Geschichte Bordeaux

Antike und Mittelalter: Von Kelten, Römern und Briten

Bordeaux geht geschichtlich zurück bis weit vor die Zeitenwende und gehört damit zu den älteren Städten des Kontinents. Schon im 3. Jahrhundert v.Chr. lebte der keltische Stamm der Bituriger im Gebiet des Zusammenflusses von Garonne und Dordogne. Der Hauptort dieses Stammes war verkehrstechnisch günstig gelegen an der Stelle der heutigen Stadt, denn hier bestand die Möglichkeit die Garonne zu queren (was einem heute gar nicht so klar wird, wenn man die Mächtigkeit der Garonne sieht).
Als die Römer Gallien eroberten, nannten sie fortan die Stadt Burdigala und die ehemalige keltische Siedlung sollte in ihrer Bedeutung wachsen, denn sie war einerseits ein Umschlagplatz für in der Region angebauten Weizen, andererseits wurden hier größere Mengen von Metallen im Seehafen umgeschlagen und ins Imperium verschifft. Die Römer waren es auch, die den Weinanbau in der Region einführten, der sich hier glänzend entwickelte und zu einem Markenzeichen wurde. Schon in der Antike wurde daraus ein wichtiges, vielleicht das wichtigste Produkt der Gegend, das sich die Römer gern in die Hauptstadt exportiert ließen und somit die wirtschaftliche Bedeutung Burdigalas stetig erhöhten. Als führende Handelsmetropole im 2.Jahrhundert (AD) wurde Burdigala zur neuen Hauptstadt der römischen Provinz Aquitania ernannt. Bis zum 3.Jahrhundert entwickelte sich eine reiche und blühende Stadt. Davon zeugen noch heute die Reste des alten Amphitheaters, das 15.000 Menschen Platz bot (!) und dass bei einer Gesamtgröße der Stadt von rund 20.000 Einwohnern. Manche Zeitgenossen sprachen anerkennend von einem „kleinen Rom“.
Nachdem die Grenzen des römischen Reiches unsicherer wurden und 276 die Barbaren in die Stadt einfielen, wurde eine erste Stadtmauer errichtet, die damals aber lediglich 32ha beschützte. Mit dem endgültigen Untergang des Reiches begann auch für die Stadt eine lange Zeit ständiger Unsicherheit. Nach dem Einfall der Mauren und deren Zurückdrängung in der Schlacht von Poitiers, erhob Karl der Große Aquitanien zum Königreich und übergab dieses im Jahr 781 an seinen Sohn Ludwig dem Frommen. Gleichwohl bedeutet dies ebenso keine Zeit der Ruhe. Immer wieder überfielen Wikinger die Region und das Königreich Aquitanien existierte nur bis ins Jahr 863, wurde aber 1036 wieder als Lehen, zusammen mit der Gascoigne errichtet.
Einen wirklichen Aufstieg der Stadt gelang unter Eleonore von Aquitanien, die das Lehen von ihrem Vater erbte und eine Ehe mit Ludwig IX. von Frankreich einging. Die Hochzeit wurde 1137 in Bordeaux gefeiert. Tatsächlich blieb die Verbindung kinderlos und damit machtpolitisch wenig erfolgreich und wurde im Jahr 1152 annulliert. Kurz darauf heiratete Eleonore Henri Plantagenêt, der zwei Jahre danach zum englischen König Heinrich II. gekrönt wurde und damit Aquitanien zum englischen Kronland machte. Somit wurde Bordeaux eine englische Stadt und erlebte einen wirtschaftlichen Aufstieg, den der Handel mit der Insel sollte schnell florieren. Der Erfolg zeigte sich unter anderem darin, dass eine zweite Stadtmauer gebaut werden konnte, die im 14.Jahrhundert wiederum weiter ausgebaut wurde. Bordeaux wurde Hauptstadt des Fürstentums Guyenne (die englische Version von Aquitanien). Der Export von Wein war die Erfolgsformel und führte zu einem für die Gegend außerordentlichen hohen Lebensstandard in jenen Jahren des späten Mittelalters. Die kirchlichen Bauwerke wie Saint Michel oder Saint André wurden erbaut und 1441 wurde die Universität der Stadt gegründet. Erst mit dem Ende des Hundertjährigen Krieges in der finalen Schlacht von Castillon fiel die englische Provinz Guyenne und gehörte ab 1453 wieder zu Frankreich.

Die Neuzeit – Zwischen Misstrauen, Goldenem Zeitalter und Revolution

Begeisterung war aber keinesfalls zu spüren, als die Bourdelais, wie die Einwohner der Stadt genannt werden, wieder zu Frankreich gehörten und das schon allein aus ökonomischer Sicht; Bordeaux Absatzmärkte in England waren von einem auf den anderen Tag weggefallen. Gleichfalls waren die französischen Autoritäten nicht von der Loyalität der neuen Mitbürger überzeugt und ließen als erstes zwei Festungen mitten in der Stadt bauen. Es handelte sich bei dem Château de la Trompette und dem Château du Hâ zwar um Verteidigungsbauten, die eigentlich vor fremden Mächten Schutz bieten sollten, aber die Geschütze konnten ohne Probleme auch gegen potentiell Aufständige in der Stadt gerichtet werden. Dies wiederum sah die Bevölkerung als größtmögliche Provokation. Der Neustart lief also erstmal ohne großes Vertrauen beider Seiten ab, doch das Verhältnis sollte sich entspannen. 1494 bekam die Stadt erstmals wieder die Möglichkeit, eine begrenzte Selbstverwaltung durchzuführen. Tatsächlich waren aber wirtschaftliche Blütezeiten nun seltener. Dafür war Bordeaux ein Ort des aufblühenden Humanismus, so war Michel de Montaigne Bürgermeister der Stadt. Die eher antiroyal geneigte Stadtbevölkerung versäumte es aber auch nicht ihren Unmut gegen den königlichen Hof zu zeigen und im 17. Jahrhundert kam es zu einigen Aufständen, die allerdings niedergeschlagen wurden.
Dem folgte aber eine dritte Blütezeit der Stadt, denn Bordeaux bekam das französische Monopol für den Westindien-Handel, in denen die Franzosen mehr und mehr einstiegen und wurde schnell zum zweitgrößten Hafen Europas. Im 18. Jahrhundert erlebte Bordeaux daher sein Goldenes Zeitalter. Der geschäftige Hafen, der Teil des lukrativen, aber moralisch äußerst fragwürdigen Dreieckshandels zwischen Europa, Afrika und Amerika war, brachte Reichtümer an die Garonne. Prächtige Stadthäuser entstanden und schon in dieser Zeit wurden die Fortifikationsanlagen abgerissen, allein schon deshalb, um den Hafen am Fluss weiter ausbauen zu können. 1733 wurde der glorreiche Place de la Bourse eröffnet, welcher vom Fluss ankommenden Gästen schon auf dem ersten Blick den selbstbewusst zur Schau gestellten Prunk der Stadt ankündigte. Neue Straßenzüge und Promenaden wurden angelegt, öffentliche Gärten angepflanzt und urbane Plätze angelegt, so wie die heutigen Place Gambetta oder Victoire. 1773 öffnet schließlich das Grand Théâtre, das zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Es sind die klassizistischen Bauten dieser Epoche, die auch heute noch das Stadtbild von Bordeaux prägen.
Die Französische Revolution brach mit dem Sturm auf das Château de la Trompette auch in Bordeaux aus. Zwar wurde die Stadt 1790 die Hauptstadt des neu geschaffenen Départements Gironde und mit den Girondisten wurde sogar eine liberale Gruppe in der neugeschaffenen Nationalversammlung in Paris in den Anfangszeiten der Republik federführend, aber schon bald übernahmen die Jakubiner die Herrschaft und mit ihnen schwappte der Terror über Frankreich. Über 300 Bordelais wurden öffentlich geköpft. Die wirtschaftliche Katastrophe setzte nur wenig später mit den napoleonischen Kriegen ein, denn mit der Kontinentalsperre gegenüber Großbritannien, kam der Handel der Hafenstadt fast zum Erliegen. Einzig die Verlegung von Truppen in den Süden brachte eine Verbesserung der Infrastruktur, dessen bedeutendstes heutiges Zeichen, die 1807 begonnene Pont die Pierre ist, die seit 1821 den gewaltigen Strömungen der Garonne ausgesetzt ist (in Bordeaux sind die Auswirkungen von Ebbe und Flut deutlich zu spüren). An die Stelle des Château de la Trompette wurden die Esplanades des Quinconces, der damals größte Platz der Welt angelegt, der jedoch heute wie ein überdimensioniertes Exerzierfeld wirkt.

Vom 19.Jahrhundert bis heute: Ringstraßen, verlegte Regierungen und der Zusammenschluss zur Metropole

Im 19.Jahrhundert hatte Bordeaux einen guten Ruf in der Welt der Kunst, so lebten Stendhal und Francisco de Goya hier (letztere starb auch in der Stadt). Die Bevölkerung der Stadt wuchs schneller an als je zuvor, die Welle der Industrialisierung jedoch, die die meisten Städte Europas maßgeblich veränderte betraf Bordeaux weniger. Die Glasindustrie entwickelte sich, als man Wein nun in Flaschen abfüllte. Tatsächlich entstand in Bordeaux aber nie eine wirklich bedeutende Schicht der Arbeiterschaft.  
Das Bordeaux keine Industriestadt wurde hat auch damit zu tun, dass die Weinproduktion in der Region schon seit der Antike eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hatte und zusammen mit dem Hafen die guten Geschäfte beförderte. In eine fast existentielle Krise kam damit nicht nur dieser Wirtschaftszweig, sondern die gesamte Weinregion als die Reblaus in der 2.Hälfte des 19.Jahrhunderts in Europa ihr Unwesen trieb und Millionen von Hektar Rebfläche vernichtete. Nur unter sehr hohem Einsatz und der Einführung resistenter Weinstöcke gelang es diese Krise zu überwinden.
Im Jahr 1853 beschloss man den Bau einer Ringstraße, um die Stadt herum. Dieses Unternehmen war Grund für zahlreiche kontroverse Überlegungen, wo ein günstiger Verlauf der Straßen liegen sollte, denn Bordeaux wuchs aus seinen engen Grenzen immer weiter in die Vorstädte hinaus. So wurde beschlossen die Ringstraße, die zukünftig nur die „Boulevards“ genannt wurden, in einer Linie zu ziehen, die einige Vorstädte außerhalb beließ, so wie Caudéran, dass sich im weiteren Verlauf aber zu einem eleganten Vorort entwickelte. Bis in die 1880er Jahre wurde an den Boulevards gebaut, die die gesamte linke Uferseite der Garonne umfasst, den weitaus größten Teil Bordeaux. An diese Boulevards setzen dann die neuen Stadtviertel an, die im Laufe der Jahrzehnte entstanden. Diese waren dabei recht homogen, von einfachen Siedlungen bis hin zum gehobenen Vorort mit seinen Jugendstil Bauten, wie im schon erwähnten Caudéran. Der Schienenverkehr erreichte ebenfalls die Stadt, zwei wichtige Eisenbahnlinien begannen in Bordeaux und das auch heute noch sichtbarste Zeichen dafür ist der 1898 eröffnete Gare Saint Jean.
Schon einige Jahre vorher, nämlich 1870, wurde Bordeaux kurzzeitig Hauptstadt Frankreichs, als die Nationalversammlung im Deutsch-Französischen Krieg flüchten musste. Dieses Szenario wiederholte sich noch zweimal; 1914 und im Juni 1940, beides wieder im Zusammenhang mit der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen. So hat sich bis heute noch der Ruf Bordeaux gehalten, die „heimliche Hauptstadt“ Frankreichs zu sein.
In den Zwischenkriegsjahren war der Hafen, die Weinproduktion und der Holzabbau in Les Landes die wichtigsten Standbeine der Ökonomie der Region, auch wenn diese Produktionszweige immer mal wieder mit größeren Krisen zu kämpfen hatte. Nicht unerheblich ist der Fakt, dass die Neubauten jener Jahre sich ins Stadtbild integrierten, als Beispiele können hier die Bourse de Travail (1938) oder die Piscine Judaique gelten (die allerdings in neuster Zeit ein recht unansehnliches Glasvordach bekam).
Nach dem 2.Weltkrieg übernahm Jacques Chaban-Delmas das Amt des Bürgermeisters in einer fast schon rekordverdächtigen Amtszeit von 1947 bis 1995! Unter seiner Führung entstanden modernistische Projekte wie das Mèriadeck-Viertel in direkter Nachbarschaft zur Innenstadt, dass einen deutlichen Bruch mit dem klassizistischen Erbe der Bausubstanz darstellt. Chaban-Delmas dachte aber Bordeaux auch als metropolitane Region, das aus Kernstadt und in die Region wachsenden Städten besteht, die eng zusammenarbeiten sollten. Die Universität der Stadt wurde in den Vorort Talence verlegt, zum einen, um einen geschlossenen Campus zu erhalten, zum anderen vielleicht aber auch, um potentiell revoltierende Studenten aus der Innenstadt raushalten zu können. Der Hafen wurde aus der Stadt entfernt und flussabwärts nach La Verdon an die Gironde verlegt (aus der Bordeaux durchfließenden Garonne und der Dordogne wird wenige Kilometer nach Bordeaux die Gironde, welche in den Atlantik fließt). 1966 wurde der Gemeindeverband Communauté urbaine de Bordeaux gegründet, der heute den Namen Bordeaux Métropole trägt und der mit seiner Größe auch ein deutlicheres Bild über den Umfang von Bordeaux abgibt, als die viel engeren Grenzen der administrativen Kernstadt. Er ist für alle Probleme zuständig die über die jeweiligen Gemeindegrenzen hinausgehen und besitzt ein eigenes Parlament. Zu seinen wichtigsten Aufgaben in letzter Zeit gehört die Koordination der öffentlichen Verkehrsbetriebe. In jene Jahre des Zusammenschließens fällt auch der Bau und die Öffnung (1972) des Autobahnrings der Stadt (der A630), der wie die Boulevards des 19. Jahrhunderts wiederum die gewachsene Stadt neu umschließt. Innerhalb des Autobahnrings trifft man heute auf dichte Bebauung, dahinter wird die Siedlungsdichte erheblich dünner.
Ein neuer Abschnitt in der Verkehrsplanung der Stadt ist die Wiedereinführung der Straßenbahn, die seit 2008 auf drei Linien die Innenstadt mit den Vororten verbindet und dabei über 200.000 Passagiere pro Tag befördert. Nicht zuletzt die Berufung als UNESCO-Weltkulturerbe 1976 förderte das Bewusstsein für das einzigartig erhaltene Stadtbild Bordeaux mit seinen vielen klassizistischen Bauten, das auch seit den 1990er Jahren weiter aufgewertet wird, wie beispielsweise durch die neuangelegte Uferpromenade. Gleichzeitig möchte Bordeaux natürlich auch nicht den Sprung in die Gegenwart verpassen, wie man am neuen Viertel um die Brücke Chaban-Delmas und die Cité du Vin sehen kann. Für die Zukunft plant die Stadt auch mit dem nationalen Projekt „Bordeaux – Euratlantique“, das nicht nur den Bahnhof Sant Jean mit einem TGV Anschluss nach Paris erhöht, sondern den gesamten Umkreis des Bahnhofs, der tatsächlich nicht unbedingt zu den Glanzlichtern der Stadt zählt, zu einem neuen blühenden Stadtteil aufwertet, der hauptsächlich als Wirtschaftsstandort funktionieren soll.    

urban facts Bordeaux

Allgemeine Daten:

Einwohner: Stadt / Ballungsraum / Metroregion

249.712 / 773.542 (Bordeaux Metropole) / 1.215.769 (Aire urbaine de Bordeaux )

Einwohnerentwicklung: Stadt

2011-2015: +4,54%

Fläche: Stadt /Ballungsraum / Metroregion

49,36 km² / 578.3 km² (Bordeaux Metropole) / 5.613 km² (Aire urbaine de Bordeaux )

Bevölkerungsdichte: Stadt /Ballungsraum / Metroregion

5059 Einw./km² / 1338 Einw/km² (Bordeaux Metropole) / 216 Einw./km² (Aire urbaine de Bordeaux )

Koordinaten

44° 50‘ N, 0° 35‘ W

Geographische Höhe

1-42m

Niederschlagsmenge /Regentage / Sonnenstunden pro Jahr

944mm / 124 / 2035

Fluss

Garonne

KfZ-Kennzeichen

33 (für das Département Gironde)

Infrastruktur:

Bürgermeister

Alain Juppé (Républicains / Rechts konservativ)

Verwaltungstechnische Bedeutung

Hauptstadt des Dèpartement Gironde und der Region Nouvelle-Aquitaine

Anzahl Besucher im Jahr

6 Mio. (2015), im gleichen Jahr zur besten Touristendestination der Welt gewählt worden

Global City Status

Sufficieny (12. und letztmögliche Kategorie)

Verkehrsfluss – Staugefahr

29h im Stau pro Jahr (2017); 205.Platz weltweit

Flughafen

Aéroport de Bordeaux-Mérignac (BOD; eröffnet: 1917; 6,2 Mio; PAX 2017; 8.größter Flughafen Frankreichs ; 2 Landebahnen, 2 Terminals; 10km W der Innenstadt)

ÖPNV

3 Straßenbahnlinien (wiedereröffnet 2003, vorher von 1891 bis 1957) auf 66km Streckenlänge mit 86 Haltestellen
Tageskarte kostet 4,60€
Vcub (V³) Fahrradleihsystem mit 174 Stationen und 1700 Rädern

Entfernung nach…

Paris: 585km (LL: 500km); Auto: 5h30min; Bahn: 2h10min
Toulouse: 245km (LL: 215km); Auto: 2h25min; Bahn: 2h
Bilbao: 335km (LL: 255km); Auto: 3h30min; Bahn: 6h45min
Madrid: 685km (LL: 555km); Auto: 6h40min; Bahn: 10h (nur Bus)
Barcelona: 570 km (LL: 445km); Auto: 5h55min; Bahn: 9h15min

nächster Ort über 500.000: Toulouse 245 km
nächster Ort über 1000.000: Barcelona 570km

Kultur / Geschichte:

Anzahl Universitäten

Université de Bordeaux; gegründet 1441 durch Papst Eugen IV., 2014 als Fusion von 3 Universititäten wiedergegründet, 49.600 Studenten (2016)
Université Bordeaux Montaigne; gegründet 1971, hauptsächlich Sozialwissenschaftlich, 15.230 Studenten

Anzahl Museen

wikipedia.fr zählt 19 Museen

Sportvereine der Stadt

Fußball:
Girondins de Bordeaux: gegründet: 1881; 6x frz. Meister, 4x frz. Pokalsieger, 1x EC3 Finalist; Ø-Zuschauer: 26.048 (2017/18) @ Matmut Atlantique (42.052)
Rugby:

Union Bordeaux Bégles: gegründet 2006 aus zwei Rugbyvereinen, welche insgesamt 9 frz. Meisterschaften gewannen Ø-Zuschauer: 23.689 (2014/15) @ Stade Chalbon-Delmas (34.694)

Tageszeitung der Stadt (Auflage)

Sud Ouest (Tageszeitung, gegründet 1944, 288.000 Auflage 2011)

Erste urkundliche Erwähnung

3.Jahrhundert v.u.Z. (von den Römern Burdigala genannt)

Gegründet von:

Kelten

Großstadt seit

1793 bzw. 1841 (dazwischen unter 100.000)

Das entscheidende Jahr

1453: Bordeaux fällt nach der Schlacht von Castillon wieder an Frankreich

Meisten Einwohner im Jahr

1966: 266.662

Einwohnerverlust von Höhepunkt bis heute

6,7%

Wirtschaft / Attraktivität:

Sehenswürdigkeit Nr.1

Place de la Bourse

Architektonisches Highlight

Einheitlichkeit des Stadtbilds der Altstadt

Prachtstraße

Allées de Tourny

Höchstes Gebäude

Cité Administrative – Tour A (92m)

Meist fotografiertes Gebäude

Citè du Vin

Kaufkraftindex in EU (oder Region)

135,1 (Region Nouvelle-Aquitaine)

Arbeitslosenquote

16% (2014) Frankreich gesamt: 10,8%

Bevölkerungsentwicklung:

1793

1821

1831

1841

1856

1876

1901

1911

1931

1946

104,676

89,202

99,062

104,686

149,928

215,140

256,638

261,678

262,990

253,751

1954

1962

1968

1975

1982

1990

1999

2006

2011

2015

257,946

249,688

266,662

223,131

208,159

210,336

215,363

232,260

239,399

249,712

rt

Sueca

Einwohner: 27.598 (2017) | 92,5 km² | Kreisstadt der Comarca Ribera Baixa | am Fluß Xuquer (Jucar) gelegen | 7 km von der Küste des Mittelmeers entfernt | 35km S von València | 8 km NW von Cullera

Mitten in der flachen Landschaft um die spanische Stadt València, welche die Flüsse Turia und Xuquer zwischen dem Mittelmeer und den Bergen abgelagert hat, liegt Sueca. Eine Stadt, die auf dem ersten und sogar zweiten Blick nicht viel bietet. Die S-Bahn von València nach Gandia teilt den Ort in einer geraden Linie. Benutzt man die alte Nationalstraße 332, die schon seit einigen Jahren von einer Autobahn ersetzt wurde, wird man um die Innenstadt herum geführt und hat lediglich einen Blick auf die runtergekommenen erscheinenden Gewerbegebiete. Nicht viel anders ist es, wenn man von der neu gebauten Autobahn A38 zum Meer fahren möchte, auch hier bleibt der Blick auf die Stadt verwehrt, da man das kleine Zentrum umrundet. Jahrelang bin ich an Sueca vorbeigekommen, aber nie kam mir je der Gedanke, mich mal näher mit der Stadt auseinanderzusetzen. Das halte ich heute für einen Fehler, denn Sueca muss man sich bewusst erschließen und dann hat dieses Städtchen seine Reize.

