie zahlreiche der beteiligten Schiffe, untergegangen sein. Als die Truppen Napoleons 1808 Spanien besetzten, war es Vigo, die sich als erste Stadt in Galizien von der fremden Herrschaft befreien konnte. Noch heute wird dem 28.März 1809 als Reconquista gedacht (in diesem Fall aber eben nicht als Reconquista von den Mauren, sondern als Rückeroberung von den Franzosen). Trotz seines Hafens war Vigo eine sehr übersichtliche Stadt und so wurde 1833 Pontevedra zur Provinzhauptstadt erhoben und Vigo ignoriert. In jenen Jahren hatte Vigo auch nur knapp über 5000 Einwohner. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts und besonders im 20. Jahrhundert erfolgte ein rascher demographischer Anstieg, bei dem die Stadt 1920 schon über 50.000 Einwohner hatte und in den nächsten 25 Jahren diese Zahl nochmals verdoppelte. Dieser rasche Anstieg, der stark mit der Industrialisierung der Gegend verbunden ist, führte auch zu einem eher planlosen Auswachsen der Stadt an den Hügeln der Bucht des Ría de Vigo.

Mit heute fast 300.000 Einwohnern ist Vigo die 14. größte Stadt Spaniens. Sie ist immer noch dem Meer verbunden, so sitzt hier die Europäische Fischereiaufsicht. Vigo hat keine spektakuläre Architektur zu bieten, oder übermäßig viel pittoreske Viertel, aber in ihr weht ein besonderer Charme, wenn die Möwen kreischen, das Wetter sich wiedermal wendet, die Fischerboote herausfahren oder am Hafen größere Schiffe entladen werden. Vigo ist rau, vielleicht eine Brise Melancholisch, eine Arbeiterstadt und das Tor zu den wunderschönen Landschaften Galiziens.     

Alcalá de Henares

195.907 Einwohner | 87,7 km² | 2288,7 Einw./km² | Universitätsstadt | Innenstadt seit 1998 unter UNESCO-Welterbestatus | Kreisstadt der Comarca de Alcalá | 30km O von Madrid

Wer Alcalá de Henares auf den ersten Blick auf den Großraum Madrid wahrnimmt, wird diese Stadt mit fast 200.000 Einwohnern nur als typische Vorstadt sehen, wie sie sich viele um Madrids Hauptstadt tummeln. Alcalá ist tatsächlich eine Vorstadt, doch diesen Charakter hat sie vielleicht erst seit rund 50 Jahren. Tatsächlich weisen die Geschichte und die Bedeutung der Stadt viel tiefer zurück, als die von Madrid, aber auch der Bedeutungsverlust von Alcalá ist eng verknüpft mit der rund 30km westlich gelegenen spanischen Hauptstadt.

Die Stadtgeschichte geht zurück auf das erste nachchristliche Jahrhundert, als die Römer eine Siedlung im Tal des Flusses Henares gründeten und den Namen Complutum gaben. Als wichtiger Verbindungspunkt zwischen Zaragoza und Mérida, erlangte der Ort bald einige Bedeutung und soll schon in der Antike rund 10.000 Einwohner gehabt haben. Als die Mauren die iberische Halbinsel überrannten, nahmen sie die Stadt nicht ein, bauten aber auf der anderen Seite des Flusses eine Festung. Diese Festung, auf Arabisch „al-Qal’a“, ist dann auch namensgebend für den heutigen Ort geworden (deshalb findet sich der Name Alcalá auch recht häufig in Spanien, Alcalá de Henares ist aber der größte und bedeutendste Ort der Alcalás). Die Gegend wurde 1118 von den Christen wiedererobert und 1184 schon erhielt Alcalá Stadtrechte. In der prosperierenden Stadt siedelten auch zahlreiche jüdische Familien. Ihren Höhepunkt erlebte Alcalá 1499, als der engste Berater der katholischen Könige, Kardenal Cisnero die zweite spanische Universität gründen ließ, die Universidad Complutense, die nach dem latenischen Namen der Stadt benannt wurde. Alcalá de Henares wurde dafür vollkommen neu geplant, in Form einer göttlichen Idealstadt, in welcher die Gebäude der Hochschule angeordnet wurden. Heute steht deshalb die Innenstadt unter UNESCO-Weltkulturerbeschutz (seit 1998). Aufgabe der Universität war es Kleriker auszubilden. Im Zuge dessen wurde hier auch die erste mehrsprachige Bibel gedruckt, die Complutensische Polyglotte[hier zur Erklärung auf wikipedia]. Aber auch zukünftige Staatsbeamte wurden an der Complutense unterrichtet. An ihr studierten so große spanische Dichter wie Lope de Vega oder Francisco de Quevedo. Der größte Autor der spanischen Literatur, Miguel de Cervantes, studierte zwar nicht hier (man glaubt sogar er studierte gar nicht und wenn doch, dann in Salamanca), aber er wurde mit einiger Sicherheit in Alcalá de Henares geboren und ist damit der bekannteste Sohn der Stadt. Sein „Don Quichote“ erlangte bekannterweise Weltruhm. Noch heute, am Todestag von Cervantes (dem 23.April), wird ein nach ihm benannter Preis vergeben, der renommierteste Literaturpreis in der spanisch sprachigen Welt, den unter anderem schon Jorge Luis Borges, Octavio Paz oder Mario Vargas Llosa gewannen (die beiden Letztgenannten gewannen auch den Literaturnobelpreis).


 Im 19.Jahrhundert sollte sich die Bedeutung für Alcalá ändern. Madrid seit dem 17.Jahrhundert Hauptstadt Spaniens entwickelte sich zu der bedeutendsten Stadt auf der iberischen Halbinsel. Im Zuge der territorialen Neugliederung Spaniens 1833, wurden historische Regionen und Provinzen eingerichtet. Innerhalb von Neukastilien wurde aber nicht Alcalá zu einer Provinz(-hauptstadt) erklärt, sondern das damals weniger bedeutendere Guadalajara. Doch damit nicht genug, 1836 wurde die Universität, welche die gesamte Stadt prägte, nach Madrid verlegt. Alcalá soll damit über die Hälfte seiner Einwohner verloren haben und wurde zu einem kleinen kastilischen Nestchen degradiert. Bis 1930 lebten rund 10.000 Einwohner in der Stadt. Trotzdem war der Ort groß genug, um zahlreiche Schäden im spanischen Bürgerkrieg zu nehmen. In der Franco-Zeit kam es dann aber auch wieder zu einem Aufschwung von Alcalá, allerdings nur als Vorort des immer weiter wachsenden Madrid. Ab 1960 erfolgte ein wahrer Boom an Zuwanderung, von rund 25.000 Einwohnern wuchs die Stadt innerhalb von 20 Jahren auf 140.000 Einwohner und ist heute der bedeutendste Vorort der Metroregion Madrid. Seit 1977 hat man auch wieder eine Universität, die Universidad de Alcalá, die heute rund 28.000 Studenten zählt. Obwohl die eigentlich historische Complutense Universität nach wie vor in Madrid beheimatet ist, ist man auch an dieser Hochschule stolz auf das lange Erbe. Der schon angesprochene Cerantes-Preis wird in den historischen Gemäuern vergeben, in welchen die neue Hochschule nun wieder lehrt.

Eine Reise nach Alcalá de Henares lohnt sich sehr, zumal die S-Bahn nur rund eine halbe Stunde von Madrid aus benötigt. Die Innenstadt ist nicht vom Bauboom der Außenstädte betroffen und zeigt seinen Einwohnern und Besuchern noch viel historische Bausubstanz auf und ist ein äußerst sehenswürdiges Beispiel für eine Universitätsstadt der frühen Neuzeit. Gern wird die Stadt übrigens auch von Störchen bewohnt, die auf jedem verfügbaren Platz ihre Nester bauen und zu einem weiteren Symbol für Alcalá geworden sind.

urban facts Buenos Aires

Allgemeine Daten:

Einwohner (Ballungsraum) 2010 2.890.151 (12.806.866)
Einwohnerentwicklung 2001-2010 +3,95 %
Fläche (Ballungsraum) 203.3 km² (2.681 km²)
Bevölkerungsdichte: Stadt / Ballungsraum 14.450 Einw./km² / 4.777 Einw./km²
Koordinaten 34° 36′ S – 58° 23′ W
Geographische Höhe 25m ÜNN
Niederschlagsmenge /Regentage / Sonnenstunden pro Jahr /max. Temp Jan. /Juli 1214 mm / 101 / 2482 / 30,4ᵒC / 14,9ᵒC
Fluss Río de la Plata

 

Infrastruktur:

Bürgermeister Horacio Rodríguez Larreta (Propuesta Republicana, PRO / Mitte-Rechts)
Verwaltungstechnische Bedeutung Hauptstadt Argentiniens, autonome Stadt als Capital Federal
Anzahl Besucher im Jahr 4 Mio. pro Jahr (laut wikipedia.es)
Platz in der Mercer-Studie 91. von 230 (ein Platz vor Kapstadt)
Global City Status Alpha- (4.Kategorie im „Alpha“ Abschnitt: u.a. mit: Wien, Washington, Neu Dehli, Melbourne, Warschau, Zürich)
Flughafen Aeropuerto Internacional Ministro Pistarini (EZE; eröffnet: 1949; 9,13 Mio; PAX 2015; internationaler Flughafen ; 2 Landebahnen, 3 Terminals; 22km SW von Buenos Aires)
Aeroparque Jorge Newbery (AQP; eröffnet: 1948; 10,8 Mio. PAX 2015; nationales Drehkreuz; 1 Terminal, 1 Landebahn; 2km NW vom Stadtzentrum)
ÖPNV U-Bahn: Subte (=Subterráneo): 1913 eröffnet, als erste U-Bahn der Südhalbkugel und 13. älteste der Welt; 6 Linien mit 86 Stationen auf 53,9km Streckenlänge; 1,11 Mio. PAX/täglich (2015)
Vorortzüge: BA besitzt ein großes Netz von Vorortzügen, von unterschiedlichen Betreibern; die Linien gehen größtenteils von den Bahnhöfen Retiro, Plaza Constitutión und Once aus
Bus: „Colectivos“ 150 Linien von unterschiedlichen Anbietern, jede Linie hat eine eigene Busbeschriftung und Bemalung
ÖPNV Eigentümlichkeiten Fahrten im ÖPNV müssen mit einer SUBE Karte abgerechnet werden, die muss für 40 ARS (ca: 2,50€) erworben werden; eine Fahrt kostet 6,80 ARS (ca. 40ct)
Entfernung nach… Angabe km und Zeit bei Auto und Bahn:
Ushuaia 2370km LL (Auto: 36h bei 3079km)
Cordoba 650km LL (Auto: 7h bei 700km)Santiago de Chile 1130km LL (Auto: 16h30min bei 1400km)
Rio de Janeiro 1970km LL (Auto: 32h bei 2650km)
nächster Ort über 500.000: La Plata 55km
nächster Ort über 1000.000: Rosario 300km

 

Kultur / Geschichte:

Anzahl Universitäten Universidad de Buenos Aires, UBA; gegründet 1821; 308.000 Studenten (2011) größte Universität Argentiniens; 14 Fakultäten verteilt auf die gesamte Stadt (in Ciudad Universitaria befinden sich lediglich 3 Fakultäten!), hat 5 Nobelpreisträger herausgebracht;
weitere 19 staatliche und 31 private Universitäten in der Stadt, als auch in der Provinz(!) Buenos Aires
Anzahl Museen 55 (laut wikipedia.es)
Sportvereine der Stadt Fußball (siehe genauer Fußball in Buenos Aires): BA hat 24 Profiteams und 14 Stadien mit einer Kapazität von 30.000 oder mehr Zuschauern;

