Die Pieninen (Pieniny)

Die Pieninnen sind ein nordöstlich der Tatra gelegenes Gebirge, dessen maßgebliche Form durch den Durchbruch des Flusses Dunajec gegeben ist, der auch die Grenze zwischen Polen und der Slowakei markiert. Diese kleine, aber sehr reizvolle Landschaft, die in Deutschland fast unbekannt ist, erfreut sich in Polen hoher Popularität. Schon 1932 wurde hier der erste Landschaftspark Europas gegründet, heute sind sowohl auf slowakischer (1967), als auch auf polnischer Seite (1954) Nationalparks eingerichtet wurden. Der vielleicht bekannteste Gipfel des Gebirges sind die Trzy Korony (die drei Kronen), die auch den eher ungebräuchlichen deutschen Namen des Gebirges, die Kronenberge, gaben. Die drei Kronen erreichen eine Höhe von 982m und thronen über dem manchmal nur 100m breiten tiefen Tal der Dunajec. Die Berge und Felsen der Pieninen lassen sich relativ problemlos bewandern und bieten zahlreiche beeindruckende Ausblicke. Gleichfalls höchste Popularität genießt eine Floßfahrt oder das Rafting auf dem Wasserwege entlang der Dunajec, wobei das Tal auch bewandert oder mit dem Rad erobert werden kann.

Tatra

Die Tatra ist neben den Alpen das einzige Hochgebirge Mitteleuropas. Sie liegt zwischen Polen und der Slowakei, wobei der slowakische Teil rund zwei Drittel der Gesamtgröße des Gebirges ausmacht. Hier liegt auch der höchste Berg, die Gerlachovsky stift (Gerlsdorfer Spitze) mit 2654m. Sie ist gleichzeitig die höchste Erhebung der gesamten Karpaten, daher einer weitreichenden Hochgebirgeskette, die sich über 1300km Länge von hier in einer Bogenform bis nach Rumänien zieht. Die Tatra wiederum wird unterteilt in die Westtatra und die Osttatra, in welcher auch die bekannteste und höchste Region, die Hohe Tatra liegt.
In der Tatra entspringen die Dunajec, die in ihrem weiteren Verlauf einen spektakulären Durchbruch in den Pieninen hat und die nach 247km als rechter Nebenfluss in die Weichsel mündet. Bekannt sind auch die zahlreichen Bergseen, besonders in der Hohen Tatra, wobei das Meeresauge, das Moroskie Oko, zu den schönsten Bergessen der Welt gezählt wird, was täglich tausende Touristen anzieht, die sich auf den rund 9km langen Aufstieg zum 1405m hoch gelegenen See begeben. Das Wandern ist in der Tatra sehr populär und schon am frühen Morgen brechen die ersten Wanderer auf, um zahlreiche Gipfel zu erklimmen, wobei der höchste Berg Polens, der Rysy erwandert werden kann, die Gerlachovsky stift jedoch nicht. Zu beachten ist, dass die slowakischen Wanderwege vom 1.November bis zum 15. Juni geschlossen bleiben, während sie in Polen ganzjährig geöffnet sind, wobei eine Eintrittsgebühr von 5 Zl. zu bezahlen ist.
Der wohl bekannteste Ort der Tatra, ist das polnische Zakopane, ein Wintersportmekka mit den bekannten Skisprungschanzen. Weniger besucht von internationalen und etwas preiswerter ist Bukovina Tatry.
Schon 1949 wurde auf slowakischer Seite der Tatry Nationalpark gegründet, Polen zog 1954 nach und die die UNESCO hat beide Parks zusammen als Biosphärenreservat aufgenommen.

Die Weißenhofsiedlung

Die 1920er Jahre waren in Europa geprägt von den Auswirkungen des 1.Weltkriegs. In den schnell wieder anwachsenden Städten des Kontinents musste man einen riesigen Mangel an bezahlbaren und lebenswerten Wohnungen feststellen. Wirtschaftliche Probleme (man denke an die Hyperinflation in Deutschland 1923 oder die Weltwirtschaftskrise ab 1929) und politische Instabilitäten prägten das Bild des Jahrzehnts. Gleichzeitig sind die „Goldenen 20er“, wie die Dekade eben auch genannt wird, von einer Welle neuer Ideen und einem Reformeifer in Kunst, Kultur und Technik geprägt, der unter anderem zum Aufleben des modernen Bauens führte. Es sind die 1920er Jahre, in denen erstmals sichtbar, dass modernen Bauen in der Architektur manifestierte und in welchem einige noch heute hochgeschätzte Meisterwerke des Jahrhunderts entstanden. Vielleicht kann man sogar so weit gehen und sagen, dass es im Ganzen 20.Jahrhundert kein Jahrzehnt mehr geben sollte, was ähnlich innovativ und vielfältig, so radikal Neues schuf. Es war die Zeit gekommen, als sich die Moderne in der Architektur formte und gegen das alte historisierende Bauen durchzusetzen begann, eine Zeit neuer und radikaler Ideen, in der die Ästhetik des restlichen Jahrhunderts entstand.  

Architektonische Meisterwerke wie die Villa Poissy bei Paris von Le Corbusier, Mies van der Rohes Deutschen Pavillon in Barcelona oder Erich Mendelsohns Einsteinturm in Potsdam sind nur einige der Leuchttürme eines neuen baulichen Stils. Doch die Moderne war nicht nur ein Versuch althergebrachtes Bauen radikal anders zu machen, sie hatte gleichzeitig den Anspruch, eine bessere und vor allem lebenswerte Welt herzustellen. Getragen wurde diese Intention von den vollkommen unzureichenden sozialen Bedingungen, die sich schon weit vor dem 1.Weltkrieg in den Städten breit machten. Diese gehen immer noch zurück auf die Urbanisierung im 19.Jahrhundert. Getragen von der Industriellen Revolution wurde aus überschaubaren Städtchen innerhalb von Jahrzehnten ständig anwachsende Moloche verdichtet untergebrachter Menschenmassen. Waren in Europa zum Ende des 19.Jahrhunderts gerade einmal die schlimmsten hygienischen Katastrophen eingedämmt wurden, so war es nun höchste Zeit den Gegenstand des guten, oder wenigstens akzeptablen, Wohnens für die Einwohner der Stadt konsequent anzugehen. Das „Neue Frankfurt“ unter Ernst May kann als Musterbeispiel für das Bemühen gesehen werden, neuen Wohnraum mit einer zeitgenössischen Formensprache zu errichten. Kann man im „Neue Frankfurt“ die praktische Anwendung des „Neuen Bauens der Moderne“ sehen, so ist die Weißenhofsiedlung – um die sich dieser Artikel dreht – so etwas wie der Konstruktionsplan, die Mustersiedlung, der Leistungskatalog der Moderne.

Der deutsche Werkbund, eine 1907 in München gegründete Vereinigung von Künstlern, Architekten, Industriellen und Handwerkern, gelang es 1925 die Stadt Stuttgart als Partner für eine Ausstellung zum modernen Wohnen zu gewinnen. Hierfür war insbesondere die württembergische Arbeitsgemeinschaft des Bundes unter Gustav Stotz verantwortlich, der den Oberbürgermeister Karl Lautenschläger von einem Projekt mit internationalem Inhalt und Strahlkraft überzeugen konnte. Schließlich erklärte sich die Stadt bereit, 1927 eine Ausstellung zum Thema „Wie Wohnen?“ abzuhalten. Vier Teile prägten die Ausstellung, erstens eine Schau in neun Messehallen in der Stadtmitte mit dem Titel „Einrichtung des Hauses“, wo Firmen neue Einrichtungsgegenstände vom Staubsauger über Bodenbeläge bis hin zur Haustechnik präsentierten. Zweitens eine „Internationale Plan- und Modell-Ausstellung Neuer Baukunst“ in welchem Projekte von 129 eingeladenen Architekten aus zehn Ländern präsentiert wurden (eine Art Projektsammlung des who is who der frühen Moderne). Drittens ein Experimentiergelände auf dem Killesberg, wo Baumaschinen und Baustoffe gezeigt wurden und viertes eine, gleich in direkter Nachbarschaft davon entstehende Musterhaussiedlung mit 33 Häusern, die den Titel „Der Bau des Hauses“ trug und heute unter dem Titel „Weißenhofsiedlung“ (der Titel bezog sich auf einen hier stehenden Bauernhof) in die Geschichte der Architektur eingegangen ist.
Ludwig Mies van der Rohe wurde vom Deutschen Werkbund mit einem Bebauungsplan beauftragt und übernahm die künstlerische Leitung der Ausstellung. Nach einem Auswahlverfahren lud er schließlich 17 Architekten ein, welche jeweils eine Parzelle Bauland bekamen. Gemeinsam wurde festgelegt, welcher Haustyp vom wem erbaut werden sollte. Mies van der Rohe ordnete das Baugebiet, das am Gefälle des Killesberg liegt, so an, dass niedrigere Gebäude weiter unten am Hang und höhere weiter oben stehen sollten, so dass für alle Wohnungen eine gute Belichtung und ein guter Blick ins Tal möglich waren. Gebaut werden sollten nur Einfamilien-, Reihen- oder Mehrfamilienhäuser, alle jedoch mit Wohnungen, die sich der normale Bürger leisten konnte. Tatsächlich erwies sich das als Trugschluss, denn die anfangs aufgerufenen Preise waren für die damaligen Einkommensverhältnisse sehr hoch bis astronomisch. Erst als die Stadt Stuttgart, als Besitzerin der Wohnungen, die Mietpreise 1928 halbierte, fanden sich genügend Mieter für die Siedlung. Eine Grundregel mussten die Architekten beherzigen, alle Bauwerke sollte ein Flachdach haben. Tatsächlich gilt noch heute das Flachdach als ein stilprägendes Element der Moderne, ein Element, an dem sich noch lange ein – teilweise sehr oberflächlicher – Streit über die Ästhetik der Moderne entzünden sollte, auf dem wir später zurückkommen werden. An dieser Stelle sei nochmals bemerkt, 1927 war die Moderne noch eindeutig nicht die Form des Establishments, des vorherrschenden Seheindrucks, sondern etwas ziemlich bis vollkommen Neues, eine Architekturrevolution an deren Anblick sich viele erst einmal gewöhnen mussten.
Der Anspruch sowohl der Weißenhofsiedlung als auch der gesamten Baubewegung der Moderne in den 1920er Jahren war (und ist) international, was gleichfalls die Plan- und Modellausstellung deutlich machte. Natürlich sollten ebenso die Häuser auf dem Weißenhof diesem internationalen Anspruch gerecht werden und so lud Mies van der Rohe Architekten aus mehreren Ländern ein. Diese waren: Peter Behrens, Victor Bourgeois (Belgien), Le Corbusier zusammen mit seinem Bruder Pierre Jeanneret (Schweiz), Richard Decker, Joseph Frank (Österreich), Walter Gropuis, Ludwig Hilbersheimer, Pieter Oud (Niederlande), Hans Poelzig, Adold Rading, Mart Stam (Niederlande), Hans Scharoun, Adolf Schneck, Bruno und Max Taut. Diese damals zum Teil kaum bekannten Architekten stehen heute als Wegbereiter solcher Tendenzen wie De Stijl, Rationalismus, Funktionalismus, Bauhaus oder das organische Bauen in den Almanachen der Architekturgeschichte.

Äußerlich ist der erste Eindruck der Weißenhofsiedlung recht einheitlich. Alle Häuser haben eine kubische Bauform, die schon angesprochenen Flachdächer und insbesondere für die damalige Zeit ungewöhnlich große Fensteröffnungen, die gern zu Fensterbändern zusammengeschlossen wurden. Ihnen fehlte jegliches Zierelement auf ihren schmucklos verputzten weißen Fassaden. Neu war ebenfalls das diese Häuser in ihrer Aussicht zum Tal hin orientiert waren, nicht zur Straße hin. In der Größe betont waren die Wohnräume, während die Funktionsräume eher klein gehalten waren. Dafür konnten variable Anpassungen in den Wohnungen vorgenommen werden, durch Schiebe- und Faltwände konnten die Bewohner Räume nach ihrem Wohngeschmack arrangieren. Gleichfalls waren natürlich alle Wohnungen mit moderner Haustechnik ausgestattet; alle hatten ein eigenes Bad, alle Häuser hatten zentrale Heizungen und in jede Küche verfügte über Gasanschluss, welche die damals gängigen Kohleöfen obsolet erscheinen ließen.
Dieser einheitliche Eindruck erweist sich jedoch bei genauem Hinsehen als voreilig, denn „die einzelnen Bauten dieses zeitgenössischen Museums internationaler Architektur [zeigten] sehr unterschiedliche Ansätze. Das Haus Scharouns bestand aus sich überschneidenden Kurven und wirkte im Vergleich zur stereometrischen Disziplin der anderen Entwürfe geradezu expressionistisch. Le Corbusiers größeres Gebäude mit seinen pilotis, dem glatten, schwebenden Kasten, den großen Glasflächen, den nautischen Anklängen und der nahezu fantastischen Demonstration der cinq points kontrastierte wiederum mit Mies van der Rohes geschlossenerem, erdgebundenen, planimetrischen Apartmentgebäude.“ (Curtis S.259) Hier zeigt sich schon die Unterschiedlichkeit, welche die Bewegung des modernen Bauens schnell bekam, mit ihren mannigfachen Ausprägungen und Formentendenzen. Im Kontext zur bestehenden Tradition jedoch, blieb jedoch gleichfalls der Eindruck eines Neuen Bauens, der aufgrund seiner offenen Multinationalität später auch als „International Style“ bezeichnet werden sollte (Henry-Russel Hitchcock und Philip Johnson gaben dem wirkungsmächtigen Ausstellungskatalog ihrer Schau über neues Bauen im New Yorker Museum of Modern Art diesen Namen, der schnell zu einem Etikett für eine allerdings – wie gerade bemerkt – sehr unterschiedliche architektonische Richtung wurde). Tatsächlich ist zu bemerken, dass sich „1927 erstmals eine internationale Front“ (Curtis S. 198) für diese neue Form der Architektur bildete und daran hatte die Weißenhofsiedlung einen entscheidenden Anteil. Auch wenn der Werkbund noch fünf weitere Siedlungen in der Nachfolge Stuttgarts plante (Brünn, Breslau, Zürich, Wien und Prag) blieb der Weißenhof doch das Sinnbild für das neue und moderne Bauen, ein heute noch begehbares Monument der Architekturgeschichte.
Gleichwohl hatte es dieses Sinnbild schwer. Anfeindungen waren schon seit seiner Entstehung zu hören. Oberflächlich arbeiteten sich diese am Flachdach ab, das insbesondere von konservativen Architekten und Denkern als undeutsch galt und selbst der Volksmund sprach schnell vom „Araberdorf“, oder der „Vorstadt Jerusalems“. Schon zu Beginn der 1930er Jahre wurde eine Gegenbebauung in Stuttgart errichtet, die Kochenhofsiedlung, in welcher explizit jedes Gebäude unbedingt ein Satteldach tragen musste (selbst anhängende Schuppen). Später diffamierten auch die Nationalsozialisten die Weißenhofsiedlung (beispielsweise mit einer ebenso lächerlichen wie diffamierenden Postkartencollage) und waren bestrebt hier einen Neubau der Militärverwaltung zu bauen und damit die „undeutschen“ Häuser abzureißen. Allerdings war paradoxerweise der 1939 von ihnen gestartete 2.Weltkrieg dafür zuständig, dass es nicht zum Abriss und Neubau kam. Jener Krieg allerdings zerstörte einige Häuser des Areals, da sich hier eine Flakstellung befand, welche beschossen wurde. Auch in der jungen Bundesrepublik war die architektonische Qualität des Weißenhofes anfangs kaum bemerkt worden.1956 fielen die Häuser Adolf Radings und Bruno Tauts dem Abriss zum Opfer und erst als die Bauwerke Le Corbusier ein ähnliches Schicksal ereilen sollte, stellte man 1958/59 das gesamte Ensemble unter Denkmalschutz. Tatsächlich waren schon zu jenem Zeitpunkt zahlreiche Häuser stark entstellt, umgebaut oder in einem allgemein recht bedauerlichen baulichen Zustand. Der anlässlich des 50.Jahrestages der Eröffnung 1977 gegründete Verein „Freunde der Weißenhofsiedlung“ bemühte sich seit den 1980er Jahren um eine Sanierung der Bauwerke mit dem Ziel eine ursprünglichere Beschaffenheit wiederherzustellen. Lediglich das Doppelhaus von Le Corbusier wurde 2002 bis 2006 nochmals restauriert und nicht nur in den Originalzustand gebracht, sondern auch als Museum eröffnet, in welchem man sich zum einen zur Geschichte Siedlung informieren kann und zum anderen einen Eindruck von der Inneneinrichtung der Wohnungen bekommt. 2016 wurde der Museumsbau als Teil der Bauten von Le Corbusier zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