Mit nicht ganz 30.000 Einwohnern ist Sueca Kreisstadt der Comarca Ribera-Baixa und damit der östlichste Teil einer kleinen Metropolregion die sich über Alzira bis nach Xativa zieht und rund 350.000 Einwohner zählt. Die Lage der Stadt ist durch zwei Faktoren bestimmt; zum einen liegt sie mitten in der südlichen Huerta de Valencia (dem „Garten Valèncias“), in welcher sich auch die angrenzende Lagune Albufera befindet. Traditionell wird hier Reis angebaut und Sueca ist so etwas wie die Hauptstadt des Reisanbaus, dem fundamentalen Bestandteil der Paella, die etwas später in diesem Artikel behandelt werden soll.
Zum anderen ist Sueca aber nicht weit vom Meer entfernt, die eigentliche Stadt ungefähr 7 km. Zum Stadtgebiet gehören weite Sandstrände, welche der Wind und die Flüsse hier hingebracht haben. Doch anders als die Städte Cullera oder Gandia, die in Richtung Meer gewachsen sind, um dort mit beachtlichen und teilweise gigantischen Tourismus-Hochhausskylines zu thronen, sind auf dem Gebiet Suecas einzelne Urbanisaciones gebaut worden, die sich wie eine Perlenkette an der gerade von Norden nach Süden gehenden Strandlinie aufreihen. Von der Auto- oder der S-Bahn aus (die noch etwas weiter hinten im Landesinneren liegen), sehen diese Orte wie kleine Burgen aus, mit ihren teilweise weit über 10 Stockwerken hohen Ferienhäusern, die allerdings meistens vereinzelt auftreten und sich mit kleineren Strandhäusern oder niedergeschossigen Appartmentblöcken mischen. So weiß man in der Region València immer, wo das Meer ist, auch ohne es zu sehen. Es ist immer hinter den Hochhäusern. Diese Urbanisationen sind Ferienorte, die im Grunde nur im Sommer bewohnt werden, wenn die Haus- und Wohnungsbesitzer ihre Ferien hier verbringen, Hotels gibt es hier (fast) keine und erst in den letzten Jahren vermieten einige Besitzer ihre Wohneinheiten über internetgestützte Portale, auch an den Randzeiten des Sommers (Mai, Juni und September). Im Juli und August sind alle Lokale und Restaurants der Urbanisationen von früh bis abends geöffnet, Kinder spielen unter lauten Geschrei am Strand oder auf den Straßen bis in die Nacht hinein, in den neu gebauten Kirchen finden am Wochenende rege besuchte Gottesdienste statt, die Apotheken, die den Rest des Jahres nur geschlossene Rollläden aufweisen, sind besetzt und auf den Tennisplätzen duellieren sich Hobby-Nadals gegeneinander, solange der Sonnenstand es zulässt und man vor Hitze nicht zerfließt. Doch schon im September stirbt die Urbanität in den Urbanicaciones langsam wieder, die Schule hat dann angefangen und die Restaurants haben nur noch am Wochenende geöffnet. Das zieht sich bis zum 12.Oktober hin, dem Tag der Region València, welcher der gleichzeitig der letzte Tag der Saison ist. Wie würde sich Jaume I. fühlen, wenn er gewusst hätte, dass der Tag an dem er die Stadt València eroberte, später mal der Feiertag ist, der den Sommer endgültig beschließt. Er hatte wohl besseres zu tun, als über den Sommer nachzudenken. Während in den größeren Wohnanlagen die Pools abgelassen werden, schließen die allermeisten Geschäfte und Lokale bis Ostern und wenn man sich im November oder Februar hierhin verirrt, dann steht einem langen und einsamen Strandspaziergang rein gar nichts im Wege, vielleicht sieht man noch einen Klempner der die leeren Anlagen mit notwendigen Reparaturen versorgt, oder einen der Hauswarte, die sich auch im Winter darum kümmern, dass die Pflanzen der Hausanlagen gepflegt werden.
Viele der Besitzer der Wohnungen und Häuser in den Urbanisationen Suecas (diese ziehen sich wie eine gerade Schnur am Strand entlang, von El Perello im Norden bis nach Mareny Blau im Süden) kommen aus dem Großraum Valencia, während die allermeisten Angestellten der Restaurants und Läden aus Sueca kommen und hier ihren Sommerarbeitsplatz haben. Daraus entsteht eine eigenwillige soziale Differenz. Während man im Sommer an den Stränden spanisch hört, wird in Sueca valenzianisch gesprochen (Valenzianisch ist eine Sprachvariante des Katalanischen). Überhaupt ist Sueca ein Hort der valenzianischen Identität. Aus der Stadt stammt der Schriftsteller Juan Fuster, der nicht nur für seine katalanische Prosa bekannt wurde, sondern gleichfalls für in seinen Essays immer wieder eingetretenen Anspruch, Vertreter des intellektuellen katalanischen Nationalismus zu sein. Von ihm stammt die Betonung der Idee der Paisos Catalans, der katalanischen Länder, die eine Zusammengehörigkeit der Landesteile betont, die katalanisch sprechen (daher Katalonien selbst, Valencia und die Balearen sowie Andorra und kleine Teile von Okzitanien in Frankreich). Noch heute findet sich diese Idee übrigens auf Wetterkarten im katalanischen Fernsehen, die das Gebiet der Paisos Catalans abdecken (ganz ähnlich der Wetterkarten in der BRD, vor der Wiedervereinigung Deutschlands 1990). Nicht uninteressant ist es noch zu betonen, dass diese Art von valenzianischer Identität eine eher linksgerichte Orientierung bzw. Zuschreibung hat (zumindest in der Valenzianischen Gemeinschaft), während ihr rechtes Gegenstück dazu eher eine Betonung der spanischen Einheitlichkeit hat (gleichfalls darf nicht vergessen werden, dass es aber auch Linke gibt, die Zentralspanien preisen, dann aber meistens nicht aus katalanisch-valenzianisch sprachigen Gegenden kommen). Sueca jedenfalls kann als ein Nest, des linken Valenzianismus gelten, gab es hier nach dem Ende der Franco Diktatur nur linke, teilweise sogar kommunistische Bürgermeister.

Unabhängig von politischer Willensbildung und Identifikation ist der Reisanbau in Sueca von höchster Bedeutung und damit aber auch wieder ein Teil eines weitgreifenden kulturellen Erbes. Weltweit bedeutend ist die Paella Valanciana, eine Reispfanne (wobei ich damit niemals sagen würde, dass Paella Reis mit irgend etwas ist, Paella ist mehr und sollte von Ihnen, lieber Leser unbedingt mal vor Ort gegessen werden), die in Sueca besonders geehrt wird, denn seit 1961 wird alljährlich Anfang September ein internationaler Paella Kochwettbewerb veranstaltet (der Concurso Internacional de Paella Valenciana de Sueca), der zwar regelmäßig von valencianischen Köchen gewonnen wird, bei dem jedoch gleichfalls Teams aus Asien, Australien oder Amerika teilnehmen (der einzige Gewinner außerhalb Spaniens war ein Restaurant aus Kuba). Und so finden sich in den engen Gassen Suecas auch einige wundervolle Restaurants, die zu sehr erschwinglichen Preisen eindrucksvoll wohlschmeckende Paellas anbieten (am besten probiert man es an einem Wochentag, da diese dann im günstigen Menüpreis enthalten sind, mehr Informationen im Beitrag „Essen und Trinken in València“).
Der Reisanbau prägt auch die Landschaft um Sueca, die sich im Laufe des Jahres vielfarbig verändert. Die Saison beginnt mit den grauen Böden, die im Mai geflutet werden und dann die Landschaft in einen riesigen See verwandeln, der ungefähr die Größe erreicht, welche die Lagune Albufera mal vor 150 Jahren hatte, bevor sie durch die Einflüsse des Menschen auf ihre heutige Größe geschrumpft ist. Darauf folgt im Sommer der grün aufwachsende Reis, bis er im Herbst sich gelb verfärbt und geerntet wird. Dann sind Erntetraktoren auf den kleinen Wegen zwischen den Parzellen der Bauern unterwegs und in den Mühlen hört man das beständige Summen der Maschinen, die rund um die Uhr arbeiten. Im Winter verwandelt sich die Landschaft wieder in die grauen Felder und man wartet auf den nächsten Sommer, wenn die Felder grünen werden und die Touristenmassen wieder intensives Leben bringen werden.

Die demographische Größe der Stadt

Der Blick auf die Stadt kann ganz unterschiedliche Perspektiven annehmen. Wie alt ist die Stadt? Welche kulturelle oder administrative Bedeutung hat sie? Wie ist sie geformt? Wie lebt man in ihr? Ein sehr einfaches und für gewöhnlich recht häufig gebrachtes Mittel zur Einordnung von Städten ist, sie nach ihrer Größe zu ordnen. Man zähle die Einwohner zusammen und fertig!

Es ist aber gar nicht mal so einfach festzustellen, wie groß Städte konkret sind, denn Städte sind heute keine ummauerten Einheiten mehr, wie im Mittelalter und selbst in jener Zeit gab es durchaus Gebäude vor diesen Mauern, die nur deshalb gebaut wurden, weil es hinter den Mauern urbanes Leben gab, dass die Menschen anzog dort zu siedeln. Für die Angabe wie groß eine Stadt ist, daher wie viele Menschen sie bewohnt ist die Frage relevant bis wohin sich eine Stadt zieht. Die Grenzen der Stadt, sind nicht unbedingt die irgendwann mal festgelegten administrativen Stadtgrenzen (die sich durch Eingemeindungen etc. historisch schnell ändern können), denn diese sagen nicht immer wirklich viel über die tatsächliche Stadtgröße aus. Ein schönes Beispiel dafür ist Brüssel, die Hauptstadt Belgiens. Die Stadt Brüssel hat lediglich 176.000 Einwohner auf 32,6 km² (das sind ungefähr so viele Einwohner wie das nordrhein-westfälische Hamm hat). Sie ist aber nur Teil von 19 (Stadt-)Gemeinden, die zusammen die Region Brüssel-Hauptstadt ausmachen und 1,2 Mio. Einwohner haben, die sich auf 161 km² verteilen. Bei dieser Angabe wird die Größe der Stadt schon deutlicher. Ein Extrembeispiel wenig hilfreicher Stadtgrenzen stellt die chinesische Stadt Chongqing dar. Sie ist eine regierungsunmittelbare Stadt mit einer Verwaltungseinheit der Größe von 82.408 km², was in etwa die Größe Österreichs darstellt! Hier wohnen 28,8 Mio. Menschen, jedoch zumeist in ländlichen Siedlungen, denn die Einwohnerdichte des Gebietes liegt niedriger als die der Niederlande.
Ein Blick auf den Ballungsraum der Stadt ist vielmals viel zielführender um bestimmen zu können wie groß eine Stadt ist, im Fall von Chongqing ist er mit etwa 8 Mio. Einwohnern angegeben. Wie in den beiden Beispielen gezeigt, sagen die Stadtgrenzen nicht immer viel über die Größe der Stadt aus, wobei der Fall Chongqing eine Ausnahme darstellt, da hier die administrativen Grenzen viel zu weit gezogen sind um die Größe der Stadt zu ermitteln. Der Normalfall ist andersherum1.
Städte, als urbane Verdichtungen hören daher nicht immer an ihren Stadtgrenzen auf, sondern beinhalten auch Vororte und urbane Randlagen, die dann als Ballungsgebiet oder Agglomeration bezeichnet werden. Damit ist ein Verdichtungsraum gemeint, der wechselseitig verflochtene Gemeinden mit einer höheren Konzentration von Siedlungsflächenanteil und Siedlungsdichte. Im Regelfall gruppieren sich die Agglomerationen um eine Kernstadt und werden dann als monozentrische Agglomerationen bezeichnet (bspw. Ballungsräume wie Stuttgart, München, Berlin…). Sind mehrere Oberzentren vorhanden und lässt sich keine zentraler Hauptkernstadt ausmachen, so kann von einer polyzentrischen Agglomeration gesprochen werden (bspw. das Ruhrgebiet.2 Die Grenzen noch weiter ausweitend ist die Metropolregion, deren Fläche sich dann noch weit über das Ballungsgebiet hinaus ausdehnt. So umfasst die Metropolregion Berlin / Brandenburg eine Fläche von 30.546 km², und damit rund ein Drittel der Fläche ganz Ostdeutschlands. Diese Bestimmung scheint dann aber wieder zu weit gegriffen, da sie bis weit in unbesiedelte Randbereiche hinausreichen und nicht mehr viel, bis gar nichts mit der Kernstadt zu tun haben. Metropolregionen sagen so, fast gar nichts mehr über die Stadt und ihre Größe aus.
Ungünstigerweise kann man zusammenfassen: die Größe der Stadt ist ein etwas schwammiges Kriterium, denn selbst wenn man sich darauf einigt, dass diese immer innerhalb des Ballungsraumes befindet, bleibt die Frage, was diesen ausmacht und wie groß er letztendlich ist. Dabei muss gleichzeitig festgehalten werden das bei dieser Betrachtung Stadt nicht gleich Stadt ist. Denn Städte, die ein Ballungsgebiet über ihre eigenen Stadtgrenzen hinaus ausgebildet haben, können andere Städte innerhalb dieses Raumes quasi „vereinnahmen“, wobei dies ein irreführender Begriff ist. Das Wachstum einiger Städte breitet sich auf andere Städte aus und macht aus diesen Vorstädte (die tatsächlich auch ein Stadtrecht haben), die in einem engen funktionalen Zusammenhang mit ihrem „Oberzentrum“ stehen. Man denke hier an Beispiele wie Potsdam, das auch als Vorstadt von Berlin angesehen werden kann, oder an Alcalá de Henares als Vorstadt von Madrid.3
Historisch bildet sich die Situation der Ballungsgebiete mit der Phase der Industrialisierung heraus. Seit der industriellen Revolution wirken Städte wie große Magnete und ihre Einwohnerzahlen steigen – zumindest anfangs- dramatisch. Die Bevölkerung der Erde fängt an sich stark zu vermehren und erstmals in der Historie des Planeten wächst sie am dynamischsten in Städten. Obwohl die Weltgeschichte schon in der Antike große Städte kannte (man denke an Rom) ist es erst das 19. Jahrhundert das vermehrt Millionenstädte hervorbrachte (um 1900 waren es ungefähr 20, 100 Jahre früher gab es mit London nur eine). Im 20. Jahrhundert bilden sich daraus Megastädte, also urbane Verdichtungen von mehr als 5 Millionen Einwohnern, wovon es momentan schon über 50 auf der Erde gibt. Diese Megacities wachsen weit über ihre historische Innenstadt hinaus und bilden Vorstädte aus, die wenn sie allein betrachtet werden, teilweise selbst Millionenstädte sein können. Incheon beispielsweise hat 2,8 Millionen Einwohner und ist statistisch die 3.größte Stadt Südkoreas, liegt aber nur 30km von Seoul entfernt und kann als Trabantenstadt des nochmals ungleich größeren Seouls verstanden werden.

Eine Einordnung eines solchen Ballungsraums findet sich bei Dirk Bronger, der wiederum auf ein Modell von Olaf Boustedt zurück geht und als Stadtregion-Modell bezeichnet wird. Im Mittelpunkt (nicht unbedingt geografisch) liegt die Kernstadt (core city). Bis in die Gegenwart ist sie das funktionale Herz. Hier finden sich nicht nur zahlreiche kulturelle Einrichtungen und administrative Institutionen, sondern auch die Zentralen größerer Unternehmen. Statistisch sind die core citys zumeist mit den administrativen Stadtgrenzen gleichzusetzen, wobei es sich dann um „underboundes cities“ (siehe Anmerkung 1) handeln muss. Historisch gesehen wurden die Grenzen dieser Kernstädte gesprengt, einen Prozess den man Suburbanisierung nennt und der stark vereinfacht heißt, das Menschen aus der Innenstadt hinaus in nah angrenzende Gebiete gezogen sind. Daher schließt sich als nächstes das Ergänzungsgebiet an, dessen Siedlungscharakter sich in struktureller und funktionaler Hinsicht der Kernstadt ähnelt. Sowohl die Kernstadt als auch das Ergänzungsgebiet bilden zusammen das Kerngebiet der Agglomeration der Stadt. Dahinter folgt die verstädterte Zone, die schon eine deutlich aufgelockerte Siedlungsstruktur erkennen lässt, wobei die Bevölkerung hier immer noch insbesondere gewerblich stark vom Kerngebiet beeinflusst ist. Täglich fahren von hier aus die Pendler in die Kernstadt.Dieser Prozess der Suburbanisierung ist historisch nicht allzu alt und setzte als erstes in London um 1900 ein. Verstädterte Zone, Ergänzungsgebiet und Kernstadt bilden zusammen die metropolitane Agglomeration, an deren Ende die Randzone beginnt, in welcher immer noch Pendler leben können, die aber schon eine ländliche Besiedlungsstruktur hat, mit einer sehr geringen Einwohnerdichte insbesondere im Vergleich zur Kernstadt. Bei der historischen Einordnung des beschriebenen Prozess der Ausbreitung der Stadt, spricht Bronger von historischer, interner und externer Suburbaniserung, je nachdem wann und wohin sich das urbane Stadtgebiet ausgeweitet hat.