Weitere populäre Sportarten sind: Rugby, Basketball, Polo, Pferderennen, Tennis

Tageszeitung der Stadt (Auflage) Clarin; gegründet 1945; Auflage: 245.000 (2014)
La Nación; gegründet 1870; Auflage: 160.000 (2014); rechts-liberal
Biersorte des Ortes: Quilmes
Erste urkundliche Erwähnung 1535, zweite Gründung: 1580
Gegründet von: Spaniern, bei 2.Gründung Bewohner aus Asuncion
Großstadt seit 1857
Das entscheidende Jahr 1910, Buenos Aires erlebt mit den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Unabhängigkeit von Argentinien seinen Höhepunkt
Meisten Einwohner im Jahr 1970: 2,972 Millionen
Einwohnerverlust von Höhepunkt bis heute 2,77%
Man trifft sich am: Plaza del Mayo
Kneipenviertel: San Telmo; Palermo
City Branding Paris des Südens, Die Königin des Silbers (Platas), BA

 

Wirtschaft / Attraktivität:

Sehenswürdigkeit Nr.1 Obelisco
Architektonisches Highlight Congreso
Höchstes Gebäude Alvelar Tower (235m-derzeit noch im Bau)
Meist fotografiertes Gebäude Obelisco
Anzahl Starbucks 49
Maximalbetrag  der am Bankautomaten angezeigt wird 2.000 argentinische Pesos (ca. 130€)
Human Development Index 0,889 – very high
Arbeitslosenquote 2016: 8,5 % in Stadt, 13,5% in Gran BA, Landesschnitt: 9,3%

 

Bevölkerungsentwicklung:

Nur Stadt Buenos Aires:

1779 1810 1855 1869 1875 1887 1895 1904 1914
24.205 44.800 90.076 177.787 230.000 433.375 663.854 950.891 1.575.871

 

1936 1947 1960 1980 2001 2010
2.415.142 2.981.042 2.966.643 2.922.829 2.776.138 2.890.251

 

Gran Buenos Aires:

1960 1970 1980 1991 2001 2010
6.739.045 8.352.611 9.766.030 10.934.727 11.460.575 12.806.866

 

Geschichte von Buenos Aires

Die doppelte Gründung von Buenos AiresDas erste Vierteljahrtausend – Bedeutungslos am FlussDie Unabhängigkeit Argentiniens und der Aufstieg Buenos AiresDas rasante Anwachsen von Buenos AiresDie Stadt von WeltWeltstadt als Traum – Buenos Aires von 1930 bis 2000 | Buenos Aires heute

Die doppelte Gründung von Buenos Aires

Buenos Aires liegt am Mündungstrichter des Flusses Rio de la Plata. Dieser entsteht nordwestlich der Stadt aus dem Zusammenfluss des Rio Paraná und des Rio Uruguay, beides Flüsse die weit in das Landesinnere Südamerikas reichen, wobei der Paraná nach dem Amazonas der zweitlängste Strom des Kontinents ist. Es wird vermutet, dass der Name Rio de la Plata, übersetzt Silberfluss, damit zu tun hat, dass man von hier zu den reichen Silbervorkommen nach Potosi in Bolivien gelangen könnte. Eine andere Spekulation der Namensgebung erzählt die interessante Geschichte, wie der spanische Entdecker Juan Díaz de Solis 1516, drei Karavellen für Spanien befehligend, die Mündung hinauf fuhr. Da der Rio de la Plata 290km lang und am Ende rund 220km breit ist, wirkt sie wohl auf den ersten Blick wie ein Teil des Atlantischen Ozeans. Solis nannte den Abschnitt folgerichtig „Mar Dulce“, da das Süßwasser das Meerwasser verdrängte. Er landete am Zusammenfluss von Rio Uruguay und Paraná an und nahm das Gebiet für Spanien in Besitz. Die hier zahlreich lebenden Indianer-Stämme waren den Neuankömmlingen nicht freundlich zugeneigt und es kam zum Konflikt, wobei Solis und einige seiner Männer starben. Auffällig für den überlebenden Rest der Crew war jedoch der reiche Silberschmuck, den die Indianer trugen, weshalb die Spanier davon ausgingen, dass hier gewaltige Silbervorkommen vorhanden sein müssten. Der Name Rio de la Plata verweist in dieser Geschichte also ebenfalls auf die Hoffnungen auf großen Reichtum.
Eine weitere Expedition startete 1534 in Cádiz unter Pedro de Mendoza, der sehr großzügig ausgestattet, mit 11 Schiffen an den Rio de la Plata reisen sollte. Sein Auftrag war es, das Gebiet um den Rio de la Plata für Spanien in Besitz zu nehmen und drei Siedlungen zu erbauen, wobei er 1.500 Kolonisten mit sich führte. Eine lange Suche nach dem richtigen Siedlungsplatz begann und wurde 1535 oder 36 am südwestlichen Ufer mit dem Bau einer ersten Festung beendet. Mendoza benannte sie – wie damals üblich – nach einer Schutzheiligen; Nuestra Señora del Buen Aire.
Mendoza und seine Kolonisten verschwendeten sicherlich nicht viele Gedanken daran, hier eine zukünftige Weltstadt zu errichten, im Gegenteil ihre gesamte Planung war alles andere als weitreichend. Es ging ihnen in erster Linie, um einen regionalen Stützpunkt in unbekannten Gefilden, verbunden mit der Hoffnung Gold und Silber zu finden, schließlich war Mendoza vom spanischen König zum neuen Gouverneur ernannt wurden und hoffte, wie alle anderen Teilnehmer auch auf gewaltigen Reichtum. Der Aufbau der Siedlung war alles andere als leicht, denn das Hinterland von Buenos Aires besteht aus weiten Grasflächen, die keinerlei Steine zum Bau von Häusern anboten. So muss dieses erste Fort mehr wie eine notdürftige Brettersiedlung ausgesehen haben. Die landwirtschaftliche Nutzung war alles andere als geplant und die Verpflegung mit Nahrung wurde hauptsächlich im Tauschhandel mit Einheimischen durchgeführt. Jedoch gingen die Tauschvorräte der Spanier bald zur Neige und man verlagerte sich auf die räuberische Herausgabe von benötigten Materialen von den Einheimischen, was diese selbstverständlich nicht positiv aufnahmen und im Gegenzug das Fort belagerten. Die führte wiederum zu einer schlimmen Hungersnot in der neuen Siedlung. 1537 wurde Mendozas erster Offizier flussaufwärts geschickt, um eine weitere Siedlung zu gründen, was nicht nur damit zu tun hatte das man den bisherigen Platz für suboptimal hielt, sondern auch mit dem Versprechen an den spanischen König, drei Forts zu bauen. Juan de Ayolas segelte rund 1200km nördlich auf dem Rio Paraná hinauf und ließ dort Asunción erbauen, die heutige Hauptstadt von Paraguay. Diese entwickelte sich weit besser als Buenos Aires und um das Jahr 1540 siedelten dessen Einwohnern nach Asunción und ließen das Fort allein zurück.   
Für das spanische Kolonialreich war die Aufgabe von Buenos Aires allerdings aus zwei Gründen unangenehm. Zum einen war man sich nicht sicher, ob die Portugiesen, welche in Brasilien siedelten, oder gar andere Mächte, die strategisch wichtige Mündung des Rio de la Plata besetzten, zum anderen war eine Verbindungsstation nach der Atlantiküberfahrt an der Küste Südamerikas wichtig, damit hier die Weiterreise zu den Gold und Silbermienen im Inneren des Kontinents abgewickelt werden konnte. So geriet der Ort auch nicht in Vergessenheit. Immer wieder wurde eine erneute Besiedlung angedacht, doch erst mit einem neuen Gouverneur in Asunción wurden die Bemühungen intensiviert.
Er sendete 1580 seinen Schwiegersohn Juan de Garay an den Mündungstrichter und dieser gründete am 11. Juni 1580 „La Ciudad de la Santísima Trinidad y Puerto de Santa Maria del Buen Ayre“ (zum Glück gab es damals noch keine Ortseingangsschilder). Der neue Namenszusatz ergab sich daraus, dass das Gründungsdatum am Dreifaltigkeitssonntag lag. Im Übrigen ergibt sich daraus die, heute jedoch selten verwendete, Bezeichnung „La Trinidad“ für Buenos Aires. Der 11.6.1580 gilt als das eigentliche Gründungsdatum der Stadt.


 Juan de Garays lies festlegen, dass die Straßen in einer rechtwinkligen Gitterstruktur angelegt werden, eine Straßen- oder in diesem Fall besser, Wegestruktur, wie man sie von römischen Städten kennt, oder vom „grid“ in Manhattan und der bei neuangelegten Siedlungen in Südamerika nicht unüblich war. Das Besondere an Garays Gitter ist aber, dass es noch heute die Straßenstruktur von Buenos Aires prägt. Die gegenwärtige Form seiner Straßen ist daher maßgeblich noch von seinem Gründungsdatum her abzulesen! Bis ins Jahr 1883 wurde diese Anlage nur minimal verändert und war so regelmäßig, dass Charles Darwin 1832 auf seiner Weltreise mit der Beagle bemerkte, Buenos Aires wäre die am gleichmäßig angelegteste Stadt die ihr kenne.
Garays Planungen waren weitreichender und nachhaltiger als die von Mendoza, denn er gab ebenso Flächen für landwirtschaftliche Nutzung und Viehhaltung frei. Die ersten Siedler waren dabei fast alle Kreolen, also in Südamerika geborene Kinder europäischer Einwanderer aus Asunción. Die Grundstücke wurden so angelegt, dass jeder Siedler eine Parzelle bekam, es aber noch viele leere Flächen gab, die später gefüllt werden konnten. Sie wurden die ersten lehmigen Wege angelegt und kleine Lehmhäuser gebaut.