 

Literatur:

Valerie Hammerbach, Anja Krämer- 2015 – „Die Werkbundsiedlung Stuttgart Weißenhofsiedlung (Bauhaus Taschenbuch Nr.14); Spector Book
Dieses kompakte Buch bietet einen wunderbaren Überblick über Geschichte, Bedeutung und Inhalt der Weißenhofsiedlung

William J.R. Curtis – 2002 – „Moderne Architektur. Seit 1900“ – Phaidon

Im Standartwerk zur Modernen Architektur findet natürlich auch die Weißenhofsiedlung ihren Platz, wer sich zum modernen Bauen belesen möchte, der kommt an diesem wundervollen Buch (vielleicht einem der besten Architekturbücher überhaupt) nicht vorbei

Die demographische Größe der Stadt

Der Blick auf die Stadt kann ganz unterschiedliche Perspektiven annehmen. Wie alt ist die Stadt? Welche kulturelle oder administrative Bedeutung hat sie? Wie ist sie geformt? Wie lebt man in ihr? Ein sehr einfaches und für gewöhnlich recht häufig gebrachtes Mittel zur Einordnung von Städten ist, sie nach ihrer Größe zu ordnen. Man zähle die Einwohner zusammen und fertig!

Es ist aber gar nicht mal so einfach festzustellen, wie groß Städte konkret sind, denn Städte sind heute keine ummauerten Einheiten mehr, wie im Mittelalter und selbst in jener Zeit gab es durchaus Gebäude vor diesen Mauern, die nur deshalb gebaut wurden, weil es hinter den Mauern urbanes Leben gab, dass die Menschen anzog dort zu siedeln. Für die Angabe wie groß eine Stadt ist, daher wie viele Menschen sie bewohnt ist die Frage relevant bis wohin sich eine Stadt zieht. Die Grenzen der Stadt, sind nicht unbedingt die irgendwann mal festgelegten administrativen Stadtgrenzen (die sich durch Eingemeindungen etc. historisch schnell ändern können), denn diese sagen nicht immer wirklich viel über die tatsächliche Stadtgröße aus. Ein schönes Beispiel dafür ist Brüssel, die Hauptstadt Belgiens. Die Stadt Brüssel hat lediglich 176.000 Einwohner auf 32,6 km² (das sind ungefähr so viele Einwohner wie das nordrhein-westfälische Hamm hat). Sie ist aber nur Teil von 19 (Stadt-)Gemeinden, die zusammen die Region Brüssel-Hauptstadt ausmachen und 1,2 Mio. Einwohner haben, die sich auf 161 km² verteilen. Bei dieser Angabe wird die Größe der Stadt schon deutlicher. Ein Extrembeispiel wenig hilfreicher Stadtgrenzen stellt die chinesische Stadt Chongqing dar. Sie ist eine regierungsunmittelbare Stadt mit einer Verwaltungseinheit der Größe von 82.408 km², was in etwa die Größe Österreichs darstellt! Hier wohnen 28,8 Mio. Menschen, jedoch zumeist in ländlichen Siedlungen, denn die Einwohnerdichte des Gebietes liegt niedriger als die der Niederlande.
Ein Blick auf den Ballungsraum der Stadt ist vielmals viel zielführender um bestimmen zu können wie groß eine Stadt ist, im Fall von Chongqing ist er mit etwa 8 Mio. Einwohnern angegeben. Wie in den beiden Beispielen gezeigt, sagen die Stadtgrenzen nicht immer viel über die Größe der Stadt aus, wobei der Fall Chongqing eine Ausnahme darstellt, da hier die administrativen Grenzen viel zu weit gezogen sind um die Größe der Stadt zu ermitteln. Der Normalfall ist andersherum1.
Städte, als urbane Verdichtungen hören daher nicht immer an ihren Stadtgrenzen auf, sondern beinhalten auch Vororte und urbane Randlagen, die dann als Ballungsgebiet oder Agglomeration bezeichnet werden. Damit ist ein Verdichtungsraum gemeint, der wechselseitig verflochtene Gemeinden mit einer höheren Konzentration von Siedlungsflächenanteil und Siedlungsdichte. Im Regelfall gruppieren sich die Agglomerationen um eine Kernstadt und werden dann als monozentrische Agglomerationen bezeichnet (bspw. Ballungsräume wie Stuttgart, München, Berlin…). Sind mehrere Oberzentren vorhanden und lässt sich keine zentraler Hauptkernstadt ausmachen, so kann von einer polyzentrischen Agglomeration gesprochen werden (bspw. das Ruhrgebiet.2 Die Grenzen noch weiter ausweitend ist die Metropolregion, deren Fläche sich dann noch weit über das Ballungsgebiet hinaus ausdehnt. So umfasst die Metropolregion Berlin / Brandenburg eine Fläche von 30.546 km², und damit rund ein Drittel der Fläche ganz Ostdeutschlands. Diese Bestimmung scheint dann aber wieder zu weit gegriffen, da sie bis weit in unbesiedelte Randbereiche hinausreichen und nicht mehr viel, bis gar nichts mit der Kernstadt zu tun haben. Metropolregionen sagen so, fast gar nichts mehr über die Stadt und ihre Größe aus.
Ungünstigerweise kann man zusammenfassen: die Größe der Stadt ist ein etwas schwammiges Kriterium, denn selbst wenn man sich darauf einigt, dass diese immer innerhalb des Ballungsraumes befindet, bleibt die Frage, was diesen ausmacht und wie groß er letztendlich ist. Dabei muss gleichzeitig festgehalten werden das bei dieser Betrachtung Stadt nicht gleich Stadt ist. Denn Städte, die ein Ballungsgebiet über ihre eigenen Stadtgrenzen hinaus ausgebildet haben, können andere Städte innerhalb dieses Raumes quasi „vereinnahmen“, wobei dies ein irreführender Begriff ist. Das Wachstum einiger Städte breitet sich auf andere Städte aus und macht aus diesen Vorstädte (die tatsächlich auch ein Stadtrecht haben), die in einem engen funktionalen Zusammenhang mit ihrem „Oberzentrum“ stehen. Man denke hier an Beispiele wie Potsdam, das auch als Vorstadt von Berlin angesehen werden kann, oder an Alcalá de Henares als Vorstadt von Madrid.3
Historisch bildet sich die Situation der Ballungsgebiete mit der Phase der Industrialisierung heraus. Seit der industriellen Revolution wirken Städte wie große Magnete und ihre Einwohnerzahlen steigen – zumindest anfangs- dramatisch. Die Bevölkerung der Erde fängt an sich stark zu vermehren und erstmals in der Historie des Planeten wächst sie am dynamischsten in Städten. Obwohl die Weltgeschichte schon in der Antike große Städte kannte (man denke an Rom) ist es erst das 19. Jahrhundert das vermehrt Millionenstädte hervorbrachte (um 1900 waren es ungefähr 20, 100 Jahre früher gab es mit London nur eine). Im 20. Jahrhundert bilden sich daraus Megastädte, also urbane Verdichtungen von mehr als 5 Millionen Einwohnern, wovon es momentan schon über 50 auf der Erde gibt. Diese Megacities wachsen weit über ihre historische Innenstadt hinaus und bilden Vorstädte aus, die wenn sie allein betrachtet werden, teilweise selbst Millionenstädte sein können. Incheon beispielsweise hat 2,8 Millionen Einwohner und ist statistisch die 3.größte Stadt Südkoreas, liegt aber nur 30km von Seoul entfernt und kann als Trabantenstadt des nochmals ungleich größeren Seouls verstanden werden.

Eine Einordnung eines solchen Ballungsraums findet sich bei Dirk Bronger, der wiederum auf ein Modell von Olaf Boustedt zurück geht und als Stadtregion-Modell bezeichnet wird. Im Mittelpunkt (nicht unbedingt geografisch) liegt die Kernstadt (core city). Bis in die Gegenwart ist sie das funktionale Herz. Hier finden sich nicht nur zahlreiche kulturelle Einrichtungen und administrative Institutionen, sondern auch die Zentralen größerer Unternehmen. Statistisch sind die core citys zumeist mit den administrativen Stadtgrenzen gleichzusetzen, wobei es sich dann um „underboundes cities“ (siehe Anmerkung 1) handeln muss. Historisch gesehen wurden die Grenzen dieser Kernstädte gesprengt, einen Prozess den man Suburbanisierung nennt und der stark vereinfacht heißt, das Menschen aus der Innenstadt hinaus in nah angrenzende Gebiete gezogen sind. Daher schließt sich als nächstes das Ergänzungsgebiet an, dessen Siedlungscharakter sich in struktureller und funktionaler Hinsicht der Kernstadt ähnelt. Sowohl die Kernstadt als auch das Ergänzungsgebiet bilden zusammen das Kerngebiet der Agglomeration der Stadt. Dahinter folgt die verstädterte Zone, die schon eine deutlich aufgelockerte Siedlungsstruktur erkennen lässt, wobei die Bevölkerung hier immer noch insbesondere gewerblich stark vom Kerngebiet beeinflusst ist. Täglich fahren von hier aus die Pendler in die Kernstadt.Dieser Prozess der Suburbanisierung ist historisch nicht allzu alt und setzte als erstes in London um 1900 ein. Verstädterte Zone, Ergänzungsgebiet und Kernstadt bilden zusammen die metropolitane Agglomeration, an deren Ende die Randzone beginnt, in welcher immer noch Pendler leben können, die aber schon eine ländliche Besiedlungsstruktur hat, mit einer sehr geringen Einwohnerdichte insbesondere im Vergleich zur Kernstadt. Bei der historischen Einordnung des beschriebenen Prozess der Ausbreitung der Stadt, spricht Bronger von historischer, interner und externer Suburbaniserung, je nachdem wann und wohin sich das urbane Stadtgebiet ausgeweitet hat.

Urbane Zone

Zusammenfassende Zone

Prozess

Kernstadt

   

Ergänzungsgebiet

Kerngebiet

Historische Suburbanisierung

Verstädterte Zone

Metropolitane Agglomeration

Interne Suburbanisierung

Randzone

Metropolregion

Externe Suburbansierung

Diese Abgrenzung gilt natürlich nur für Großstädte, die Ballungsräume entwickelt haben und machen für Kleinstädte in der Regel keinen Sinn. Gleichzeitig sind auch hier die Grenzen von Stadt zu Stadt, gerade im weltweiten Vergleich immer wieder problematisch zu ziehen. Wo beginnt die verstädterte Zone und wo endet das Ergänzungsgebiet? Wo auch immer man daher eine Stadtgröße definiert, sollte angegeben werden, welche Bezugsfläche man annimmt. Das soll am Beispiel Stuttgart gezeigt werden:
Die Stadt Stuttgart hat 628.032 Einwohner auf einer Fläche von 207km² und ist so die sechstgrößte Stadt Deutschlands. Damit ist das rein administrative Stadtgebiet gemeint. Verlässt man diese relativ klar zu ziehende Grenze wird die genaue Einwohnerzahl undeutlich. Die offiziell nächst größere Einheit wäre die Region Stuttgart, einer Planungsregion welche den Stadtkreis und die fünf umliegenden Landkreise beinhaltet. Dabei handelt es sich um einen regionalen Zusammenschluss der sechs Verwaltungseinheiten, die gemeinsam die Aufgaben der regionalen Raumplanung, Verkehrsplanung und Wirtschaftsförderung übernehmen. Jedoch verliert dieser immerhin 3.653 km² große Bereich erheblich an urbanen Charakter, da er insbesondere in den fünf Landkreisen sehr in den ländlichen Bereich ausfranzt. So hat die kleine Gemeinde Kaiserbach im Osten des Rems-Murr-Kreises nur noch 2.500 Einwohner die sich mit einer Dichte von 89 Einwohner auf den km² verteilen, was in etwa der Bevölkerungsdichte des Landes Brandenburg entspricht. Noch größer ist der Rahmen der Metropolregion Stuttgart, die sich auf über 15.000 km² ausdehnt und rund 5,3 Mio. Einwohner hat. Bei einer Bevölkerungsdichte von 342 Einwohner ist die Metropolregion eher eine theoretische Größe, die für die (wirtschaftliche) Leistungsstärke der Region vielleicht Auskunft geben kann, für die Beschreibung Stuttgarts sicherlich weitaus weniger.
Eine andere Annäherung schlägt die wunderbare Internetseite citypopulation von Thomas Brinkhoff vor. Sie berechnet für Stuttgart lediglich die besiedelten Räume, also nur jene Gebiete die tatsächlich bebaut sind und kommt so für das urbane Gebiet Stuttgart (u. a. mit den Vorstädten Esslingen und Ludwigsburg) auf die Bevölkerungszahl von 1,35 Mio. Dies würde bei Bronger wohl am besten zur Definition des Kerngebietes passen. Nimmt man den Bereich der urbanen Agglomeration, bei Bronger die verstädterte Region, dazu, kommt man auf über 2 Millionen Einwohner. In der folgenden Tabelle werden die Daten zusammen gefasst:

Einheit

Einwohner

Fläche

Einwohner / km²

Stadtkreis Stuttgart

628.032

207 km²

3.029

Region Stuttgart

2.735.425

3.653 km²

749

Metropolregion Stuttgart

5.300.000

15.400 km²

342

Urbanes Gebiet Stuttgart

1.353.500

292 km²

4.633

Urbane Agglomeration Stuttgart

2.333.000

621 km²

3.759

Auffällig ist, dass bei den Berechnungen von citypopulation.de die Einwohnerdichte für die erweiterten Gebiete höher sind als für das reine Stadtgebiet bzw. die Kernstadt. Wer daraus ableitet das in den Vororten eine dichtere Besiedlung herrscht, als in der Kernstadt liegt damit aber nicht (automatisch) richtig. Vielmehr wurden – wie bereits erwähnt nur tatsächlich besiedelte Gebiete in die Berechnung einbezogen. Damit fallen aber die zahlreichen Grünanlagen, größere Parks und Stadtwälder aus den Berechnungen heraus (am Beispiel Dresden wäre dies die immerhin 50 km² große Dresdner Heide oder aber auch der sehr zentral gelegene Große Garten). Dies ist durchaus diskutabel, den größere Parks sind teilweise elementare Bestandteile der Stadt und Orte urbanen Lebens und insofern weit mehr als die „grüne Wiese“. Trotzdem ist mit den letztgenannten Berechnungen am besten angegeben wie die Größe einer Stadt berechnet werden kann, weshalb auch auf tommr.net darauf zurückgegriffen werden soll.