Urbane Zone

Zusammenfassende Zone

Prozess

Kernstadt

   

Ergänzungsgebiet

Kerngebiet

Historische Suburbanisierung

Verstädterte Zone

Metropolitane Agglomeration

Interne Suburbanisierung

Randzone

Metropolregion

Externe Suburbansierung

Diese Abgrenzung gilt natürlich nur für Großstädte, die Ballungsräume entwickelt haben und machen für Kleinstädte in der Regel keinen Sinn. Gleichzeitig sind auch hier die Grenzen von Stadt zu Stadt, gerade im weltweiten Vergleich immer wieder problematisch zu ziehen. Wo beginnt die verstädterte Zone und wo endet das Ergänzungsgebiet? Wo auch immer man daher eine Stadtgröße definiert, sollte angegeben werden, welche Bezugsfläche man annimmt. Das soll am Beispiel Stuttgart gezeigt werden:
Die Stadt Stuttgart hat 628.032 Einwohner auf einer Fläche von 207km² und ist so die sechstgrößte Stadt Deutschlands. Damit ist das rein administrative Stadtgebiet gemeint. Verlässt man diese relativ klar zu ziehende Grenze wird die genaue Einwohnerzahl undeutlich. Die offiziell nächst größere Einheit wäre die Region Stuttgart, einer Planungsregion welche den Stadtkreis und die fünf umliegenden Landkreise beinhaltet. Dabei handelt es sich um einen regionalen Zusammenschluss der sechs Verwaltungseinheiten, die gemeinsam die Aufgaben der regionalen Raumplanung, Verkehrsplanung und Wirtschaftsförderung übernehmen. Jedoch verliert dieser immerhin 3.653 km² große Bereich erheblich an urbanen Charakter, da er insbesondere in den fünf Landkreisen sehr in den ländlichen Bereich ausfranzt. So hat die kleine Gemeinde Kaiserbach im Osten des Rems-Murr-Kreises nur noch 2.500 Einwohner die sich mit einer Dichte von 89 Einwohner auf den km² verteilen, was in etwa der Bevölkerungsdichte des Landes Brandenburg entspricht. Noch größer ist der Rahmen der Metropolregion Stuttgart, die sich auf über 15.000 km² ausdehnt und rund 5,3 Mio. Einwohner hat. Bei einer Bevölkerungsdichte von 342 Einwohner ist die Metropolregion eher eine theoretische Größe, die für die (wirtschaftliche) Leistungsstärke der Region vielleicht Auskunft geben kann, für die Beschreibung Stuttgarts sicherlich weitaus weniger.
Eine andere Annäherung schlägt die wunderbare Internetseite citypopulation von Thomas Brinkhoff vor. Sie berechnet für Stuttgart lediglich die besiedelten Räume, also nur jene Gebiete die tatsächlich bebaut sind und kommt so für das urbane Gebiet Stuttgart (u. a. mit den Vorstädten Esslingen und Ludwigsburg) auf die Bevölkerungszahl von 1,35 Mio. Dies würde bei Bronger wohl am besten zur Definition des Kerngebietes passen. Nimmt man den Bereich der urbanen Agglomeration, bei Bronger die verstädterte Region, dazu, kommt man auf über 2 Millionen Einwohner. In der folgenden Tabelle werden die Daten zusammen gefasst:

Einheit

Einwohner

Fläche

Einwohner / km²

Stadtkreis Stuttgart

628.032

207 km²

3.029

Region Stuttgart

2.735.425

3.653 km²

749

Metropolregion Stuttgart

5.300.000

15.400 km²

342

Urbanes Gebiet Stuttgart

1.353.500

292 km²

4.633

Urbane Agglomeration Stuttgart

2.333.000

621 km²

3.759

Auffällig ist, dass bei den Berechnungen von citypopulation.de die Einwohnerdichte für die erweiterten Gebiete höher sind als für das reine Stadtgebiet bzw. die Kernstadt. Wer daraus ableitet das in den Vororten eine dichtere Besiedlung herrscht, als in der Kernstadt liegt damit aber nicht (automatisch) richtig. Vielmehr wurden – wie bereits erwähnt nur tatsächlich besiedelte Gebiete in die Berechnung einbezogen. Damit fallen aber die zahlreichen Grünanlagen, größere Parks und Stadtwälder aus den Berechnungen heraus (am Beispiel Dresden wäre dies die immerhin 50 km² große Dresdner Heide oder aber auch der sehr zentral gelegene Große Garten). Dies ist durchaus diskutabel, den größere Parks sind teilweise elementare Bestandteile der Stadt und Orte urbanen Lebens und insofern weit mehr als die „grüne Wiese“. Trotzdem ist mit den letztgenannten Berechnungen am besten angegeben wie die Größe einer Stadt berechnet werden kann, weshalb auch auf tommr.net darauf zurückgegriffen werden soll.

Mehr zum Thema bei:

Dirk Bronger (2016): „Metropolen, Megastädte, Global Cities. Die Metropolisierung der Erde“
Diese Buch gibt einen sehr guten Überblick über das Feld Megastädte und Global Cities und erörtert Fragen angefangen von er Größe der Städte bis hin zu ihrer funktionalen Verflechtung in das staatliche, als auch globale Umfeld. Zahlreiche Statistiken zeigen sehr interessante Fakten auf. Einzig die schreckliche Fehlerhaftigkeit ist sehr störend, (in vielen Tabellen finden sich beispielsweise Tippfehler, gegen Ende des Buches wird das immer schlimmer)

citypopulation.de bietet einen beeindruckenden Blick auf Städte und ihre demographische Größe weltweit.

 

Fußnoten:

1 Schon in den 1950er Jahren hat der Geograph Kingsley David modellhaft drei Typen von Stadtgrenzen und Bevölkerungsstand genannt.
Eine „overbounded city“ ist eine Stadt dessen Grenzen weiter als das städtische Gebiet reichen, als Beispiel würde hier Chongqing gelten. Eine „underbounded city“ ist im Gegenteil eine viel zu eng begrenzte Stadt, deren urbanes Gebiet über die Stadtgrenzen hinausreichen. Dies trifft für einen Großteil insbesondere von Großstädten zu. Ein Idealfall wäre die „truebounded city“, wo die Grenzen der Stadt und des urbanen Raumes gleich sind. Ein annäherndes Beispiel dafür ist das spanische Zaragoza.

2 Polyzentrische Agglomerationen können jedoch ein Wahrnehmungsproblem haben, in der Form das sich niemand als Teil dieser Agglomeration ansieht. Hier wäre zu fragen, ob es überhaupt eine gemeinsame Wahrnehmung als städtisches Gebiet gibt. Im Ruhrgebiet ist dies sicherlich vorhanden.

3 Sowohl Postdam, als auch Alcalá de Henares haben aber eine eigene Geschichte, die unabhängig vom Ballungsgebietsstadt ist, in welcher sie sich jetzt befinden. Im Fall von Alcalá ist diese Geschichte um viele Jahrhunderte älter!

Geschichte von Los Angeles

Every city has it’s boom, but the history of Los Angeles is the history of booms” [Carey Mc Williams]

Am 4. September 1781 gründeten 44 Siedler in der Nähe der franziskanischen Mission San Gabriel die Gemeinde Los Angeles. Tatsächlich war es aber die folgenden Jahre recht einsam im Süden des heutigen Kaliforniens. Auf großen Farmen wurde Landwirtschaft betrieben und es gab etwas Handel mit von der Ostküste der USA kommenden Schiffen. Dem ein oder anderen Seemann muss die Gegend angenehm vorgekommen sein und er sah im wohltemperierten Klima dieses so weit abgelegenen Ortes die Möglichkeit, selbst Geld zu machen. Ein Beispiel dafür ist Abel Stearns, der in den 1820er Jahren aus Massachusetts hier landete und sich schnell zum Katholizismus der damaligen Einwohner bekehren ließ, denn Kalifornien gehörte bis 1848 zu Mexiko (und vor dessen Unabhängigkeit zu Spanien, mehr Details gibt es im Beitrag zur Geschichte Kaliforniens). Stearns ließ ein Warenhaus bauen, eröffnete eine Pferdekutschenverbindung und wurde in den 1840er Jahren Besitzer weiter Landflächen, die er zur Viehzucht nutzte. Der steigende Wohlstand im Norden Kaliforniens, durch den Goldrausch von 1849, erhöhte die Absatzmärkte von Vieh. Der Wirtschaftszweig florierte bis eine große Dürre in den 1860ern abertausende von Tieren dahinraffte und die ursprünglichen Rancheros in große wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte.
Sonst blieb das Örtchen Los Angeles von den Auswirkungen des Goldrausches im Norden des Bundesstaates kaum beeinflusst und hatte bis zu seiner Erlangung des Stadtrechts 1850 nicht mehr als 2.000 Einwohner. Trotzdem trug das seiner Zeit eher unbekannte Städtchen den Beinamen „Höllenstadt“, weil es einer der gefährlichsten Orte der USA war. So soll es im Los Angeles County pro Tag einen Mord gegeben haben und das bei einer Gesamtbevölkerung von 3.600 Einwohnern.
Der Ruf verschlechterte sich noch mit den chinesischen Massakern von 1871, als 20 Chinesen von einem wütenden weißen Mob getötet wurden. Ein rassistischer Hass auf die Chinesen war damals ein weitreichendes Phänomen in Kalifornien, wo es durch die pazifische Anbindung in jeder größeren Ansiedlung auch einige Asiaten gab, die häufig in ihren eigenen Vierteln lebten, wie ab den 1880er Jahren auch in Los Angeles. Das Chinatown befindet sich heute noch etwas nördlich der Innenstadt (für das es aber auch schon eine suburbanisierte Form gibt, das New Chinatown). Der größere Teil der Bevölkerung war über das landesweit Aufmerksamkeit erhaltene Massaker schockiert. Die kriminellen Machenschaften und die Rufschädigung wollte und konnte man nicht auf sich sitzen lassen und so gründete man Einrichtungen, wie das „Rebuild LA Committee“, welche sich für eine bessere urbane Zukunft von Stadt und Region einsetzten. Tatsächlich startete ab den 1880er Jahren ein Boom in Los Angeles. Noch 1880 war die Stadt auf Rang 187 im US-Zensus der größten Städte. Nur 40 Jahre später war es schon die größte Stadt im Westen des Landes. Wie konnte das passieren?

Anders als in San Francisco, in dessen Umgebung man Gold fand, waren schnelle Reichtümer aus der Erde hier nicht zu finden, sieht man von den begrenzten Erzvorkommen im Death Valley ab, das aber erstens weit entfernt war und zweitens bei weitem keine so große wirtschaftliche Strahlkraft hatte, wie das Gold und später das Silber das in San Francisco gehandelt wurde. Der schon angesprochene Niedergang der Vieh-Ranchs ab den 1860er Jahren, führte zu einer Umverteilung der Besitzverhältnisse, die für die weitere Entwicklung nicht unwichtig wurde. Neues Kapital kam aus San Francisco, wo die Besitzer der Silberbergwerke und der neuen transkontinentalen Eisenbahn erheblichen Reichtum angehäuft hatten und den nun ruinierten Weidelandbesitzer ihr Land abkauften. Es stand zur Debatte, was man mit den Landflächen am besten anstellen könnte. Es wurde Schafwirtschaft betrieben und später Weizen angebaut. Auch wenn man damit einige Zeit gute Profite einstrich, war dies keine Boomwirtschaft und die Gewinne waren überschaubar. Es musste sich also etwas ändern.
Die Voraussetzungen für den schnellen Aufstieg der Stadt lagen in der Eisenbahn und dem Bau einer zweiten kontinentalen Eisenbahnverbindung Kaliforniens von Los Angeles aus in Richtung New Orleans. Die Stadt sollte zu einem neuen Verkehrsknotenpunkt werden. Tatsächlich waren die ersten Jahre der Anbindung, keinesfalls als erfolgreich zu bezeichnen. Die lokale Landwirtschaft litt unter billig herangebrachten Produkten aus dem Osten. Die Eisenbahn sah sich in der Verantwortung, die Landwirtschaft in der Region zu stärken, wollte man weiterhin zahlreiche Güter von und nach Los Angeles transportieren und damit Geld machen. Der Anbau von Zitrusfrüchten war eine geeignete Lösung. Sie zog zahlreiche neue Investoren an, welche gleichzeitig den Wert des Landes steigerten. Mindestens ebenso wichtig war, dass man gleichzeitig ein angenehmes Image als mediterranes Paradies aufbauen konnte, wo die Früchte der Sonne wachsen. Daraus konnte wiederum der einsetzende Tourismus der Region gestärkt werden. Mit dem gestiegenen Interesse und sich verteuerndem Land, setze schließlich der Wirtschaftszweig ein, der den Boom in Los Angeles maßgeblich prägte, der Immobilienhandel. Innerhalb der Stadt, angefangen bei der lokalen Zeitung Los Angeles Times, über Banken und Landentwicklungsunternehmen, machten sich wirtschaftliche Akteure daran, ein Image der Stadt zu erschaffen, dass auf den Pfeilern: Sonnenschein und ewig gutes Wetter, keine lästigen Gewerkschaften (entsprechende Gesetze dazu wurden erlassen), sowie der Lebensweise traditioneller (konservativer) Werte abzielte. Das Wesen und die Arbeit der frühen franziskanischen Missionen wurde gepriesen und gefeiert, Südkalifornien und Los Angeles stellten das heile Traumland dar, in Zeiten der Massenverstädterung und des Elends der Arbeiterklasse, war hier eine gesunde Alternative am entstehen. Der Aufbau dieses Images war ein großes Zugpferd für die in Scharen kommenden sogenannten WASPs, weiße Protestanten angelsächsischer Herkunft, welche aus dem Mittleren Westen der USA immigrierten und sich hier ein besseres Leben erhofften.
Die Isolation Kaliforniens des am Rande liegenden Nirgendwo, wurde so allmählich aufgehoben und ersetzt durch das Bild eines reichen und gesunden Südkaliforniens, das noch heute ein Grundpfeiler der kalifornischen Identität ist. Mit Mike Davis, dessen Buch „The City of Quartz“ eine brillante Studie der Stadtgeschichte LAs ist, kann man erstaunt feststellen, dass Los Angeles tatsächlich damals schon eine Imagepflege betrieben hat, wie man sie in den letzten 30 Jahren nur von postindustriellen Städten kennt, die ein (neues) Bild von sich entwerfen müssen (weil die Industriestadt in Nordamerika und Europa ausgedieht hat). In LA tat man das in einer Zeit, als die Stadt noch gar keine Industrie hatte! Schnell wurden neue Städte und Siedlungen gebaut, die sich zu den drei bestehenden Städten Los Angeles, sowie San Buenaventura und San Bernadino zugesellten, wobei klar war das Los Angeles der Kern des neuen urbanen Gebietes war.
Die Landwirtschaft erlebte den erhofften großen Aufschwung und bis zur Jahrhundertwende entwickelte sich Südkalifornien zum ertragreichsten Gebiet der USA. Durch den nicht versiegenden Strom von neuen Siedlern, erhielt die Bodenspekulation auftrieb, ein Geschäftsfeld das von damals bis heute maßgeblich zum Aussehen und zur Ausbreitung des heutigen LAs beigetragen hat. Schon 1860 stellten übrigens Beobachter fest, in der Stadt gebe es eine höhere Dichte an Immobilienmaklern als irgendwo sonst auf der Welt.
Die konjunkturelle Schwächeperiode der 1890er Jahre zeigte die wirtschaftlichen Schwachpunkte der Region auf, die ganz auf Bauwirtschaft und Immobilien gegründet war. Konsequenterweise wurde in deren Folge ab 1900 verstärkt auf ein bisher nicht vorhandenes industrielles Wachstum gesetzt, dessen Beispiel der nordostamerikanische American Manufacturing Belt gab. Bis 1920 wandelte sich Los Angeles so, zur einer Industriestadt, wenngleich noch auf bescheidenem Niveau. Es etablierte sich die Ölindustrie, bedingt durch Ölfunde im Umland, die neu entstehende Filmindustrie, welche im klimatisch vorteilhaften LA perfekte Bedingungen antraf und die Flugzeugindustrie, die vor allem auf private Initiativen von Unternehmern wie der Loughead Brüder (Lockheed) und Donald Douglas entstand.

Von essentieller Wichtigkeit für den weiteren Aufstieg der Stadt war daher das Schaffen geeigneter Infrastruktur. Mit der Fertigstellung des Los Angeles Aqueducts 1913 und weiterer Trinkwasserverbindungen wurde die wachsenden Stadt mit notwendigem Trinkwasser versorgt. Der Ausbau des Hafens war eine weitere Notwendigkeit und so wurde 1907 der Port of Los Angeles eröffnet.
Zum Wachstum der Stadt gehörte das damals überragend dichte Nahverkehrsnetz der „Red Cars“, das eine intensive, aber nur kurze Geschichte hatte, denn keine andere Stadt der Welt erfuhr so zeitig eine massenhafte Automobilisierung wie Los Angeles, die wiederum zu einer kontinuierlichen Abschaffung der gerade erst eingerichteten Straßenbahnen führte, deren Zahl sich von 1924 bis 34 halbierte, während die großen Boulevards, Figeroua, Pico, Western, Olympic, Wilshire und Sunset breit ausgebaut wurden, um die neue Verkehrslast bewältigen zu können. Schon 1925 gab es in keiner anderen amerikanischen Großstadt so viele Autos wie in LA und die Stadt entwickelte sich von da an, zur weltweit massivsten Autofahrerstadt. 1924 zählte man 310.000 Autos, die täglich in die Stadt hineinfuhren und die Kreuzung Adams/Figueroa Street war mit fast 70.000 Fahrzeugen pro Tag, der verkehrsreichste Punkt der USA. Damals kam ein Auto bereits auf 1,6 Einwohner! Eine Rate auf welche die USA insgesamt erst in den 1950er Jahren kommen sollte. 1940 schließlich wurde der Arroyo Seco Parkway eröffnet, der erste Autobahnabschnitt, der Downtown und Pasadena verband und damit den ersten Teil des komplexen und ständig vollen Autobahngewirrs der Region darstellt (heute gibt es in Greater LA mehr Autos als in ganz Russland!).
Tatsächlich führte die Möglichkeit und die breite Nutzung des wachsenden Individualverkehrs zu einer Abwertung der Downtown innerhalb von Los Angeles. Wurden 1920 noch 90% des Einzelhandels hier durchgeführt, sank diese Rate bis 1950 auf lediglich 17%. Die Autostadt LA ist damit fast schon genetisch mit der Suburbanisierung und ihrer ständig weiteren Dezentralisierung verbunden. Mit dem Bedeutungsverlust der Downtown folgte der Aufstieg der Westside, die sich als Zentrum einer neuen städtischen Elite der Filmwirtschaft etablierte.