Das erste Vierteljahrtausend – Bedeutungslos am Fluss

Die ersten Jahre, Jahrzehnte, ja sogar Jahrhunderte, waren keine Geschichte des steilen Aufstiegs einer neuen Stadt, sondern eher die Geschichte von Stagnation einer kleinen, dreckigen, wenn nicht sogar unzivilisierten Ortschaft am Rande der Welt. Hinter der Siedlung begann die Pampa, das riesige flache Weideland und dahinter dann Patagonien, dass bis in 19.Jahrhundert hinein terra incognita war, sprich vom dem keiner so recht wusste wie groß, gefährlich und schön es eigentlich war. Doch Buenos Aires wurde vom spanischen Kolonialsystem auch keineswegs dazu angelegt sich hervorzuheben, größer oder irgendwie bedeutender zu werden. Ganz im Gegenteil, die Stadt war dazu da, als Verbindungsweg nach Potosí zu dienen, der reichsten Stadt Südamerikas mit seinen Silberminen. Als 1542 das Vizekönigreich Peru installiert wurde, wurde Lima dessen wichtigste Hafenstadt. Die Rolle von Buenos Aires war stark begrenzt und der Handel von hier für fast alle Güter verboten, die Stadt sollte nicht den wichtigen Warenaustausch blockieren. Lediglich der Handel von Leder und Kuhfellen war erlaubt und schon bald machte sich die Stadt einen Namen mit diesen Produkten. Nur ein weiterer Geschäftszweig war erlaubt, der Sklavenhandel. Erst besaßen dafür die Franzosen eine Lizenz, später die Briten, die einen Sklavenmarkt kurz hinter der Stadtgrenze betrieben. Der Sklavenmarkt hatte einige Bedeutung und um 1800 herum, waren rund ein Viertel der Einwohner Buenos Aires schwarze Sklaven aus Afrika.
Durch die restriktive Handelspolitik die das Vizekönigreich der Stadt Buenos Aries auferlegte, wuchs vor allem eins, der Schmuggel. Tatsächlich blühte der Schwarzhandel und einige Einwohner häuften einen beträchtlichen Wohlstand an, den sie aber lieber innerhalb des Hauses zeigten, weshalb das Stadtbild sich nicht wirklich veränderte, gleich gar nicht zum Schönen. Durch die unbedeutende Funktion im Kolonialreich findet sich in Buenos Aires auch keine Kolonialarchitektur, wie in anderen ähnlich alten Städten in Südamerika und alle Spuren dieser Zeit, auch die damalige Burganlage, sind heute nicht mehr zu finden. Lediglich die Struktur der Stadt ist heute noch sichtbar, mit ihrem Mittelpunkt, dem Plaza de Mayo, damals der einzige öffentliche Platz in der Stadt.
Eine Änderung der Situation trat erst 1776 ein, als es zu einer Umstrukturierung der spanischen Kolonialgebiete in Amerika kam. Es wurden vier neue Vizekönigreiche installiert, eines davon war das Virreinato del Rio de la Plata. Es erstreckte sich auf einer Fläche, die heute ganz Argentinien, Bolivien, Uruguay und Paraguay ausmachen würde. Hauptstadt dieses Territoriums wurde Buenos Aires, dessen Stellung sich damit dramatisch verbesserte. Die Handelsbeschränkungen fielen weg und Buenos Aires wurde zu einem wichtigen Handelszentrum. Um 1800 hatte die wachsende Stadt rund 45.000 Einwohner (im Vergleich zu 12.000 noch 50 Jahre vorher) und war damit schon die größte Stadt in Südamerika. Damit wurde der locker besiedelte Ort zunehmend verdichtet, keinesfalls aber schöner, auch wenn nördlich der Stadt neue Wegenetze gezogen wurden, um freien Bauplatz zu schaffen. Das dortige Farmland wurde urbanisiert, der Schlachthof, der vorher außerhalb der Stadt lag, wurde nach Süden verlegt, wiederum außerhalb der Stadtgrenzen. Interessanterweise ist das eine erste Weichenstellung für das heutigen Buenos Aires; während der Süden der Stadt viele arme Nachbarschaften und Industriegebiete hat, siedeln im Norden, die Mittel- und Oberschicht (auf diese Verschiebung kommen wir später zurück).
Keiner der elf bis 1810 regiereden Vizekönige investierte viel Aufmerksamkeit in den Ausbau Buenos Aires und die kleinen Neurungen jener Zeit, wie der Recova Markt, sind heute allesamt verschwunden. Parks gab es und Gärten lagen zumeist nur hinter den Mauern der Häuser in privater Atmosphäre. Mit dem Paseo de la Alameda wurde aber ein erster öffentlicher Straßenzug am Fluss geschaffen, der trotz aller Unvollkommenheit gern zum Flanieren der Bürger der Stadt benutzt wurde.

Die Unabhängigkeit Argentiniens und der Aufstieg Buenos Aires

Als neue Hauptstadt des Vizekönigreiches wurde Buenos Aires zum Mittelpunkt der politischen Ereignisse in der Region, welche wiederum in engen Zusammenhang mit den Ereignissen in Europa standen. Dort überrollten die napoleonischen Armeen viele Länder. Spanien, nur noch ein Schatten der ehemaligen Weltmacht, wurde eher gezwungenermaßen, zum Alleierten Frankreichs. Unter den zahlreichen Feinden Frankreichs, und in dem Moment auch Spaniens, waren die Briten, welche 1806 Buenos Aires besetzten. Damit wurde die Stadt erstmals in seiner Geschichte von Feinden erobert. Die spanische Verwaltungsoberschicht, wie auch der Vizekönig flüchteten aus der Stadt. Die Einwohner der Stadt, die Porteños (übersetzt so in etwas wie die Hafensiedler), waren zwar zunehmend von der spanischen Vormundschaft gesättigt und nahmen die Flucht der iberischen Elite als Armutszeugnis, aber eine Besetzung von britischen Truppen war ihnen doch zu viel. Einheimische, bewaffnete Kräfte, die Patricios,  geführt von General Santiago de Liniers, eroberten die Stadt zurück. Ein Jahr später versuchten es die Briten wieder, scheiterten aber erneut. Buenos Aires ließ sich nicht erobern. Noch heute gibt es in Buenos Aires die Straßen Reconquista (die „Rückeroberung“ der Stadt 1806) und Defensa (die „Verteidigung“ der Stadt 1807), welche an diese Ereignisse voller Stolz erinnern. Aus den Erfahrungen über die eigene Stärke, erwuchs erstmals nicht nur in der Stadt, sondern im gesamten Umland ein neues Selbstbewusstsein, dass die eigene Stärke betonte. Die ersten Ideen wurden geboren, sich unabhängig vom spanischen Staat zu machen. 1810 kam es zu ersten Protesten auf dem Plaza del Mayo. Es wurde eine demokratisch gewählte Vertretung der Bürger eingefordert. Schließlich wurde am 25.Mai des Jahres der Vizekönig vertrieben und die Unabhängigkeit ausgerufen. Die Legende besagt, dass nach tagelangem Regen und Schlechtwetter des südlichen Spätherbsts, an jenem Tag, nach langer Zeit, erstmals die Sonne aufzog. Diese „sol del mayo“, ist heute noch auf der argentinischen Flagge zu sehen.
 Jedoch war dies nur ein erster Schritt und Spanien sah sich bald in ganz Südamerika mit Unabhängigkeitsbewegungen konfrontiert, welches es versuchte kriegerisch zu ersticken. Jedoch waren keine dieser kriegerischen Bemühungen langfristig vom Erfolg gekrönt. Am 9.Juli 1816 kam es zur vollständigen Loslösung von Spanien, der sogenannte Kongress von Tucumán begründete die Provincias Unidas del Río de la Plata, ein Vorläufer des heutigen Argentiniens. Innerhalb des neuen Staates formierten sich zwei gegensätzliche politische Positionen; Föderalisten und Unitaristen. Während die Föderalisten eher konservativ geprägt waren und zu starken Führerpersönlichkeiten tendierten, waren die Unitaristen eher Technokraten, die europäische Bildung schätzten. Letztendlich war dieser Konflikt für die Rolle Buenos Aires in einem neuen Staat entscheidend und sie ist auch heute noch in der aktuellen argentinischen Politik aufzufinden. Als erstes wurden im neuen Staat jedoch die Zeichen der alten Herrschaft getilgt und noch 1816 wurde der Stierkampf, das Symbol Spaniens, verboten (nicht unähnlich dem kürzlich verhängten Stierkampfverbot in Katalonien). Die Stadt wuchs weiter stetig und wurde das wirtschaftliche Zentrum des südlichen Amerikas.
In diese Zeit fällt der Baubeginn der neuen Fassade für die Kathedrale der Stadt, die mit ihrer neoklassischen Fassade, dass erste wirklich neuartige Bauwerk von Buenos Aires wurde. Sie ist stark beeinflusst von der europäischen Architektur jener Zeit und diese Beeinflussung, ja die geradezu fast manische Nachahmung, des europäischen Baugeschmacks, wurde zu einem prägenden Merkmal für Buenos Aires.
1829 kam Juan Manuel de Rosas an die Macht, ein Anhänger der Förderalisten, der seine Herrschaft zunehmend diktatorisch umgestaltete und als erster „caudillo“, als erster „Führer“ Argentiniens bezeichnet werden kann. Damit wurde ein autoritärer Politikstil etabliert, dem zukünftig – insbesondere im 20. Jahrhundert – noch weitere autoritäre Machtfiguren folgen würden. Rosas war für die Entwicklung der Stadt insofern bedeutungsvoll, als er die Infrastruktur verbesserte, indem er aus der starren Gitterstruktur der Straßen, einige verbreitern und zu Alleen umbauen ließ, eine Uferbefestigung zum Fluss hin schuf und die Felder und Hütten des nördlichen Vorortes Palermo in die Stadt integrierte, auch um dort seinen herrschaftlichen Wohnsitz zu errichten. Nachdem de Rosas 1852 durch Truppen von Justo José de Urquiza geschlagen wurde, dankte er ab und flüchtete nach Großbritannien. Von nun an übernahmen die Unitaristen die Vorherrschaft im Land und Buenos Aires veränderte sich zunehmend, geprägt von deren Vorliebe, dem europäischen Vorbild nachzueifern.
Das Jahr 1852 wird daher auch als die Wegmarke gesehen. War die Geschichte der Stadt bis dahin, provinziell, rückschrittlich oder gar langsam, begann nun der Aufstieg der Stadt von Welt.
1853 wurde eine neue staatliche Verfassung verabschiedet und die argentinische Konföderation gegründet, allerdings ohne Buenos Aires, denn die Stadt und die dazugehörende Provinz erklärten sich vom argentinischen Staat unabhängig. Die Gründe dafür lagen wohl insbesondere in der sich zunehmenden Herausstellung der wirtschaftlichen Vormachtstellung der Stadt im Land, insbesondere in der immer wichtiger werdenden Rolle des Hafens über welchen die Stadt einzig und allein selbst entscheiden wollte (und dessen Einnahmen man nicht unbedingt teilen wollte). So dauerte es bis 1859 ehe sich Buenos Aires der Konföderation anschloss und erst 1880 wurde die Stadt formell Hauptstadt Argentiniens. Das führte aber gleichzeitig zu einer Herauslösung aus der Provinz Buenos Aires, welche eine neue Hauptstadt bekam, die Stadt La Plata, die auf dem Reißbrett entworfen, ungefähr 70km südöstlich entstand. Buenos Aires selbst wurde nun vom Bund aus verwaltet, was hieß, dass nicht die Porteños ihren Bürgermeister wählen konnten, sondern das ein Intendente  (eine Art staatlicher Verwalter)eingesetzt wurde. Wenig später wurden, wieder auf Kosten der Provinz Buenos Aires, zahlreiche Vororte dem Stadtgebiet angegliedert.
Während all dieser politischen Veränderungen wuchs Buenos Aires weiter, 1857 erreichte der Ort das Niveau einer Großstadt (daher 100.000 Einwohner).

