San Franciscos Bedeutung und seine Einzigartigkeit als abgeschiedene Metropole im Westen der USA änderten sich mit der Eröffnung der Transkontinentalen Eisenbahnverbindung 1869, die eine schnelle Verbindung in den Osten des Landes ermöglichte. Durch staatliche Förderung entstanden zwei Eisenbahngesellschaften, Union Pacific und Central Pacific, welche eine Linie durch die Weiten des Westens und die gewaltige Gebirgslandschaft der Sierra Nevada bauen ließ. Obwohl daran viele chinesische Arbeitskräfte beteiligt waren, wurden hauptsächlich vier Männer, die später sogenannten Big Four, davon steinreich. Mark Hopkins, Leland Stanford, Collis Huntington und Charles Crocker sollten mit der Eisenbahn nicht nur großartige Einnahmen erzielen, sondern sie erhielten großen Einfluss auf das Geschehen im Westen der USA, war doch die Eisenbahngesellschaft (1884 wurde sie zur Southern Pacific) zum wichtigsten Landbesitzer in Kalifornien geworden und wurde zu einem der wichtigsten Akteure, wenn es um politische Entscheidungen im Staat ging.
Für San Francisco war der neue Anschluss keinesfalls so fantastisch, wie es sich die Zeitgenossen ausmalten, denn nicht nur verlor die Stadt etwas von ihrer Einzigartigkeit am Rande des riesigen Landes, sie selbst wurde auch gar nicht ans Netz angeschlossen, denn die Verbindung endete am anderen Ende der Bucht in Oakland. Schnell neidete man der kleinen Nachbarstadt den Bahnhof und befürchtete diese könnte dem großen San Francisco den Rang ablaufen. Doch tatsächlich wurde die Bucht, wie der gesamte Westen nun als Markt für billigere Produkte aus dem Rest des Landes attraktiv. Gleichfalls kamen weitere Neuankömmlinge, doch für sie war es jetzt viel schwieriger geworden einen guten Job zu bekommen, denn tatsächlich schlitterte die Stadt in die ökonomische Krise der 1870er Jahre welche das gesamte Bundesgebiet der USA betraf. Der Westen konnte durch seinen neuen Anschlüsse diesen Krisen nun nicht mehr entrinnen. Ein markantestes Symbol der Krise war der Kollaps der Bank of California am 26. August 1875, dessen einflussreicher Besitzer Billy Ralston am nächsten Tag beim Schwimmen ertrank.
San Francisco bis zur Jahrhundertwende: Painted Ladies und Cable Cars
Mit der wirtschaftlichen Krise der 1870er Jahre erlebten die Arbeiter und Beschäftigten der Stadt erstmals die Auswirkungen ökonomischer Probleme. Die Arbeitslosigkeit griff um sich, ein Phänomen, dass bis dato nahezu unbekannt war. Schnell war ein Sündenbock für die Probleme gefunden, es waren die nach dem Eisenbahnbau unbeschäftigten Chinesen, welche die Aufmerksamkeit der Arbeiterschaft erwarben und für die Krise verantwortlich gemacht wurden. Bisher waren sie als exotische Minderheit wahrgenommen wurden, die in ihrem Viertel - Chinatown - lebten und nicht groß auffielen, die aber in den 1870er Jahren durch harte Arbeit, in der Zigarettenindustrie und der Textilverarbeitung zu Marktführern an der Bay wurden und die 1872 rund die Hälfte aller Fabrikjobs in San Francisco besetzten. Eine „anti-chinesische“ Stimmung machte sich breit, die auch durch administrative Reglungen weiter befeuert wurde. Viele Chinesen erfuhren Gewalt am eigenen Leib. Den Höhepunkt erreichten die rassistische Wut im Sommer 1877, als ein Mob Geschäfte und Häuser in Chinatown anzündeten. Erst ein erneut gegründetes Sicherheitskomitee konnte die Gewalt eindämmen. Aus der sich erhebenden Arbeitermasse entstand gleichfalls eine politische Bewegung, die Ungleichheiten in Kalifornien anprangerte und aus welcher sich die Workingsmen’s Party formierte, die zweifellos notwendige politische Reformen anmahnte, gleichzeitig aber nicht ihre rassistischen Tendenzen ablegte. Trotzdem wurde sie 1877 in den California Constitutional Convent gewählt, konnte dort aber keine wirklich wichtigen politischen Änderungen durchsetzen.