Die Migrationströme die sich sich in Los Angeles ansiedelten bekamen im Laufe der Jahre neue Quellen. Mexikanier, aber auch Japaner und Süd- bzw. Osteuropäer immigrierten in die bis dato fast ausschließlich von WASP dominierte Stadt (Indianer spielten schon lange keine Rolle mehr). Los Angeles entwickelte sich zu einem multi-ethnischen Schmelztiegel an der Westküste, der aber mit scharfen ethnischen Separierungen einherging. Tatsächlich waren diese Separierungen ein Ergebnis der Immobilienindustrie. Es waren insbesondere weiße Hausbesitzer, die sich in eigenen „Communities“ versammelten, die darauf bedacht waren, dass der Preis für Grund und Boden wertvoll blieb, was augenschienlich heißen musste, dass nur andere Weiße als geeignete Nachbarn akzeptiert waren. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildeten sich Eigentümergemeinschaften, denen nicht nur darum ging Verbesserungen in und für die Nachbarschaft zu erzielen, sondern vor allem auch darum Nicht-Weiße oder Latinos aus ihrem Gebiet herauszuhalten.
Durch die schon erwähnte Dezentralisierung LAs wurde aus dem Wachstum der Stadt, dass Wachstum des Umlands von Los Angeles, wo schon in den ersten zwei Dekaden des 20.Jahrhunderts 40 neue Städte gegründet wurden, die sich polyzentrisch um die Stadt verteilten. Damals war dies noch zum Großteil dem Auffinden von Ölvorkommen geschuldet. Das Ergebnis das schon in jener Zeit zu Tage trat, lässt sich in den Worten von Edward W.Soja und Allen J. Scott folgendermaßen beschreiben: „Die Ölraffinerie, das Automobil, der Flughafen, das Filmstudio, die Gemeinden an den Stränden und in den Bergen, die Arbeitersiedlungen der Immigranten, das Industriegebiet und der Allzwecktourismus – sie alle spannten die Stadt gleichsam auf und ließen damit eine umfassende Pluralität urbaner Orte und Erfahrungen entstehen“ (aus: Schwentker; S. 288).
Die Stadt Los Angeles gemeindete ab den 1920er Jahren zahlreiche umliegende Gebiete (wie bspw. Venice oder Watts) ein und erhielt so ihre heutige Form. Einige Gemeinden konnten sich jedoch ihre Eigenständigkeit erhalten, so wie Beverly Hills und Santa Monica, was den etwas eigenwilligen Grundriss der Kernstadt in der heute riesig ausfransenden urbanen Agglomeration Los Angeles ausmacht. Den flächenmäßig größten Zuwachs machte die Stadt aber schon 1915, als es das San Fernando Valley kaufte und damit ihre Größe verdoppeln konnte. Zum Zeitpunkt des Kaufs noch ein übersichtliches Gebiet mit Farmen, wurde das Tal besonders nach dem 2. Weltkrieg zu einem der zentralen Baustellen des neuen „LA suburbia“ mit ihren typischen Einfamilienhäusern, kleinem Garten und Pool, breiten Boulevards und Einkaufszentren.
Der Wachstumsboom setzte aber bereits in den 1920er Jahren ein, als außergewöhnlicher Bevölkerungsschub Los Angeles erfasste. Die Bevölkerung des LA Countys verdoppelte sich von einer auf zwei Millionen Menschen in dieser Dekade, in welcher Los Angeles 1928 zum ersten Mal Ausrichter von Olympischen Spielen wurde. Auch wenn die Große Depression ab 1929 den Zuzug milderte, verschwand er in den 1930er Jahren nicht. Bis 1940 wurde bereits der komplette Südwesten des LA Countys (das LA County hat eine Größe von 12.308 km², das entspricht fast 80% des Landes Schleswig-Holsteins) besiedelt. Insbesondere Industriearbeiter zogen in die Region, in welchem der sekundäre Wirtschaftssektor das gleiche Wachstum erreichte, wie das in jenen Jahren noch expandierende Detroit. 1935 war Los Angeles die fünftgrößte Industrieregion in der USA, ein Fakt, den man mit der Stadt bis heute eigentlich gar nicht verbindet. Neben den Produzenten der Träume in Hollywood (deren tatsächliches Arbeitskraftpotential nicht zu überschätzen ist), der Ölindustrie und dem Flugzeugbau waren ebenfalls die Zulieferindustrie für Fahrzeuge, der Reifenbau, die Möbelherstellung und die Kleidungsindustrie große hier ansässige Branchen. Die neuen und zumeist billigen Industriearbeitsplätze wurden zum Teil auch von der „dust bowl“ Migrationen besetzt, den sogenannten Okies, welche aber hauptsächlich ins Great Valley zogen, oder aber von ausländischen Immigranten und schwarzen Amerikanern.
Der 2. Weltkrieg und die einsetzende Kriegsproduktion führten zu einem erneuten kräftigen Wachstum. Man kann davon sprechen das Los Angeles eine ganz eigene Form des Keynesianismus bekam, denn staatliche Militärausgaben wurden im großen Maße in Südkalifornien investiert (und somit die Region quasi vom Bundesstaat subventioniert). Militärbasen und die Luftfahrtindustrie entwickelten sich zu blühenden Wirtschaftszweigen, die noch bis weit nach dem 2. Weltkrieg die Wirtschaft ankurbelten und in deren Nachgang zum Aufstieg der Raumfahrtindustrie führte. Dieser neue industrielle Schub beflügelte natürlich auch den weiteren Ausbau der Stadt und damit auch das Kerngewerbe der Stadt, den Immobilienboom.
Bis 1970 wuchs nicht nur das Los Angeles County von drei auf sieben Millionen Einwohnern an, sondern auch die schon darüber hinausgewachsene Agglomeration von Vorstädten breitete sich auf andere benachbarte Countys aus. Insbesondere das südlich gelegene Orange-County verzehnfachte seine Einwohnerzahl in diesen drei Dekaden auf 1,4 Millionen Einwohner. Los Angeles erlebte eine Suburbansierung, daher eine sich in der Fläche ausbreitende Verstädterung die das städtische Kerngebiet räumlich weit hinter sich lässt, wie sie in dieser Form niemals vorher auftauchte. Der Häuserbau ging quasi durch die Decke (wobei man dies eher horizontal sehen müsste). Allein im San Fernando Valley entstanden 1947 über 10.000 neue Wohnhäuser. Hier machte sich der Unternehmer Henry J. Kaiser einen Namen und ein Vermögen, als er preiswerte Fertighäuser vielen, von staatlichen Programmen begünstigten, Kriegsveteranen verkaufen konnte. Das 1950 begonnene Lakewood, östlich von Long Beach war eine nur innerhalb von drei Jahren entstandene Mustersiedlung der Suburbanisierung auf der 17.500 Häuser für 57.000 neue Einwohner entstanden.

Los Angeles schien die Träume aller Immobilien-Käuferschichten erfüllen zu können, ausgenommen vielleicht man gehörte einer der großen Minderheiten an, wie den Mexikanern oder Schwarzen. Diese lebten zunehmend abgekapselt in ihren eigenen Vierteln, wie beispielsweise in East Los Angeles, in dem noch heute 87% der 124.000 Einwohner sich zur ethnischen Gruppe der Latinos zählen (ein interessanter Fakt ist, das East LA eine unincorporated area ist, also ein gemeindefreies Gebiet, dass sich nicht selbst verwalten darf). Wie schon erwähnt, war es nicht einfach möglich für Minderheiten sich in rein Weißen Gebieten anzusiedeln, da diese Mittel und Methoden (auch die Zuhilfenahme des Ku Klux Klans) wählten, um möglichst die Reinheit (in rassischer Sichtweise) und damit die finanzielle Attraktivität ihres Viertels zu bewahren.
Diese Spannungen bleiben nicht ohne Konflikte. Schon 1943 kam es zu den Zoot Suit Unruhen, zwischen in LA stationierten Soldaten und zumeist mexikanisch-stämmigen Jugendlichen. Seit der Zeit des 2.Weltkriegs zogen in einem bisher in dieser Größenordnungen nicht gekannten Ausmaß schwarze Amerikaner nach Los Angeles, da sie hier, beispielsweise in der Luft- und Verteidigungsindustrie, nicht von Rassendiskriminierung betroffen waren. Rund 600.000 Afro-Amerikaner siedelten sich in der Wachstumsmaschine Los Angeles an, wo es für die nicht-Weißen Neuankömmlinge jedoch räumlich immer weniger Platz gab. Sie zogen meistens nach South Central LA, wo viele weiße Siedler daraufhin ihre Wohnquartiere aufgaben und in die gerade nach dem 2.Weltkrieg wie Pilze aus den Boden schießenden Vororten umzusiedeln.
Die Gestaltung der Stadt obliegt somit zunehmend den Besitzern von Wohneinheiten (aber keinesfalls den wenngleich nicht zahlreichen Mietern), welche für die Verbreitung des sich ausufernden Großraums LA verantwortlich sind. Die immer weiter in die Fläche hinauswachsende Stadt wird zu dem Markenzeichen des Großraums Los Angeles. Den neuen Hausbesitzern wird administrativ dazu der Weg geebnet, indem neue Vorort-Ansiedlungen steuerlich besser gestellt wurden, als größere städtische Verwaltungseinheiten. Das führte wiederum zu einem weiteren Entstehen und Auswachsen neuer Siedlungen im Großraum Los Angeles, während die Kernstadt potentiell kräftige Steuerzahler an diese neuen, sogenannten „minimal cities“ im Umland verlor und gleichzeitig mit finanziell schwächeren Gruppen bzw. niedrigeren Steuerzahlern zurückblieb. Ein weiterer Effekt dieser Entwicklung war die Manifestierung einer Ideologie des Anti-Bürokratismus und des Anti-Wohlfahrtstaates, die besonders von den Wohneigentumsgemeinschaften getragen wurde, denen es um die Maximierung der lokalen Vorteile ging. Dies trieb letztendlich auch die Segmentierung der urbanen Landschaft voran und ließ eine Bevölkerung in der Kernstadt zurück, die allerdings wiederum immer stärker auf öffentliche Funktionen angewiesen war.
Ein weiterer Faktor für die Zersiedlung der Stadtregion war die zunehmende Bedeutung der Hochtechnologie, wie der Elektrotechnik, die sich geografisch vom zentralen Industriekern der Stadt entfernte und sich beispielsweise im Orange County ansiedelte, wo wiederum zumeist Weiße Arbeitskräfte wohnten. Diese Trennung der Ethnien wurde (und ist) für Los Angeles zu einem Dauerproblem. Ein weiteres Beispiel lässt sich 1965 bei den Watts Rebellion aufzeigen, den bis dato gewalttätigsten städtischen Aufruhr in der US-Geschichte mit 34 Toten und über 1.000 Verletzten in sechs Tagen Ausnahmezustand.
Der Boom der Region LA schwächte sich in den 1970er Jahren etwas ab. Weitere Zuwächse gab es nun weniger in der Stadt Los Angeles oder im County, als mehr in den benachbarten Countys, weshalb Soja und Scott vom Übergang „einer Phase der großflächigen Suburbanisierung der Stadt zu einer Periode der breit angelegten Suburbanisierung der gesamten Region“ (S. 294) sprechen. Gelegentlich wird dieser Prozess als „Posturbanisierung“ bezeichnet. Was auch immer man für einen Begriffe gebraucht, einzigartig an der Entwicklung von Los Angeles ist nicht der Fakt, dass der Großraum sich zu einer Megacity entwickelte, sondern das dieses massive Wachstum auch nach 1960 nicht verschwand. Los Angeles wurde zur letzten boomenden Mega-City der voll industrialisierten Welt der USA oder Europas, wo städtische Großräume nur noch langsam weiter wuchsen oder sogar wieder abnahmen (freilich im Gegensatz zu den neuen Boomstädten in Asien oder Lateinamerika, die von da an erst zu boomen begannen und in Anzahl und Einwohnerzahl der 1.Welt heute den Rang abgelaufen haben).
In der Innenstadt, der Downtown von Los Angeles, kam es ab den 1970er Jahren zu einer Neugestaltung, im bis dahin nicht wirklich als Kern der Stadt empfunden Bereich. Neue ökonomische Branchen wie Versicherungen oder die Finanzwirtschaft investierten in einem Hochhausboom in Downtown. Die Stadt bekam in wenigen Jahrzehnten die größte und höchste Skyline der Westküste. Parallel dazu entstand an der Westside, dem alternativen Stadtzentrum ein weiterer Verdichtungsraum aus Hochhäusern, die Century City (das auf dem ehemaligen Außenstudiogelände der 20 Century Fox Filmstudios gebaut wurde). Die 1980er Jahre, in welchem die Stadt ein zweites Mal die Olympischen Sommerspiele ausrichten durfte (allerdings bewarb sich für die Spiele seinerzeit auch niemand anderes, weil es ein sehr unsicheres finanzielles Unterfangen war, weshalb man bei den Spiele von 1984 erstmals massiv auf eine Kommerzialisierung des Ereignisses abzielte), waren geprägt von einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung, obwohl Jobs in der Industrie im Niedergang waren. Es verstärkte sich der Trend der Separierung zwischen einem gut bezahlten und hochqualifizierten Arbeitsmarkt und der rasant anwachsenden Gruppe von Niedriglohnjobs. In diesen fanden sich Mexikaner wieder, insbesondere sogenannte „Illegale“, daher Menschen, die ohne gültige Papiere eingewandert sind. Der wirklich lesenswerte Roman „America“ von T.C. Boyle erzählt recht eindrucksvoll vom Leben in LA in den 1990er Jahren und der Frage der illegalen Einwanderung und Migration. Zweifellos ist die Migrationswelle in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch vielfältiger geworden, als je zuvor und macht Los Angeles heute zu einer, wenn nicht der, ethnisch vielfältigsten Metropolen der Welt. Waren 1970 noch 70% der Einwohner angelsächsischer Herkunft, so waren es 1990 bereits 60% nicht-angelsächsischer Herkunft. Dabei spielt gleichfalls die Zuwanderung aus Asien eine Rolle, die rund 10% der Einwohner im LA County stellen, während in den letzten Jahrzehnten aber eine Re-Latinisierung (es darf nicht vergessen werden, dass die ersten Einwohner der Stadt bekanntlich Spanier und dann Mexikaner waren) maßgeblich für die Veränderung von Los Angeles ist, mit einem gewaltigen Anteil an neuen Einwohnern aus Mexiko und weiteren Ländern Lateinamerikas.
Das Bild der Stadt in den letzten dreißig Jahren ist jedoch nicht wirklich immer ein Glanzvolles gewesen. Der immer noch zunehmenden Autoverkehr führte schon seit den 1970er Jahren zu Problemen mit Smog, neben dem fast endlosen Staus der Stadt (in keiner Stadt der Welt steht man häufiger als in LA). Deshalb investiert man seit den 1990er Jahren wieder verstärkt in den schienenbezogenen Nahverkehr mit dem Bau eines neuen Stadt- bzw. U-Bahnsystems. Obwohl dabei viele Milliarden Dollar investiert wurden, ist der Erfolg überschaubar. Zum einen liegt dies daran, dass ein Untergrundbahnsystem in einem Erdbeben gefährdeten Gebiet äußerst kostenintensiv ist, zum anderen aber auch an der starken Zersiedlung des Stadtgebiets und dem damit verbundenen Umstand das nicht nur lange Distanzen zurückgelegt bzw. gebaut werden müssen, sondern auch das Haltestellen zu Fuß in einer ausgetretenen Siedlungsstruktur einen geringeren Einzugsbereich haben.
Gleichfalls sind es soziale Konflikte, die in Los Angeles immer wieder hochkochen, wie bei den Unruhen von 1992. Auslöser, dieser wiederum größten Rassenunruhen in der Geschichte der USA, war der Freispruch von vier (weißen) Polizisten, die den Afroamerikaner Rodney King auf offener Straße misshandelten und dabei gefilmt wurden. Nach dem als skandalös empfundenen Urteil kam es vom 29.April bis zum 2.Mai zu solch gewalttätigen Ausschreitungen, dass 53 Menschen dabei starben und weit über 2.000 verletzt wurden.
Ein weiteres Problemfeld der Stadt ist die hohe Bandenkriminalität, die einige Stadtteile – insbesondere nachts – zu einer wenig empfehlenswerten Destination machen. So ist zum Beispiel die Mordrate in Compton sechsmal höher, als die des Bundesdurchschnitts der USA (die bekannterweise auch nicht die niedrigste der Welt ist).
Trotzdem etabliert sich Los Angeles im 21. Jahrhundert als Wirtschafts- und Kulturstandort nicht nur der Westküste der USA, sondern im verstärkten Maße auch im pazifischen Maßstab. Während Disneyland oder die Filmstudios immer noch die großen Magneten für Besucher sind, etablieren sich Museen und Galerien, nicht nur in der Westside, sondern auch in Downtown. Auch wenn die Stadt versucht sich herauszuputzen, so wie bei der Walt Disney Concert Hall, bleibt Los Angeles keine wirklich schöne Stadt, aber der kurze Blick in die Geschichte hat gezeigt, dass sie eine wahrlich spannende City ist und wohl auch bleiben wird.