Das rasante Anwachsen von Buenos Aires

1880 zählte Buenos Aires bereits rund 250.000 Einwohner, eine rasante Bevölkerungszunahme, die viele andere Lateinamerikanische Städte erst viel später erleben sollten (und erstaunlicherweise eher der Bevölkerungsexplosion europäischer Städte jener Zeit gleicht). Verursacht war dieser Zuwachs von der ersten Welle europäischer Immigranten, die in der südlichen Hemisphäre ein neues Leben beginnen wollten. Die industrielle Revolution in Europa, die von einer rapiden Progression der Einwohner begleitet wurde und teilweise zu hoffnungslosen Verhältnissen auf dem Alten Kontinent führte, setzte massenweise neue Arbeitskräfte frei. Buenos Aires, sowie Argentinien insgesamt, hatten zu jener Zeit einen großen Bedarf an Arbeitskräften, veränderte sich doch auch hier die wirtschaftliche Situation des Landes von kleinen Farmwirtschaften hin zu industrieller Güterproduktion. Ein Beispiel für die neuen Möglichkeiten, die sich im 19.Jahrhundert ergaben, war das Erreichen eines französischen Dampfschiffes 1876 in Buenos Aires, welches gekühltes Fleisch mitführte, was nach der Atlantiküberfahrt noch genießbar war. Mit dem Kühlschrank war für die argentinischen Farmer die Möglichkeit gegeben, ihre Fleischproduktion auch nach Europa zu verschicken und ganz neue Märkte zu erschließen. Das argentinische Rumpsteak konnte man nun weltweit verzehren.
Mit dem ständigen Zuzug von Menschen ging allerdings auch einher, dass Wohnungsknappheit bzw. die katastrophale Wohnsituationen auch in Buenos Aires zu finden waren. Bestes Beispiel waren die conventillos, kleine Häuser in denen hunderte Menschen lebten, da sie dort nur ein Bett mieteten, während alle anderen Wohneinrichtungsgegenstände geteilt wurden. Insbesondere die hygienischen Zustände waren in diesen Quartieren, die meist in San Telmo oder La Boca zu finden waren, katastrophal. Einen eher symbolischen Ausdruck dieser Zustände zeigte sich in der Gelbfieberepidemie von 1871. Innerhalb von nur drei Monaten verloren dabei rund 14.000 Menschen, rund 8% der Bevölkerung ihr Leben. Die Epidemie breitete sich von San Telmo aus und betraf bald die ganze Stadt. Schuld an der verheerenden Krankheit wurde den Bedingungen in den Armutsquartieren gegeben, obwohl man heute weiß, dass die Krankheit von einer Mückenart übertragen wurde. Da es gerade in San Telmo aber viele stehende (Ab-)Wässer gab, fand diese hier ein ideales Brutgebiet.
Zwei Konsequenzen ergaben sich aus dieser Epidemie. Zum einen wanderten die wohlhabenderen Porteños endgültig in die nördlichen Stadtteile ab. Diese waren damals kaum erschlossen, aber wer es sich leisten konnte, der verließ die zunehmend überfüllte Innenstadt und wohnte im Barrio Norte. Heute sind die nördlichen Stadtteile Retiro, Recoleta, Palermo und Belgrano die Nachbarschaften der Mittel- und Oberschicht. Zum anderen wurde die Epidemie zum Anlass genommen, die Infrastruktur der Stadt zu verbessern. Wasser und Abwasserkanäle wurden gebaut, Strom- und Gasleitungen verlegt, 1875 eröffnete die erste Müllkippe der Stadt und die Müllabfuhr wurde eingeführt.
Seit 1857 führte auch die Eisenbahn in die Stadt, wobei die erste Station und ihr Gleisbett in die Nähe des Flusses gelegt wurden, damit begann ein Prozess, der den Fluss zunehmend aus dem Stadtbild verdrängte. In den 1870er Jahren wurden die ersten Straßenbahnen in der Stadt eingeführt. Erst noch mit Pferdebetrieb, ab dem 20.Jahrhundert dann elektrisch betrieben. Das Netz breitete sich schnell aus und damit begann eine räumliche Expansion der Stadt, denn nun war es für viele Porteños möglich, für einen günstigen Preis und in kurzer Zeit in die Innenstadt zu fahren, um dort zu arbeiten, während man am Rande der Stadt wohnte. Neue, entfernte Stadtteile wie Belgrano oder Flores konnten somit entstehen.
Immer neue Immigranten drangen nach Buenos Aires, fanden Arbeit und ließen die Wirtschaft stetig wachsen. Immer wieder warb sogar die Regierung um neue Arbeitskräfte, wobei man besonders an Mittel- und Nordeuropäer dachte, da man diese als besonders fleißig ansah. Der Reichtum der Stadt mehrte sich zunehmend und man dachte erstmals in Buenos Aires daran, repräsentative Bauten zu errichten, um insbesondere mit europäischen Städten mithalten zu können. In der Nachahmung europäisch-historistischer Baukunst sah man in Buenos Aires, die beste Möglichkeit die Stadt zu verschönern und ihren Reichtum und Fortschritt zu repräsentieren. Vorbild nahm man sich natürlich nicht am spanischen Kolonialreich, sondern an Paris, zusammen mit London, die Weltstadt der Jahrhundertwende. Dieser essentielle Unterschied zu anderen (süd-)amerikanischen Städten besteht auch heute noch (diese waren weit weniger europäisch geprägt). Der New Yorker Stadtbiograph James Gardener schreibt über Buenos Aires: „it feels invincibly, proudly, even polemically European.” (Gardener; S. 138). Dabei verdrängt das Neue jener Jahre auch die letzten Wurzeln des spanischen Kolonialen Erbes.
Mit dem Jahr 1880 und der Rolle als offizielle Hauptstadt Argentiniens kam ein weiterer Schub in die architektonische Verbesserung der Stadt, der von Paris aus in Mode gekommene Beaux-Arts Stil wurde gern und häufig verwendet um prächtige neue Bauwerke aufzustellen. Wichtig war den argentinischen Bauherren der erste Blick, nicht eine dahinter steckende Innovation der Bauten. Ein Beispiel für die Bedeutung der Außendarstellung bei gleichzeitiger Nachahmung europäischer Bauformen ist der Friedhof von Recoleta. Ähnlich strikt rechtwinklig wie die Stadt angelegt, repräsentieren die eng aneinander liegenden Grabbauten, mit ihren Nachahmungen des Historismus, des Jugendstils oder des Klassizismus die glorifizierten Familiengeschichten. Die Anlage wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts angelegt und ist heute eine der Hauptattraktionen der Stadt und gilt als einer der eindrucksvollsten Grabstätten Amerikas.
Die zahlreichen Bautätigkeiten der Lebenden wurde insbesondere von einer sich herausbildenden Schicht der Oligarchen geprägt, die sich reich ausgestattete Villen errichten ließen. Auch hier war wieder Paris das Vorbild. Interessanterweise waren jedoch die argentinischen Häuser weitaus besser ausgebaut als ihre französischen Vorbilder, was insbesondere daran lag, dass ihre Ideale in Frankreich um 1860 gebaut wurden, die südamerikanischen Nachbauten aber 30-50 Jahre später. Ein Fahrstuhl, warmes Wasser und Stromanschluss wurden auch bald für die Mittelklasse zur gewünschten und auch bezahlbaren Wohnungsausstattung. Ein signifikanter Unterschied zwischen den neuen Häuserreihen in Buenos Aires und seinen europäischen Vorbildern ist allerdings die Zerstückelung von Straßenzügen. Eine einheitliche Traufhöhe, oder gar eine einheitliche Straßenästhetik war (und ist heute noch) kaum in der Stadt zu finden. Jedes Haus war ein eigenes Bauprojekt und die Straßen sind folglich die Abflogen von ganz unterschiedlichen Gestaltungsformen, die eine ganzheitliche Harmonie selten aufkommen lassen. Dieses Durcheinander ist in der DNA der Stadt verankert, die wie schon erwähnt eine Gründung im spanischen Kolonialreich ist. Die Stadtgründungen standen dabei alle unter der Prämisse gleichförmige Bauplätze zur Verfügung zu stellen, die individuell von den späteren Besitzern bebaut werden konnten. Dieses individuelle Element ist noch heute viel häufiger vorkommend, als eine gleichförmige Gestaltung von Straßenzügen. Einige Ausnahmen in Buenos Aires werden später noch besprochen. Durch die unterschiedlichen Höhen benachbarter Häuser, entstanden die sogenannten medianeras, graue Häuserseiten ohne Fenster. Diese entstehen, wenn unterschiedlich hohe Häuser in einer Reihe gebaut wurden, denn man kann sich nicht sicher sein, ob die Häuserwand des höheren Hauses nicht doch später mal von einem neuen Nachbarbauwerk zugebaut wird und die Fenster dann ihre Funktion verlören. Die medianeras sind ein typisches Merkmal von Buenos Aires. Eine weitere lokale Besonderheit sind die ochavas, die spezielle Formung der Eckgebäude Buenos Aires. Fast jedes Eckhaus hat eine Schrägkante, die einen 90 Grad Winkel vermeidet und stattdessen sich zur Kreuzung hin öffnet. Diese Eckgestaltung findet sich zwar auch in vielen anderen Städten, aber die Häufigkeit bzw. fast Ausschließlichkeit der ochavas in Buenos Aires ist markant.  