Mehr zum Thema bei:

Dirk Bronger (2016): „Metropolen, Megastädte, Global Cities. Die Metropolisierung der Erde“
Diese Buch gibt einen sehr guten Überblick über das Feld Megastädte und Global Cities und erörtert Fragen angefangen von er Größe der Städte bis hin zu ihrer funktionalen Verflechtung in das staatliche, als auch globale Umfeld. Zahlreiche Statistiken zeigen sehr interessante Fakten auf. Einzig die schreckliche Fehlerhaftigkeit ist sehr störend, (in vielen Tabellen finden sich beispielsweise Tippfehler, gegen Ende des Buches wird das immer schlimmer)

citypopulation.de bietet einen beeindruckenden Blick auf Städte und ihre demographische Größe weltweit.

 

Fußnoten:

1 Schon in den 1950er Jahren hat der Geograph Kingsley David modellhaft drei Typen von Stadtgrenzen und Bevölkerungsstand genannt.
Eine „overbounded city“ ist eine Stadt dessen Grenzen weiter als das städtische Gebiet reichen, als Beispiel würde hier Chongqing gelten. Eine „underbounded city“ ist im Gegenteil eine viel zu eng begrenzte Stadt, deren urbanes Gebiet über die Stadtgrenzen hinausreichen. Dies trifft für einen Großteil insbesondere von Großstädten zu. Ein Idealfall wäre die „truebounded city“, wo die Grenzen der Stadt und des urbanen Raumes gleich sind. Ein annäherndes Beispiel dafür ist das spanische Zaragoza.

2 Polyzentrische Agglomerationen können jedoch ein Wahrnehmungsproblem haben, in der Form das sich niemand als Teil dieser Agglomeration ansieht. Hier wäre zu fragen, ob es überhaupt eine gemeinsame Wahrnehmung als städtisches Gebiet gibt. Im Ruhrgebiet ist dies sicherlich vorhanden.

3 Sowohl Postdam, als auch Alcalá de Henares haben aber eine eigene Geschichte, die unabhängig vom Ballungsgebietsstadt ist, in welcher sie sich jetzt befinden. Im Fall von Alcalá ist diese Geschichte um viele Jahrhunderte älter!

Geschichte von Los Angeles

Every city has it’s boom, but the history of Los Angeles is the history of booms” [Carey Mc Williams]

Am 4. September 1781 gründeten 44 Siedler in der Nähe der franziskanischen Mission San Gabriel die Gemeinde Los Angeles. Tatsächlich war es aber die folgenden Jahre recht einsam im Süden des heutigen Kaliforniens. Auf großen Farmen wurde Landwirtschaft betrieben und es gab etwas Handel mit von der Ostküste der USA kommenden Schiffen. Dem ein oder anderen Seemann muss die Gegend angenehm vorgekommen sein und er sah im wohltemperierten Klima dieses so weit abgelegenen Ortes die Möglichkeit, selbst Geld zu machen. Ein Beispiel dafür ist Abel Stearns, der in den 1820er Jahren aus Massachusetts hier landete und sich schnell zum Katholizismus der damaligen Einwohner bekehren ließ, denn Kalifornien gehörte bis 1848 zu Mexiko (und vor dessen Unabhängigkeit zu Spanien, mehr Details gibt es im Beitrag zur Geschichte Kaliforniens). Stearns ließ ein Warenhaus bauen, eröffnete eine Pferdekutschenverbindung und wurde in den 1840er Jahren Besitzer weiter Landflächen, die er zur Viehzucht nutzte. Der steigende Wohlstand im Norden Kaliforniens, durch den Goldrausch von 1849, erhöhte die Absatzmärkte von Vieh. Der Wirtschaftszweig florierte bis eine große Dürre in den 1860ern abertausende von Tieren dahinraffte und die ursprünglichen Rancheros in große wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte.
Sonst blieb das Örtchen Los Angeles von den Auswirkungen des Goldrausches im Norden des Bundesstaates kaum beeinflusst und hatte bis zu seiner Erlangung des Stadtrechts 1850 nicht mehr als 2.000 Einwohner. Trotzdem trug das seiner Zeit eher unbekannte Städtchen den Beinamen „Höllenstadt“, weil es einer der gefährlichsten Orte der USA war. So soll es im Los Angeles County pro Tag einen Mord gegeben haben und das bei einer Gesamtbevölkerung von 3.600 Einwohnern.
Der Ruf verschlechterte sich noch mit den chinesischen Massakern von 1871, als 20 Chinesen von einem wütenden weißen Mob getötet wurden. Ein rassistischer Hass auf die Chinesen war damals ein weitreichendes Phänomen in Kalifornien, wo es durch die pazifische Anbindung in jeder größeren Ansiedlung auch einige Asiaten gab, die häufig in ihren eigenen Vierteln lebten, wie ab den 1880er Jahren auch in Los Angeles. Das Chinatown befindet sich heute noch etwas nördlich der Innenstadt (für das es aber auch schon eine suburbanisierte Form gibt, das New Chinatown). Der größere Teil der Bevölkerung war über das landesweit Aufmerksamkeit erhaltene Massaker schockiert. Die kriminellen Machenschaften und die Rufschädigung wollte und konnte man nicht auf sich sitzen lassen und so gründete man Einrichtungen, wie das „Rebuild LA Committee“, welche sich für eine bessere urbane Zukunft von Stadt und Region einsetzten. Tatsächlich startete ab den 1880er Jahren ein Boom in Los Angeles. Noch 1880 war die Stadt auf Rang 187 im US-Zensus der größten Städte. Nur 40 Jahre später war es schon die größte Stadt im Westen des Landes. Wie konnte das passieren?

Anders als in San Francisco, in dessen Umgebung man Gold fand, waren schnelle Reichtümer aus der Erde hier nicht zu finden, sieht man von den begrenzten Erzvorkommen im Death Valley ab, das aber erstens weit entfernt war und zweitens bei weitem keine so große wirtschaftliche Strahlkraft hatte, wie das Gold und später das Silber das in San Francisco gehandelt wurde. Der schon angesprochene Niedergang der Vieh-Ranchs ab den 1860er Jahren, führte zu einer Umverteilung der Besitzverhältnisse, die für die weitere Entwicklung nicht unwichtig wurde. Neues Kapital kam aus San Francisco, wo die Besitzer der Silberbergwerke und der neuen transkontinentalen Eisenbahn erheblichen Reichtum angehäuft hatten und den nun ruinierten Weidelandbesitzer ihr Land abkauften. Es stand zur Debatte, was man mit den Landflächen am besten anstellen könnte. Es wurde Schafwirtschaft betrieben und später Weizen angebaut. Auch wenn man damit einige Zeit gute Profite einstrich, war dies keine Boomwirtschaft und die Gewinne waren überschaubar. Es musste sich also etwas ändern.
Die Voraussetzungen für den schnellen Aufstieg der Stadt lagen in der Eisenbahn und dem Bau einer zweiten kontinentalen Eisenbahnverbindung Kaliforniens von Los Angeles aus in Richtung New Orleans. Die Stadt sollte zu einem neuen Verkehrsknotenpunkt werden. Tatsächlich waren die ersten Jahre der Anbindung, keinesfalls als erfolgreich zu bezeichnen. Die lokale Landwirtschaft litt unter billig herangebrachten Produkten aus dem Osten. Die Eisenbahn sah sich in der Verantwortung, die Landwirtschaft in der Region zu stärken, wollte man weiterhin zahlreiche Güter von und nach Los Angeles transportieren und damit Geld machen. Der Anbau von Zitrusfrüchten war eine geeignete Lösung. Sie zog zahlreiche neue Investoren an, welche gleichzeitig den Wert des Landes steigerten. Mindestens ebenso wichtig war, dass man gleichzeitig ein angenehmes Image als mediterranes Paradies aufbauen konnte, wo die Früchte der Sonne wachsen. Daraus konnte wiederum der einsetzende Tourismus der Region gestärkt werden. Mit dem gestiegenen Interesse und sich verteuerndem Land, setze schließlich der Wirtschaftszweig ein, der den Boom in Los Angeles maßgeblich prägte, der Immobilienhandel. Innerhalb der Stadt, angefangen bei der lokalen Zeitung Los Angeles Times, über Banken und Landentwicklungsunternehmen, machten sich wirtschaftliche Akteure daran, ein Image der Stadt zu erschaffen, dass auf den Pfeilern: Sonnenschein und ewig gutes Wetter, keine lästigen Gewerkschaften (entsprechende Gesetze dazu wurden erlassen), sowie der Lebensweise traditioneller (konservativer) Werte abzielte. Das Wesen und die Arbeit der frühen franziskanischen Missionen wurde gepriesen und gefeiert, Südkalifornien und Los Angeles stellten das heile Traumland dar, in Zeiten der Massenverstädterung und des Elends der Arbeiterklasse, war hier eine gesunde Alternative am entstehen. Der Aufbau dieses Images war ein großes Zugpferd für die in Scharen kommenden sogenannten WASPs, weiße Protestanten angelsächsischer Herkunft, welche aus dem Mittleren Westen der USA immigrierten und sich hier ein besseres Leben erhofften.
Die Isolation Kaliforniens des am Rande liegenden Nirgendwo, wurde so allmählich aufgehoben und ersetzt durch das Bild eines reichen und gesunden Südkaliforniens, das noch heute ein Grundpfeiler der kalifornischen Identität ist. Mit Mike Davis, dessen Buch „The City of Quartz“ eine brillante Studie der Stadtgeschichte LAs ist, kann man erstaunt feststellen, dass Los Angeles tatsächlich damals schon eine Imagepflege betrieben hat, wie man sie in den letzten 30 Jahren nur von postindustriellen Städten kennt, die ein (neues) Bild von sich entwerfen müssen (weil die Industriestadt in Nordamerika und Europa ausgedieht hat). In LA tat man das in einer Zeit, als die Stadt noch gar keine Industrie hatte! Schnell wurden neue Städte und Siedlungen gebaut, die sich zu den drei bestehenden Städten Los Angeles, sowie San Buenaventura und San Bernadino zugesellten, wobei klar war das Los Angeles der Kern des neuen urbanen Gebietes war.
Die Landwirtschaft erlebte den erhofften großen Aufschwung und bis zur Jahrhundertwende entwickelte sich Südkalifornien zum ertragreichsten Gebiet der USA. Durch den nicht versiegenden Strom von neuen Siedlern, erhielt die Bodenspekulation auftrieb, ein Geschäftsfeld das von damals bis heute maßgeblich zum Aussehen und zur Ausbreitung des heutigen LAs beigetragen hat. Schon 1860 stellten übrigens Beobachter fest, in der Stadt gebe es eine höhere Dichte an Immobilienmaklern als irgendwo sonst auf der Welt.
Die konjunkturelle Schwächeperiode der 1890er Jahre zeigte die wirtschaftlichen Schwachpunkte der Region auf, die ganz auf Bauwirtschaft und Immobilien gegründet war. Konsequenterweise wurde in deren Folge ab 1900 verstärkt auf ein bisher nicht vorhandenes industrielles Wachstum gesetzt, dessen Beispiel der nordostamerikanische American Manufacturing Belt gab. Bis 1920 wandelte sich Los Angeles so, zur einer Industriestadt, wenngleich noch auf bescheidenem Niveau. Es etablierte sich die Ölindustrie, bedingt durch Ölfunde im Umland, die neu entstehende Filmindustrie, welche im klimatisch vorteilhaften LA perfekte Bedingungen antraf und die Flugzeugindustrie, die vor allem auf private Initiativen von Unternehmern wie der Loughead Brüder (Lockheed) und Donald Douglas entstand.

Von essentieller Wichtigkeit für den weiteren Aufstieg der Stadt war daher das Schaffen geeigneter Infrastruktur. Mit der Fertigstellung des Los Angeles Aqueducts 1913 und weiterer Trinkwasserverbindungen wurde die wachsenden Stadt mit notwendigem Trinkwasser versorgt. Der Ausbau des Hafens war eine weitere Notwendigkeit und so wurde 1907 der Port of Los Angeles eröffnet.
Zum Wachstum der Stadt gehörte das damals überragend dichte Nahverkehrsnetz der „Red Cars“, das eine intensive, aber nur kurze Geschichte hatte, denn keine andere Stadt der Welt erfuhr so zeitig eine massenhafte Automobilisierung wie Los Angeles, die wiederum zu einer kontinuierlichen Abschaffung der gerade erst eingerichteten Straßenbahnen führte, deren Zahl sich von 1924 bis 34 halbierte, während die großen Boulevards, Figeroua, Pico, Western, Olympic, Wilshire und Sunset breit ausgebaut wurden, um die neue Verkehrslast bewältigen zu können. Schon 1925 gab es in keiner anderen amerikanischen Großstadt so viele Autos wie in LA und die Stadt entwickelte sich von da an, zur weltweit massivsten Autofahrerstadt. 1924 zählte man 310.000 Autos, die täglich in die Stadt hineinfuhren und die Kreuzung Adams/Figueroa Street war mit fast 70.000 Fahrzeugen pro Tag, der verkehrsreichste Punkt der USA. Damals kam ein Auto bereits auf 1,6 Einwohner! Eine Rate auf welche die USA insgesamt erst in den 1950er Jahren kommen sollte. 1940 schließlich wurde der Arroyo Seco Parkway eröffnet, der erste Autobahnabschnitt, der Downtown und Pasadena verband und damit den ersten Teil des komplexen und ständig vollen Autobahngewirrs der Region darstellt (heute gibt es in Greater LA mehr Autos als in ganz Russland!).
Tatsächlich führte die Möglichkeit und die breite Nutzung des wachsenden Individualverkehrs zu einer Abwertung der Downtown innerhalb von Los Angeles. Wurden 1920 noch 90% des Einzelhandels hier durchgeführt, sank diese Rate bis 1950 auf lediglich 17%. Die Autostadt LA ist damit fast schon genetisch mit der Suburbanisierung und ihrer ständig weiteren Dezentralisierung verbunden. Mit dem Bedeutungsverlust der Downtown folgte der Aufstieg der Westside, die sich als Zentrum einer neuen städtischen Elite der Filmwirtschaft etablierte.