Empfohlene Literatur:

Davis, Mike „City of Quartz“; 1992

Edward W.Soja und Allen J. Scott „Los Angeles 1870 – 1990“, in: Wolfgang Schwentker (Hrsg.) „Megastädte im 20. Jahrhundert“; 2006

urban facts Los Angeles

Allgemeine Daten:

Einwohner (Ballungsraum)

Stadtgebiet: 3.976.322 (2016)
Metro Area: 12.828.837

Einwohnerentwicklung

Stadt +4,8% (2010-2016)
Metro Area: +3,7% (2000-2010)

Fläche

Stadt: 1.302 km² (davon 1.214km² Land und 88 km² Wasser)
Metro Area: 12.562 km²

Bevölkerungsdichte

Stadt: 3.275 Einw./km²
Metro Area: 1.025 Einw/km²

Koordinaten

34°03´N
118°15´W

Geographische Höhe

93m
tiefster Punkt: 0m
höchster Punkt: 1.547m (Mt. Lukens) jeweils im Stadtgebiet

Niederschlagsmenge /Regentage / Sonnenstunden pro Jahr

379 mm / 35,7 / 3254

Fluss

Los Angeles River (mündet hier nach 77km in den Pazifik)

Infrastruktur:

Bürgermeister

Eric Garcetti (seit 2013, Demokrat)

Verwaltungstechnische Bedeutung

Charter City

Anzahl Besucher im Jahr

42,9 Mio. im LA County (2016)

Platz in der Mercer-Studie

58. (2017)

Global City Status

Alpha (3. höchste Kategorie)

Flughafen

Los Angeles International Airport (LAX; eröffnet 1937; 80,9 Mio; PAX 2016; 2.größter Flughafen USA; 4. größter weltweit ; 4 Landebahnen, 9 Terminals; 20km SW der Innenstadt)

ÖPNV

Metro: 6 Linien (2 U- 4 S-Bahn) auf 137km mit 80 Stationen, eröffnet 1990 (U-Bahn 1993)
Bus: 191 Linien auf 2306km Linienlänge (3 Arten: Metro Local – Orange, Metro Rapid – Rot, Metro Express – Blau)

ÖPNV Eigentümlichkeiten

LA hatte ab 1873 bereits eine erste Pferdebahn und in den 1930er Jahren ein großes Straßenbahnnetz mit rund 1.900km Liniennetz, 1963 komplett stillgelegt bedingt auch durch großen amerikanischen Straßenbahnskandal

Entfernung nach…

San Diego LL: 180km (Auto: 1h50min; Bahn: 3h)
San Francisco LL: 560km (Auto: 5h 45min; Bus: 7h45min)
Chicago LL: 2800km (Auto: 29h, Bus: 43h)
New York LL: 3940km (Auto: 40h, Bus: 66h)

Kultur / Geschichte:

Anzahl Universitäten

3 staatliche Unis:
California State University Los Angeles (CSULA; gegründet: 1947; 21.000 Studenten)
California State University Northridge (CSUN; gegründet 1958; 33.000 Studenten)
University of California, Los Angeles (UCLA; gegründet: 1919; 43.000 Studenten)
privat (Auswahl):
University of Southern California (USC; gegründet 1880; 36.000 Studenten)
Loyola Marymount University (LMU; gegründet: 1911; 8.800 Studenten)

Anzahl Museen

99 allein in City of LA + 133 im LA County

Sportvereine der Stadt

Football:
LA Rams: gegründet 1937 in Cleveland, von 1946-94 in LA, dann in St.Louis, seit 2016 wieder in LA; 1x Superbowl Sieger (99); Ø-Zuschauer: 59.379 (nach 4 Heimspielen 2017) @ LA Memorial Coliseum (93.607)
LA Chargers: gegründet 1960 in LA, von 1961 bis 2016 in San Diego, seit 2017 wieder in LA; 1x runner up im Superball 1994; Ø-Zuschauer: 25.308 (nach 5 Heimspielen 2017) @ StubHub Center (27.000)
ab 2020 spielen beiden Mannschaften im neuen Football Stadion in Inglewood
Basketball:
LA Lakers: gegründet 1946 als Detriot Gems, von 47-59 in Minneapolis, seit 1960 in LA, 16 Meisterschaften, Ø-Zuschauer (2016-17): 18.949 @ Staples Center (19.060)
LA Clippers: gegründet 1970 als Buffalo Braves, 1978-84 San Diego Clippers und seit 1985 in LA, Ø-Zuschauer: 19.088 (16/17) @ Staples Center (19.060)
Eishockey:
LA Kings: gegründet 1966 in LA; 2x Stanley Cup Sieger, Ø-Zuschauer (16/17): 18.204 @ Staples Center (18.118)
Anaheim Ducks: gegründet 1993: 1x Stanley Cup Sieger; Ø-Zuschauer (16/17): 15.942 @ Honda Center (17.147)
Baseball: LA Dodgers: gegründet 1883 als Brooklyn Atlantics, seit 1932 Brooklyn Dodgers, 1958 Umzug nach LA; 6x WorldSeries Sieger, Ø-Zuschauer (2017): 46.492 (bei 81 Heimspielen!) @ Dodger Stadium (56.000)
Fußball: LA Galaxy: gegründet 1995, 1x CONCACAF CL Sieger, 5x Meister, 2x Pokalsieger; Ø-Zuschauer (2017): 22.246 @ Stub Hub Center

Tageszeitung der Stadt (Auflage)

LA Times (Erstausgabe: 1881; Auflage: 629.000 Mo-Sa; 945.000 So)

Erste urkundliche Erwähnung

4.9.1781

Gegründet von:

(Neu-)Spanier

Großstadt seit

1900

Meisten Einwohner im Jahr

heute

City Branding

LA, City of Angels, La La Land, City of Flowers and Sunshine, The Big Orange, Southland

Wirtschaft / Attraktivität:

Sehenswürdigkeit Nr.1

Hollywood

Architektonisches Highlight

Wal Disney Concert Hall

Prachtstraße

Rodeo Drive

Höchstes Gebäude

Wilshere Grand Center (334m)

Meist fotografierte Gebäude

Downtown LA

Konzernzentralen von

Unterhaltungsindustrie:
20 Century Fox, Dreamworks, Paramount Pictures, The Walt Disney Company, Warner Bros.
Weitere Konzerne:
Mattel (Spielzeug), Unocal (Petrochemie),

Anzahl Pendler

471.000 pendeln ins LA County täglich ein (2013)

Straftaten auf 100.000 Einwohner

408 (Gewaltverbrechen) dabei 6,7 Morde; 2269 (Diebstahl) auf je 100.000 Einwohner (2013)

Verfügbares Einkommen im Haushalt

64.300 $

Arbeitslosenquote

8 %

Bevölkerungsentwicklung:

1781

1800

1820

1836

1850

1870

1880

1890

1900

1910

44

315

650

2.228

1.610

5.728

11.183

50.395

102.479

319.198

1920

1930

1940

1950

1960

1980

1990

2000

2010

576.673

1.238.043

1.504.277

1.970.358

2.479.015

2.966.850

3.485.557

3.694.820

3.792.621

 

Los Angeles

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Nein, Los Angeles ist keine wirklich schöne Stadt. Vielleicht liegt dies daran das sie eine Größe erreicht hat, die nur schwer zu überschauen ist, vielleicht auch daran, dass sie dadurch fast schon zwangsläufig zu einer Autostadt geworden ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Downtown so isoliert in der riesigen Fläche von LA – wie man gemein hin sagt – liegt, dass man nicht das Gefühl hat im Kern der Stadt zu sein, sondern nur auf einem anderen irgendwie hingeklatschten Stückchen Erde zu sein. Los Angeles wirkt eher wie eine Stadt der vielen Städte und tatsächlich macht das dieses Moloch, diesen urbanen Großraum, die Megacity, die Weltstadt, zu einem unglaublich interessanten Ort, der eine kurze Geschichte hat, die immer nur eine Richtung kannte, den Boom.

Los Angeles großes Plus ist die Vielfältigkeit. Hier stehen die Traumfabriken von Hollywood, mit ihren Bilderwelten, die den ganzen Globus unterhalten. Die Stadt ist vielleicht der Größte Schmelztiegel aller Ethnien, den auf der Welt gibt. Insgesamt 224 Sprachen sprechen die Einwohner der Stadt. Mit bis zu 17 Millionen Einwohnern (je nachdem wo man die Grenzen des riesigen Ballungsraums zieht) ist Los Angeles vielleicht die flächenmäßig größte Megacity der Welt. Die Stadt war die erste Autofahrerstadt auf dem Globus und hält auch heute noch den wenig schmeichelhaften Titel der staureichsten City auf dem Planeten. Es gehört quasi zur DNA der Stadt, das Auto benutzen zu müssen, was nicht so sehr mit der Lauffaulheit der Angelenos zu begründen ist (ganz im Gegenteil, im Schatten von Hollywood herrscht ein großer Körperkult), sondern weil es strukturell einfach anders kaum geht. Die zahlreichen Stadtteile und Städte reihen sich aneinander und sind so vielfältig, dass sie nicht anders erreicht werden können (außer man bringt sehr viel Zeit und mancher Orts auch Mut mit). In der Stadt der vielen Städte kann man dann jedoch die unterschiedlichsten Gesichter treffen. Während sich am Hollywood Boulevard die trink- und feierwütigen Touristen treffen, kann man in Melrose nette Bars und Kneipen finden, man kann in die Parallelgesellschaften von Beverly Hills im Rodeo Drive abtauchen (sehr reich), oder in Watts (sehr arm) besorgt nach rechts und links schauen, um nicht – aus europäischer Sichtweise – in ein noch übler aussehenden Straßenzug zu gelangen. In Downtown kann man unter den Wolkenkratzern entlang spazieren, nur um sich wenige Blocks weiter zwischen so vielen Obdachlosen wieder zu finden, dass man erstaunt ist nur 5 Minuten und nicht 5 Stunden gelaufen zu sein. Während der Reichtum der Stadt, wie in Bel Air gern hinter den höchsten Hecken der Welt versteckt, ist die Armut der Stadt viel schneller zu sehen.

Los Angeles, Kalifornien, der Magnet für Millionen – wird wohl nie zu den schönen Städten zählen, immer aber zu den Interessanten.

Geschichte San Franciscos

Vorgeschichte: Indianer, Forts und Missionen

Städte an der amerikanischen Westküste haben immer eine – im europäischen Vergleich – sehr kurze Geschichte, allerdings kann man am Beispiel San Franciscos gut beobachten, wie reichhaltig, vielfältig und sprunghaft auch eine Stadthistorie sein kann, die gerade erst einmal rund 170 Jahre hinter sich gebracht hat. Dabei sind die Anfänge menschlichen Lebens in dieser Gegend natürlich weitaus älter. Vor rund 5000 Jahren siedelten hier der Indianerstamm der Ohlone. Da die Gegenden reich an natürlichen Nahrungsquellen waren standen die Einwohner unter keinem großen Druck sich zivilisatorisch weiter zu entwickeln und so hatten sie keine festen Siedlungen gebaut, als zum ersten Mal Europäer in diesen Teil der Welt vordrangen. Einer der ersten war Francis Drake, der britische Weltumsegler und Pirat, welcher auf der von ehemals fünf Schiffen einzig verbliebenen „Golden Hind“ die Welt umrundete und wohl nördlich der Einfahrt zum Golden Gate Station machte. Tatsächlich war es ihm, wie vielen weiteren Seefahrern in seiner Nachfolge, entgangen, dass es einen schmalen Zugang zu einer weiten Bucht gab, einem der wohl besten Naturhäfen der Welt, dessen größter Nachteil es war, lange nicht entdeckt worden zu sein und die heute den Namen San Francisco Bay trägt.

Es war erst das Missionswesen der in diesem Teil der Neuen Welt umher zivilisierenden Spanier, welche die Bucht erstmals wahrnahmen und das auch erst, nachdem sie schon rund 200 Jahre lang mehr oder besser zumeist weniger intensiv an den Küsten Kaliforniens segelten. Tatsächlich wurden ab 1769 Missionen in Alta California (übersetzt das „obere Kalifornien“, der heutige zur USA gehörende Bundestaat, „Niederkalifornien“ gehört zu Mexiko) gegründet, welche nicht nur dafür da waren, dass der katholische Glauben sich entlang des Pazifiks ausbreiten konnte, sondern mit denen der spanische Besitzanspruch auf das ungenutzte Land verdeutlicht werden sollte. Im Zuge der Etablierung eines Netzes aus etwa einem Tagesmarsch entfernten Missionen wurde 1776 der ersten Außenposten an der Bucht von San Francisco erbaut, wobei man sich auf der sandigen Spitze der Halbinsel niederließ, die heute das Stadtgebiet von San Francisco ausmacht. Unter Leitung von Juan Bautista de Anza wurde ein Presidio erbaut, dessen Nachfolger heute das Fort Point unter der Golden Gate Brücke ist. Drei Meilen südlich davon wurde eine Mission errichtet. Der Begründer des kalifornischen Missionswesens, Junipero Serra, plante sie nach Heiligen zu bennen, so bekam diese Einrichtung den Namen des Heiligen Franzi von Assisi. Als mit der San Carlos, erstmals ein Schiff durch das Golden Gate fuhr, und das benötigte Baumaterial brachte, konnte am 17. September 1776 das Presidio eingeweiht werden. Drei Wochen später folgte die Mission.

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Die ersten Jahrzehnte in diesem damals entlegenen Winkel der Welt, müssen langweilig und einsam gewesen sein und schon gegen Ende des 18.Jahrhunderts war Berichten zufolge das Fort in einem heruntergekommen und erbärmlichen Zustand. Auch die Zusammenarbeit von Fort und Mission war wohl häufig von Unwägbarkeiten geprägt und insbesondere die Soldaten beschwerten sich darüber, dass ihre Versorgung durch die Mission alles andere als zufriedenstellend war. An dieser Situation änderte sich auch nicht viel, als Mexiko seine Unabhängigkeit erklärte und Kalifornien nun zum neu entstanden Staat gehörten. Seit 1824 Republik, hatte das neue Land kaum Ressourcen das Gebiet wirklich zu besiedeln und in die eigene Infrastruktur aufzunehmen. Eine einigermaßen wirksame Strategie war die Verteilung von Land an Farmer und Rancher, die Viehwirtschaft betrieben. Dadurch entstand ein kleiner Handelsplatz in der Bucht von San Francisco, die ihren Namen nach dem Titel der Mission erhielt. Der Warenaustausch folgte dem Prinzip des hide an tallow trade. Da es zu damaliger Zeit mehr Rinder gab, als die relativ kleine Bevölkerung essen konnte, gleichzeitig aber ein Mangel an anderen Waren vorlag, sogar an einer Zahlungseinheit, wurde das Fell des Rindes als Währung benutzt. Eine sehr hübsche Anekdote darüber stammt vom Presidio von Monterey, dem damals wichtigsten Ort Kaliforniens. Da selbst hier das Kanonenpulver so knapp war, soll es vorgekommen sein, das einkommenden Schiffen erst Schießpulver abgekauft werden musste, bevor man diese mit Kanonen-Salut offiziell begrüßen konnte. Sogar Richter konnten Geldstrafen in Formen von Rinderfällen aussprechen.
Schon damals wurde jedoch den Ersten bewusst, dass Kalifornien Potential haben könnte und wenn, dann würde es in der Bucht von San Francisco sein, dessen Herz und Mittelpunkt sie darstellte. Hier entwickelte sich seit den 1830er Jahren der kleine Hafen von Yerba Buena zu einem Anlaufpunkt, der am nordöstlichen Ende der Halbinsel entstanden war. Der englische Walfänger William Richardson war wohl der erste Bewohner von Yerba Buena, als er hier 1835 das erste Haus baute. Nachdem er die Tochter des Kommandanten des hiesigen Presidios ehelichte, wurde er Mexikaner. Bald darauf, zu etwas Wohlstand durch Fährtätigkeiten auf der Bucht gekommen, ließ er ein zweites Haus bauen, die Casa Grande, die heute der ältesten Straße der Stadt, der Grant Street ihren Namen gab. In den folgenden Jahren kamen einige weitere Häuser dazu und eine kleine Siedlung entwickelte sich, die sich allerdings keinerlei Schönheit rühmen konnte. Hütten und Adobehäuser gaben mit der Zeit mehreren hundert Menschen Platz zum wohnen. Die Einwohner jener Tage, die „Old Saw“ waren ein Gemisch aus Mexikanern, Amerikanern, Indianern, Holländern, Hawaiianern und Spaniern. Jeder ging seinen mehr oder meist weniger legalen Geschäften nach und Yerba Buena war eine Ansammlung an Betrügern, Vagabunden, Exzentrikern und Hedonisten, vor allem aber Händlern, während sich an den Gefilden der Bucht die durch Viehwirtschaft reich gewordenen mexikanisch-spanischen Familien, die „Caballeros“ niederließen. Diese wenigen Familien lebten durch die Arbeit ihrer Knechte und spannten ein enges soziales Netz untereinander. Diese Familien stellten mit einigem Missfallen fest, dass es immer mehr Amerikaner waren, die aus dem Osten in ihr Gebiet einwanderten. Man beschloss sie, mit Billigung des mexikanischen Staates, zu benachteiligen. Doch in dem dünn besiedelten Landstrich ließen sich trotzdem immer mehr Yankees nieder und schon bald kippte die Stimmung und es kamen Forderungen auf, die sich ein von Mexiko unabhängiges Territoriums wünschten, dass lieber zur USA gehören sollte.
1846 erreichten 70 Soldaten des Kriegsschiffs Portssmith Yerba Buena und eroberten kampflos die Siedlung für die USA. Es sollten noch zwei Jahre vergehen bis der amerikanisch-mexikanische Krieg mit dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo beendet wurde und ein riesiges Gebiet, das unter anderem den heutigen Bundesstaat Kalifornien umfasste, von Mexiko an die USA übergeben wurde.
Dem damaligen Ortvorsteher von Yerba Buena Lt. Washington A. Bartlett, ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Stadtgeschichte zu verdanken. Am 30. Januar 1847 ließ er die Siedlung Yerba Buena in San Francisco umbenennen und erhoffte sich damit einen Popularitätsgewinn des Ortes, war doch die breite Bucht gleichen Namens schon überregional bekannt. Viel schneller als erwartet sollte San Francisco zu einem Zentrum werden, nicht nur der Bucht oder Kaliforniens, sondern sogar des gesamten neuen Westens der USA, doch am neuen Namen lag dies weniger.