Die Stadt von Welt

Eine der einflussreichsten Menschen im Baugeschehen von Buenos Aires war Torcuato de Alvear, der Intendente der Stadt. Obwohl nur von 1883 bis 87 im Amt, leitete er eine ganze Reihe von Veränderungen ein. Eine davon war das Projekt, die Straßengitterstruktur der Stadt neu zu definieren. Dabei sollten einige Straßen verbreitert und zu großen Boulevards umgebaut werden und so eine Hierarchie im sonst gleichförmigen Gitter entstehen. Sowohl entlang der Ost-West Achse (mit Corrientes, Cordoba, Santa Fé) als auch der Nord-Süd Achse (mit  Callao und Pueyrredón) wurden boulevardartige Hauptstraßen verbreitert. Alvear ließ Plätze anlegen, Bäume pflanzen und lockerte damit zusätzlich das Gitter auf.
Mit der Planung seines größten Projekts, der Avenida de Mayo, vermachte er der Stadt eine spektakuläre und gleichzeitig symbolische neue Hauptstraße, wenngleich diese erst nach seinem Tode vollendet wurde. Sie sollte vom wichtigsten Platz der Stadt, dem Plaza de Mayo mit dem Sitz des Staatspräsidenten, der Casa Rosa, zwei Kilometer lang in gerader Linie (was zu erwarten war) zum Congresso, dem Sitz des Parlamentes verlaufen. Die beiden wichtigsten politischen Institutionen des Landes waren die Bindeglieder dieser Prachtstraße. Die Avenida de Mayo war die erste, vollkommen neue Straße, die in das Gitternetz der Stadt eingelassen wurde (zwischen Rivadavia und Yrigoyen, was man auch heute noch problemlos im Stadtplan erkennt). Zwischen 1885 und 1894 wurde sie angelegt, unter großen Protesten der dortigen Hausbesitzer, meistens jenen, die bei den Bodenspekulationen nichts gewannen. Entstanden ist ein 30m breiter Boulevard, damals die breiteste Straße im Land und ganz an den Pariser Boulevards orientiert, welche übrigens ebenso 30m breit sind. Im Unterschied zur restlichen Stadt war man hier auch an einer Uniformität der Häuser interessiert (alle sollten 25m hoch sein), um der Straße einer großen Harmonie zu verleihen.
Der Parlamentssitz, Palacio de Congreso, am Ende der Avenida del Mayo, wurde zum neuen Symbol des aufstrebenden Staates Argentiniens. Architekt Vittorio Meano inspirierte sich am Washingtoner Capital und ließ von 1896 bis 1905 einen auf große Symmetrie angelegten, gleichzeitig aber gewaltigen Bau schaffen, dessen Eigentümlichkeit es ist, gestreckt zu wirken  (in der Kuppel vielleicht am besten zu sehen).
Nicht nur die politischen Bauwerke jener Jahre hatten eine hohe Strahlkraft, die drei neuen Hauptbahnhöfe der Stadt; Retiro, Constitucion und Once zeigten ebenso den gestiegenen Anspruch ans Bauen in Buenos Aires. Nicht weniger als das Beste, das Opulenteste und Größte, war gut genug für Argentiniens Hauptstadt. Noch heute sind die Vorhallen und Querbahnsteige der Estacion de Retiro oder des Bahnhofes Constitucion beeindruckende Kathedralen des Transits. Ein neuer Botanischer Garten, ein Zoo und der Neubau des Opernhauses Colon waren weitere Vorhaben, die der Bedeutung der Stadt zur Weltstadt zur Geltung verhelfen sollten.
Größere Infrastrukturmaßnahmen folgten im beginnenden 20. Jahrhundert mit dem Bau einer U-Bahn, der Subte (eine Kurzform von „Subterráneo“ = „unterirdisch“). Als erste Metro der südlichen Hemisphäre wurde sie 1913 (und eine der ersten weltweit, noch vor Madrid oder Moskau), mit der Eröffnung der Linie A, eingeweiht. Die Streckenlänge der Subte war anfangs übersichtlich, denn erst 1930 wurde eine zweite Linie eröffnet, aber mit dem Bau einer eigenen U-Bahn war ein Zeichen gesetzt wurden, dass keine technische Innovation zu teuer war für Buenos Aires. Viel essentieller war der Ausbau des Hafens. Wobei es einen einheitlichen Hafen so nicht gab und auch heute nicht gibt, vielmehr existierten drei Häfen der Stadt. Heute sind nur noch der südlich in La Boca und Barracas gelegene Hafen und der Puerto Nuevo, nördlich der Retiro Station in Betrieb, was für jeden Besucher der Innenstadt schnell sichtbar wird, nicht weil die Hafenanlagen so herausragen, sondern weil eine schier endlose Menge an Lastwagen durch das Stadtzentrum fährt, um Container von einem Hafen zum anderen zu bringen. Ein dritter Hafen war der, direkt vor der Innenstadt angelegte Puerto Madero, dessen Bau bereits 1889 begann. Die riesige Anlage, die von Eduardo Madero geplant wurde, schnitt das Stadtzentrum endgültig vom Fluss ab. Vier große Becken mit Hafenanlagen wurden zwischen der Innenstadt und dem Rio de la Plata angelegt. Puerto Madero wurde nur bis in die 1960er hinein betrieben und wird seit einigen Jahren zu einem Wohngebiet für die obere Mittelschicht und Oberschicht umgebaut (mehr dazu unter: Hochhäuser in Buenos Aires).
 Ein für das heutige Buenos Aires noch prägendes Element ist das großflächige Anlegen von Grünanlagen um das Jahr 1900. War die Stadt bis weit ins 19. Jahrhundert hinein, eine fast baumlose Stadtlandschaft, so erstellte man zur Jahrhundertwende Parks in den unterschiedlichsten Größen und Formen. Eine der schönsten ist heute der Parque Tres de Febrero mit seinem japanischen Garten. In diesem Zusammenhang kann ebenso das elegante Hippodromo, die Pferderennbahn, genannt werden, die besonders den begüterteren Kreisen ein Vergnügen bereiten sollte.
Mit der zunehmenden Einwanderung veränderte sich die Struktur der Stadt. Verschiedene Stadtviertel differenzierten sich voneinander ab. Spanische Immigranten siedelten in anderen „barrios“ als Italienische oder wiederum russische Juden. Deren Zuzug macht Buenos Aires übrigens heute noch zur 7. größten jüdischen Gemeinde in der Welt (mit dem einzigen koscheren McDonalds außerhalb Israels, gelegen in der Abasto Mall, in der es noch zwei weitere McDonalds gibt!).
Erstaunlich ist bei dieser kulturellen Verschiebung der Stadt, das langsame Verschwinden der schwarzen Bevölkerung. Wie bereits erwähnt, machte diese um 1800 20-30% der Porteños aus. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts siedelten sie vermehrt um den Plaza de la Independencía. Obwohl sie, anders als die indigenen Einwohner in Argentinien, nicht verfolgt wurden, waren sie niemals gleichberechtigte Bürger und tatsächlich wurde ihr Anteil an der städtischen Bevölkerung immer weniger. Warum dies der Fall ist, ist bis heute nicht aufgeklärt.
Ein sehr populäres Immigrantenviertel war La Boca, in der Nähe des Hafens, dass sich zu einem vorwiegend italienischen Arbeiterviertel entwickelte. Heute ist es eine Mischung aus sozialem Brennpunkt und Touristenziel, mit seinen buntbemalten Holzhäusern am Caminito, einem kleinen Weg in der Mitte des Viertel. Die bunte Bemalung der Holzhäuser ist ein Markenzeichen von La Boca und entstand wohl aus der Tatsache, dass lediglich Farbreste zum Anstreichen vorhanden waren und diese meist nicht für das ganze Haus ausreichten, so das unterschiedliche Seiten, verschiedene Farben hatten. Heute ist der Charme des Viertels an die kräftigen Besucherströme angepasst wurden. Zwischen dem Caminito und dem Stadion des Fußballclubs Boca Juniors, der Bombonera (übersetzt „der Pralinenschachtel“), kann der Besucher hier Souvenirs kaufen, Essen und Trinken gehen oder sich von Tangovorführungen unterhalten lassen. Gleichzeitig wird er aber gewarnt, nur in den drei, vier touristischen Straßenzügen zu bleiben (in welchen auch stets sichtbar Polizei patroliert), da die Kriminalitätsrate dahinter stark ansteigt. 
Buenos Aires, obwohl auch mit typischen Problemen seiner Zeit belastet, schien um 1910 vor einer glorreichen Zukunft zu stehen. Kaum eine Stadt expandierte mit so einer rasanten Geschwindigkeit, zog neue Menschen, aber auch Arbeit und Geld, an. 1906 war man zu einer Millionenstadt gewachsen und ein Ende des Zustroms war nicht abzusehen. Neue Prachtbauten, wie das allseits bewunderte Opernhaus Colón im Neo-Renaissance Stil, eröffneten im Abstand von wenigen Jahren und zum einhundertjährigen Jubiläum der Unabhängigkeit (1910) wurde sogar eine Weltausstellung in der Stadt abgehalten. Während in Europa die politischen Spannungen zum 1.Weltkrieg führten, träumte man in Argentinien von einer weiter florierenden Welt, in welcher man nicht mehr den Alten Kontinent nachahmen musste, um ihn zu überholen. Prominente und Gelehrte kamen nach Buenos Aires, eine Tatsache, die noch einhundert Jahre vorher undenkbar erschien, nimmt man Darwin 1832 aus der Zählung heraus, der aber seinerzeit nur ein Forschungsreisender auf der Durchreise war. Eine Literaturszene entstand ebenso, wie eine Kunstgemeinde. Mit dem Tango entstand eine eigene Kunstform, wenngleich sich Porteños und Einwohner von Montevideo endlos darüber streiten können, wer und in welcher Stadt der Tanz erfunden wurde. Von den Einheimischen gern angeführt wird, das mit Carlos Gardel, der mit drei Jahren nach Buenos Aires zog, die Stadt sicherlich einen, wenn nicht den, berühmtesten Tango-Sänger und Komponisten zum Sohn hat.
1913 beschloss man, einen großen Einschnitt in die Straßenstruktur der Stadt zu machen und das rechteckige Gitternetz in zwei Fällen aufzulösen. Vom Plaza de Mayo an sollten zwei Diagonale Straßenzüge wegführen, um damit neue Sichtachsen zu schaffen und gleichzeitig zwei neue Prachtstraßen zu gestalten. Bis 1943 dauerte der Ausbau der Straßenzüge, noch vermehrt im Stil des Beaux-Artes errichtet. Allerdings sind hier schon erste Probleme zu bemerken, denn die südlichen Diagonale wurde nie abgeschlossen und endet bereits drei Blocks nach dem Plaza de Mayo. Die nördliche Diagonale reicht bis zum Justizpalast und verbindet damit symbolisch eine weitere Stütze der Gesellschaft mit dem Hauptplatz der Stadt.
Im Jahr 1928 zählte Buenos Aires bereits 2 Millionen Einwohner. Die großen Flächen in den neuen Stadtteilen Belgrano und Flores (1887 eingemeindet) wurden nicht nur rasch zugebaut, sondern ebenso schnell verdichtet. Aufgelockerte Vororte sind in der Stadt Buenos Aires deshalb kaum zu finden. Innerhalb der Stadtgrenzen, welche jedoch nur 202km² ausmachen, ist durch Immobilienspekulation, industrieller Expansion, und insbesondere durch die Verbesserung der Nahverkehrsmittel, eine schnelle und vollständige Urbanisierung aufzufinden, die fast keine lockere Bebauung kennt. Generell blieb es bei der Einteilung, dass im Norden die finanziell reicheren Schichten wohnten, während man im Süden Industrie- und Arbeiterviertel vorfand.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde der Historismus als prägende Bauform vom Jugendstil und der Moderne abgelöst. Das erste Hochhaus der Stadt, der Palacio Barolo auf der Avenida de Mayo, erdacht von Mario Palantini wurde 1923 eröffnet und ist ganz im Stil des Jugendstil ausgeführt. Die Besonderheit liegt in seiner symbolischen Form, die in ihrer Struktur an der „Göttlichen Komödie“ von Dante anknüpft. Ebenso in diesem Stil zeigt sich der Abasto Großmarkt, der heute ein großes Einkaufszentrum ist. Mit dem Edificio Kavanagh bekam Buenos Aires nicht nur ein neues höchstes Haus, sondern auch ein Bauwerk, das bereits maßgeblich vom rationalen Denken der Moderne geprägt wurde.
Zum 400-Jahrestag der Anlandung Pedro de Mendozas wurde ein 67m hoher Obelisk an der Stelle gebaut, an der 1812 die erste Argentinische Flagge aufgezogen wurde. 1936 fertiggestellt sollte der Obelisk schon drei Jahre später wieder abgerissen werden. Nur das Veto des Intendenten der Stadt bewahrte das Bauwerk vor seiner Zerstörung. Heute ist es ein Wahrzeichen der Stadt.