Die äußere Gestalt San Francisco wurde gleichfalls ab den 1870er Jahren verändert und ist noch heute sichtbar, denn bis zur Jahrhundertwende setzte die Epoche der Hausbauten im Viktorianischen Stil ein. Diese Redwood-Häuser prägen heute noch das Bild von San Francisco und obwohl sie in ihrer Ornamentierung so individualistisch wirken, sind sie doch meistens Produkte von großangelegten Projekten einiger Baufirmen, die in Katalogen ihre Entwürfe anboten und die dann reihenweise diese Häuser über die hügelige Landschaft San Franciscos setzten. Diese liebevoll Painted Ladies genannten Wohnhäuser gelten heute als Sehenswürdigkeit der Stadt, auch wenn viele von ihnen das Erdbeben von 1906 nicht überstanden.
Die Stadt erlebte trotz wirtschaftlich angespannten Zeiten bis zur Jahrhundertwende ein weiteres stetiges bis rasantes Wachstum und um die Jahrhundertwende wohnten bereits fast 350.000 Menschen in San Francisco. Die Stadt expandierte nun vor allem in der Fläche. Sie vergrößerte sich vom nordöstlichen Teil der Halbinsel aus und umschloss schon bald den im Westen der Stadt angelegten Golden Gate Park und dehnte sich weiter nach Süden aus. Die zahlreichen – nicht gerade flachen – Hügel der Stadt wurden durch ein neues Transportmittel erschlossen und zu beliebten Wohnquartieren gemacht, durch die cable car. Diese Kabelstraßenbahn in San Francisco – die heute ein bekanntes weiteres Wahrzeichen der Stadt ist – geht zurück auf den Schotten Andrew Hallidie. Dieser wurde aufgeschreckt durch die zahlreichen und teilweise grausamen Unfälle, die sich mit Pferdebahnen auf den steilen Hängen der Stadt ereigneten und ersann einen Plan. Ein unter der Straße angebrachtes Kabel, dass von einer Dampfmaschine angetrieben wurde, sollte die Straßenbahnwagen führen. 1873 eröffnete die erste Linie, die Clay-Street-Line und bald wurde seine Erfindung ein boomender Erfolg, der sich nicht nur in San Francisco ausbreitete, sondern in den USA und auch weltweit weitere Anwender fand. Allerdings war das Transportsystem spätestens seit den 1920er Jahren technisch veraltet und wurde überall aufgegeben, außer in San Francisco, wo noch immer 3 Linien in Betrieb sind und für den allerdings nicht gerade zimperlichen Preis von 7 Dollar pro Fahrt bestiegen werden können.
Auf den Hügeln der Stadt ließen sich die Reichen nieder und zeigten ihr Vermögen mit prunkvollen Villen. Nob Hill wurde zur elegantesten Adresse des amerikanischen Westens. In der Stadt etablierten sich vier große Tageszeitungen, welche die öffentliche Meinung in Kalifornien prägten und San Francisco zu so etwas wie einem Medienzentrum des Westens machten. Chinatown entwickelte sich derweil zu so etwas wie einer frühen Touristendestination. Verwaltet von den „Six Companies“ war es die Heimat von rund 50.000 Chinesen in der Stadt, wo man als Tourist in die exotische Welt Asiens eintauchen konnte (was übrigens auch heute noch funktioniert). Die Zeitungen verwiesen gern auf den halb-legalen, moralisch anrüchigen Charakter des Viertels, waren doch hier auch Opium-Höhlen zu finden, welche nur ein Teil des sündigen Lebens in San Francisco um die Jahrhundertwende ausmachten, der auch bei weitem nicht auf Chinatown begrenzt war.