Der Goldrausch und San Franciscos kometenhafter Aufstieg

Schon die ersten Europäer, die nach Amerika kamen, verband der Traum vom Ort mit unendlichen Goldschätzen und der damit verbundenen Suche nach dem El Dorado. Es war 1849, als dieses sagenumwobene Glücksversprechen gültig wurde, als unweit von San Francisco Gold gefunden wurde (unweit in den Maßstäben des riesigen Landes, der Ort des ersten Fundes liegt 115 Meilen von der Stadt entfernt). Die Aussicht auf schnellen Reichtum zog Menschen wie ein Magnet an.
Begonnen hatte alles mit dem Zimmermann James Marshall, der von John Augustus Sutter angeheuert wurde, ihm eine Sägemühle zu bauen. Sutter wurde in mexikanischer Zeit mit reichlich Land ausgestattet und hatte sich hier im nördlichen Kalifornien ein Fort und weite Landstriche gesichert, die er in Erinnerung an seine alte Heimat „New Helvetia“ nannte. Er ließ ein Fort bauen, wo heute die kalifornische Hauptstadt Sacramento steht. Am 24. Januar 1848 schaute Marshall in den neugeschaffenen Mühlgraben und entdeckte dabei einen Goldklumpen. Nach einigen Untersuchungen war man sicher: es ist tatsächlich Gold! Sofort bemühte man sich den Fund geheim zu halten, doch das hatte nur wenig Erfolg. Am 15. März schon kam in der jüngst nach San Francisco gezogenen Zeitung „Californian“ eine kleine Meldung heraus, dass man Gold gefunden haben könnte. Diese mediale Zurückhaltung war darin begründet, dass es solche Meldung nicht gerade selten gab, tatsächlich aber bis zu jenem Zeitpunkt eigentlich nie etwas dahinter stand. Das Konkurrenzblatt, der „Californian Star“, sendete sogar einen Reporter in das Gebiet des American River, einem Zufluss zum im Golden Gate mündenden Sacramento River, um herauszubekommen, ob etwas dran war an den Gerüchten. Doch die dortigen Arbeiter konnten den Reporter überzeugen, nichts sei hier zu holen. Die Gerüchte jedoch hielten sich und als schließlich der Herausgeber des Star, Sam Brennan, durch die Straßen der Stadt lief und laut „Gold! Gold! Gold! Am American River“ brüllte (nicht ohne vorher seinen Laden an Sutter’s Fort mit ausreichend Schaufeln, Spaten und weiterem Material zum ausgraben bestückt zu haben) da waren die Einwohner vom Goldfieber gepackt und die Stadt schien für kurze Zeit ausgestorben, da jeder in die Region reiste um sein Glück zu finden. Werkzeuge wurden den Händlern aus den Händen gerissen und diese setzten sofort neue Bestellungen ab. Somit zog die Nachricht immer weitere Kreise, dass in Kalifornien Gold gefunden wurde. Im Dezember diskutierte der Kongress in Washington die Goldfunde und der damalige Präsident Polk gab schließlich öffentlich die Goldfunde bekannt. Spätestens jetzt gab es kein Halten mehr und eine riesige Menge Goldsuchenden, die sogenannten „fortyniners“ (49er – noch heute im Namen des Footballteams von San Francisco wird an sie erinnert), strömten nach Kalifornien.
Als erstes kamen sie nach San Francisco. Die Wege hierin waren aber alles andere als einfach. Es gab drei Routen von der dicht besiedelten amerikanischen Ostküste aus. Die schnellste und teuerste führte mit dem Schiff an den Isthmus von Panama, dort über das Land vom Atlantik zum Pazifik und an Ozean angekommen, mit dem Schiff nach Norden. Billiger, aber länger und weiter, war die Schiffspassage über ganz Südamerika mit der Umfahrung von Feuerland, was nicht nur zeitraubend war, sondern gleichfalls anspruchsvoll und gefährlich. Und schließlich die Route quer über den riesigen nordamerikanischen Kontinent, der allerdings gleichfalls viele Entbehrungen mit sich brachte, sei es durch Krankheiten, nicht immer glimpfliche Begegnungen mit Indianern oder die Passage des staubtrockenen Great Basins sowie anschließend der hoch aufragenden und verschneiten Gebirgsgipfel der Sierra Nevada. Letztendlich sind rund 200.000 Menschen in den ersten drei Jahren des Goldrausches nach Kalifornien gegangen und rund 50% sind über den Seeweg gekommen. San Francisco wurde mit einem Schlag überrannt und zwar von zwei Phänomenen. Zum einen von Menschenmassen, die das Golden Gate kreuzten und hier ihr Glück suchten und zum anderen vom Reichtum derer, die ihr Glück in Form von Gold schon gefunden hatten. Die Stadt wurde zu einer Boomtown, in welcher sich spätere Western-Autoren sich ihrer Klischees bedienten. Die vielen errichteten Zelte und die wenigen Holzgebäude wurden zur Heimat von Glückspielern. Die Spekulation trat um sich und das nicht nur um Immobilien. Was gerade nicht in San Francisco verfügbar war, wurde extrem teuer gehandelt, denn Finanzen waren ja fast unbegrenzt vorhanden und manch ein Reederer soll einfach Schiffe mit Waren auf gut Glück in die Bucht gesendet haben, in der Hoffnung hier alles extra-teuer verkaufen zu können, denn die Gewinne die man in San Francisco erzielen konnte, schienen gigantisch.
Die eigentlichen Goldsucher waren an der sogenannten Mother Lode dabei ihr Glück zu suchen, einem rund 120 Meilen langen Streifen, der von Fort Suttner nach Süden reichte. In der Anfangszeit konnten, die rund 120.000 Goldsucher noch mit normalen Gerät nach Gold suchen, bevor es ab 1850 bis 53 nur noch mit schwereren Bergbaumaschinen möglich war, das Edelmetall in ausreichenden Mengen zu abzubauen, dies dann aber umso profitabler. Jeder Sucher konnte sich ein Stück abstecken auf dem er Gold suchte, wenn er dies tatsächlich praktisch dort auch tat. Dies war ein ziemlich ordentlicher und selbstregulierter Vorgang. Zahlreiche Goldgräberstädtchen entwickelten sich, Boomtowns, die jedoch schon nach Abflauen des Rausches wieder aufgegeben worden. Trotzdem war das Leben rau, hart und reich an Entbehrungen. Gleichfalls war es zunehmend rassistisch, denn schon seit 1850 wurde es nur noch Amerikanern erlaubt, nach Gold zu suchen, wohlgemerkt zu einer Zeit, als Kalifornien noch nicht mal ein amerikanischer Bundesstaat war. Schwarzen oder Indianern blieb nur die Möglichkeit, für einen Goldsucher zu arbeiten.
Vom Goldrausch getragen entwickelte sich San Francisco zum unumstrittenen Zentrum des am 9.September 1850 ausgerufenen Bundesstaates Kalifornien und die Stadt schien stündlich zu wachsen. Zeitgenössische Schätzungen gehen davon aus, das die Stadt in nur vier Monaten von 6.000 auf 30.000 Einwohner wuchs. Die allermeisten neuen Siedler waren Männer. Erst 1880 soll sich der Frauenanteil in San Francisco bei der Hälfte eingepegelt haben. Neuer Wohnraum wurde an allen Ecken gewonnen. Alte Schiffe wurden verarbeitet, Teile der Bucht aufgeschüttet, um neue Wohnungen, Hotels oder Shops zu bauen. Teile des heutigen Financial Districts beispielsweise wurden erst 1851 dem Wasser der Bucht abgerungen. San Francisco muss in jenen Jahren wie eine große matschige Baustelle ausgesehen haben in der jeder versuchte innovativ seinen Teil des großen Kuchens abzubekommen. Ein deutscher Migrant, geboren als Löb Strauß im oberfränkischen Buttenheim, hatte die Idee den Arbeitern besonders strapazierfähige Hosen zu nähen und produzierte sogenannte Duck-Pants. Als er 1872 den Schneider Jacob Davies (ein geborener Lette) kennenlernte, erzählte ihm dieser von einer Idee einer robusten Hose mit Nieten und bat ihm um 68 Dollar für die Einreichung eines Patents. Strauß, der sich in Amerika Levi Strauss nannte, willigte ein und daraus wurden die heutigen Jeans.
Doch Geld wurde in San Francisco in den 1850er Jahren mit fast allem gemacht, am meisten aber mit Landbesitz (oder mit einer Glücksspiellizenz). Der Macht der Landspekulation und des Grundbesitzes ist auch das recht uneinfallsreiche Grundgerüst der Stadt „zu verdanken“, dass aus rechtwinkligen Straßengittern besteht, die sich an keinerlei morphologischen Besonderheiten der bergigen Halbinsel orientieren (was heute dazu führen kann, dass man das Gefühl hat an der nächsten Straßenecke beginnt ein Abgrund, aber tatsächlich geht die Straße nur steil nach unten). Auf den Flächen der Straßengittern zog Leben ein, dass in vollen Zügen genossen wurde. Schon 1853 wurden 573 Orte gezählt, die Alkohol verkauften. Bei einer Quote von einem Laden pro 60 Einwohner konnte man in San Francisco schon fast von einer Trunksucht reden, die gepaart wurde mit einer Leidenschaft für das Glücksspiel aller Art. Und so schrieb der gebürtige Kalifornier und Philosoph Josiah Royce später über San Francisco, dass die Männer die sich nicht dem Glückspiel hingaben, zu wenige waren um bemerkt zu werden. Aber es entstanden auch Restaurants, Hotels und Theater und San Francisco wurde zu einem beliebten Stopp für wandernde Theatergruppen. Gleichzeitig entwickelte sich ein lebhafter Zeitungsmarkt, den San Francisco war in den 1850er Jahren noch immer abgeschnitten vom großen Rest der USA und viele Leser dürsteten nach Informationen und Geschichten aus dem Rest des Landes und der Welt. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass durch das rasante Wachstum viele Menschen noch in Zelten wohnten und Krankheiten sich schnell ausbreiten konnten. Lungenentzündungen oder Cholera waren keine selten zu findenden Erkrankungen in jenen Jahren. Ein anderes Problem stellte die hohe Kriminalität dar, die sich einer anfangs kaum vorhandenen polizeilichen Staatsmacht gegenüber sah. Bandenkriminalität, die berühmteste Gang waren die Sydney Ducks, war ein großes Übel und ein Schwerpunkt waren Brandstiftung. Sechs schwere Feuer zerstörten rund 3000 Gebäude und auch, wenn alles wieder schnell aufgebaut wurde, waren die Schäden natürlich beträchtlich. Als Gegenmaßnahme wurde ein Komitee der Wachsamkeit („Committee of Vigilance“) gegründet, ein Prototyp für alle späteren Bürgerpatrolien und Nachbarschaftswachen in den USA. Und das Komitee war keinesfalls zimperlich. Wenn sie einen Kriminellen habhaft wurden, verurteilten sie diesen und ließen ihn hängen, was ihnen den nicht unbegründeten Vorwurf der Lynchjustiz einbrachte.

Nach dem Rausch: Krisen, Komitees und neue Anschlüsse

Ab 1853 ebbte der Goldrausch ab und war schließlich ebenso schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Die Stadt geriet ab der Mitte der 1850er Jahre in eine wirtschaftliche Krise. Die Immobilienpreise sanken dramatisch, rund ein Drittel aller Geschäfte in der Stadt standen leer. Erschwerend kam hinzu, dass Korruption gang und gebe war und der Glaube an staatliche Administration nicht existierte. Als 1856 ein Stadtverordneter, einen Zeitungsmacher erschoss, welcher gegen diesen (wahr oder/ und unwahr) angeschrieben hatte, bildete sich sofort ein neues Komitee aus Bürgern. In nur 3 Tagen schrieben sich 5.000 Menschen in das neue Wachsamkeits-Korps ein und schnell entwickelte sich daraus eine schlagfertige paramilitärische Truppe, die praktisch die Aufgaben der Stadtverwaltung nach ihrem Dünken übernahm. Im Namen des Komitees wurden vier Menschen gehängt und zahlreiche andere deportiert. Nachdem es nach eigenen Dünken in der Stadt aufgeräumt hatte, löste das Komitee sich bereits im Juli wieder auf und transformierte sich zu einer Partei. Damit kam wieder Ruhe in die Stadt und gegen Ende der 1850er Jahre setzte tatsächlich wieder ein beträchtliches Wachstum an der Bucht ein.
Rund 50.000 Menschen lebten da bereits in San Francisco und das nur 10 Jahre nachdem die Stadt überhaupt gegründet wurde. Wofür Boston 200 Jahre brauchte oder New York 190, schaffte San Francisco also in einer Dekade. Die Stadt wurde zu einer Metropole, die vielleicht noch multikultureller und vielsprachiger war, als die Städte der Ostküste. Der weitere Aufstieg setze sich in den 1860er Jahren fort, getragen von Silberfunden in der Sierra Nevada, die in San Francisco gehandelt wurden. 1870 erreichte man bereits die Zahl von 150.000 Einwohnern. Fünf Jahre später wurde das Palace Hotel eröffnet, dass mit seinem Reichtum, Service und seinen Dimensionen sogar dafür ausgelegt war, dass die Stadt noch viel weiter wuchs (bevor sich solch ein Hotel rentierte). Die Ausbreitung der Stadt gestaltete sich weiterhin rund um ihrem Ausgangspunkt an der Nordostecke der Halbinsel, während die direkte Pazifikküste noch unbewohntes Hinterland war. Doch es war klar das bei anhaltenden rasanten Wachstum schon bald auch dieser Teil bewohnt werden würde. Hier sahen innovative Bürger die Möglichkeit, einen Teil der Fläche zur Stadtverschönerung zu benutzen. 1868 wurde ein drei Meilen langer und eine halbe Meile breiter Streifen sich vom Ocean Beach nach Osten ziehender Streifen unter Schutz gestellt. Hier sollte der Golden Gate Park entstehen, ein urbanes Mammutprojekt. Die Größe der Aufgabe lag nicht nur in den Dimensionen für einen solchen Park (seine Fläche ist größer als der Central Park in New York), sondern auch darin, dass es sich hier um eine Dünenlandschaft handelte. Der Vater des Projekts William Hammond Hall musste sich also einerseits um das Problem der ständigen Versandung kümmern, als andererseits auch um eine ausreichende Bewässerung des Parks. Das Letztere wurde durch zwei Windmühlen gelöst, die noch heute am Westende des Parks zu sehen sind und Wasser in diesen pumpen. Die ständige Versandung wurde durch eine Mauer gelöst, auf der heute der Küsten Highway 1 entlang läuft. Die Bauarbeiten starteten in den 1870er Jahren und zogen sich bis ins nächste Jahrhundert. Im Park wurde 1894 die San Francisco Midwinter International Exhibtion eröffnet, welche 2,5 Millionen Besucher anzog. Lediglich der Japanische Garten wurde danach erhalten, denn man legte Wert darauf die Parklandschaft zu erhalten. So blieb gleichfalls nur der Name des geistigen Vaters der Ausstellung M.H. de Young in Erinnerung, nach welchem heute das zentrale Kunstmuseum im Park benannt ist, welches allerdings erst 2005 öffnete.

San Franciscos Bedeutung und seine Einzigartigkeit als abgeschiedene Metropole im Westen der USA änderten sich mit der Eröffnung der Transkontinentalen Eisenbahnverbindung 1869, die eine schnelle Verbindung in den Osten des Landes ermöglichte. Durch staatliche Förderung entstanden zwei Eisenbahngesellschaften, Union Pacific und Central Pacific, welche eine Linie durch die Weiten des Westens und die gewaltige Gebirgslandschaft der Sierra Nevada bauen ließ. Obwohl daran viele chinesische Arbeitskräfte beteiligt waren, wurden hauptsächlich vier Männer, die später sogenannten Big Four, davon steinreich. Mark Hopkins, Leland Stanford, Collis Huntington und Charles Crocker sollten mit der Eisenbahn nicht nur großartige Einnahmen erzielen, sondern sie erhielten großen Einfluss auf das Geschehen im Westen der USA, war doch die Eisenbahngesellschaft (1884 wurde sie zur Southern Pacific) zum wichtigsten Landbesitzer in Kalifornien geworden und wurde zu einem der wichtigsten Akteure, wenn es um politische Entscheidungen im Staat ging.
Für San Francisco war der neue Anschluss keinesfalls so fantastisch, wie es sich die Zeitgenossen ausmalten, denn nicht nur verlor die Stadt etwas von ihrer Einzigartigkeit am Rande des riesigen Landes, sie selbst wurde auch gar nicht ans Netz angeschlossen, denn die Verbindung endete am anderen Ende der Bucht in Oakland. Schnell neidete man der kleinen Nachbarstadt den Bahnhof und befürchtete diese könnte dem großen San Francisco den Rang ablaufen. Doch tatsächlich wurde die Bucht, wie der gesamte Westen nun als Markt für billigere Produkte aus dem Rest des Landes attraktiv. Gleichfalls kamen weitere Neuankömmlinge, doch für sie war es jetzt viel schwieriger geworden einen guten Job zu bekommen, denn tatsächlich schlitterte die Stadt in die ökonomische Krise der 1870er Jahre welche das gesamte Bundesgebiet der USA betraf. Der Westen konnte durch seinen neuen Anschlüsse diesen Krisen nun nicht mehr entrinnen. Ein markantestes Symbol der Krise war der Kollaps der Bank of California am 26. August 1875, dessen einflussreicher Besitzer Billy Ralston am nächsten Tag beim Schwimmen ertrank.

San Francisco bis zur Jahrhundertwende: Painted Ladies und Cable Cars

Mit der wirtschaftlichen Krise der 1870er Jahre erlebten die Arbeiter und Beschäftigten der Stadt erstmals die Auswirkungen ökonomischer Probleme. Die Arbeitslosigkeit griff um sich, ein Phänomen, dass bis dato nahezu unbekannt war. Schnell war ein Sündenbock für die Probleme gefunden, es waren die nach dem Eisenbahnbau unbeschäftigten Chinesen, welche die Aufmerksamkeit der Arbeiterschaft erwarben und für die Krise verantwortlich gemacht wurden. Bisher waren sie als exotische Minderheit wahrgenommen wurden, die in ihrem Viertel - Chinatown - lebten und nicht groß auffielen, die aber in den 1870er Jahren durch harte Arbeit, in der Zigarettenindustrie und der Textilverarbeitung zu Marktführern an der Bay wurden und die 1872 rund die Hälfte aller Fabrikjobs in San Francisco besetzten. Eine „anti-chinesische“ Stimmung machte sich breit, die auch durch administrative Reglungen weiter befeuert wurde. Viele Chinesen erfuhren Gewalt am eigenen Leib. Den Höhepunkt erreichten die rassistische Wut im Sommer 1877, als ein Mob Geschäfte und Häuser in Chinatown anzündeten. Erst ein erneut gegründetes Sicherheitskomitee konnte die Gewalt eindämmen. Aus der sich erhebenden Arbeitermasse entstand gleichfalls eine politische Bewegung, die Ungleichheiten in Kalifornien anprangerte und aus welcher sich die Workingsmen’s Party formierte, die zweifellos notwendige politische Reformen anmahnte, gleichzeitig aber nicht ihre rassistischen Tendenzen ablegte. Trotzdem wurde sie 1877 in den California Constitutional Convent gewählt, konnte dort aber keine wirklich wichtigen politischen Änderungen durchsetzen.
Die äußere Gestalt San Francisco wurde gleichfalls ab den 1870er Jahren verändert und ist noch heute sichtbar, denn bis zur Jahrhundertwende setzte die Epoche der Hausbauten im Viktorianischen Stil ein. Diese Redwood-Häuser prägen heute noch das Bild von San Francisco und obwohl sie in ihrer Ornamentierung so individualistisch wirken, sind sie doch meistens Produkte von großangelegten Projekten einiger Baufirmen, die in Katalogen ihre Entwürfe anboten und die dann reihenweise diese Häuser über die hügelige Landschaft San Franciscos setzten. Diese liebevoll Painted Ladies genannten Wohnhäuser gelten heute als Sehenswürdigkeit der Stadt, auch wenn viele von ihnen das Erdbeben von 1906 nicht überstanden.
Die Stadt erlebte trotz wirtschaftlich angespannten Zeiten bis zur Jahrhundertwende ein weiteres stetiges bis rasantes Wachstum und um die Jahrhundertwende wohnten bereits fast 350.000 Menschen in San Francisco. Die Stadt expandierte nun vor allem in der Fläche. Sie vergrößerte sich vom nordöstlichen Teil der Halbinsel aus und umschloss schon bald den im Westen der Stadt angelegten Golden Gate Park und dehnte sich weiter nach Süden aus. Die zahlreichen – nicht gerade flachen – Hügel der Stadt wurden durch ein neues Transportmittel erschlossen und zu beliebten Wohnquartieren gemacht, durch die cable car. Diese Kabelstraßenbahn in San Francisco – die heute ein bekanntes weiteres Wahrzeichen der Stadt ist – geht zurück auf den Schotten Andrew Hallidie. Dieser wurde aufgeschreckt durch die zahlreichen und teilweise grausamen Unfälle, die sich mit Pferdebahnen auf den steilen Hängen der Stadt ereigneten und ersann einen Plan. Ein unter der Straße angebrachtes Kabel, dass von einer Dampfmaschine angetrieben wurde, sollte die Straßenbahnwagen führen. 1873 eröffnete die erste Linie, die Clay-Street-Line und bald wurde seine Erfindung ein boomender Erfolg, der sich nicht nur in San Francisco ausbreitete, sondern in den USA und auch weltweit weitere Anwender fand. Allerdings war das Transportsystem spätestens seit den 1920er Jahren technisch veraltet und wurde überall aufgegeben, außer in San Francisco, wo noch immer 3 Linien in Betrieb sind und für den allerdings nicht gerade zimperlichen Preis von 7 Dollar pro Fahrt bestiegen werden können.
Auf den Hügeln der Stadt ließen sich die Reichen nieder und zeigten ihr Vermögen mit prunkvollen Villen. Nob Hill wurde zur elegantesten Adresse des amerikanischen Westens. In der Stadt etablierten sich vier große Tageszeitungen, welche die öffentliche Meinung in Kalifornien prägten und San Francisco zu so etwas wie einem Medienzentrum des Westens machten. Chinatown entwickelte sich derweil zu so etwas wie einer frühen Touristendestination. Verwaltet von den Six Companies war es die Heimat von rund 50.000 Chinesen in der Stadt, wo man als Tourist in die exotische Welt Asiens eintauchen konnte (was übrigens auch heute noch funktioniert). Die Zeitungen verwiesen gern auf den halb-legalen, moralisch anrüchigen Charakter des Viertels, waren doch hier auch Opium-Höhlen zu finden, welche nur ein Teil des sündigen Lebens in San Francisco um die Jahrhundertwende ausmachten, der auch bei weitem nicht auf Chinatown begrenzt war.
San Francisco war in jener Zeit das unumstrittene Zentrum in einem zunehmend wohlhabender werdenden Kalifornien. Jeder vierte Kalifornier lebte hier und die Stadt war nach New York der wichtigste Umschlagplatz des Außenhandels. Gleichwohl war die Politik des Bundesstaats, als auch der Stadt geprägt von Vetternwirtschaft und Korruption. 1901 riefen die immer stärker werdenden Gewerkschaften zu einem Streik auf, da sie einen Teil des Kuchens abhaben wollten, der bisher nur unter den Einflussreichen verteilt wurde. Tatsächlich kam es im September zu einem Generalstreik, der die Rolle der Gewerkschaften noch weiter stärkte und schließlich zum Gewinn des Bürgermeisterpostens für die Union Labour Party führte, in welcher der in der Stadt geborene Abu Ruef seine Fäden zog, der später allerdings ebenso wegen Korruption angeklagt wurde und letztendlich 14 Jahre im Gefängnis St.Quentin verbrachte.