Weltstadt als Traum – Buenos Aires von 1930 bis 2000

1930 wurde der fast schon 80-jährige Präsident Hipólito Yrigoyen, durch einen Militärputsch gestürzt (eben jener Yrigoyen der 1919,  in der sogenannten Semana Trágica, einen Arbeiteraufstand blutig niederschlagen ließ). Fünf weitere Staatsstreiche sollten bis 1976 folgen und das Land immer wieder erschüttern. Argentinien war schon in den Dekaden vor 1930 keine wirklich stabile Demokratie (wie fast kein Land zu jener Zeit), aber durch die zahlreichen gewaltsamen Machtwechsel in den nächsten Jahrzehnten stagnierte die damals  achtgrößte Volkswirtschaft der Welt mitsamt ihrer Hauptstadt zunehmend. Statt andere Städte der Welt in Rang und Schönheit zu überholen, wurde man selbst überholt. Politische Extremisten verübten Anschläge. Regime ließen verhaften, foltern und töten. Besonders bekannt ist noch heute die Militärjunta, die 1976 an die Macht kam. Ihre Methoden der „vuelo de la muerte“ in denen Verdächtige lebend aus dem Flugzeug in den Rio de la Plata geworfen wurden, ist ein trauriger Höhepunkt, in einer von traurigen Geschehnissen reichen Geschichte der Stadt und des Landes von 1930 bis 1980. 
Das Bauwerk des 20. Jahrhunderts in Buenos Aires ist kein Haus, sondern eine Straße; die Avenida  9 de Julio, die Nord-Süd Tangente, die so breit ist, dass sie die Stadt in zwei Teile zu schneiden scheint. Von 1934 bis 1980 wurde an ihr gebaut. Sie ist genau einen Block, des ursprünglichen Straßengitters, breit und wird von den Porteños gern als die breiteste Straße der Welt vorgestellt. Trotz dieser Dimensionen ist sie jedoch ein häufiger Gastgeber für Staus und ein urbanistischer Fehlgriff des Autozeitalters. Fußgänger haben keinerlei Möglichkeit, sie in einer Grünphase zu überqueren und trennt sie die Innenstadt in zwei Teile auf. Es gibt Stimmen, welche die Avenida für die größte Bausünde in der Stadt halten. 
Architektonisch erreichte die Moderne natürlich auch Buenos Aires. In der Regierungszeit Juan Peróns wurde der soziale Wohnungsbau beispielsweise mit der Ciudad Evita (nach seiner zweiten und sehr populären Frau benannt) gefördert. Dabei wurden auch Elemente der monumentalen Architektur verwendet, wie beim Bau der Juristischen Fakultät der Universität.
Schon 1947 erreichte die Einwohnerzahl innerhalb der Stadtgrenze drei Millionen Bewohner, eine Zahl die auch sich nicht mehr steigern ließ und seit dem ungefähr gleich blieb. So entstand die masive Besiedlung der Vorstädte, teilweise mit relativ eintönigen Wohn-Hochhäuser. Neue Straßenbahn- und Eisenbahnlinien zogen schnell neue Hausbauten an, die sich immer weiter in den Umkreis der Stadt verlagerten und so entstand der Ballungsraum Gran Buenos Aires, der 1960 bereits 6,7 Millionen Einwohner hatte. Innerhalb dieses Gebietes, in der Nähe der Stadt Eizeiza ließ man in den 1940er Jahren einen neuen Flughafen bauen, der damit rund 30km außerhalb des Stadtzentrums lag. In der Stadt wurde ein zweiter Flughafen gebaut, der Aeroparque, der nur wenige km nördlich des Retiro Bahnhofs liegt.
In den 1960er Jahren verordnete sich Buenos Aires das Aussehen einer modernen Großstadt, was nichts anderes bedeutete, dass man Hochhäuser zwischen dem Plaza de Mayo und Retiro Bahnhof bauen ließ. Im neuen Gebiet „Catalinas Norte“ wuchs 1957 mit dem Edificio Alas das erste und damals höchste Hochhaus der Stadt. Das Alas schaut tatsächlich jedoch wie ein Wolkenkratzer der 1930er Jahre aus. Der Ausbau der neuen Skyline kam in den 1960/70er Jahren voran, stoppte dann aber bis Mitte der 1990er Jahre, war aber niemals nur auf Catalinas Norte begrenzt. Nach der Schließung des Hafens Puerto Madero wird seit einigen Jahren dort ein neues Wohngebiet umgesetzt, was die benachbarten Hochhäuser von Catalinas Norte sogar noch übertrifft (siehe dazu auch: Hochhäuser in Buenos Aires).
1983 wurde die seit 1976 herrschende Militärjunta durch den demokratisch gewählten Präsidenten Raúl Alfonsín abgelöst. Diese bis heute andauernde demokratische Epoche ist gekennzeichnet von vielen Auf und Abs. Wirtschaftlichen Hochphasen (in den 1980er und 90ern) folgten tiefe Depressionen (1998 bis 2003 sowie gegenwärtig). Politische Instabilitäten sind trotz zweier verheerenden Bombenattentate auf jüdische Ziele 1992 und 1994 glücklicherweise selten. Im letztgenannten Jahr wurde der Status der Stadt geändert und ihr mehr Rechte verliehen. Weitere zwei Jahre später, wurde eine städtische Verfassung angenommen, nach welcher die Stadt sich wieder selbst regieren kann. Fernando de la Rúa wurde zum ersten Bürgermeister von den Porteños gewählt, später wurde er Präsident Argentiniens (wie auch der heutige Amtsinhaber Mauricio Macri, der erst Präsident des Fußballclubs Boca Juniors war und später Bürgermeister der Stadt). Der Bürgermeister regiert jedoch nur die Stadt, die offiziell Ciudad Autónoma de Buenos Aires heißt mit ihren 2,8 Millionen Einwohnern auf nur 202km². Der sich angrenzende Ballungsraum Gran Buenos Aires wächst weiter und zieht sich heute rund 100km entlang des Flusses Rio de la Plata entlang, bei einer Breite von rund 40km und hat rund 13 Millionen, womit man zu den drei größten Städten Südamerikas gehört und wo rund ein Drittel aller Argentinier leben.     

Buenos Aires heute

Das heutige Buenos Aires gilt als eine der sichersten und reichsten Städte Südamerikas. Insbesondere im nördlichen Teil der Stadt, sind die Unterschiede zu europäischen Metropolen kaum zu bemerken. Das ändert sich aber deutlich, wenn man durch die Innenstadt in Richtung Süden kommt. Buenos Aires kann seine armen Ecken dann kaum verstecken. Slums sind auch in Buenos Aires anzutreffen. Gleich hinter dem Bahnhof Retiro, dehnt sich etwas versteckt ein dichtbebautes Armenviertel zum Hafen Puerto Novo aus, in welchem unter bescheidensten Bedingungen rund 40.000 Menschen leben. Bedenkt man das nur rund 15min Fußweg später der prächtige neue Stadteil Puerto Madero wächst, der reiche Porteños anziehen soll, kann man sagen, das Buenos Aires heute durch die großen Gegensätze zwischen Arm und Reich geprägt ist, einen Zustand der nicht nur von Papst Franziskus angeprangert wird, der aus dem Arbeiterstadtteil Flores stammt und viele Jahre in der Kathedrale der Stadt predigte. Und so gibt es in Buenos Aires den Ausdruck „muy primer mundo“ (in etwa: „sehr erste Welt“), um etwas technisch hochmodernes, geschmackvolles oder teures zu bezeichnen, ein Ausdruck der schon verrät, dass man hier irgendwie nicht ganz in der 1.Welt lebt, denn dort ist es eben eine Selbstverständlichkeit, die nicht erwähnt werden muss. Es scheint vielmehr Teil des kollektiven Bewusstseins der Porteños zu sein, in einer Melancholie zu leben, einstmals bedeutsamer, wohlhabender und schöner gewesen zu sein.  

Buenos Aires

Urban facts Buenos Aires | Geschichte Buenos Aires | Fußball in Buenos Aires | Hochhäuser in Buenos Aires

Die Hauptstadt Argentiniens ist das unumstrittene Herz und Zentrum des Landes und eine der größten Städte Südamerikas. Mit rund 12 Millionen Einwohnern im Ballungsraum, was rund ein Viertel aller Argentinier sind, gehört Buenos Aires zu den größten Städten Südamerikas. Von ihrer Erscheinung her wird sie aber nicht zwangsläufig als südamerikanische Stadt gesehen, sondern es werden insbesondere ihre europäischen Formen unterstrichen. Tatsächlich wird die Stadt auch als das „Paris des Südens“ bezeichnet. Und wie Paris mit seinen von Hausmann erdachten prächtigen Boulevards, strahlt auch der Glanz des Reichtums über Buenos Aires. Allerdings scheint dieser Glanz zu verblassen und heute ist er eingebettet in eine Nostalgie, die parallel zum modernen Buenos Aires zu verlaufen scheint, in welchem Hochhäuser aus dem Boden schießen. Buenos Aires kann man ansehen, dass es um 1910 herum, als man die 100-jährige Unabhängigkeit von Spanien feierte, (fast) eine der bedeutendsten Städte der Welt war. Man sah sich damals selbst als (vielleicht erster) Verfolger von Paris. Aus vielen Ecken scheint die Stadt zu rufen; schau wie groß und stolz ich einmal war (als Dresdner ist man solch einer Nostalgie mehr als zuträglich) und das obwohl Buenos Aires kein signifikantes Bauwerk von Weltruhm hervorbrachte.


Viele Städte erleben schlimme Einschnitte; Kriege, Zerstörung, Entvölkerung. Buenos Aires jedoch nicht. Vielmehr waren es politische Unstabilitäten, die das Land Argentinien und seine Hauptstadt von den Spitzenplätzen verdrängten. In der Zeit von 1930 bis 1976 gab es sechs Putsche! Drei Militärdiktaturen entstanden daraus und selbst die demokratischen Zeiten waren nicht geprägt von Ruhe und wirtschaftlichem Wachstum. Heute liegt daher so etwas wie eine Staubschicht über den goldenen Zeiten rund 20 Jahre vor und nach dem Jahrhundertwechsel von 1900. Diese Epoche prägte die Stadt und macht auch heute noch wesentlich ihr Bild aus, aber würden nicht überall Hochhäuser aus dem Boden schießen könnte man das Gefühl haben, die Zeit würde hier etwas langsamer den Rio de la Plata herunter fließen als anderswo auf dem Planeten.
Diese Flussmündung ist bemerkenswert und zwar in mehrerer Hinsicht. Zum einen bildet der Paraná – etwas nordwestlich der Stadt – das breiteste Mündungsgebiet der Welt (die andere Küstenseite in Uruguay ist nicht sichtbar). Der Fluss wechselt hier seinen Namen und heißt im folgenden Rio de la Plata, Silberfluss, so wie Argentinien (ableitend vom lateinischen Wort „argentum“) ebenfalls dem Silber huldigt. Jedoch ist dies mehr mit großen Erwartungen der Siedler aus der Alten Welt verbunden, als mit tatsächlichen Beständen des Metalls, den wirklich gefunden wurde es weder in der Stadt noch im Land. Der Fluss jedoch war so etwas wie die Existenzberechtigung und der Wachstumsmotor der Stadt, war doch sein Hafen der Quell seines späteren Wohlstandes. Heute scheint Buenos Aires etwas weggerückt vom Rio de la Plata zu sein, denn er ist verbaut und nur schwer zu sehen, er scheint im Stadtbild keine Rolle zu spielen. Vielmehr sprießen Hochhäuser an den unterschiedlichsten Stellen in Richtung Himmel. Zwar fehlt es Buenos Aires an wirklich hohen Wolkenkratzern und doch ist sie durch und durch eine Hochhausstadt, wobei diese für das Aussehen der Stadt keine so große Bedeutung haben wie in anderen Metropolen.
Nicht zu vergessen ist Buenos Aires kurze, aber äußerst spannende Geschichte, nicht nur weil die Stadt gleich zweimal gegründet wurde, um die folgenden fast 250 Jahre mehr oder weniger bedeutungslos zu sein und danach die größte Stadt Südamerikas zu werden mit dem Anspruch Weltstadt zu sein (dazu ausführlich eine Geschichte der Stadt). Kulturell ist die Stadt bei fast jedem mit dem Tango verbunden, der hier erfunden worden sein soll (die Bestimmung des wirklichen Ursprungsortes ist die Quelle unendlicher Diskussionen) aber Buenos Aires ist auch eine Stadt des Fußballs, vielleicht sogar die Welthauptstadt, dieses am meisten verfolgten Sports der Erde. 

Punta Arenas

123.401 Einwohner | 42km² | südlichste Großstadt der Welt | Hauptstadt der Region Magallanes y de la Antártica Chilena | 247 km SO von Puerto Natales | 2119 km LL SSO von Santiago de Chile | 261km SW von Rio Gallegos

Der tiefe Süden der Welt ist ein magisch aufgeladener Ort, der allein deshalb schon seinen Reiz zieht, weil er gerade für Europäer das andere Ende unseres Planten darstellt. Da macht es sich gut, wenn man dieses Extrem noch etwas aufladen kann. So sind zahlreiche Orte damit beschäftigt sich als „Ende der Welt“ darzustellen, oder auch als südlichste „Stadt der Welt“. Punta Arenas in Chile ist mit ziemlicher Sicherheit nicht die südlichste Stadt der Welt, aber sie ist die südlichste Großstadt unserer Erde mit immerhin 123.000 Einwohnern. Vergessen wird dabei aber auch gern, das Punta Arenas auf der Brunswick Halbinsel liegt, die noch zum südamerikanischen Festland gehört und nicht, wie alle anderen Kandidaten auf den Inseln Feuerlands. Vergleicht man weiterhin die Stadt mit dem argentinischen Ushuaia, was nur rund 250km Luftlinie, aber 630km Straße entfernt ist, so ist Punta Arenas der weitaus urbanere Ort. Kein wildzusammengewürfelter Pionierbaukasten, sondern eine gefällige Stadt, an der hier sehr weiten Magellanstraße.