Die Migrationströme die sich sich in Los Angeles ansiedelten bekamen im Laufe der Jahre neue Quellen. Mexikanier, aber auch Japaner und Süd- bzw. Osteuropäer immigrierten in die bis dato fast ausschließlich von WASP dominierte Stadt (Indianer spielten schon lange keine Rolle mehr). Los Angeles entwickelte sich zu einem multi-ethnischen Schmelztiegel an der Westküste, der aber mit scharfen ethnischen Separierungen einherging. Tatsächlich waren diese Separierungen ein Ergebnis der Immobilienindustrie. Es waren insbesondere weiße Hausbesitzer, die sich in eigenen „Communities“ versammelten, die darauf bedacht waren, dass der Preis für Grund und Boden wertvoll blieb, was augenschienlich heißen musste, dass nur andere Weiße als geeignete Nachbarn akzeptiert waren. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildeten sich Eigentümergemeinschaften, denen nicht nur darum ging Verbesserungen in und für die Nachbarschaft zu erzielen, sondern vor allem auch darum Nicht-Weiße oder Latinos aus ihrem Gebiet herauszuhalten.
Durch die schon erwähnte Dezentralisierung LAs wurde aus dem Wachstum der Stadt, dass Wachstum des Umlands von Los Angeles, wo schon in den ersten zwei Dekaden des 20.Jahrhunderts 40 neue Städte gegründet wurden, die sich polyzentrisch um die Stadt verteilten. Damals war dies noch zum Großteil dem Auffinden von Ölvorkommen geschuldet. Das Ergebnis das schon in jener Zeit zu Tage trat, lässt sich in den Worten von Edward W.Soja und Allen J. Scott folgendermaßen beschreiben: „Die Ölraffinerie, das Automobil, der Flughafen, das Filmstudio, die Gemeinden an den Stränden und in den Bergen, die Arbeitersiedlungen der Immigranten, das Industriegebiet und der Allzwecktourismus – sie alle spannten die Stadt gleichsam auf und ließen damit eine umfassende Pluralität urbaner Orte und Erfahrungen entstehen“ (aus: Schwentker; S. 288).
Die Stadt Los Angeles gemeindete ab den 1920er Jahren zahlreiche umliegende Gebiete (wie bspw. Venice oder Watts) ein und erhielt so ihre heutige Form. Einige Gemeinden konnten sich jedoch ihre Eigenständigkeit erhalten, so wie Beverly Hills und Santa Monica, was den etwas eigenwilligen Grundriss der Kernstadt in der heute riesig ausfransenden urbanen Agglomeration Los Angeles ausmacht. Den flächenmäßig größten Zuwachs machte die Stadt aber schon 1915, als es das San Fernando Valley kaufte und damit ihre Größe verdoppeln konnte. Zum Zeitpunkt des Kaufs noch ein übersichtliches Gebiet mit Farmen, wurde das Tal besonders nach dem 2. Weltkrieg zu einem der zentralen Baustellen des neuen „LA suburbia“ mit ihren typischen Einfamilienhäusern, kleinem Garten und Pool, breiten Boulevards und Einkaufszentren.
Der Wachstumsboom setzte aber bereits in den 1920er Jahren ein, als außergewöhnlicher Bevölkerungsschub Los Angeles erfasste. Die Bevölkerung des LA Countys verdoppelte sich von einer auf zwei Millionen Menschen in dieser Dekade, in welcher Los Angeles 1928 zum ersten Mal Ausrichter von Olympischen Spielen wurde. Auch wenn die Große Depression ab 1929 den Zuzug milderte, verschwand er in den 1930er Jahren nicht. Bis 1940 wurde bereits der komplette Südwesten des LA Countys (das LA County hat eine Größe von 12.308 km², das entspricht fast 80% des Landes Schleswig-Holsteins) besiedelt. Insbesondere Industriearbeiter zogen in die Region, in welchem der sekundäre Wirtschaftssektor das gleiche Wachstum erreichte, wie das in jenen Jahren noch expandierende Detroit. 1935 war Los Angeles die fünftgrößte Industrieregion in der USA, ein Fakt, den man mit der Stadt bis heute eigentlich gar nicht verbindet. Neben den Produzenten der Träume in Hollywood (deren tatsächliches Arbeitskraftpotential nicht zu überschätzen ist), der Ölindustrie und dem Flugzeugbau waren ebenfalls die Zulieferindustrie für Fahrzeuge, der Reifenbau, die Möbelherstellung und die Kleidungsindustrie große hier ansässige Branchen. Die neuen und zumeist billigen Industriearbeitsplätze wurden zum Teil auch von der „dust bowl“ Migrationen besetzt, den sogenannten Okies, welche aber hauptsächlich ins Great Valley zogen, oder aber von ausländischen Immigranten und schwarzen Amerikanern.
Der 2. Weltkrieg und die einsetzende Kriegsproduktion führten zu einem erneuten kräftigen Wachstum. Man kann davon sprechen das Los Angeles eine ganz eigene Form des Keynesianismus bekam, denn staatliche Militärausgaben wurden im großen Maße in Südkalifornien investiert (und somit die Region quasi vom Bundesstaat subventioniert). Militärbasen und die Luftfahrtindustrie entwickelten sich zu blühenden Wirtschaftszweigen, die noch bis weit nach dem 2. Weltkrieg die Wirtschaft ankurbelten und in deren Nachgang zum Aufstieg der Raumfahrtindustrie führte. Dieser neue industrielle Schub beflügelte natürlich auch den weiteren Ausbau der Stadt und damit auch das Kerngewerbe der Stadt, den Immobilienboom.
Bis 1970 wuchs nicht nur das Los Angeles County von drei auf sieben Millionen Einwohnern an, sondern auch die schon darüber hinausgewachsene Agglomeration von Vorstädten breitete sich auf andere benachbarte Countys aus. Insbesondere das südlich gelegene Orange-County verzehnfachte seine Einwohnerzahl in diesen drei Dekaden auf 1,4 Millionen Einwohner. Los Angeles erlebte eine Suburbansierung, daher eine sich in der Fläche ausbreitende Verstädterung die das städtische Kerngebiet räumlich weit hinter sich lässt, wie sie in dieser Form niemals vorher auftauchte. Der Häuserbau ging quasi durch die Decke (wobei man dies eher horizontal sehen müsste). Allein im San Fernando Valley entstanden 1947 über 10.000 neue Wohnhäuser. Hier machte sich der Unternehmer Henry J. Kaiser einen Namen und ein Vermögen, als er preiswerte Fertighäuser vielen, von staatlichen Programmen begünstigten, Kriegsveteranen verkaufen konnte. Das 1950 begonnene Lakewood, östlich von Long Beach war eine nur innerhalb von drei Jahren entstandene Mustersiedlung der Suburbanisierung auf der 17.500 Häuser für 57.000 neue Einwohner entstanden.

Los Angeles schien die Träume aller Immobilien-Käuferschichten erfüllen zu können, ausgenommen vielleicht man gehörte einer der großen Minderheiten an, wie den Mexikanern oder Schwarzen. Diese lebten zunehmend abgekapselt in ihren eigenen Vierteln, wie beispielsweise in East Los Angeles, in dem noch heute 87% der 124.000 Einwohner sich zur ethnischen Gruppe der Latinos zählen (ein interessanter Fakt ist, das East LA eine unincorporated area ist, also ein gemeindefreies Gebiet, dass sich nicht selbst verwalten darf). Wie schon erwähnt, war es nicht einfach möglich für Minderheiten sich in rein Weißen Gebieten anzusiedeln, da diese Mittel und Methoden (auch die Zuhilfenahme des Ku Klux Klans) wählten, um möglichst die Reinheit (in rassischer Sichtweise) und damit die finanzielle Attraktivität ihres Viertels zu bewahren.
Diese Spannungen bleiben nicht ohne Konflikte. Schon 1943 kam es zu den Zoot Suit Unruhen, zwischen in LA stationierten Soldaten und zumeist mexikanisch-stämmigen Jugendlichen. Seit der Zeit des 2.Weltkriegs zogen in einem bisher in dieser Größenordnungen nicht gekannten Ausmaß schwarze Amerikaner nach Los Angeles, da sie hier, beispielsweise in der Luft- und Verteidigungsindustrie, nicht von Rassendiskriminierung betroffen waren. Rund 600.000 Afro-Amerikaner siedelten sich in der Wachstumsmaschine Los Angeles an, wo es für die nicht-Weißen Neuankömmlinge jedoch räumlich immer weniger Platz gab. Sie zogen meistens nach South Central LA, wo viele weiße Siedler daraufhin ihre Wohnquartiere aufgaben und in die gerade nach dem 2.Weltkrieg wie Pilze aus den Boden schießenden Vororten umzusiedeln.
Die Gestaltung der Stadt obliegt somit zunehmend den Besitzern von Wohneinheiten (aber keinesfalls den wenngleich nicht zahlreichen Mietern), welche für die Verbreitung des sich ausufernden Großraums LA verantwortlich sind. Die immer weiter in die Fläche hinauswachsende Stadt wird zu dem Markenzeichen des Großraums Los Angeles. Den neuen Hausbesitzern wird administrativ dazu der Weg geebnet, indem neue Vorort-Ansiedlungen steuerlich besser gestellt wurden, als größere städtische Verwaltungseinheiten. Das führte wiederum zu einem weiteren Entstehen und Auswachsen neuer Siedlungen im Großraum Los Angeles, während die Kernstadt potentiell kräftige Steuerzahler an diese neuen, sogenannten „minimal cities“ im Umland verlor und gleichzeitig mit finanziell schwächeren Gruppen bzw. niedrigeren Steuerzahlern zurückblieb. Ein weiterer Effekt dieser Entwicklung war die Manifestierung einer Ideologie des Anti-Bürokratismus und des Anti-Wohlfahrtstaates, die besonders von den Wohneigentumsgemeinschaften getragen wurde, denen es um die Maximierung der lokalen Vorteile ging. Dies trieb letztendlich auch die Segmentierung der urbanen Landschaft voran und ließ eine Bevölkerung in der Kernstadt zurück, die allerdings wiederum immer stärker auf öffentliche Funktionen angewiesen war.
Ein weiterer Faktor für die Zersiedlung der Stadtregion war die zunehmende Bedeutung der Hochtechnologie, wie der Elektrotechnik, die sich geografisch vom zentralen Industriekern der Stadt entfernte und sich beispielsweise im Orange County ansiedelte, wo wiederum zumeist Weiße Arbeitskräfte wohnten. Diese Trennung der Ethnien wurde (und ist) für Los Angeles zu einem Dauerproblem. Ein weiteres Beispiel lässt sich 1965 bei den Watts Rebellion aufzeigen, den bis dato gewalttätigsten städtischen Aufruhr in der US-Geschichte mit 34 Toten und über 1.000 Verletzten in sechs Tagen Ausnahmezustand.
Der Boom der Region LA schwächte sich in den 1970er Jahren etwas ab. Weitere Zuwächse gab es nun weniger in der Stadt Los Angeles oder im County, als mehr in den benachbarten Countys, weshalb Soja und Scott vom Übergang „einer Phase der großflächigen Suburbanisierung der Stadt zu einer Periode der breit angelegten Suburbanisierung der gesamten Region“ (S. 294) sprechen. Gelegentlich wird dieser Prozess als „Posturbanisierung“ bezeichnet. Was auch immer man für einen Begriffe gebraucht, einzigartig an der Entwicklung von Los Angeles ist nicht der Fakt, dass der Großraum sich zu einer Megacity entwickelte, sondern das dieses massive Wachstum auch nach 1960 nicht verschwand. Los Angeles wurde zur letzten boomenden Mega-City der voll industrialisierten Welt der USA oder Europas, wo städtische Großräume nur noch langsam weiter wuchsen oder sogar wieder abnahmen (freilich im Gegensatz zu den neuen Boomstädten in Asien oder Lateinamerika, die von da an erst zu boomen begannen und in Anzahl und Einwohnerzahl der 1.Welt heute den Rang abgelaufen haben).
In der Innenstadt, der Downtown von Los Angeles, kam es ab den 1970er Jahren zu einer Neugestaltung, im bis dahin nicht wirklich als Kern der Stadt empfunden Bereich. Neue ökonomische Branchen wie Versicherungen oder die Finanzwirtschaft investierten in einem Hochhausboom in Downtown. Die Stadt bekam in wenigen Jahrzehnten die größte und höchste Skyline der Westküste. Parallel dazu entstand an der Westside, dem alternativen Stadtzentrum ein weiterer Verdichtungsraum aus Hochhäusern, die Century City (das auf dem ehemaligen Außenstudiogelände der 20 Century Fox Filmstudios gebaut wurde). Die 1980er Jahre, in welchem die Stadt ein zweites Mal die Olympischen Sommerspiele ausrichten durfte (allerdings bewarb sich für die Spiele seinerzeit auch niemand anderes, weil es ein sehr unsicheres finanzielles Unterfangen war, weshalb man bei den Spiele von 1984 erstmals massiv auf eine Kommerzialisierung des Ereignisses abzielte), waren geprägt von einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung, obwohl Jobs in der Industrie im Niedergang waren. Es verstärkte sich der Trend der Separierung zwischen einem gut bezahlten und hochqualifizierten Arbeitsmarkt und der rasant anwachsenden Gruppe von Niedriglohnjobs. In diesen fanden sich Mexikaner wieder, insbesondere sogenannte „Illegale“, daher Menschen, die ohne gültige Papiere eingewandert sind. Der wirklich lesenswerte Roman „America“ von T.C. Boyle erzählt recht eindrucksvoll vom Leben in LA in den 1990er Jahren und der Frage der illegalen Einwanderung und Migration. Zweifellos ist die Migrationswelle in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch vielfältiger geworden, als je zuvor und macht Los Angeles heute zu einer, wenn nicht der, ethnisch vielfältigsten Metropolen der Welt. Waren 1970 noch 70% der Einwohner angelsächsischer Herkunft, so waren es 1990 bereits 60% nicht-angelsächsischer Herkunft. Dabei spielt gleichfalls die Zuwanderung aus Asien eine Rolle, die rund 10% der Einwohner im LA County stellen, während in den letzten Jahrzehnten aber eine Re-Latinisierung (es darf nicht vergessen werden, dass die ersten Einwohner der Stadt bekanntlich Spanier und dann Mexikaner waren) maßgeblich für die Veränderung von Los Angeles ist, mit einem gewaltigen Anteil an neuen Einwohnern aus Mexiko und weiteren Ländern Lateinamerikas.
Das Bild der Stadt in den letzten dreißig Jahren ist jedoch nicht wirklich immer ein Glanzvolles gewesen. Der immer noch zunehmenden Autoverkehr führte schon seit den 1970er Jahren zu Problemen mit Smog, neben dem fast endlosen Staus der Stadt (in keiner Stadt der Welt steht man häufiger als in LA). Deshalb investiert man seit den 1990er Jahren wieder verstärkt in den schienenbezogenen Nahverkehr mit dem Bau eines neuen Stadt- bzw. U-Bahnsystems. Obwohl dabei viele Milliarden Dollar investiert wurden, ist der Erfolg überschaubar. Zum einen liegt dies daran, dass ein Untergrundbahnsystem in einem Erdbeben gefährdeten Gebiet äußerst kostenintensiv ist, zum anderen aber auch an der starken Zersiedlung des Stadtgebiets und dem damit verbundenen Umstand das nicht nur lange Distanzen zurückgelegt bzw. gebaut werden müssen, sondern auch das Haltestellen zu Fuß in einer ausgetretenen Siedlungsstruktur einen geringeren Einzugsbereich haben.
Gleichfalls sind es soziale Konflikte, die in Los Angeles immer wieder hochkochen, wie bei den Unruhen von 1992. Auslöser, dieser wiederum größten Rassenunruhen in der Geschichte der USA, war der Freispruch von vier (weißen) Polizisten, die den Afroamerikaner Rodney King auf offener Straße misshandelten und dabei gefilmt wurden. Nach dem als skandalös empfundenen Urteil kam es vom 29.April bis zum 2.Mai zu solch gewalttätigen Ausschreitungen, dass 53 Menschen dabei starben und weit über 2.000 verletzt wurden.
Ein weiteres Problemfeld der Stadt ist die hohe Bandenkriminalität, die einige Stadtteile – insbesondere nachts – zu einer wenig empfehlenswerten Destination machen. So ist zum Beispiel die Mordrate in Compton sechsmal höher, als die des Bundesdurchschnitts der USA (die bekannterweise auch nicht die niedrigste der Welt ist).
Trotzdem etabliert sich Los Angeles im 21. Jahrhundert als Wirtschafts- und Kulturstandort nicht nur der Westküste der USA, sondern im verstärkten Maße auch im pazifischen Maßstab. Während Disneyland oder die Filmstudios immer noch die großen Magneten für Besucher sind, etablieren sich Museen und Galerien, nicht nur in der Westside, sondern auch in Downtown. Auch wenn die Stadt versucht sich herauszuputzen, so wie bei der Walt Disney Concert Hall, bleibt Los Angeles keine wirklich schöne Stadt, aber der kurze Blick in die Geschichte hat gezeigt, dass sie eine wahrlich spannende City ist und wohl auch bleiben wird.