Das Erdbeben von 1906

San Franciscos wohl einschneidenstes Ereignis war das Erdbeben vom 18.April 1906. Auf Grund der Lage an der San Andreas Verwerfung ist die Stadt bis heute ein Gebiet, dass mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von solchen Naturkatastrophen betroffen ist. Das letzte größere Beben lag schon fast 40 Jahre zurück, als um kurz nach 5 Uhr morgens die Einwohner der Stadt aus dem Schlaf gerissen wurden. Heutigen Schätzungen zur Folge lag die Stärke bei rund 7,8 auf der Richterskala und brachte zahlreiche Häuser, besonders im Financial District und North Beach zu Fall, was wohl insbesondere daran lag, dass in dieser alten Sumpfregion der Untergrund weniger fest ist. Das Beben war in fast ganz Kalifornien zu spüren und tatsächlich waren die Schäden durch die Erschütterungen in einigen Städten sogar verheerender als in San Francisco. Was die zerstörerische Wirkung des Bebens aber potenzierte, war ein darauf einsetzendes Feuer, das für 80% der zerstörten Häuser verantwortlich war. Geborstene Gasleitungen entfachten einen wahren Feuersturm, der vom Stadtzentrum startend sich über die Stadt wälzte. Zu allem Unglück war schon beim Beben der Feuerwehrchef der Stadt ums Leben gekommen, was die Koordination der Rettung stark einschränkte. Auch die gebrochenen Wasserleitungen trugen dazu bei, dass die Feuerwehr nur schwer arbeiten konnte und gegen Abend breiteten sich die Brände immer weiter aus. Die viktorianischen Holzhäuser boten dafür eine gute Angriffsfläche und man kann von Glück sprechen, dass sich die Winde drehten und so weiter westlich gelegene Teile der Stadt vom Feuer verschonten. Bürgermeister Schmitz rief die Armee, die im Presidio stationiert war zur Hilfe, die sowohl den Brand bekämpfte, als auch Plünderungen verhinderte. Doch auch mit ihrer Hilfe konnten die letzten Flamen erst drei Tage nachdem Beben endgültig gelöscht werden. Nach offiziellen Angaben starben rund 3.000 Menschen, während mindestens 10mal, nach anderen Schätzungen 100mal so viele Menschen Obdachlos wurden (was bei damals rund 400.000 Einwohner, dreiviertel der Bevölkerung ausmachen würde). Die Armee errichtete Zeltstädte um die Opfer unterzubringen, die auch dank der raschen Solidarität der Nachbarstädte bald mit dem Notwendigsten versorgt werden konnten. Tatsächlich erinnerte diese Situation ein wenig an die rasche Besiedlung zu Zeiten des Goldrausches, als viele Menschen gemeinsam in Zelten oder unter freiem Himmel schliefen mussten und Klassen oder Standesgrenzen keine größere Rolle spielten, sondern nur die Verbesserung der Situation in Angriff genommen wurde. Rund 28.000 Gebäude waren zerstört und – so die Legende – der Wiederaufbau startete, als die Ruinen noch rauchten. Schnell wurden aus 20.000 in der Stadt tätigen Bauarbeitern 60.000.

Wiederaufbau und neuer Glanz - San Francisco bis zum 2.Weltkrieg

Es stellte sich kurz die Frage, eine historische Chance zu nutzen. Durch die zahlreichen Zerstörungen war es möglich San Francisco besser und schöner aufzubauen als zuvor. Das starre grid-Muster aus Blöcken hätte man für eine Gestalt der Stadt verändern können, welche die Landschaft einschließt. Tatsächlich hätten Ideen dazu bereitgestanden. Die Bewegung des „City Beautiful“ hatten den bekannten Architekten Daniel Burnham mit einem Masterplan für die Stadt beauftragt. Burnhams Idee war es, die Hügel von Besiedelung zu befreien, lange Boulevards anzulegen, die Sichtachsen zu einem neuen neoklassischen Stadtzentrum erlaubten und neue Straßen zu bauen, welche sich der Oberfläche der Stadt besser anpassten und aus dem rechtwinkligen Muster ausbrachen. Burnham veröffentlichte seinen Masterplan 1905 in einem Buch, doch tatsächlich war die große Chance für den Start seiner Idee – die weitreichende Zerstörung der Stadt, insbesondere der Innenstadt – der eigentliche Todesstoß für ein Konzept das zahlreiche Anhänger in der Stadt hatte. Nach dem Beben war der wichtigste Punkt der schnelle Wiederaufbau, es ging darum, dass Leben so zügig wie möglich wieder zu normalisieren und nicht um einen teuren und zeitaufwendigeren Plan für die Anlage einer neuen Stadt. San Francisco verpasste es damit zu einer Planstadt zu werden und behielt damit „it’s birthmark as an instant city“, wie Tom Cole schreibt, bei.
Zu einem Symbol des Wiederaufbaus der Stadt wurde das neue Rathaus, denn das Alte stürzte beim Erdbeben ein. Auch wenn es erst 1912 bewilligt wurde, war es so etwas wie ein kleines Überbleibsel der City Beautiful Bewegung, denn es war im Beaux-Artes Stil von den Architekten Bakewell und Brown als zentraler Bau mit großer Kuppel geplant. 1915 wurde die City Hall eröffnet worden und wurde zum Zentrum eines neuen „Civic Centers“, das gleichfalls im historisierenden Stil noch ein Civic Auditorium bekam und eine Bibliothek, sowie das California State Building, die sich alle um das Rathaus herum positionierten. 1932 kam schließlich noch das Opernhaus der Stadt dazu, wo übrigens 1945 51 Nationen die Gründungscharta der Vereinten Nationen unterzeichneten.
Ein Höhepunkt der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts war die Weltausstellung, die „Panama-Pacific International Exposition“, im Jahr 1915, die allerdings etwas unter den Umständen des 1.Weltkriegs in Europa litt. Ein Hauptanliegen der Schau war der Durchbruch des Panamakanals, welcher den Anlass zur Feier gab (der Kanal konnte mit einem großen Modell studiert werden). Eine heute noch eindrucksvolle Hinterlassenschaft des Ausstellungsgeländes ist der Palast der feinen Künste von Bernard Maybeck.
Trotzdem erlebte San Francisco in jenen Jahren auch Spannungen, so wie beim Bombenanschlag beim Preparedness Day 1916, als 10 Menschen getötet wurden. Das hatte jedoch keine Auswirkungen auf die Bevölkerungszahl die bis 1920 rasant anwuchs. Die Stadt lebte in den 1920er Jahren in großer Prosperität bis auch hier die Weltwirtschaftskrise 1929 zuschlug und insbesondere den Hafen der Stadt und die (bis dahin) dort beschäftigten Arbeiter stark traf. Die schlechte ökonomische Situation führte zu weiteren Spannungen, so wie zum „Bloody Sunday“am 5.Juli 1934 als ein Streik gewaltsam von Streikbrechern aufgelöst werden sollte und zwei Menschen starben und über 100 verletzt wurden.
Die 1930er Jahre waren aber das Jahrzehnt, dass der Stadt zahlreiche heute noch bekannte Wahrzeichen bescherte. Dem Nachlass einer großen Freundin der Feuerwehr, Lillie Coit ist der nach ihr benannte Coit Tower auf dem Telegraph Hill entstanden, welcher an die städtische Feuerwehr erinnern soll und gleichzeitig wohl einen der besten Blicke auf die Stadt ermöglicht.
Ein fast noch bekannteres Wahrzeichen und gleichzeitig ein heutiger Touristenhotspot ist die eher ungemütliche Insel Alcatraz mit ihrem Gefängnis. Schon seit 1886 wurde die Insel vom Militär genutzt, aber im Jahr 1934 zu einem Hochsicherheitsgefängnis des Bundes umgebaut. Hier saßen so klangvolle Namen wie „Machine Gun“ Kelly oder Al Capone ein. Angeblich war die Insel ausbruchsicher, da die Strömung es nur schwer zulässt von ihr an Land zu entkommen und man große Gefahr läuft, über das Golden Gate ins Meer gespült zu werden. Tatsächlich beflügelte diese Tatsache noch weiter die Fantasie und nach der kostenbedingten Schließung des Gefängnisses wurde es zu einem beliebten Drehort für zahlreiche Filme, unter anderem „Der Gefangene von Alcatraz“ mit Burt Lancaster oder „Flucht von Alcatraz“ mit Clint Eastwood. Nach einer Besetzung durch Indianer in den 1970er Jahren wurde es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und mittlerweile von 1,3 Millionen Menschen per annum besucht.
Kein Besuchermagnet, aber für die Wasserversorgung der ständig wachsenden Stadt zentral, war der Bau des Hetch Hetchy Water Projects. Das 1934 fertiggestellte Projekt sicherte zwar die Wasserversorgung der Stadt, war aber aus einem anderen Grund äußerst umstritten, denn für das Wasser wurde das Hetch Hetchy Valley aufgestaut, das als eines der schönsten Naturgebiete Kaliforniens galt.
Die heute noch am sichtbarsten und vielleicht schönsten Leistungen der 1930er Baumaßnahmen sind die zwei Brücken, welche von der Stadt über die Bucht führen. Da ist zum einen der etwas weniger beachtete Bay Bridge, die vom Stadtzentrum über die Yerba Buena Island nach Oakland führt. Sie ersetzt die zahlreichen Fähren, die zwischen den beiden Fähren fuhren und das Ferry Terminal in San Francisco zur stärkst frequentierten Transitstation der USA machte. Als im November 1936 die Brücke eröffnete, konnte man über eine doppelte Hängebrücke fahren, eine Konstruktion die eine absolute Weltneuheit war und eine Investitionssumme von 80 Millionen Dollar kostete, eine für damalige Zeit enorme Summe. Für die weltweite Imagination San Franciscos war aber die 1937 eröffnete Golden Gate Bridge noch wichtiger, die als eine der schönsten Brücken der Welt gilt. Dabei war die Hängebrücke sehr umstritten, denn die reizvolle Landschaft an der Durchfahrt des Golden Gates sollte nicht mit einem so gigantischen Bauwerk verschandelt werden, immerhin war die Brücke die damals Größte ihrer Art. Letztendlich war aber die Gestalt und die Farbgebung der Brücke so gut gewählt, dass das Bauwerk zu den schönsten Brücken der Welt gezählt wird.
Im Februar 1939 eröffnete erneut eine Weltausstellung in San Francisco. Auf der künstlich aufgeschütteten Insel Treasure Island, welche sich an die Yerba Buena Island anschloss, wurde die Golden Gate International Exposition eröffnet, welche zwar nicht an die Strahlkraft und Innovation der Panama-Pacific Exposition heranreichte, aber immerhin auch 17 Millionen Gäste erreichte. Im Herbst des gleichen Jahres startete der 2.Weltkrieg, bei dem die USA erst später eingriffen, dann aber San Francisco zu einem der wichtigsten Plätze der Kriegsökonomie werden ließ. Und so erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich nur noch mit den Zeiten des Goldrausches vergleichen ließ. Mehr als 1,5 Millionen Soldaten fuhren unter der Golden Gate Bridge hinaus in den Krieg während die Anzahl der Fabriken in der Stadt um ein Drittel zunahm und die Zahl an Arbeitskräften sich verdoppelte, wobei erstmals eine größere Menge Schwarzer sich in der Stadt niederließ und die Stadt insgesamt eine Einwohnerzahl von 775.000 erreichte, einen Höchstwert, der erst im Jahr 1990 wieder erreicht wurde.

San Francisco nach dem 2.Weltkriegs: Beatniks, Hippies and Milk

Die Nachkriegszeit und der bald darauf einsetzende Kalte Krieg machten San Francisco und die Umgebung der Stadt nicht nur zu einem wirtschaftlichen Zentrum, sondern auch zu einem kulturellen Hotspot der westlichen Welt. Das Begann bereits in den 1950er Jahren mit dem Beatnik-Movement, einer für die damaligen Zeit nonkonformistischen und rebellischen Bewegung, die als Vorläufer der Hippie-Bewegung gelten kann. In ihrer Mitte standen Schriftsteller, wie beispielsweise Jack Kerouac, der den Begriff der „Beat Generation“ erfand, der für den Konsum von Marihuana, freie Liebe und einer standhaften Nonkonformität gegenüber der Welt der 1950er Jahre stand. In Kaffees und dem legendären „City Lights Bookshop“ trafen sich die Beatniks und prangerten den Materialismus und die zunehmende Vereinnahmung der Gesellschaft von rechts an.
Dies hatte in den 1960er Jahren Nachfolger als neue linke Protestbewegung, die sich insbesondere auf dem Campus der Berkeley University auf der anderen Seite der Bucht einrichtete und Rassismus, Materialismus und Krieg kritisierte. Die Hippies, welche gleichfalls in den 1960er Jahren, insbesondere im Stadtteil Haight-Ashbury auftauchten waren viel weniger politisch, als das sie die Welt mit liebevollem Umgang und der Entsagung von Konsumismus (außer vielleicht von Drogen) begegnen wollten. Mit ihren langen Haaren und Bärten und zusammengewürfelten Klamotten setzen sie sich vom Rest der Stadt (des Landes und der Welt) ab und veranstalteten große „Be Ins“, wie den „Summer of Love“, der sich musikalisch in Scott McKenzies „San Francisco“ manifestierte und der Welt von einem neuen Lebensgefühl kündete. Doch die eher auf Disziplinlosigkeit angelegte Bewegung verwässerte sich schnell und wurde zu einem zeit-geistigen Modebegriff und schon zu Beginn der 1970er Jahre verwandelte sich Haight-Ashbury zu einem „New Age slum“ (so Cole S. 142). Und so wurde es wieder etwas rauer in San Francisco, in einer Stadt die aber weiterhin für Toleranz und Diversität stand. Im Viertel um die Castro-Street siedelten sich mehr und mehr Homosexuelle an, die ihren Liebe hier frei ausleben konnten. Hier wurde auch Harvey Milk zum ersten offen schwulen Stadtrat in den USA gewählt, der jedoch am 28. November 1978 gemeinsam mit dem Bürgermeister George Moscone vom einem ehemaligen konservativen Stadtrat, namens San White, erschossen wurde, weil dieser sich über die neue Politik in der Stadt erregte, seinen Posten zurückgab, diesen aber auf Betreiben von Milk und Moscone nicht wiederbekam. Als White mit einem recht milden Urteil von nur 7 Jahren Gefängnis wegen Totschlags davonkam, protestierten zahlreiche Schwule und deren Sympathisanten am 22. Mai 1979 in der sogenannten „White Night Riot“, bei der die Polizei rigoros von Gewalt Gebrauch machte.
So begannen die 1980er Jahre, die Dekade von AIDS, welche in der Stadt wütete und in welcher auch die nationale Wirtschaftskrise der USA nicht halt machte. So verlor der Hafen der Stadt mehr oder weniger seine Bedeutung mit der Erweiterung der Anlagen im gegenüberliegenden Oakland. San Francisco transformierte sich zu einer post-industriellen Stadt, die unter anderem sich als touristische Destination mit neuen Hotspots wie der Fisherman’s Wharf für Touristen attraktiv machte. Während im Stadtzentrum immer mehr Hochhäuser der Hochfinanz in den Himmel schossen und der Stadt einen neue Skyline und neue Blickwinkel bescherten, formierte sich quasi am anderen Ende der Interessen eine kraftvolle Umweltschutzbewegung, die unter anderem durchsetzte, dass schon 1973 sich eine Golden Gate National Recreation Area bilden konnte und die skeptisch auf die Auswüchse des Hochhausbaus und der Umgestaltung von einem urbanen Lebensraum zu einer Touristendestination blickten.
Das Erdbeben am 17.10 1989 beschloss ein nicht immer glückliches Jahrzehnt der 1980er, mit 63 Toten und über 3700 verletzten Menschen. Zwar war es nicht so dramatisch wie das Beben von 1906, aber mit 16.000 unbewohnbaren Wohnungen in der Bay Area und einer nicht mehr befahrbaren Bay Bridge hatte es erheblichen Einfluss in das Leben an der Bucht.
Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der nächsten 20 Jahre veränderte abermals das Aussehen der Stadt, denn mit dem Erfolg des Sillicon Valley und vieler neuer wohlhabender Menschen durchflutete die Gentrifizierung die Straßen San Franciscos, die es für Familien der Unter- aber auch der Mittel-schicht immer schwieriger machten, in der Stadt zu leben. So soll es schon 2007 mehr Hunde in San Francisco gegeben haben als Kinder und auch heute noch muss man befürchten, dass San Francisco sich zu einer teuren Stadt für Wohlhabende entwickelt (denn die Immobilien-Preise hier sind bereits die höchsten in den USA). Trotzdem wäre es falsch in der Stadt nicht auch heute noch viele Überbleibsel der kurzen aber so wechselvollen Geschichte zu sehen.

Literatur: Dieser Artikel stützt sich maßgeblich auf Tom Coles „A short history of San Francisco“

 

Santa Barbara

Einwohner: 91.930 (2016) | Ballungsraum: ca. 220.000 | Fläche: 108km² (wobei lediglich 50km² Landfläche sind) | Hauptstadt des Santa Barbara County | 145km NW von Los Angeles

In Santa Barbara scheint die Welt noch in Ordnung zu sein, sieht man einmal von der handvoll Obdachlosen am Strand ab. Die Hauptstadt der „amerikanischen Rivera“ liegt rund 2 Stunden nördlich von Los Angeles und ist damit genau so weit vom Moloch entfernt, dass man sich in einem gediegenen und ruhigen Städtchen wähnt. Die Kids skaten im Park, die malerischen Cafés sind aufgeräumt und gut besucht und die Shops laden zum Geld ausgeben ein. Diese Wohlfühlatmospähre hat jedoch ihren Preis, denn tatsächlich ist Santa Barbara einer der teuersten Wohnorte der USA. Die Wohnhäuser kosten hier doppelt so viel wie im Rest Kaliforniens und im noblen Vorort Montecito ist das Einkommen sogar dreimal so hoch wie im Landesdurchschnitt, was auch damit zu tun haben könnte, dass viele Prominente sich hier niedergelassen haben.