Gegründet wurde Punta Arenas erst am 18.Dezember 1848. Die Besiedlung der Gegend hat jedoch eine weitaus längere Geschichte, selbst wenn man die eigentlichen ersten Siedler, die indigenen Völker ignoriert, die allerdings auch Nomaden waren und keine festen Ortschaften aufbauten. 60km südlich von Punta Arenas gründete Pedro Sarmiento de Gamboa 1584 die Siedlung Rey Don Felipe. Er arbeitete im Auftrag der Spanier, welche nicht zuletzt durch die Fahrten des Briten Francis Drake in der Gegend aufgeschreckt waren. Sarmiento sollte versuchen, dass von Spanien als rechtmäßiges Eigentum angesehene Territorium im fernen Süden zu kolonisieren und damit für die Krone zu schützen. Das Unternehmen war breit angelegt. Der spanische König Philipp II. ließ eine Flotte von 24 Schiffen auslaufen, die rund 2.500 Mann Besatzung über den Atlantik trugen. Doch die Expedition stand unter keinem guten Stern. Mit Sarmiento war Diego Flores Valdez gleichrangig als Kommandant der Flotte eingeteilt, beide gerieten aber in Streit. Stürme ließen acht Schiffe sinken und Valdez schließlich fuhr mit zwölf Schiffen zurück nach Spanien, während Gamboa mit nur vier Schiffen die Magellanstraße erreichte und dort am atlantischen Eingang der Straße in Punta Dungeness eine Siedlung namens Nombre de Jesús erbauen ließ. Später wurde weit westlich davon Rey Felipe gegründet. Nach ersten Arbeiten segelte Gamboa von dort zurück nach Nombre de Jesús, um weitere Hilfe beim Aufbau zu organisieren. Er kam jedoch in einen Sturm der ihn weit abbrachte und er entschloss sich nach Europa zurück zu kehren, wo er aber nicht in Spanien ankam, sondern erst in britische Gefangenschaft gelangte. Währenddessen hatten die Kolonisten noch größere Probleme, denn die widrigen Bedingungen ließen die Nahrungssuche immer schwieriger werden und so verhungerten fast alle Siedler in den neuen Siedlungen. Als 1587 der Brite Thomas Cavendish in der Magellanstraße segelte, bemerkte er die Aufbauten von Rey Felipe, wo er aber nur 300 verhungerte Menschen auffand und nannte den Ort fortan „Port Famine“, (auf Deutsch: Hunger-Hafen). Dessen Name hat sich auf Spanisch bis heute erhalten: „Puerto del Hambre“.  Sarmientos Plan war gescheitert.
Die Besiedlung des rauen Südens durch ehemalige Europäer war kein einfaches Unterfangen und nahm viele Jahrhunderte in Anspruch. Als sich 1818 Chile unabhängig machte, lag Patagonien und erst Recht Feuerland, in einer Art Niemandsland, dass so verlassen war (natürlich unter der Maßgabe der damaligen Zeit, die Ureinwohner nicht mitzurechnen, aber selbst mit ihnen war es hier noch leer), dass es niemanden zu gehören schien. So setzte der neue Staat Chile darauf, sich die südlichen Territorien einzuverleiben. Eine gewisse Eile war auch geboten, denn sowohl Briten, als auch Franzosen zeigten Interesse ihr jeweiliges Imperium hier zu erweitern und natürlich wollte auch der Nachbar Argentinien seinen Teil. Von der Insel Chiloé am Pazifik aus, sendete Chile den Schoner Ancud nach Süden und nach vier Monaten Reise landete dieser am 23. September 1843 auf der Halbinsel Brunswick an der Magellanstraße. Kapitän John Williams Wilson und seine 23-köpfige Crew nahmen die Region offiziell für Chile in Besitz. Einen Monat lang suchte man nach einem geeigneten Ort, um eine Siedlung zu gründen, damit die Ansprüche manifestiert werden konnten. Letztendlich war die Suche nicht wirklich erfolgreich und man kehrte an den ersten Anlandungspunkt zurück und errichtete dort Fuerte Bulnes. Bald stellte sich jedoch heraus, dass die neue Siedlung geografisch und klimatisch wenig überzeugte und man zog 50km weiter nördlich. An einem von den Engländern Sandy Beach genannten Ort, gründete man am 18.Dezember 1848 Punta Arenas.
Die hier untergebrachte Armeeeinheit war mit der Lage aber nicht wirklich zufrieden und meuterte schon 1852, was zu einer Neuanlage des Ortes führte. So war dann auch die erste Nutzung der Ansiedlung eine Strafkolonie. In der klimatisch recht unwirklichen Gegend gab es kaum Menschen die hier freiwillig siedelten und Gefangene waren ein gutes Mittel etwas aufzubauen, konnte man ihnen doch einfach befehlen Straßen anzulegen. Die Lage änderte sich erst 1867 als Oscar Viel zum neuen Gouverneur der Region Magallanes ernannt wurde, der chilenischen Region, die beide Seiten der gleichnamigen Straße abdeckt. Er war sich der strategisch wichtigen Lage bewusst, die Punta Arenas hatte und ließ sie zum Freihafen erklären, denn bis zur Eröffnung des Panama-Kanals 1914 musste man, um vom Atlantik an die pazifische Küste Amerikas per Schiff zu kommen, den Weg über Patagonien wählen und die Magellanstraße war dabei die ungefährlichste Route, in einer Region die viele riskante Stellen für die Seefahrt kannte. So legte ab 1868 die Pacific Steam Navigation Company auf ihrer Strecke von Liverpool nach Valparaíso in Punta Arenas an. Weiterhin wurden Anreize für Immigranten – insbesondere aus Mitteleuropa – geschaffen, um die Gegend zu bevölkern. Diese bekamen beispielsweise Land zugewiesen. Aber auch das Auffinden von Steinkohle und erste Goldfunde steigerten die lokale Entwicklung. Erste Estancias wurden im Umland geschaffen, die sich anfangs auf Rinderzucht spezialisierten.
Die nachhaltigste Veränderung jedoch war die Einführung von Schafen. Im Laufe der 1870er Jahre erkannte man, dass es nördlich der Stadt zahlreiche Graslandschaften gab und Gouverneur Diego Doublé Almeyda orderte 300 Schafe von den Falklandinseln, um eine Zucht beginnen zu lassen. Die Schafzucht sollte bald große Erfolge feiern und gewaltig expandieren. Aus den 300 Schafen 1877 wurden 1885 schon 40.000, vier Jahre später 300.000 und 1906 bereits 1,8 Millionen. Patagonien wurde zu der zweitgrößten Wirtschaftsregion für Schafwolle in der Welt. Auch die Verkehrswege mussten nun ausgebaut werden, insbesondere der Hafen von Punta Arenas wurde zu einem wichtigen Umschlagplatz. Die Schifffahrt spielte eine große Rolle, denn eine durchgehende Straße in die nördlichen Teile Patagoniens oder in die Hauptstadt gab es damals nicht und auch heute muss man dafür über Argentinien fahren. So erreichte der Hafen von Punta Arenas zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast die Kapazitäten des chilenischen Haupthafens in Valparaíso. Ein kurzer zusätzlich einsetzender Goldrausch, der sich etwa bis 1910 hielt, führte zu weiterer Einwanderung. Überhaupt sieht man noch heute der Stadt ihre multikulturelle Geschichte an. Der Friedhof der Stadt, mit Stolz von den Einheimischen erwähnt, denn er soll auf einem Ranking der schönsten Friedhöfe Südamerikas auf einen der vordersten Plätze gekommen sein ( Ranglisten erfreuen sich in Punta Arenas großer Beliebtheit, der Verweis auf das nächste Café wird gern mit der Bemerkung verknüpft, dass jener Ort im Jahre soundso das beste Café ganz Chiles war) gibt einen Einblick auf die vielfältigen Nationen der Einwohner. Die Gräber tragen spanische, englische, französische oder deutsche Namen. Besonders viele Immigranten kamen aus Kroatien, noch heute gibt es kroatische Vereine in Punta Arenas.
Der damalige Reichtum ist auch zu Beginn des 21.Jahrhunderts noch sichtbar. Die zahlreichen Villen in der Stadt lassen Punta Arenas teilweise wie eine europäische Stadt wirken und haben nicht viel gemeinsam mit den Pioniersiedlungen anderer Städte Südpatagoniens. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die Verteilung des Reichtums auf einige wenige Gewinner begrenzt war. Insbesondere die indigenen Völker verloren nicht nur ihr Land, sondern wurden von der neuen Zivilisationswelle förmlich ausgerottet, sei es indirekt durch neue, für sie unbekannte Krankheiten, für die keine körpereigenen Abwehrstoffe vorhanden waren oder direkt als Kampagnen der „Befriedung der Region“, die Gewalt an den Unzivilisierten rechtfertigte. Die Landwirtschaft erlebte schnell eine zunehmende Oligopolisierung. Einige wenige Züchter besaßen bald erhebliche Teile der lokalen Wirtschaft. Große Farmen umzäunten ihr Gebiet und raubten den indigenen Nomaden ihren Lebensraum. Ein Beispiel für eine steile Karriere jener Tage, ist der in Spanien geborene Buchmacher Jose Menéndez, der in Punta Arenas den russischen Migranten Elias Braun traf und gemeinsam mit ihm auf Feuerland eine riesige Estancia aufbaute. 1908 gründeten Braus Sohn Mauricio gemeinsam mit Menéndez die Sociedad Anónima Importadora y Exportadora de la Patagonia, kurz La Anonima, welche heute eine große Supermarktkette in Argentinien ist. Familien wie die Menéndez, Brauns und weitere hatten eine solche wirtschaftliche Machtfülle erreicht, dass sie ebenso die politischen Geschicke in Punta Arenas, als auch im Umland dirigieren konnten. Der Boom der Wolle lies jedoch nach dem 2.Weltkrieg stark nach und die sinkenden Woll-Preise führten viele Farmer in den Ruin und die Region in große wirtschaftliche Schwierigkeiten (worüber man bei Chatwin aufgeklärt wird, der Patagonien kurz nach der Machtergreifung Pinochets besuchte).
Trotzdem ist Punta Arenas noch die wichtigste Stadt des patagonischen Südens. Die chilenische Marine hat hier einen wichtigen Hafen erbaut und die Stadt entwickelt sich zum Zentrum für Reisende. Populär sind Fahrten zu den Pinguin-Inseln der Magellanstraße. Aber man kann von hier auch nach Feuerland oder zum nicht weit entfernten Nationalpark Torres del Paine reisen. Am vielleicht Wichtigsten ist aber Punta Arenas Bedeutung als Ausgangspunkt für Antarktis-Reisen. Von hier kann man in die unendlichen Weiten des kalten Kontinentes reisen. Immer wieder war Punta Arenas so etwas wie der Leuchtturm der Zivilisation, den es zu erreichen galt, sei es, weil man in den gefährlichen Wässern der Gegend in Gefahr geraten war, oder wie im Falle der Endurance-Expedition Sir Ernest Shackletons. Als dieser am 3.September 1916 endlich seine Crew wieder in die Zivilisation führte, nachdem ihr Schiff anderthalb Jahre vorher im Eis des antarktischen Weddellmeers eingeschlossen und schließlich untergegangen war, soll die ganze Stadt die Männer freudig begrüßt haben. Seit 2011 kann man sich auch zur seefahrerischen Vergangenheit der Region im Museum Nao Victoria informieren, wo Schiffsnachbauten präsentiert werden. Unter anderem auch die James Caird, mit welcher Shackelton verzweifelt im stürmischen Südatlantik nach Hilfe suchte oder die dem Museum namensgebende Nao Victoria, dass erste Schiff, dass die Welt komplett umsegelte und zur ersten Weltreiseexpedition unter Magellan gehörte. Zum Museum fahren sogenannte Taxi Collectivos (in diesem Fall Linie 28). Das sind Taxis, die wie Busse, eine bestimmte Linie abfahren und die man auf dieser Strecke besteigen kann. Ein nützliches Fortbewegungsinstrument, dass ich so nur in Chile kenne.
José Menéndez übrigens, widmete der Stadt ein Magellan-Denkmal auf Punta Arenas Hauptplatz, dem Plaza de Armas. Magellan gilt als einer der Gründerväter Chiles, wobei dieser seinerzeit sicherlich anderes im Sinn hatte. Unter dem Entdecker ist ein Ureinwohner platziert wurden. Die örtliche Legende behauptet, wenn man seinen Zeh berührt, würde man nach Punta Arenas zurückkehren.