Empfohlene Literatur:

Davis, Mike „City of Quartz“; 1992

Edward W.Soja und Allen J. Scott „Los Angeles 1870 – 1990“, in: Wolfgang Schwentker (Hrsg.) „Megastädte im 20. Jahrhundert“; 2006

urban facts Los Angeles

Allgemeine Daten:

Einwohner (Ballungsraum)

Stadtgebiet: 3.976.322 (2016)
Metro Area: 12.828.837

Einwohnerentwicklung

Stadt +4,8% (2010-2016)
Metro Area: +3,7% (2000-2010)

Fläche

Stadt: 1.302 km² (davon 1.214km² Land und 88 km² Wasser)
Metro Area: 12.562 km²

Bevölkerungsdichte

Stadt: 3.275 Einw./km²
Metro Area: 1.025 Einw/km²

Koordinaten

34°03´N
118°15´W

Geographische Höhe

93m
tiefster Punkt: 0m
höchster Punkt: 1.547m (Mt. Lukens) jeweils im Stadtgebiet

Niederschlagsmenge /Regentage / Sonnenstunden pro Jahr

379 mm / 35,7 / 3254

Fluss

Los Angeles River (mündet hier nach 77km in den Pazifik)

Infrastruktur:

Bürgermeister

Eric Garcetti (seit 2013, Demokrat)

Verwaltungstechnische Bedeutung

Charter City

Anzahl Besucher im Jahr

42,9 Mio. im LA County (2016)

Platz in der Mercer-Studie

58. (2017)

Global City Status

Alpha (3. höchste Kategorie)

Flughafen

Los Angeles International Airport (LAX; eröffnet 1937; 80,9 Mio; PAX 2016; 2.größter Flughafen USA; 4. größter weltweit ; 4 Landebahnen, 9 Terminals; 20km SW der Innenstadt)

ÖPNV

Metro: 6 Linien (2 U- 4 S-Bahn) auf 137km mit 80 Stationen, eröffnet 1990 (U-Bahn 1993)
Bus: 191 Linien auf 2306km Linienlänge (3 Arten: Metro Local – Orange, Metro Rapid – Rot, Metro Express – Blau)

ÖPNV Eigentümlichkeiten

LA hatte ab 1873 bereits eine erste Pferdebahn und in den 1930er Jahren ein großes Straßenbahnnetz mit rund 1.900km Liniennetz, 1963 komplett stillgelegt bedingt auch durch großen amerikanischen Straßenbahnskandal

Entfernung nach…

San Diego LL: 180km (Auto: 1h50min; Bahn: 3h)
San Francisco LL: 560km (Auto: 5h 45min; Bus: 7h45min)
Chicago LL: 2800km (Auto: 29h, Bus: 43h)
New York LL: 3940km (Auto: 40h, Bus: 66h)

Kultur / Geschichte:

Anzahl Universitäten

3 staatliche Unis:
California State University Los Angeles (CSULA; gegründet: 1947; 21.000 Studenten)
California State University Northridge (CSUN; gegründet 1958; 33.000 Studenten)
University of California, Los Angeles (UCLA; gegründet: 1919; 43.000 Studenten)
privat (Auswahl):
University of Southern California (USC; gegründet 1880; 36.000 Studenten)
Loyola Marymount University (LMU; gegründet: 1911; 8.800 Studenten)

Anzahl Museen

99 allein in City of LA + 133 im LA County

Sportvereine der Stadt

Football:
LA Rams: gegründet 1937 in Cleveland, von 1946-94 in LA, dann in St.Louis, seit 2016 wieder in LA; 1x Superbowl Sieger (99); Ø-Zuschauer: 59.379 (nach 4 Heimspielen 2017) @ LA Memorial Coliseum (93.607)
LA Chargers: gegründet 1960 in LA, von 1961 bis 2016 in San Diego, seit 2017 wieder in LA; 1x runner up im Superball 1994; Ø-Zuschauer: 25.308 (nach 5 Heimspielen 2017) @ StubHub Center (27.000)
ab 2020 spielen beiden Mannschaften im neuen Football Stadion in Inglewood
Basketball:
LA Lakers: gegründet 1946 als Detriot Gems, von 47-59 in Minneapolis, seit 1960 in LA, 16 Meisterschaften, Ø-Zuschauer (2016-17): 18.949 @ Staples Center (19.060)
LA Clippers: gegründet 1970 als Buffalo Braves, 1978-84 San Diego Clippers und seit 1985 in LA, Ø-Zuschauer: 19.088 (16/17) @ Staples Center (19.060)
Eishockey:
LA Kings: gegründet 1966 in LA; 2x Stanley Cup Sieger, Ø-Zuschauer (16/17): 18.204 @ Staples Center (18.118)
Anaheim Ducks: gegründet 1993: 1x Stanley Cup Sieger; Ø-Zuschauer (16/17): 15.942 @ Honda Center (17.147)
Baseball: LA Dodgers: gegründet 1883 als Brooklyn Atlantics, seit 1932 Brooklyn Dodgers, 1958 Umzug nach LA; 6x WorldSeries Sieger, Ø-Zuschauer (2017): 46.492 (bei 81 Heimspielen!) @ Dodger Stadium (56.000)
Fußball: LA Galaxy: gegründet 1995, 1x CONCACAF CL Sieger, 5x Meister, 2x Pokalsieger; Ø-Zuschauer (2017): 22.246 @ Stub Hub Center

Tageszeitung der Stadt (Auflage)

LA Times (Erstausgabe: 1881; Auflage: 629.000 Mo-Sa; 945.000 So)

Erste urkundliche Erwähnung

4.9.1781

Gegründet von:

(Neu-)Spanier

Großstadt seit

1900

Meisten Einwohner im Jahr

heute

City Branding

LA, City of Angels, La La Land, City of Flowers and Sunshine, The Big Orange, Southland

Wirtschaft / Attraktivität:

Sehenswürdigkeit Nr.1

Hollywood

Architektonisches Highlight

Wal Disney Concert Hall

Prachtstraße

Rodeo Drive

Höchstes Gebäude

Wilshere Grand Center (334m)

Meist fotografierte Gebäude

Downtown LA

Konzernzentralen von

Unterhaltungsindustrie:
20 Century Fox, Dreamworks, Paramount Pictures, The Walt Disney Company, Warner Bros.
Weitere Konzerne:
Mattel (Spielzeug), Unocal (Petrochemie),

Anzahl Pendler

471.000 pendeln ins LA County täglich ein (2013)

Straftaten auf 100.000 Einwohner

408 (Gewaltverbrechen) dabei 6,7 Morde; 2269 (Diebstahl) auf je 100.000 Einwohner (2013)

Verfügbares Einkommen im Haushalt

64.300 $

Arbeitslosenquote

8 %

Bevölkerungsentwicklung:

1781

1800

1820

1836

1850

1870

1880

1890

1900

1910

44

315

650

2.228

1.610

5.728

11.183

50.395

102.479

319.198

1920

1930

1940

1950

1960

1980

1990

2000

2010

576.673

1.238.043

1.504.277

1.970.358

2.479.015

2.966.850

3.485.557

3.694.820

3.792.621

 

Los Angeles

Santa Monica Pier 5-2 unten frei
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Nein, Los Angeles ist keine wirklich schöne Stadt. Vielleicht liegt dies daran das sie eine Größe erreicht hat, die nur schwer zu überschauen ist, vielleicht auch daran, dass sie dadurch fast schon zwangsläufig zu einer Autostadt geworden ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Downtown so isoliert in der riesigen Fläche von LA – wie man gemein hin sagt – liegt, dass man nicht das Gefühl hat im Kern der Stadt zu sein, sondern nur auf einem anderen irgendwie hingeklatschten Stückchen Erde zu sein. Los Angeles wirkt eher wie eine Stadt der vielen Städte und tatsächlich macht das dieses Moloch, diesen urbanen Großraum, die Megacity, die Weltstadt, zu einem unglaublich interessanten Ort, der eine kurze Geschichte hat, die immer nur eine Richtung kannte, den Boom.

Los Angeles großes Plus ist die Vielfältigkeit. Hier stehen die Traumfabriken von Hollywood, mit ihren Bilderwelten, die den ganzen Globus unterhalten. Die Stadt ist vielleicht der Größte Schmelztiegel aller Ethnien, den auf der Welt gibt. Insgesamt 224 Sprachen sprechen die Einwohner der Stadt. Mit bis zu 17 Millionen Einwohnern (je nachdem wo man die Grenzen des riesigen Ballungsraums zieht) ist Los Angeles vielleicht die flächenmäßig größte Megacity der Welt. Die Stadt war die erste Autofahrerstadt auf dem Globus und hält auch heute noch den wenig schmeichelhaften Titel der staureichsten City auf dem Planeten. Es gehört quasi zur DNA der Stadt, das Auto benutzen zu müssen, was nicht so sehr mit der Lauffaulheit der Angelenos zu begründen ist (ganz im Gegenteil, im Schatten von Hollywood herrscht ein großer Körperkult), sondern weil es strukturell einfach anders kaum geht. Die zahlreichen Stadtteile und Städte reihen sich aneinander und sind so vielfältig, dass sie nicht anders erreicht werden können (außer man bringt sehr viel Zeit und mancher Orts auch Mut mit). In der Stadt der vielen Städte kann man dann jedoch die unterschiedlichsten Gesichter treffen. Während sich am Hollywood Boulevard die trink- und feierwütigen Touristen treffen, kann man in Melrose nette Bars und Kneipen finden, man kann in die Parallelgesellschaften von Beverly Hills im Rodeo Drive abtauchen (sehr reich), oder in Watts (sehr arm) besorgt nach rechts und links schauen, um nicht – aus europäischer Sichtweise – in ein noch übler aussehenden Straßenzug zu gelangen. In Downtown kann man unter den Wolkenkratzern entlang spazieren, nur um sich wenige Blocks weiter zwischen so vielen Obdachlosen wieder zu finden, dass man erstaunt ist nur 5 Minuten und nicht 5 Stunden gelaufen zu sein. Während der Reichtum der Stadt, wie in Bel Air gern hinter den höchsten Hecken der Welt versteckt, ist die Armut der Stadt viel schneller zu sehen.

Los Angeles, Kalifornien, der Magnet für Millionen – wird wohl nie zu den schönen Städten zählen, immer aber zu den Interessanten.

Yosemite

Nationalpark in der Sierra Nevada | Größe: 3081 km² | vollständig in Kalifornien gelegen | etabliert seit dem 1.10.1890

Die Sierra Nevada ist das höchste Gebirge im kontinentalen Gebiet der USA (also außerhalb Alaskas) und wächst am Mt.Whitney auf immerhin 4421m an. Es ist rund 650km lang und zieht sich von Nord nach Süd, zum überwältigenden Teil in Kalifornien. Noch bekannter als das gesamte Gebirge, das einen Namensvetter im Süden Spaniens hat, ist ein verhältnismäßig kleiner Teil des Höhenzugs, der Nationalpark Yosemite.
Der Yosemite war 1890 der erste von der Bundesregierung in Washington anerkannte Nationalpark überhaupt, der noch dazu 1984 zusätzlich unter UNESCO-Weltkulturerbe gestellt wurde. So kommen über vier Millionen Besucher jedes Jahr in den Park, um sich seine wundervolle Landschaft anzuschauen.

1855 waren mit James Mason Hutchings und Thomas Ayres die ersten Besucher da, die auf ihrer „Tour“ diese Region der Sierra Nevada besuchten und danach in Artikeln darüber berichteten. Damit sprach sich die Naturschönheit des Yosemite herum und die neuere Geschichte des heutigen Parks begann. Jedoch waren schon viel früher die ersten Menschen hier. Indianerstämme lebten wohl schon seit rund 4000 Jahren in den Tälern der Sierra und als die ersten Europäer in Kalifornien landeten, waren es die Ahwahneechee-Indianer, die im heutigen Yosemite-Tal siedelten. 1851 führte die US-Army ein Bataillon ins Tal und es kam zum Mariposa-Krieg mit den Ahwahneechee, wobei erstmals „Weiße“ die Gegend zu gesicht bekamen. Ein Arzt der Streitkräfte berichtete später über die wundervolle Landschaft und gab ihr den Namen Yosemite, der übrigens der Name des Indianerstamms ist, so sie von Nachbarstämmen genannt wurde. Mit den ersten Gästen wurden bald Stimmen laut, die Gefahren sahen in der kommerziellen Ausbeutung der liebreizenden Landschaft. Schon 1864 wurde per Gesetz der Yosemite Grant geschaffen, ein Schutzgebiet, welches das zentral gelegene Tal Yosemite und die Mariposa-Grove unter Schutz stellte. 1876 wurde mit der Wawona Lodge eines der ersten Hotels in den Bergen Kaliforniens gebaut. Es lag am schon erwähnten Mariposa Grove, einem Gebiet mit gewaltigen Sequoia Bäumen. Hier stand auch der Wawona Tree, ein 69m hoher Baum durch dessen 29m großen Stamm ein Tunnel ausgeschnitten wurde, welcher zu einer ersten Touristenattraktionen wurde (nach 2.300 Jahren Lebenszeit fiel der Baum übrigens 1969 unter einer Schneelast zusammen).
John Muir, ein schottischer Geologe, erkundete den Yosemite und veröffentlichte zahlreiche Schriften darüber. Er war einer der Gründerväter des 1892 erschaffenen Sierra Clubs, der ältesten und größten Naturschutzorganisation der USA. Schon zwei Jahre zuvor konnte Muir mit dazu beitragen, dass der Yosemite zum Nationalpark erhoben wurde, für den anfangs US-Army zuständig war. Das damalige Problem der Überweidung durch Schafe in den Hochlagen ging innerhalb weniger Jahre zurück. Muir war ein Pionier des Naturschutzes und campte drei Tage lang im Jahr 1903 mit dem US-Präsidenten Theodore Roosevelt im Park unter der Klippe des Glacier Points. Er überzeugte dabei den Präsidenten, dass die endgültige Kontrolle Yosemites voll bei der Bundesregierung liegen müsse. 1916 wurde letztendlich daraus der National Park Service gegründet, der die Verwaltung aller mittlerweile 50 Nationalparks der USA obliegt. Im selben Jahr wurde auch der Tioga Pass als Straße ausgebaut, der einzigen Verbindung in West-Ost Richtung über die Berge der Sierra Nevada. Durch den langen Winter in den Höhenlagen ist die Straße aber auch noch heute nur vom Frühsommer in den Spätherbst geöffnet. Eine empfindliche Niederlage mussten die Naturschützer und letztendlich auch die Natur 1913 ertragen, als mit dem Raker Act das Hetch Hetchy Projekt gestartet werden konnte. Dabei wurde im Hetch Hetchy Tal, das am nördlichen Ende des Yosemite-Parks liegt ein Stausee gebaut, der das Tal, dass mit seiner Schönheit dem Yosemite-Tal Konkurrenz machen konnte, unter Wasser setzte (und noch heute 80% der Bay Area mit Wasser versorgt). So fahren die überwiegende Mehrheit der Touristen heute ins rund 18km² großen Yosemite-Tal, dass besonders im Sommer zu einem absoluten Hotspot wird und wo sich Auto an Auto durch das Tal schlängeln. Hier befinden sich viele der bekanntesten Sehenswürdigkeiten, wie die Wasserfälle des Yosemite Falls oder die Granitfelsen des Capitans und des Half Domes, die sich bis zu 1500m über das Tal erheben und seit neuestem auch ein Starbucks, was zu einigen Diskussionen führte, ob multinationale Kaffeehausketten unbedingt in Nationalparks errichtet werden müssen [hier ein Link zum Thema].
Eine lange Tradition im Park besitzt das Klettern. John Salathé startete hier ab 1945 mit dem Bigwall-Klettern, daher dem Besteigen einer so hohen Bergwand, dass dieser normalerweise nicht an einem Tag durchklettert werden kann und man mit speziellen Zelten, den Portaledges, zwischendurch biwakieren muss (meines erachtens ist dabei ein ruhiger Schlaf absolut erforderlich). In den 1960er Jahren war die Besteigung der Route Nose am El Capitan weltweit verfolgt wurden, während sich in den 1970er Jahren das Freiklettern in immer höhere Schwierigkeitsgrade fortentwickelte und die weltweit schwersten Routen hier besteigen wurden. Aber ob man nun klettern möchte, oder den 358km langen John Muir Trail in Angriff nimmt, mal schnell auf den Half Dome sportelt, gemütlich durch das Yosemite-Tal wandert oder einfach nur einen Kaffee trinkt, der Yosemite mit seiner wundervoll reizvollen Landschaft bietet jedem etwas.