Wie in vielen anderen Orten in Kalifornien waren es die Indianer, die hier schon seit tausenden von Jahren lebten, wenngleich sie keine Ortschaften hinterließen. Der für Spanien segelnde Portugiese Jose Cabrillo war mit seiner Mannschaft der erste Europäer, der durch den Santa Barbara Kanal fuhr, wenngleich dieser Meeresarm, zwischen dem Festland und den vorgelagerten Kanalinseln erst 1602 vom spanischen Forscher Sebastian Vizcaino erstmals so genannt wurde. Entscheidend für die weitere Entwicklung war die Gründung einer Mission 1786, die als 10. franziskanische Einrichtung ihrer Art helfen sollte, dass damalige Gebiet von Alto California zu zivilisieren. Die Mission wurde am 4.Dezember eingeweiht, dem Tag der Heiligen Barbara. Die Geistlichen versuchten die lokalen Chumash-Indianer zu missionieren und bauten dabei gleichfalls ein erstes Trinkwassersystem auf. Tatsächlich mussten aber viele Eingeborene die Ankunft der neuen Siedler mit ihrem Leben bezahlen. Der Hauptgrund lag daran, dass sie durch eingeschleppte Krankheiten aus Europa nieder gerafft wurden, da sie anders als die Europäer, keine Antikörper in sich trugen.
 Das Santa Barbara, wie so viele Orte in Kalifornien, eine tektonisch ungünstige Lage hat, musste man 1812 erkennen, als ein Erdbeben und ein darauffolgender Tsunami das Örtchen zerstörten. Das neue Missionsgebäude wurde 1820 gebaut und gilt heute noch als beeindruckenstes Beispiel spanischer Kolonialarchitektur in Kalifornien, wobei ab 1822 die spanische von der mexikanischen Flagge abgelöst wurde bis Santa Barbara, wie der Rest von Kalifornien ab 1848 an die USA gingen (schon zwei Jahre vorher fiel die Stadt vollkommen unblutig an die Truppen  von John C. Frémont). Noch in mexikanischer Zeit, um 1833, wurde großer Besitz der Kirche verstaatlicht und an einige Familien übergeben, die darauf große „Ranchos“ anlegten, wo Rinder gezüchtet wurden. Im neuen US-amerikanischen Kalifornien kam es ab den 1850er Jahren zu zahlreichen Veränderungen, wenngleich nicht alle unbedingt günstig waren. So konnte der neue Straßengitterplan für die Stadt, erdacht von Salisbury Haley bestenfalls als ungünstig angesehen werden, da er die neuen Straßenblöcke so anlegen ließ, dass verpfuschte scharfe Kurven auftraten. Andererseits wurden bald die Holzhäuser von ortstypischen „Adobe“ bzw. Ziegelbauten abgelöst und innerhalb von 10 Jahren verdoppelte sich die Einwohnerzahl von Santa Barbara. Die neuen Siedler wurden zumeist vom Goldrausch angezogen und Santa Barbara entwickelte sich zu einem Quartier für Glücksspieler und Banditen. In den 1860er Jahren endete die Rancho Periode der Rinderzucht, als nach einer langen Dürre, das meiste Vieh starb. Dafür tauchten in den 1870er Jahren mit Mortimer Cook ein reicher Investor auf, der eine erste Bank im Ort eröffnete und mit der 1872 erbauten Stearns Wharf wurde Santa Barbara leichter auf dem Seeweg erreichbar. So konnte sich die Stadt als Kurort und Ressort langsam etablieren, einem Trend der im gesamten Süden Kaliforniens einsetzte und eine begüterte Schicht von Menschen anzog. Der Bau der Eisenbahn 1887 nach Los Angeles und 1901 nach San Francisco verstärkte diesen Trend. Nach der Jahrhundertwende wurde im Kanal erstmals Öl gefunden und der Offshore Abbau des Bodenschatzes begann, der bis heute übrigens anhält und auch noch gut sichtbar ist. Die Stadt wuchs rasch und neue Industriezweige siedelten sich hier an, wie Filmstudios als auch die Longhead Aircraft Company, der Vorläufer des bekannten späteren Flugzeugbauers Lockheed Corporation, der sich in den 1920er Jahren in Hollywood niederließ (und heute unter Lockheed Martin firmiert).
Am 29. Juni 1925 erlebte die Stadt ihren Schicksalstag, als es zu einem Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala kam. Glücklicherweise kamen nur 13 Menschen bei dem Beben ums Leben, eine sehr niedrige Zahl, wenn man bedenkt, dass die komplette Innenstadt zerstört wurde. Der Wiederaufbau im Stil der spanischen Kolonialzeit prägt noch heute das Stadtbild. Bauwerke wie das Santa Barbara County Courthouse von Charles William Moore gelten als eines der schönsten Architekturen des „Spanish Colonial Revivals“. Am 23. Februar 1942, wenige Monate nachdem die USA in den 2.Weltkrieg eingestiegen sind, tauchte das japanische U-Boot I-17 vor der Stadt auf und bombardierte das Ellwood Ölfeld vor der Stadt. Obwohl die Schäden minimal blieben (ca. 500$), war der massenpsychologische Effekt in den USA dramatisch, war es doch der erste ausländische Angriff auf das amerikanische Festland seit 1812. Die Gefahr einer japanischen Invasion wurde breit diskutiert und führte zum Wegzug zahlreicher Einwohner und zu einer massiven Abwertung des Häusermarktes und das obwohl nie wieder ein japanisches Boot in die Nähe der kalifornischen Küste kam. Alle diese negativen Effekte waren jedoch nach dem 2.Weltkrieg schnell vergessen, als insbesondere Armeeveteranen sich in Santa Barbara niederließen und die Stadt einen neuen Einwohnerboom erlebte. Die Ölindustrie wurde in den folgenden Jahren jedoch zunehmend beschnitten, da es immer wieder zu auslaufenden Öl auf den Plattformen vor der Küste kam, das den Strand der Stadt und des Umlandes verschmutzte. Santa Barbara orientierte sich später an anderen Industriezweigen und so zogen Unternehmen der Luftfahrt ab den 1970er Jahren hierher. Einer der größten Arbeitgeber der Stadt ist heute die University of California – Santa Barbara, deren 25.000 Studenten der Stadt und der Umgebung (tatsächlich gehört das Unigelände nicht zur Stadt und liegt auch näher zum Vorort Goleta) einen jugendlichen und intellektuellen Charme verleihen. Seit den 1960er Jahren kam es immer wieder zu schweren Waldbränden in der Region, so wie auch aktuell im Winter 2017.

Und wären nicht die hohen Wohnungspreise, die viele Menschen zum ein- und auspendeln zwingen, wäre Santa Barbara tatsächlich ein fast perfektes Städtchen an der kalifornischen Westküste, mit ihren Bars im Funk District, dem Piers am Pazifik und den Bergen der Santa Ynez Mountains, welche die Stadt umranden, den Shops auf der State Street und der über der Stadt thronenden Mission, die als Königin der kalifornischen Missionen gilt.     

San Francisco

Painted Ladies 5-2 unten
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urban facts

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Geschichte San Franciscos

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Hochhäuser in San Francisco

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Golden Gate und Bay Bridge

San Francisco gehört zu den Städten auf der Welt, die sich eine fast schon magisch zu nennende Anziehungskraft erworben haben. Der Name erinnert aus europäischer Sicht, an die Ferne des Pazifiks, den Abschluss der Neuen Welt, an Reichtum und Schönheit. Dazu haben beigetragen, dass die Stadt besungen (am bekanntesten wohl von Scott McKenzie) und gezeigt (Hitchcocks Klassiker „Vertigo“ spielt hier) wurde. Der Goldrausch oder auch die Hippie-Bewegung lassen an San Francisco denken und nicht zuletzt ist es ein Bauwerk, das als Wahrzeichen und Ikone das Bild von ganz Kalifornien prägt; die Golden Gate Bridge. Sie ist die unumstößliche Landmark der Stadt und das obwohl die Brücke am Ende des Stadtgebiets, etwas abseits der City, steht.

San Francisco liegt auf einer Halbinsel, welche vom Pazifik, der weiten San Francisco Bucht und der Einfahrt zur Bucht begrenzt wird. Diese recht enge und in der Geschichte der Seefahrt lange unbekannte Einfahrt ist das Golden Gate. Die rund acht Kilometer lange und zwischen 1,5 und 3 km breite Durchfahrt bekam ihren Namen in der Zeit des Goldrausches, als der Wasserweg so etwas wie das Tor zum Glück war und viele Goldsucher hier in die Bucht einfuhren, um im weiteren Verlauf ihrer Reise zu den Schätzen Kaliforniens vorzudringen. Das seit 1937 eine der imposantesten und vielleicht schönsten Brücken der Welt über der Meerenge verläuft, hat die Aufmerksamkeit nur verstärkt. Die Innenstadt – The City – von San Francisco, liegt dann auch nicht an der Ozeanküste, sondern in der Bucht die den Namen der Stadt trägt. Wobei das eigentlich falsch herum gesagt ist, denn tatsächlich trägt die Stadt den Namen der Bucht. 1847 wurde das Örtchen Yerba Buena in San Francisco umbenannt, weil die Bucht, durch ihre hervorragende Lage und ihre Größe, einen weit bekannten Namen trug, von dem man sich, im damals noch unbedeutenden Straßen von Yerba Buena eine glänzende Zukunft erhoffte. Das daraus in nur wenigen Jahren das größte Zentrum der US-Westküste werden sollte, war 1847 sicherlich unvorstellbar und wird im Kapitel Geschichte San Franciscos genauer dargestellt.

Wie bei vielen amerikanischen Städten ist San Francisco umgeben von einer großen Anzahl von Vorstädten und man ist tatsächlich überrascht das im eigentlichen Stadtgebiet „nur“ rund 800.000 Einwohner leben, was ungefähr so viel sind wie in València oder etwas mehr als in Frankfurt am Main. Nimmt man nur die Einwohner der Stadt ist San Francisco sogar nur viertgrößte Stadt in Kalifornien, hinter Los Angeles, San Diego und San Jose und die dreizehntgrößte in den USA. Tatsächlich ist die Wahrnehmung von Städten in Amerika aber zumeist an den Großraum gebunden (Urbanisierung und Suburbanisierung gehen hier Hand in Hand), welcher die Einwohnerzahl der Stadt auch um ein Vielfaches übersteigen kann. Das ist in dieser Form in Europa nicht üblich, wo der städtische Ballungsraum zumeist von einer Stadt dominiert wird. (Studie Ballungsraum und Stadt: wie viel % der Stadt gehören zum Ballungsraum, was unterscheidet Ballungsräume von Metroregionen etc.) Der Großraum San Francisco jedoch übersteigt die Einwohnerzahl der Stadt um ein Vielfaches. Bedenkt man das das Silicon Valley im Großraum San Francisco angesiedelt ist, wird schnell klar, dass die Bedeutung der Stadt weit über ihre eigentlichen Stadtgrenzen hinausgeht (das der städtische Großraum nicht einfach an den Stadtgrenzen halt macht, wird schnell klar, wenn man auf einem der Hügel der Stadt auf die Bay schaut, oder mit dem Flugzeug in San Francisco landet).
Es gibt mehrere Definitionsmöglichkeiten wie man Stadt und Großraum erfassen kann, dessen bekannteste ist die Bay Area. Obwohl die größte Stadt dieser Region San Jose ist, wird die Bay Area traditionell mit San Francisco verbunden. Die Bay Area hat 7,68 Millionen Einwohner, was fast das Zehnfache der Einwohnerzahl San Franciscos entspricht. Sie ist die 5.größte Metropolregion der USA. Anzumerken ist, dass die Bay Area eine Fläche von 18.040 km² abdeckt (was fast genau die Fläche Sachsens ist) und weit über die eigentlichen Grenzen der San Francisco Bucht hinausgeht bis weit hinein in sehr ländliche Gebiete. Einen etwas engeren Rahmen bietet die Metropolitan Statistical Area San Francisco-Oakland-Hayward, welche insbesondere San Jose ausschließt und auf 6.410km² rund 4,6 Millionen Einwohner hat. Wie auch immer man die regionalen Grenzen der Stadt und der Region zieht, San Francisco ist zweifellos eine Weltstadt mit vielen Gesichtern, auf welche als nächstes kurz eingegangen werden soll.

Scott McKenzies bekannter Song über die Stadt, gleichzeitig eine Hymne der Hippie-Zeit:

Das ständige Auf und Ab in San Francisco eignet sich hervorragend für Verfolgungsjagden:

Hitchcoks Meisterwerk "Vertigo" spielt in San Francisco, wie in diesem wundervollen Trailer zu sehen ist:

Das bekannteste Gesicht der Stadt ist die schon erwähnte Golden Gate Bridge. Tatsächlich ist die der Stadt am nächsten liegende Brücke aber die Bay Bridge, welche weniger touristische Beachtung bekommt, was jedoch ziemlich ungerecht ist, denn es ist ein ziemlich herausragender Brückenkomplex, der die Stadt mit dem östlichen Bay-Ufer verbindet. Die Brücke mündet an den Rand der Innenstadt, der City, die eine eindrucksvolle Skyline hat. Am bekanntesten ist dabei die Transamerica Pyramid, ein 260m hohes Gebäude, das nicht nur wegen seiner Höhe, sondern auch wegen seiner Form ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist. Abgelöst wurde es als höchstes Bauwerk erst kürzlich vom Salesforce Tower. In Downtown beginnt die bekannteste Straße der Stadt, die Market Street, welche sich auch als einzige nicht an das rechtwinklige Straßenraster hält, was die Stadt überzieht. Ein solches Gitternetz ist in amerikanischen Städten zwar nicht weiter ungewöhnlich, in San Francisco ist es aber tatsächlich bemerkenswert, da die Stadt sich über zahlreiche Hügel erstreckt, mit teilweise beeindruckenden Steigungsprozenten. So kann es durchaus vorkommen, dass man an einer Straßenkreuzung nach rechts schaut und meint, an einem Abgrund zu stehen, aber sieht dass es durchaus noch weiter geht. Es sind auch spektakulär verfilmte Autoverfolgungsjagden, welche die Hügel der Stadt noch weiter bekannt gemacht haben. Diese bergige Landschaft, die eigentlich von den Dünen des Pazifiks gefüttert wurde, macht einen weiteren Reizpunkt der Stadt aus. Immer wieder findet sich ein neuer Aussichtspunkt, mit einer weiteren Perspektive auf die Stadt. Da kann der Blick auch schnell auf den Golden Gate Park fallen, der nach Westen hin San Francisco mit dem Pazifik verbindet und einer der größten innerstädtischen Parks der Welt ist. Auf einer Länge von 5 km weist er eine Breite von rund 800m auf (=4,1km²). Die Küste am Pazifischen Ozean liegt am Rande der Stadt und bildet keinen urbanen Kern mehr (mehr ein Ausflugsziel). San Francisco liegt an der Bucht und viel weniger am Ozean, könnte man vereinfachend sagen. So sind auch die Piers und alten Hafenanlagen und das berühmte ehemalige Gefängnis Alcatraz an bzw. in der Bucht von San Francisco. Ein anderes Gesicht zeigt die Stadt in den zahlreichen Wandgemälden der Stadt, die sich besonders im Bezirk Mission wiederfinden. Über 400 sogenannte Murallas säumen Häuserwände. In den 1970er Jahren war die Blütezeit dieser Kunstbewegung, die sich politisch mit den Zuständen in den USA auseinandersetzt. Noch heute ziehen Schulklassen unter anderem durch die kleine Balmy Alley und bewundern die Bilder. Mission ist ebenfalls ein gut frequentiertes Ausgehviertel der Stadt mit zahlreichen Kneipen, Diners und Bars in allen Geschmacksrichtungen. Die Vielfältigkeit San Franciscos zeigt sich dann auch in weiteren Vierteln, wie Japantown oder Chinatown. Letzteres ist nach New York das größte Chinesen-Viertel in den USA. Hier kann man schnell abtauchen und sich kurz wie am anderen Ende des Ozeans fühlen und die Geschichte der Stadt und Kaliforniens einatmen, die eng auch mit asiatischer Einwanderung verbunden ist. Heute ist San Francisco die Stadt mit den meisten asiatisch-stämmigen Menschen Amerikas (im Vergleich zur Gesamtbevölkerung).
Doch nicht alles ist nur Prunkvoll in San Francisco, Reichtum und Armut sind manchmal höchst eng miteinander verbunden. Am besten zeigt sich das am Civic Center, wo das mächtige Rathaus und die Oper vom Stolz des hiesigen Bürgertums künden, man aber gleichzeitig nicht daran vorbeisehen kann, wie viele Obdachlose hier auf der Straße leben. Das ein Großteil von ihnen schwarze Hautfarbe hat, ist insbesondere deshalb bemerkenswert, da San Francisco einen für die USA verhältnismäßig geringen Anteil von 6% an afroamerikanischer Bevölkerung hat und es zeigt den nicht unerheblichen Unterschied auf, den die Zugehörigkeit zu einer ethnische Gruppe in den USA ausmacht. So streift man durch das Tenderloin Viertel, das direkt an Downtown grenzt und wird gewahr über die für europäische Augen fast schon unglaublich großen Unterschiede, die es zwischen Arm und Reich gibt und man wird sich bewusst, dass Kalifornien die mit Abstand meisten Obdachlosen der USA zählt. Ein nicht unerheblicher Grund dafür sind die hohen Immobilienpreise in der Stadt, die zu einem guten Teil vom Boom des Sillicon Valley ausgelöst sind. Viele der dort ausgezeichnet verdienden Menschen pendeln von und nach San Francisco und haben gerade in den letzten Jahren zu einem sehr hohen Niveau der Preise auf dem Wohnungsmarkt gesorgt, der auch nach der Immobilienkrise 2008, die so viele Städte in Kalifornien betraf, nicht nachließ.

Und noch ein letzter Punkt ist für San Francisco typisch, das Wetter. Die wärmsten Monate in der Stadt sind der September und der Oktober und gerade der Sommer ist für seinen Nebel bekannt, der dann über die Stadt hinwegzieht. Er entsteht wenn warme und feuchte Luft aus Westen an die Küste mündet und über dem kälteren Kalifornienstrom, der aus Norden kommt abkühlt und kondensiert. Dadurch können sehr unterschiedliche Mikroklimate entstehen. So kann über dem Golden Gate der Nebel für kühle Luft sorgen und die Brücke einhüllen, während im Stadtzentrum hochsommerliche Hitze herrscht. Durch die Klimafaktoren ist der Sommer hier kühler als in vergleichbaren Region dieser Breiten, aber sehr trocken, während der Winter mild und feucht ist und es fast nie zu Frost kommt.