Ushuaia

56.956 Einwohner | 23km² | südlichste Stadt der Welt | auf Feuerland gelegen am Beagle-Kanal | Hauptstadt der Provinz Tierra del Fuego | 210km SW von Rio Grande | 3094km SW von Buenos Aires

Ushuaia hat einen großen Vorteil und der liegt in der Lage der Stadt und der Bedeutung die dieser Lage zugesprochen wird, denn Ushuaia bezeichnet sich selbst als „südlichste Stadt der Welt“, oder noch lieber, als das „Ende der Welt“. Zwar gibt es auf der anderen, südlicheren Seite des Beagle Kanals noch einen chilenischen Ort – Puerto Williams – aber diese 2.000 Menschen-Siedlung, die als Militärbasis gegründet wurde, hat keinen Status einer Stadt.
Ushuaia mit rund 57.000 Einwohnern ist durchaus eine Stadt, wenngleich man dem Ort einen gewissen Pioniercharakter nicht absprechen kann, denn alles wirkt ein wenig, wie gerade irgendwo hingezimmert. Der französische Philosoph Jean Baudrillard weist auf den konstruierten Charakter von Ushuaia hin, für ihn ist es die Heimat einer chaotischen, zusammenhanglosen Cowboy-Film-Moderne mit Beton, Staub, Benzin und zwecklosem Verkehrs (tatsächlich ist die Hauptstraße der Stadt ziemlich häufig verstopft und man fragt sich wo die ganzen Autos herkommen). Er vergleicht Ushuaia mit New York, denn beide Städte sind konstruierte Orte, der erste als das Ende der Welt, der andere als deren Zentrum. Das dies nur eine kulturelle Konstruktion ist, zeigt nicht nur, dass sich die schon ausgerotteten Alakaluf-Indianer keineswegs bewusst waren an irgendeinem Ende der Welt zu leben. Sie lebten einfach dort und nirgendwo anders. Kommt man aber als Europäer nach Ushuaia, so kann man sich kaum dem Reiz des Endes der Welt entziehen. Dann von hier aus geht es ins große Nichts. Ein bisschen ist es wie am Flughafen sein und ehrfürchtig die Maschinen in die Welt hinausfliegen zu sehen. Hinter Ushuaia beginnt das Nichts, die Weite, die Freiheit und auch die Gefahr, die Unwirtlichkeit, das ewige Eis. Man imaginiert die Polarexpeditionen vor sich und schaut nach Süden.

Weniger noch als die wundervolle Lage am Beagle-Kanal, eingerahmt von den Bergspitzen der hier beginnenden (oder endenden?) Anden, profitiert die Haupteinnahmequelle der lokalen Wirtschaft, vom Tourismus. Ushuaia lädt dazu ein, ordentlich Geld auszugeben, denn dass muss der Reisende fast zwangsläufig, da Ushuaia einer der, wenn nicht der, teuerste Ort in ganz Argentinien und vielleicht Südamerika ist.
Aber Ushuaia hat nicht nur eine eindrucksvolle Lage auf dem Globus (im Übrigen ist diese im Vergleich zur Nordhalbkugel gar nicht mal so extrem, mit 54 48’57“S liegt Ushuaia ungefähr genausweit vom Äquator weg, wie Kiel, das norwegische Nordkapp beispielsweise liegt auf 71ᵒ N; die relativ gesehen, entfernte Lage vom Südpol ist auch der Grund, warum es keine Mitternachtssonne im Südwinter auf Ushuaia gibt), sondern vor allem eine beeindruckende Umgebung. Am Beagle-Kanal gelegen, welcher den pazifischen mit dem atlantischen Ozean verbindet, türmen sich auf beiden Seiten des Ufers die Reste der Anden auf, die hier „Cordillera Darwin“ heißen. Nur wenige Kilometer entfernt von der Stadt liegt der Nationalpark Tierra del Fuego, dessen fast schon atemberaubende Schönheit zahlreiche Besucher anzieht (angemerkt sei, dass eine Wanderung auf dem 8km langen Senda Costera sehr zu empfehlen ist, da man hier, anders als am Mirador Lapataia fast für sich allein ist).

Ushuaias Geschichte ist vergleichsweise jung, obwohl an den Küsten Feuerlandes schon seit vielen Jahrtausenden die indigenen Völker der Alakaluf und der Yaghan siedelten, besonders letztere hatten sich in den Gestaden Ushuaias niedergelassen. Da sie aber Nomadenvölker waren, errichteten sie keine Siedlungen. Es waren britische Missionare, die sich hier im Laufe des 19. Jahrhunderts erstmals niederließen, um die Einheimischen zu bekehren. So stammt der Name Ushuaia aus der Yaghan Sprache und ist deren Bezeichnung für jenen Platz am Kanal. Nachdem 1869 der erste Gottesdienst in Ushuaia abgehalten wurde, drangen besonders die Argentinier darauf, den Ort auszubauen, um den eigenen Herrschaftsanspruch durchzusetzen. Sie sahen die Gefahr einer fremden Okkupation dieses eher unbewohnten Landstriches, denn anfangs lebten hier tatsächlich eher Briten. Erst 1881 nach der Grenzziehung mit Chile begann eine verstärkte Besiedlung in der nun endgültig in Argentinien gelegenen Gegend. Die wurde auch durch Goldsucher erweitert, welche hier versuchten um die Jahrhundertwende reich zu werden, was aber nur den Wenigsten gelang. 1893 sollen 113 Männer und 36 Frauen in Ushuaia gelebt haben, wobei zu bedenken ist, dass die Ureinwohner – die im Zuge ihrer Missionierung und dem Raub ihres Lebensraumes, urbanisiert wurden – einfach nicht mitgezählt wurden. So wie man auch nie auf die Idee gekommen wäre, dass dies einen eigenen Staat hätten errichten können. Die Yaghan und Alakaluf fielen dann auch besonders den zahlreichen Epidemiewellen zum Opfer und waren schon Anfang des 20. Jahrhunderts fast ausgerottet.
1896 wurde ein Gefängnis in Ushuaia eröffnet und die ersten Insassen hergebracht. Das Einrichten von Strafanstalten oder Kolonien ist ein beliebter Weg gewesen, abgelegene Landstriche zu bevölkern.  In dieser Zeit wurde Ushuaia vom argentinischen Staat auch zur Hauptstadt der Provinz Feuerland ernannt. Und die Gefangenen durften, oder besser mussten, bei der Kolonisierung der Gegend helfen. Sie bauten unter anderem eine kleine Zugstrecke, die heute als „tren del fin del mundo“, eine teure Touristenattraktion ist, damals aber zum Gütertransport diente. 1947 wurde das Gefängnis geschlossen, dafür aber ein Armeestützpunkt eingerichtet, der beim Falklandkrieg 1982 einige Bedeutung besaß. Noch in den 1970er Jahren beschrieb Bruce Chatwin Ushuaia als ruhiges und gottverlassenes Nest im Nirgendwo: „Die Einwohner dieser offensichtlich kinderlosen Stadt hatten blau angelaufene Gesichter und warfen Fremden unfreundliche Blicke zu.“ (Chatwin; In Patagonien; S. 164) Doch Chatwins Buch half auch mit, den Tourismus in diese Gegend der Welt zu bringen. Die Eröffnung des Flughafens auf einer künstlichen Insel im Beagle-Kanal in den 1990er Jahren machte aus Ushuaia so etwas wie eine kleine Resort-Stadt, wie Chris Moss in seinem Buch über Patagonien schreibt.
Wer heute nach Ushuaia kommt, der wird auf eine recht wilde Stadt treffen, die bunt und eher zufällig am Uferhang des Beagle-Kanals zusammengestückelt wurde. Das Ende der Welt, ebenso konstruiert, wie zelebriert, beschreibt das Aussehen der Stadt. Wäre nicht das großartige Panorama des südlichen Feuerlandes wäre man vielleicht etwas enttäuscht von diesem so speziellen Ort, aber man hätte immer noch die Vorstellung der großen letzten Weite dahinter.

urban facts Chemnitz

Allgemeine Daten:

Einwohner (Ballungsraum) 248.645 (750.000)
Einwohnerentwicklung 2014-2015 2.1%
Fläche 221 km²
Bevölkerungsdichte 1125 Einwohner / km²
Geographische Höhe 300m (höchster Punkt 523m)
Niederschlagsmenge /Regentage / Sonnenstunden pro Jahr 700 / 173 / 4,2
Fluss Chemnitz
KfZ-Kennzeichen C

 

Infrastruktur:

Bürgermeister Barbara Ludwig (SPD)
Verwaltungstechnische Bedeutung Kreisfreie Stadt
Flughafen Nächster Flughafen: Dresden (85km)
ÖPNV Straßenbahn: 5 Linien auf 28km Streckenlänge; erbaut 1879 als Pferdebahn, seit 893 erste elektrische Linie
25 StadtbuslinienEinzelfahrt 2,20€
Tageskarte 4,40€ (je in Stadtzone Chemnitz)
Entfernung nach… Dresden 75km (Auto: 55min; Bahn: 1h)
Leipzig 85km (Auto: 59min; Bahn: 1h5min)
Nürnberg 247km (Auto: 2h15min; Bahn: 3h25min)
Prag 160km (Auto: 2h10min; Bahn: 3h27min)
nächster Ort über 500.000: Dresden 75 km
nächster Ort über 1000.000: Prag 160km

 

Kultur / Geschichte:

Anzahl Universitäten Technische Universität Chemnitz (gegründet 1836 bzw. 1986; 11.900 Studenten WS 2015/16)
Anzahl Museen 11 laut wikipedia.de
Sportvereine der Stadt Fußball: Chemnitzer FC (gegründet 1966; 1x DDR-Meister Ø-Zuschauer: 7.454 (2015/16) @community4you Arena (15.000)
Tageszeitung der Stadt (Auflage) Freie Presse (gegründet: 1963; Auflage: 234.000 (2015)
Biersorte des Ortes: Einsiedler, Braustolz
Erste urkundliche Erwähnung 1143
Gegründet von: 1136 gründete Kaiser Lothar III. bei Chemnitz das Benediktinerkloster St. Marien, das 1143 das Marktprivileg erhielt
Großstadt seit 1883
Das entscheidende Jahr 1945 (nach zahlreichen Luftangriffen ist die Innenstadt vollkommen zerstört, rund 25% der Bausubstanz sind zerstört)
Meisten Einwohner im Jahr 1930 (361.000)
Einwohnerverlust von Höhepunkt bis heute -32%
City Branding Stadt der Moderne

 

Wirtschaft / Attraktivität:

Sehenswürdigkeit Nr.1 Karl Marx Denkmal
Architektonisches Highlight Kaufhaus Schocken
Höchstes Gebäude Hotel Mercure 97m
Meist fotografiertes Gebäude Rathaus
Anzahl Starbucks 0
Straftaten auf 100.000 Einwohner 8919 (2011)
Kaufkraftindex in D 88,4%
Verfügbare Kaufkraft 18.955 (Platz 321 von 402 in Deutschland)
Arbeitslosenquote 8,2 % (Juni.2016)

 

Bevölkerungsentwicklung:

1466 1551 1700 1801 1820 1840 1858 1871 1880 1900
3455 5.616 4.878 10.835 14.455 23.476 40.571 68.229 95.123 206.913

 

1910 1930 1945 1955 1975 1988 2000 2011 2014
287.807 361.200 243.641 290.153 305.113 311.765 259.246 240.543 243.541