Geschichte Kaliforniens

Entdeckung und erste Besiedlung | Kalifornien in Mexiko| Kalifornien als 31. Staat der USA | Kalifornien im 20. Jahrhundert | Kalifornien vom 2.Weltkrieg bis heute | Literatur zur Geschichte Kaliforniens

Die Geschichte Kaliforniens ist nach europäischen Maßstäben, eine kurze Angelegenheit. Das liegt an zwei Sachverhalten, der Eine ist, dass eine Geschichtsschreibung erst mit der europäischen Eroberung der Region beginnt, die im 16. Jahrhundert einsetzt, aber eigentlich bis zum späten 18. Jahrhundert nicht wirklich bemerkenswert ist. Der andere Grund ist, dass die Geschichte der Ureinwohner Kaliforniens, der Indianer der zahlreichen Stämme der Region, der Yuki, Kumasch, Hoopa, Miwok, Pomo, Yokut, Panamint, Yuman, um nur sehr wenige Beispiele zu nennen, eine weniger berücksichtigte Vorgeschichte darstellt. Das ist damit begründbar, dass die Indinanerstämme keine Aufzeichnungen ihrer Historie hinterlassen haben, was dann wieder dazu führt, dass die Geschichte Kaliforniens eine Erzählung ist, die aus der Perspektive der Neusiedler, also der ehemaligen Europäer geschrieben wurde. Vernachlässigt man also die zahlreichen indianischen Einwohner, die auf dem Gebiet des heutigen Kaliforniens leb(t)en – und dabei soll es sich bei großzügigen Schätzungen, um rund ein Drittel aller Ureinwohner Nordamerikas gehandelt haben- so beginnt Kaliforniens Geschichte mit spanischen Kolonisatoren.

Entdeckung und erste Besiedlung

Der Name Kalifornien tauchte als erstes in der Alten Welt auf und reicht wohl mindestens zurück auf ein Stück spanische Prosa von Garci Ordóñez de Montalvo, in welchem es um die Belagerung von Kostantinopel geht. Unter den beteiligten Akteuren waren auch schwarze Amazonen, die von einer Königin des namens Califa angeführt wurden und die eigentlich auf einer entfernten, aber wohlhabenden Insel lebten. Die Annahme das Kalifornien eine Insel war und es gegebenenfalls etwas Gold zu finden gäbe, trug auch den (von den Ureinwohnern) gefürchteten Eroberer Mexikos Hernán Cortès und seine Soldaten an. Als sie auf der Halbinsel des heutigen Niederkaliforniens ankamen, glaubten sie auf einer Insel zu sein und gaben ihr den Namen California, woraus man schlussfolgern kann, dass das eigentliche Kalifornien, das heutige „Baja California“ ist. Francisco de Ulloa fand nur wenig später heraus, dass Kalifornien durchaus keine Insel war und eine Landverbindung hatte. Heute ist der Teil der Halbinsel Kaliforniens mexikanisches Staatsgebiet und wird als Niederkalifornien bezeichnet (lange hielt sich für den heutigen US-Staat die Bezeichnung „Alto California“, also Ober-Kalifornien). 1542 wurde eine Expedition unter Juan Rodríguez Cabrillo entsandt, welche am 28. September in der heutigen San Diego Bay enterte und damit als erster Europäer den Boden des heutige US-Bundesstaates Kalifornien betrat. Die Expedition setzte ihren Weg nach Norden fort. Cabrillo verstarb an den Folgen eines Unfalls, doch seine Crew zog bis zum 42.Breitengrad weiter und erreichte damit die heutige Grenze Kaliforniens mit Oregon (die tatsächlich nur ein gerader Strich ist). Doch es sollte für einige Zeit die letzte Expedition der Spanier in dieser Region gewesen sein.
Tatsächlich war es 1577 der britische Seefahrer und Pirat Francis Drake, der sich in der Region wiederfand, als er die zweiten Weltumseglung der menschlichen Geschichte unternahm. Zwei Jahre nachdem Start 1579, kam er an den Gestaden des heutigen Nordkaliforniens an und blieb hier für 5 Wochen, bevor er und seine Crew nach Westen hin seine Reise fortsetzten, nicht ohne vorher das Land „Nova Albion“ (Neues England) zu taufen und es für die Krone seiner Königin Elisabeth zu reklamieren. Aber für die Ureinwohner und ebenso die Spanier bleib das vollkommen folgenlos.
Für Spanien wurde Kalifornien am Ende des 16. Jahrhunderts wieder etwas interessanter, da man herausfand das der günstigste Seeweg von Japan über den Pazifik, hier wieder auf Land stieß. So konnte man entlang der kalifornischen Küste weiter nach Süden reisen, wo man nach Mexiko gelangte, der wirklich bedeutenden Kolonie des spanischen Weltreiches. 1602 startete eine weitere Expedition unter der Leitung von Sebastian Vizcaíno, der die Monterey Bucht erreichte, welche er nach dem Vizekönig benannte und fuhr weiter nördlich am Golden Gate vorbei, wobei er die bis dahin weitreichendsten Aufzeichnungen der Küste vornahm. Trotzdem verpasste er die Einfahrt zur San Francisco Bucht, welche von den Europäern bis dato immer noch nicht entdeckt worden war. Tatsächlich sollte dies noch lange so bleiben, denn in mehr als 150 darauffolgenden Jahren wurde Alta California mehr oder weniger ignoriert. Der spanische Staat hatte einfach nicht die Ressourcen weitere Unternehmungen in der Region vorzunehmen, geschweige denn hier eine Zivilgesellschaft aufzubauen. So wurde es den Jesuiten-Orden vorbehalten, die Region zu zivilisieren, was diese auch taten, wenngleich erst in Niederkalifornien, wo sie zahlreiche Missionen aufbauten. Nachdem die Jesuiten unter der Regentschaft von Carlos III. von Spanien als zu mächtig angesehen wurden, vergab der spanische Staat dem Franziskaner-Orden die Aufgabe, neue Missionen in Nordkalifornien zu erbauen. Unter dem Franziskaner Junípero Serra wurde die Kolonisierung von Alto California geplant und eine „heilige Expedition“ vorbereitet. Zur See und zu Land sollten vier Gruppen nach Norden vorstoßen. An der Bucht von San Diego sollte ein Basiscamp erbaut werden. Die Expedition hatte jedoch weitaus größere Probleme als erwartet und als man sich 1769 in der Bucht von San Diego traf, waren nur noch die Hälfte der Teilnehmer am Leben. Doch die Gruppen fuhren nach Norden fort und tatsächlich schaffte es eine Landexpedition die Bucht von San Francisco zu entdecken, wenngleich nicht gleich deren Zugang zum Meer. Am 16. Juli 1769 gründete man die erste Mission im heutigen Kalifornien, in San Diego. Von hier aus sollten je eine Tagesreise entfernt 20 weitere Missionen folgen und so ein zivilisatorisches Netz bilden. Diese ersten Stationen waren jedoch alles andere als sich gut entwickelnde Orte, sondern zumeist nur kleine Bretterhütten als Vorposten im Nichts. In jener Zeit war Kalifornien eher ein Gebiet in das man gezwungen werden musste zu gehen, als dass man hier freiwillig hinkam. Erst 1775 wurde letztendlich der Eingang zur Bucht von San Francisco gefunden und dort eine Mission gegründet, die nach dem heiligen Franz von Assisi benannt wurde und damit die Keimzelle der heutigen Stadt ist. Gleichfalls wurde an der Einfahrt der Bucht, am Golden Gate, eine Militärbasis gebaut, deren Nachfolger auch heute noch besichtigt werden kann.
Tatsächlich hatte die Errichtung des Missionsnetzes zwei Folgen für die weitere Geschichte. Zum einen ist es der Startpunkt einer gezielten europäischen Besiedlung der Region und gleichzeitig der Niedergang der indianischen Ureinwohner, die in den folgenden Jahrzehnten fast bis zur Bedeutungslosigkeit verschwand.

Kalifornien in Mexiko

Im Jahr 1822 machte sich Mexiko von Spanien unabhängig und wurde 1824 zu einem Bundesstaat, zudem nun auch (ganz) Kalifornien gehörte. Im neuen Staat wurden die Missionen säkularisiert und (sehr langsam) eine Zivilgesellschaft aufgebaut. Die Missionen blieben als Gebäude bestehen und in einigen von ihnen wurden auch weiterhin Gottesdienste abgehalten (heute übrigens ist nur noch die Mission Santa Barbara im Besitz der katholischen Kirche). Mit der Aufteilung des kirchlichen Besitzes entstand eine Gesellschaft der Rancheros, die das weite Land zu landwirtschaftlichen Zwecken benutzen, nicht ohne dabei auf indianische Arbeit zurückzugreifen. So konnten sich einige wohlhabende Familien etablieren, auf Kosten der unter schwierigen Bedingungen arbeitenden Menschen.
Von Nicht-Mexikanischer Seite her erwuchs immer mehr Interesse an der Region, die in den 1830er Jahren nicht mehr als 7.000 Nicht-Indianische Einwohner hatte. Als erstes waren es die Russen, die 1808 schon einen Stützpunkt im nördlichen Fort Ross etablierten, um in der Bodega Bay Pelze zu gewinnen. Der junge Staat der USA sendete die Hudson Bay Company, welche ebenfalls den Handel in Kalifornien aufnahm. 1826 kamen erstmals Amerikaner nach Kalifornien, angeführt von Jedediah Smith, der ein Gruppe von 17 Trappern anführte. Obwohl nicht viele der Teilnehmer im Westen ankamen, waren es nun die immer wieder aufziehenden amerikanischen Expeditionen, die langsam das kalifonische Land mit dem weit entfernten Osten verbanden. Ab den 1840er Jahren wandelte sich der Zuzug nach Kalifornien. Immer mehr Familien kamen mit den Tracks aus dem Osten um sich hier ein neues Leben aufzubauen, die meisten erreichten ihr Ziel mit dem Schiff, ein geringerer, aber sich zunehmend verstärkender Teil zu Land. Mit den hierhin ziehenden amerikanischen Yankees, sah sich der mexikanische Staat immer mehr der Gefahr ausgesetzt, dass sein Territorium in Kalifornien unterwandert würde. Tatsächlich verbanden die neuen Siedler viele Sympathien mit der jungen USA und diese wiederum sah mit Kalifornien die Möglichkeit ein Staat zu werden, der vom Atlantik bis zum Pazifik reicht. So folgte schließlich der Mexikanisch-Amerikanische Krieg der im Vertrag von Guadelupe Hidalgo endete, der ein rund 1,3 Millionen km² Gebiet von Mexiko an die USA abtrat (die heutigen Staaten Nevada, Utah, Kalifornien, sowie Teile von Colorado, New Mexico und Wyoming). Schon zu Beginn des Krieges gab es freiheitliche Bestrebungen der Kalifornier, am besten in Erinnerung im Bear Flag Revolte. Unbemerkt vom einsetzenden Krieg erlangte die Idee eines eigenen Republik Kalifornien Popularität. Auch wenn die Idee dazu eigentlich vom Entdecker John Charles Frémont kam, waren es 33 wahrscheinlich leicht angetrunkene Siedler im Norden Kaliforniens, die in Sonoma eine mexikanische Kaserne übernahmen und eine eigens kreirte Flagge mit Bären und Stern hissten. 25 Tage lang hielt sich die unabhängige Bear Flag, bevor sie von der Amerikanischen ersetzt wurde, aber noch heute lebt sie in der Flagge des kalifornischen Bundesstaats weiter.
1849 trafen sich in Monterey 38 Mitglieder einer verfassungsgebenden Versammlung und erarbeiteten eine erste Konstitution, in welcher Sklaverei verboten wurde und die Grenzen des freien Staates festgelegt wurden. Tatsächlich waren diese viel kleiner, als die 1,3 Millionen km², welche die USA von Mexiko erwarben. Denn einen solchen Riesenstaat, soviel war klar, würde der US-amerikanische Kongress nicht bewilligen und dieser musste der Aufnahme eines neuen Bundesstaates zustimmen.

Kalifornien als 31. Staat der USA

Der Weg, ein US-amerikanischer Bundesstaat zu werden, war tatsächlich gar nicht so einfach. Zwar konnte Kalifornien die Kriterien für die Aufnahme erfüllen, aber zwischen den bisherigen 30 Staaten gab es einen Patt zwischen Nord und Süd. Unterschiedliche Sichtweisen zur Sklavenfrage waren 1850, rund 10 Jahre vor dem Bürgerkrieg, schon die entscheidenden innenpolitischen Fragen und die Aussicht die USA mit der Einverleibung Kaliforniens zum Pazifik hin auszudehnen stand das Problem gegenüber, dass eine der beiden innenpolitischen Seiten eine Übermacht innerhalb der USA bekommen würde, wobei Kalifornien sich gegen die Sklaverei aussprach, sich sonst aber dem Süden gegenüber aufgeschlossen zeigte. Am 18.Oktober 1850 wurde nach längeren Verhandlungen Kalifornien der 31. Staat der USA.
Die erfreuliche Nachricht ging etwas in den Turbulenzen jener Tage unter, denn besonders Nordkalifornien war in jenen Jahren dem Goldrausch erlegen, der eine radikale Umwälzung der Region vollzog und mit dem Jahr 1849 verbunden ist (das American Football Team San Francisco 49ers ist danach benannt). Tatsächlich wurde am 24. Januar des Jahres 1848 von James Wilson Marshall erstmals Gold gefunden und das rein zufällig, denn das Team um Marshall war eigentlich bestrebt Holz zu roden und nach San Francisco zu flössen. Schon im Frühjahr sprach sich herum das sich am American River, einem Nebenfluss des in die Bucht von San Francisco fließenden Sacramento Rivers, Gold finden ließ und als die Nachricht im Dezember 1848 im Kongress in Washington besprochen wurde und Präsident Polk es offiziell machte, das man in Kalifornien Gold gefunden hatte setze ein in der Geschichte einmaliger Run von Glückssuchern ein. In den folgenden zwei Jahren fand der „California Gold Rush“ statt, welcher nicht nur dem Staat seinen noch heute gebräuchlichen Spitznamen verschaffte, sondern seine Stellung und Bedeutung sprunghaft veränderte. Waren es vor Jahrhunderten die spanischen Träume auf ein „El Dorado“, die Menschen antrieb schwierigste Verhältnisse auf sich zu nehmen, so war es nun ein amerikanischer Traum nach (schnellem) Geld, der Menschen aus Nah und Fern antrieb nach Kalifornien zu kommen. Zumal der Abbau nicht auf privaten Feldern stattfand, sondern auf staatlichem Territorium! Jeder der wollte, konnte sein Glück versuchen, musste aber gewisse Regeln beachten. Später wurde dann aber festgelegt, dass nur noch Amerikaner nach Gold suchen durften. Tatsächlich war es ein nicht ungefährliches Unternehmen, jeder 12. Goldsucher verlor dabei sein Leben; Unfälle und Krankheiten machten ebenso die Runde wie Mord und Totschlag. Die Kriminalitätsrate erreichte Rekorde, die hoffentlich nie wieder erreicht werden (in Sonora z.B. lag die Mordrate 1850 bei 506 Fällen auf 100.000 Einwohnern, was das 50-fache des nicht gerade geringen Durchschnitts der USA von 1999 ist). Lynchjustiz war ein häufig anzutreffendes Phänomen und die Opfer stammten zumeist nicht aus der weißen Schicht der Amerikaner.
Die sogenannten 49ers strömten in die Region und machten fast über Nacht San Francisco zum neuen Zentrum der Westküste, während die indianische Urbevölkerung massiv schrumpfte. San Franciscos Aufstieg zur Metropole war rasend, schon 1870 war es die 10.größte Stadt der USA. Gleichzeitig lösten die vielen neuen Siedler eine Urbanisierungswelle in der Region aus, aus den beispielsweise Stockton (heute fast 300.000 Einwohner) oder Sacramento (heute Hauptstadt Kaliforniens mit rund 470.000 Einwohnern) entstanden.
In den 1850er Jahren konnte man Kalifornien so grob in vier Bereiche aufteilen; die urbanisierte Bay Area um San Francisco und die Minen der Goldabbaugebiete, den weiten und fast unbesiedelten Norden, das Central Valley mit seiner Landwirtschaft und den ebenfalls spärlich besiedelten Süden. Bald schon waren mehr Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt als im Bergbau und Kaliforniens Ruf als gutes Anbaugebiet, dass sich heute insbesondere mit dem hießigen Wein weltweit widerspiegelt, begann zu gedeihen. Als der amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, war die Stimmung in Kalifornien pro-Unionistisch, jedoch war das Kriegsgebiet so weit weg, dass es keinen größeren Einfluss im Westen hatte, so wie Kalifornien keine Bedeutung für den Kriegsverlauf hatte.
Die Anbindung an den Rest des Landes erfolgte durch die erste transkontinentale Eisenbahn, welche 1869 eröffnet wurde. Durch staatliche Subventionierung wurden die beiden Eisenbahnunternehmen Central Pacific und Union Pacific zu den bedeutendsten Landbesitzern im Westen der USA. Die kalifornische Central Pacific Railroad wurde getragen von vier Unternehmern; Collins P. Huntington, Mark Hopkins, Leland Stanford und Charles Crocker, welche später als die Big Four in die Geschichte Kaliforniens eingehen werden und außergewöhnliche Profite aus der Unternehmung gewannen. Bedeutend beim Bau der Eisenbahnlinie war ein großer Import an Fachkräften und Arbeitern. Zahlreiche Chinesen wurden angeworben, welche zumeist die körperlich sehr harte Arbeit vollbringen mussten, dass Gebirge der Sierra Nevada zu durchkreuzen. Spätestens seit jenen Tagen war Kalifornien immer auch ein Platz für Menschen aus dem Reich der Mitte, wenngleich diese sich immer wieder rassistischen Verfolgungen ausgesetzt sahen. Für die wirtschaftliche Entwicklung nicht nur des amerikanischen Westens, sondern ganz Amerikas war dieser Eisenbahnbau von enormer Bedeutung.
Bis weit in die 1870er Jahre hinein blieb der Südteil Kaliforniens fast unbesiedelt, während der Norden kräftig wuchs, doch bis zur Jahrhundertwende setzte auch hier eine verstärkte urbanistische Entwicklung ein. Getragen wurde diese zumeist von der Mittel- und Oberklasse, die in den günstigen klimatischen Bedingungen ein lohnenswertes Ziel sahen. Von San Diego bis Santa Barbara schossen Kureinrichtungen, erste Hotels und neue Wohnanlagen aus dem Boden, die insbesondere in den warmen Wintermonaten von Menschen aus dem Midwest besucht wurden. Ein mediterranes Empfinden wurde beworben, dass an die koloniale Vergangenheit erinnerte und dabei half, das Südkalifornien seine eigene Identität entwickelte. Am eindrücklichsten ist dies noch heute in Santa Barbara zu sehen, wo die von einem Erdbeben zerstörte Stadt 1925 ganz im spanischen Kolonialstil wieder errichtet wurde.
Währenddessen spezialisierte sich die Landwirtschaft weiter heraus. Während das Central Valley so etwas wie die Kornkammer Kaliforniens wurde, baute man im Süden zumeist Zitrusfrüchte und Wein an. Gegen Ende des Jahrhunderts erreichte der Bundesstaat die Einwohnerzahl von rund 1,5 Millionen, wobei die Hälfte der Einwohner allein in der Bay Area zu finden waren, wo gleichzeitig auch das kulturelle und industrielle Herz schlug. Das Wachstum Los Angeles setzte erst jetzt ein und verdankte sich dem schnellen Ausbau von elektrischen Bahnlinien.

Kalifornien im 20. Jahrhundert

Das Erdbeben von 1906 zerstörte zwar weite Teile San Franciscos, konnte aber dem Wachstum der Stadt insgesamt nichts anhaben, obwohl rund 3.000 Menschen dabei ihr Leben verloren. Die ersten Jahrzehnte des neuen – 20. Jahrhunderts – waren geprägt von einem infrastrukturellen Ausbau Kaliforniens. Dabei war ein Hauptproblem die Verteilung des Wassers, dass im Norden reichlich vorhanden, im Süden aber sehr knapp ist. Zwei Drittel des gesamten Jahresniederschlages fallen im nördlichsten Drittel des Staates, während ein Großteil des Südens Wüstenland ist. So wurde Wasser ins Central Valley geleitet, dessen landwirtschaftliche Nutzbarkeit damit rapide Anstieg. Im tiefen Süden Kaliforniens wurde das Wasser des Colorados angezapft und nach Westen geleitet, wobei das fruchtbare Imperial Valley entstand, aber auch der Salton Lake, ein See der durch einen gewaltigen Leitungsbruch entstand und der zwei Jahre lang unbeabsichtigt geflutet wurde (der See ist noch heute rund doppelt so groß wie der Bodensee!). Los Angeles hätte ohne das 1913 eingeweihte LA Aqueduct mit einer Länge von 235 Meilen an Kanälen, Tunneln und Aquädukten niemals sein gewaltiges Wachstum beginnen können, so wie auch San Francisco durch den O’Shaughnessy Damm mit frischen Wasser versorgt wurde. Tatsächlich wurden jedoch viele dieser neuen Projekte ohne jede Rücksicht auf die Umwelt durchgeführt und führten zu noch heute sichtbaren Zerstörungen. Für das Wachstum Kaliforniens jedoch, war die infrastrukturelle Verbesserung der Wasserversorgung und die Stadtplanung, die in San Francisco oder San Diego groß angelegt wurde maßgebend. 1910 hatte der Bundesstaat bereits 2,3 Millionen Einwohner und bis 1940 sollten schon fast 7 Millionen Einwohner in Kalifornien leben. In jenen Jahren entwickelten sich insbesondere Los Angeles und San Diego zu lebhaften Metropolen (LA wuchs von 100.000 auf 1,2 Millionen Einwohnern von 1900 bis 1940). Die Mehrheit der neuen Bewohner zogen aus dem Mittleren Westen her, aber es gab weiterhin eine Menge Japaner und Chinesen die in Kalifornien ihr Glück suchten, wobei diese sich immer noch starken rassistischen Problemen ausgesetzt sahen (für eine längere Zeit war es Chinesen verboten nach Kalifornien einzureisen, was dazu führte das die schon hier beheimateten Chinesen, die zumeist als Arbeiter beschäftigt waren zu einer Gruppe einsamer alter Männer wurden). Die Anziehungskraft Kaliforniens lag aber nicht nur beim freundlichen Wetter, sondern insbesondere bei seiner boomenden Ökonomie, die nun verstärkt auch den Süden des Landes betraf. Los Angeles wuchs zu einer Stadt des Autos heran, die auf den neu erschaffenen Boulevards brausten. Auch San Francisco erlebte mit dem Bau der Bay Brücken einen infrastrukturellen Ausbau, maßgeblich mit der Bay Bridge und als besonderes Zeichen mit der Golden Gate Bridge aus dem Jahr 1936, die zu einem der bekanntesten Symbole Kaliforniens wurde.
Die Große Depression der 1930er Jahre erreichte Kalifornien leicht verzögert. Aus den wirtschaftlich gebeutelten Gebieten der Great Plains wanderten zahlreiche Menschen ein und verringerten so innerhalb von kurzer Zeit das Lohnniveau nach unten. Die Neuankömmlinge wurden abwertend „Okies“ genannt, da viele von ihnen aus Oklahoma kamen. Auch diese Gruppe, zumeist verarmter amerikanischer Migranten musste sich mit erheblichen Vorurteilen herumplagen. Durch die schlechteren Lebensbedingungen der Krise nahmen Streiks zu, gleichfalls Gewalt und Vorurteile, die sich besonders gegen Minderheiten richteten.

Kalifornien vom 2.Weltkrieg bis heute

Der 2.Weltkrieg, an dem die USA seit 1941 teilnahm, hatte für Kalifornien besondere Bedeutung. Jedoch nicht als Kriegsschauplatz, sondern als Ausgangspunkt amerikanischer Operationen im Pazifik und einer massiven staatlichen Investition in die neu entstehende Rüstungsindustrie. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour fanden sich besonders die japanischen Einwohner Kaliforniens unter Generalverdacht wieder und getrieben durch einen schon seit Jahrzehnten herrschenden Rassismus kam es zu Reglungen wie der „Proclamation Number One“ aus dem Jahr 1942, die vorsah das in den westlichen Staaten der USA keine Japaner bzw. japanisch stämmigen Amerikaner mehr leben durften und in Internierungslager geschafft wurden. Rund 110.000 Menschen wurden daraufhin aus ihrer Heimat vertrieben. Eine weitere Konsequenz des Krieges im Pazifik war, das die San Francisco Bay zu einem Umschlagplatz für Truppen wurde, die von hier in den Krieg zogen oder aus diesem zurück kamen. Während in San Francisco die Truppen der Army stärker präsent waren, waren es in Los Angeles und besonders San Diego, die der Navy. Allein das Golden Gate sollen während der Kriegszeiten mehr als 1,6 Millionen Soldaten passiert haben.
Einen noch wichtigeren Nebeneffekt stellte die kriegsbedingte Industrialisierung dar. Fast aus dem nichts wurden Werften erbaut. Die an der gesamten Westküste verbreitete „Kaiser shipyards“ bauten 30% aller amerikanischen Kriegsschiffe. Los Angeles entwickelte sich zu einem Zentrum der Luftfahrt, die schon seit 1910 hier beheimatet war und solche Unternehmer wie John Northrop, Glenn Martin, Donald Douglas oder die Brüder Loughead (besser bekannt als Lockheed) hervorbrachten. Diese Industriezweige blieben auch die Wachstumsmotoren nach dem Ende des Krieges und förderten in der Stadt und in ihrem Umland eine Bevölkerungsexplosion noch größeren Ausmaßes, als bisher erlebt. Viele Kriegsveteranen ließen sich nun in Kalifornien nieder und konnten mit staatlichen Subventionen Eigenheime errichtet, die wie Pilze aus dem Boden sprießten. Beispielhaft ist dies an der Entwicklung der Metropolregion Los Angeles zu sehen. Im San Fernando Valley kam es nach dem Krieg zu einem Bauboom. Allein dort wurden im Jahr 1947 die Anzahl der Häuser verdoppelt und vollkommen neue Städte erschienen plötzlich auf der Landkarte, während durch die massenhaft einströmenden Zuwanderer sogar noch von einer Häuserknappheit ausgegangen werden musste. Das 1955 eröffnete Disneyland mit seiner Familienorientierung und seinem unbändigen Fortschrittsglauben wurde zu einem Symbol für das neue Kalifornien, dass besonders im Süden immer weiter ausufernde Vorstadtsiedlungen bekam, die mit Autobahnen zu einem riesigen Verkehrsnetz verbunden wurden. Ein weiterer Pluspunkt für die kalifornische Entwicklung war das die kriegsbedingte Emigration zahlreicher – besonders deutscher – Wissenschaftler, die eine neue wissenschaftliche Elite in die Region brachte. Mit den beiden bundesstaatlichen Systemen,der University of California und der California State University, sowie der Stanford University wurde Kalifornien zu einem weltweit führenden Wissenschaftsstandort. Gleichfalls machte sich die Region einen Ruf darin, neue Ideen zu fördern und fortschrittliche Utopien auszuleben. San Diego entwickelte sich zu einem Zentrum der Biotechnik. Das südlich von San Francisco gelegene Palo Alto wurde zu einem Zentrum der Mikroelektronik, besonders da der geistige Einfluss der Stanford University deutlich war. Hier gründeten in den 1930er Jahren David Packard und William Hewlett ihre Firma in einer Hütte im Hinterhof. Eine Geschichte die sich in den 1970er Jahren ganz ähnlich mit Apple wiederholte. Heute liegt das Herz des Sillicon Valleys immer noch in der südlichen Bay Area, dem weltweit bedeutendsten Standort der IT- und High-Tech Industrie, dessen Produkte das Leben der gesamten Menschheit veränderte (denken sie einfach mal an ihr Handy).
Auf ganz andere Weise für die globale Kultur bedeutungsvoll war die Entwicklung der Filmindustrie. Tatsächlich waren die ersten amerikanischen Filmstudios nicht in Los Angeles, aber die gute Wettersituation und kostengünstige Ausgangsbedingungen förderten die Ansiedlung von Studios in den 1910er und 20er Jahren, wobei die meisten Produktionen sich am Fuße der Santa Monica Berge befanden, im rund 8km von Downtown LA entfernten Hollywood. Nach einem nationalen Aufstieg folgte in den 1940er Jahren der globale Aufstieg Hollywoods zum Zentrum des Films, das wiederum davon profitierte, dass in Europa der 2.Weltkrieg herrschte und zahlreiche Künstler an die Westküste immigrierten.
Die literarische Szene in Kalifornien brachte zahlreiche weltbekannte Schriftsteller hervor. Autoren wie John Steinbeck oder Raymond Chandler schrieben hier. In den 1950er Jahren entstand das Beat Movement in San Francisco (im City Lights Bookstore) mit so bekannten Persönlichkeiten wie Jack Kerouac oder Allen Ginsberg. Henry Miller siedelte sich in der Einsamkeit von Big Sur an und San Francisco wurde eine bevorzugte Destination, der seit den 1960er Jahren erscheinenden Hippies. Gleichzeitig wurde die Metropole zu einem liberalen Zentrum für Homosexuelle. Im Castro Viertel entwickelte sich eine bunte und lebendige Szene und die Stadt hatte dem ersten offen schwulen Stadtvertreter in den USA mit Harvey Milk, der – und das ist vielleicht auch irgendwie amerikanisch – 1978 erschossen wurde. Im Bereich der Malerei lebten und arbeiten Größen wie Diego Rivera und Frida Kahlo in San Francisco und die Malereien im Foyer des Coit Towers zeigen noch heute den eindrucksvoll lebendigen Stil der 1930er Jahre. Nicht zu vergessen ist auch die architektonische Vielfältigkeit und die innovative Kraft, besonders der Moderne in Kalifornien, beispielsweise bei den Case Study Häusern in Los Angeles.
In der 2.Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Kalifornien zum meist bevölkerten Staat der USA mit heute knapp 40 Millionen Einwohnern und wäre die 7. größte Volkswirtschaft der Welt, wenn es ein eigener Staat wäre. Kalifornien war schon immer ein Einwanderungsland und ist geprägt durch eine einzigartige ethnische Diversität, die sich in den letzten Jahrzehnten noch verstärkt hat. Doch das Zusammenleben war (und ist) nie frei von Konflikten und von fairer Behandlung aller Seiten, was wiederum zu einigen größeren Auseinandersetzungen führte. So geschehen bei den Watts Riots 1965 in Los Angeles bei dem 34 Menschen getötet wurden, oder 1992 als vier Polizisten frei gesprochen wurden, die den Afroamerikaner Rodney King ein Jahr zuvor auf offener Straße misshandelten. Die darauffolgenden Unruhen kosteten 53 Menschen das Leben und zählte weit über 1000 Verletzte. Auch die illegale Einwanderung wird in Kalifornien als (großes) Problem wahrgenommen und führte sogar zur Abstimmung der Proposition 187 im Jahr 1996, die vorsah, illegalen Einwanderern von Sozialhilfen auszuschließen, eine Entscheidung, die so aber nie realisiert wurde. Tatsächlich ist der Anteil, besonders von aus Mexiko eingewanderten Menschen in Südkalifornien hoch und nicht wenige Wirtschaftszweige sind von diesen billigen Arbeitskräften abhängig. Immer mehr ethnische Gruppen vermischen sich miteinander, jedoch bestehen weiterhin große Unterschiede nicht nur im ökonomischen Bereich, sondern auch im Miteinander der Bewohner Kaliforniens. Ebenfalls Teil der jüngeren Geschichte ist der Pleitegeier, der seit der Jahrtausendwende über dem Staat schwebt und der nicht ganz unverschuldet seine Runden zieht, denn es war die Politik, die versuchte mit der Öffnung des Energiemarktes billigeren Strom zu erhalten, tatsächlich aber in kürzester Zeit das Gegenteil schuf. Das Platzen der Dotkom Blase führte erschwerend dazu, dass der Bundesstaat in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geriet und so zu dem etwas paradoxen Phänomen, dass eine der wirtschaftsstärksten Regionen der Welt nur einen bitterarmen Staatshaushalt vorfindet. Doch auch wenn Kaliforniens Probleme nicht gering, klein oder einfach zu lösen sind, es bleibt nicht nur in Amerika das Land der Träume mit seinen wundervollen Landschaften, seinen einzigartigen Metropolen und seinen Menschen, die so vieles hier erschufen und weiter erschaffen werden.

Literatur zur Geschichte Kaliforniens

Selbstverständlich gibt es über Kalifornien eine große Auswahl von Büchern. Dieser Artikel wurde maßgeblich geleitet durch: Kevin Starr „California – a history“, das vielleicht beste, aber nur in englischer Sprache erschienene Standartwerk zur Geschichte der Region. Gleichfalls erwähnt werden soll Mike Davis „City of Quartz“, das auch auf Deutsch erschienen ist, sich vorrangig aber mit der Geschichte Los Angeles beschäftigt, dies aber nicht nur sehr innovativ, sondern auch sehr kritisch und lesenswert.

Kalifornien

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Der Goldene Staat liegt hinter den Bergen, wo es nicht mehr weiter westlicher geht und die Sonne abends im Meer so schön verglüht, dass man meinen könnte, die Atmosphäre wäre hier eine andere, weil sie noch kräftiger in die Farbschatulle gegriffen hat, um mit einer besonders großen Portion kitschigen Sonnenuntergang anzugeben. Kalifornien ist das Ziel von großen Hoffnungen und nicht gerade kleinen Erwartungen und vielleicht die Region in der Welt von der sich die meisten Menschen weltweit „das gute Leben“ versprechen. Ein bisschen so, wie die letzte und krönende Szene der Serie „Godless“: der Cowboy reitet durch die Ewigkeit des amerikanischen Festlandes, erklimmt einen letzten Berg und es eröffnet sich die Sicht auf den Ozean und die untergehende Sonne. Er ist da, im gelobten Land, in Kalifornien. Ich habe diese Szene erst gestern gesehen und ich bin mir sicher, sie haben ähnliches über Kalifornien auch schon gelesen, gesehen oder gehört. Es ist nicht zu verleugnen, da ist ein Reiz, der sich mit dem Thema Kalifornien auflädt, etwas Kitschiges, etwas Fernes, etwas Beginnendes und doch auch etwas Finales.

Es gibt nur einen einzigen amerikanischen Ort in der deutschen Sprache der hierzulande noch einen eigenen Eigennamen hat und nicht dem englischsprachigen Namen entspricht und das ist Kalifornien (gehen sie es ruhig durch geneigte Leser: New York, Florida, New Orleans…). Warum das so ist und wir nicht auch einfach California sagen ist mir nicht bekannt, aber die Tatsache hinterlässt ein Gefühl der Einzigartigkeit und tatsächlich ist dieser, der 31. Bundesstaat der USA etwas (ganz) Besonderes. In vielerlei Hinsicht.
Seine Naturschönheiten sind atemberaubend. Von den Redwoodbäumen an der nördlichen Pazifikküste über die hoch aufragende Sierra Nevada, die nicht nur den ersten Nationalpark der Welt, den Yosemite beinhaltet, sondern auch die gigantischen Sequoia-Bäume, hin zur Mojave Wüste im Süden mit dem Death Valley oder dem Joshua Tree. Und dabei darf man die Einsamkeit der Big Sur Küste nicht vergessen oder die Lebhaftigkeit von San Francisco und der Bay Area und natürlich nicht den eigenwilligen Glanz der Megacity Los Angeles.
Kalifornien hat eine sehr junge Geschichte, doch ist es tatsächlich dieser Region gelungen, ein elementarer Bestandteil unserer alltäglichen Lebenswelt zu werden. Nicht nur tragen wir Jeans, die hier patentiert wurden, wir schauen Filme und Serien, welche die Städte und Landschaften Kaliforniens zeigen, sondern auch einen Einblick geben, wie das Leben an der pazifischen Küste ist (oder vielleicht auch nur sein soll). Die unsere Körper und unseren Geist mit der Welt verbindenden Smartphones, die Geisel und die Inspiration der letzten 15 Jahre Lebenswelt wurden hier erfunden. Es ist tatsächlich schwer, sich eine andere Region auf der Welt vorzustellen, die auf unser tägliches Leben so viel Einfluss hat wie Kalifornien.

Fakten

Fläche: 423.970 km² (3. größter Bundestaat der USA)
Einwohner: 39.536.653 (2017) (Bevölkerungsreichster Bundestaat der USA)
Zeitzone: Pacific Standard Time (UTC -8)
Spitzname: The Golden State

Hauptstadt: Sacramento 495.234 (1,7 Mio,)
wichtigste Städte:
Los Angeles 3.976.322 (12,1 Mio.),
San Diego 1.406.630 (2,9 Mio.),
San Jose 1.045.785 (1,89 Mio.),
San Francisco 870.887 (4,6 Mio.),
Fresno 522.053 (972.297)
Sprachen: Englisch, Spanisch

Geschichte Kaliforniens

Eine kurze Geschichte Kaliforniens (4.269 Wörter) finden Sie hier.

Kalifornien in der Kunst

Unser Bild des Lebens in der ersten Welt ist maßgeblich geprägt von Bild was uns direkt oder indirekt aus Kalifornien erzählt wird. Direkt spielt dabei Kalifornien eher die Rolle der sonnenbeschienen, ewigen Sommer habenden Strandgegend, wo Surfer Wellen reiten (wie in „Gefährliche Brandung“), gut gebaute Körper bräunen („Baywatch“) oder das leichte und angenehme Leben genießen (wie beispielsweise in „Two and a half Man“ oder noch witziger in „Arrested Development“). Dabei steht zumeist ein eher weißes Kalifornien im Mittelpunkt, was sich aber nicht mehr mit den demographischen Realitäten deckt, denn Kalifornien gehört zu den vier Majority-Minority-Staaten in welchen nicht-spanischsprachige Weiße, sogenannte „Caucasians“ mittlerweile nicht mehr 50% der Bevölkerung stellen (in Kalifornien waren es im Jahr 2000 rund 40%). Doch Hollywood, das bekanntlich in Los Angeles liegt, schafft es einen Glanz in Dinge zu bringen, die viel weniger glänzend schimmern, wenn man vor Ort ist. Bestes Beispiel ist Los Angeles selbst, dass wahrlich nicht zu den schöneren Städten auf unserem Planeten gehört. Die Patina der filmischen Inszenierung beflügelt eine Vorstellungswelt, welche die tatsächlichen Orte nicht mehr erbringen können. Wer die Watts Towers in „La La Land“ oder „In Search for a Kiss before Midnight“ gesehen hat, der kann bei einem Besuch vor Ort schnell ernüchtert sein und meinen sich im hintersten Viertel der Stadt wiederzufinden (was allerdings ein schnelles und falsches Urteil ist) und wer das wunderbar verlassene Griffith-Observatorium von „Am Ende der Gewalt“ kennt, der ist von den Menschenmassen die den Aufstieg auf den Berg, auf welchem es steht, auf sich nehmen, bestenfalls überrascht. Selbst der szenische Mullholland Drive, der über die Hügel West LAs führt, kann in der Realität mit seinen zahlreichen Hollywood Tour-Bussen nie an das ästhetische Traumbild in Wim Wenders Film heranreichen, der nach der Straße benannt ist.
Das soll aber keineswegs die Leistungen der hiesigen Filmindustrie schmälern. Ganz im Gegenteil ist es ein Verdienst unsere Vorstellungswelt zu aktivieren und uns (wenn auch gern in einer, wie eben versucht zu zeigen, Überspitzung der tatsächlichen Gegebenheiten) über Geschichten zu berichten. Es gibt einfach zu viele Filmproduktionen die sich die Historie, oder das aktuelle Leben in Kalifornien zum Thema machten, aber in filmischen Meisterwerken wie „There Will Be Blood“ kann man sich ein Bild von der frühen Ölindustrie in Südkalifornien machen, während Filme wie „American Beauty“ oder Serien wie „Six Feet Under“ zwar nicht explizit kalifornischen Alltag porträtieren, uns aber eine Reflexion erlauben, wie unser Sinn des Lebens aussehen kann und uns damit indirekt mit einem Bild von Kalifornien füttern.

Aber Kalifornien ist nicht Hollywood und die Region findet sich gleichfalls in anderen künstlerischen Produkten wieder, deren Einfluss allerdings weniger massenhaft konsumiert wurden und werden. John Steinbecks Roman „Früchte des Zorns“ ist sicherlich ein wundervolles Zeugnis über Flucht, Einwanderung und das Gefühl der Zweitklassigkeit,so das es heute zu einer Art Standartwerk über kalifornische Geschichte geworden ist. Eine interessante Version der 1990er Jahre über diesen Themenbereich bietet T.C. Boyles „América“, während Thomas Pynchon beispielsweise in „Vineland“ die gesellschaftlichen Veränderungen in Kalifornien bis in die 1990er Jahre beschreibt.

Doch auch in der Musik beschallt uns reichlich kalifornische Musik und das nicht nur wenn der Songtitel, wie bei „California Dreaming“ von The Mama & the Papas oder bei „California Here we come“ von Phantom Planet (beide Bands kommen übrigens aus Los Angeles) davon künden. In den 1930er Jahren war LA eine Stadt im Fieber von Lindy Hop und in den 40er Jahren etablierte sich der West Coast Blues Sound und mit dem Namen Dave Brubeck ist der Jazz der Westküste verbunden. In den 1960er Jahren schappten die psychodelischen Rocksounds von Jefferson Airplane durch die Bucht von San Francisco, während die Beach Boys sich gern am Strandleben „abpopten“. Als in den 1980er Jahren der Punk aufkam gründeten sich in LA Bad Religion und ebenfalls von hier eroberten Guns n‘ Roses die Bühnen der Welt, während Bands wie Green Day, No Doubt, The Offspring, Black Eyed Peas und natürlich die Red Hot Chilli Peppers seit den 1990er Jahren auch aus europäischen Radios erklingen. Nicht zu vergessen ist der West Coast Rap und Hip-Hop, der Szenehelden wie Snoop Dogg oder Dr. Dre hervorbrachte. Die folgenden 15 Songs sollen einen kleinen Überblick geben, wobei nur das erste Lied eines der vielen Beispiellieder ist für einen Song über Kalifornien, während die restlichen 14 Videos von kalifornischen Künstlern stammen:

Living in California

Ob Filme, TV-Serien, Bücher oder Musik. Sie lassen uns ein Bild Kaliforniens vorstellen in welchem Surfer Wellen reiten und Rettungsschwimmer vom Strand aus auf diese Aufpassen (die Surfer und Badegäste, nicht die Wellen), während auf der Promenade der nächste Arnold Schwarzenegger seine Muskeln aufpumpt und Musik hört, die über die gewalttätigen Nachbarschaften kündet und dazu tendiert Konfrontationen mit Waffen zu heroisieren. Derweil macht seine Freundin Joga-Übungen, um sich für potentielle Hollywood Agenten auch mental frisch zu halten. Zur selben Zeit brühten die nerdigen Erfinder des Sillicon Valley schon am nächsten Gadget das unser Leben revolutionieren wird und im Norden des Landes bewirten Winzer ihre gutsituierten Gäste mit köstlichem Wein aus dem Napa-Valley.

Das tatsächliche Leben in Kalifornien ist vor allem eins, es ist teuer! Acht von zehn Gebieten mit den höchsten Häuserpreisen der USA befinden sich in Kalifornien. Die Millionenstadt San Jose, am Rande des Sillicon Valley, gilt als überteuertste Stadt Nordamerikas und Häuser in Palo Alto kosten durchschnittlich 1,5 Millionen Dollar (wir reden nicht von Villen!). Die enormen Preise für Immobilien fördern natürlich auch die Obdachlosigkeit und es wird geschätzt das 20% aller Amerikaner, die auf der Straße übernachten müssen, in Kalifornien leben. Gleichzeitig ist Kalifornien der am schnellsten wachsende Bundesstaat der USA, der erst 1962 New York als bevölkerungsreichsten Staat ablöste, heute aber schon mehr als doppelt so viele Einwohner wie der Ostküstenstaat hat. Um rund 300.000 Menschen wächst Kalifornien pro Jahr (als der Bundesstaat in die USA aufgenommen wurde, hatte er nicht mal 100.000 Einwohner) und er hat mittlerweile rund 40 Millionen Einwohner (ungefähr soviel wie Argentinien). Jeder vierte Kalifornier ist nicht in den USA, jeder Zweite nicht im Bundesstaat geboren worden. Kalifornien ist ein klassisches Einwanderungsland! Und das quasi von Geburt an, denn indigene Ureinwohner bilden nicht mal mehr 2% der Gesamtbevölkerung ab. Das heutige Kalifornien ist ein ethnisch stark gemischter Staat, bei dem, wie schon erwähnt, die nicht-spanischsprachigen Weißen nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen. Tatsächlich sprechen 40% der Einwohner zu Hause nicht englisch miteinander. Eine besonders stark vertretene Bevölkerungsgruppe sind die lateinamerikanischen Kalifornier, die vor allem in Südkalifornien wohnen, was selbstverständlich mit der Nähe Mexikos zu tun hat. Im Norden, besonders in San Francisco, fallen zumeist die asiatisch-stämmigen Einwohner auf, denn mit rund 5,5 Millionen Einwohnern leben rund ein Drittel aller asiatisch-stämmigen US-Amerikaner im Golden State. Das Zusammenleben in Kalifornien war dabei nie sorgenfrei und stets von Auseinandersetzungen geprägt, angefangen beim Schwund der Indianer mit der ersten europäischen Besiedlung bis zur Proposition 187 im Jahr 1996. Trotzdem gilt Kalifornien als toleranteste Region der USA, nicht nur in religiöser Hinsicht (wenngleich sich hier gern auch religiöse Gruppen formieren, die das Gegenteil von tolerant sind), sondern gleichfalls in lebensweltlicher Sicht, wie bei der Behandlung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, oder aber auch bei der Legalisierung von leichten Drogen.

Karte und Themen bei tommr.net über Kalifornien

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