San Francisco war in jener Zeit das unumstrittene Zentrum in einem zunehmend wohlhabender werdenden Kalifornien. Jeder vierte Kalifornier lebte hier und die Stadt war nach New York der wichtigste Umschlagplatz des Außenhandels. Gleichwohl war die Politik des Bundesstaats, als auch der Stadt geprägt von Vetternwirtschaft und Korruption. 1901 riefen die immer stärker werdenden Gewerkschaften zu einem Streik auf, da sie einen Teil des Kuchens abhaben wollten, der bisher nur unter den Einflussreichen verteilt wurde. Tatsächlich kam es im September zu einem Generalstreik, der die Rolle der Gewerkschaften noch weiter stärkte und schließlich zum Gewinn des Bürgermeisterpostens für die Union Labour Party führte, in welcher der in der Stadt geborene Abu Ruef seine Fäden zog, der später allerdings ebenso wegen Korruption angeklagt wurde und letztendlich 14 Jahre im Gefängnis St.Quentin verbrachte.
Das Erdbeben von 1906
San Franciscos wohl einschneidenstes Ereignis war das Erdbeben vom 18.April 1906. Auf Grund der Lage an der San Andreas Verwerfung ist die Stadt bis heute ein Gebiet, dass mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von solchen Naturkatastrophen betroffen ist. Das letzte größere Beben lag schon fast 40 Jahre zurück, als um kurz nach 5 Uhr morgens die Einwohner der Stadt aus dem Schlaf gerissen wurden. Heutigen Schätzungen zur Folge lag die Stärke bei rund 7,8 auf der Richterskala und brachte zahlreiche Häuser, besonders im Financial District und North Beach zu Fall, was wohl insbesondere daran lag, dass in dieser alten Sumpfregion der Untergrund weniger fest ist. Das Beben war in fast ganz Kalifornien zu spüren und tatsächlich waren die Schäden durch die Erschütterungen in einigen Städten sogar verheerender als in San Francisco. Was die zerstörerische Wirkung des Bebens aber potenzierte, war ein darauf einsetzendes Feuer, das für 80% der zerstörten Häuser verantwortlich war. Geborstene Gasleitungen entfachten einen wahren Feuersturm, der vom Stadtzentrum startend sich über die Stadt wälzte. Zu allem Unglück war schon beim Beben der Feuerwehrchef der Stadt ums Leben gekommen, was die Koordination der Rettung stark einschränkte. Auch die gebrochenen Wasserleitungen trugen dazu bei, dass die Feuerwehr nur schwer arbeiten konnte und gegen Abend breiteten sich die Brände immer weiter aus. Die viktorianischen Holzhäuser boten dafür eine gute Angriffsfläche und man kann von Glück sprechen, dass sich die Winde drehten und so weiter westlich gelegene Teile der Stadt vom Feuer verschonten. Bürgermeister Schmitz rief die Armee, die im Presidio stationiert war zur Hilfe, die sowohl den Brand bekämpfte, als auch Plünderungen verhinderte. Doch auch mit ihrer Hilfe konnten die letzten Flamen erst drei Tage nachdem Beben endgültig gelöscht werden. Nach offiziellen Angaben starben rund 3.000 Menschen, während mindestens 10mal, nach anderen Schätzungen 100mal so viele Menschen Obdachlos wurden (was bei damals rund 400.000 Einwohner, dreiviertel der Bevölkerung ausmachen würde). Die Armee errichtete Zeltstädte um die Opfer unterzubringen, die auch dank der raschen Solidarität der Nachbarstädte bald mit dem Notwendigsten versorgt werden konnten. Tatsächlich erinnerte diese Situation ein wenig an die rasche Besiedlung zu Zeiten des Goldrausches, als viele Menschen gemeinsam in Zelten oder unter freiem Himmel schliefen mussten und Klassen oder Standesgrenzen keine größere Rolle spielten, sondern nur die Verbesserung der Situation in Angriff genommen wurde. Rund 28.000 Gebäude waren zerstört und – so die Legende – der Wiederaufbau startete, als die Ruinen noch rauchten. Schnell wurden aus 20.000 in der Stadt tätigen Bauarbeitern 60.000.
Wiederaufbau und neuer Glanz - San Francisco bis zum 2.Weltkrieg
Es stellte sich kurz die Frage, eine historische Chance zu nutzen. Durch die zahlreichen Zerstörungen war es möglich San Francisco besser und schöner aufzubauen als zuvor. Das starre grid-Muster aus Blöcken hätte man für eine Gestalt der Stadt verändern können, welche die Landschaft einschließt. Tatsächlich hätten Ideen dazu bereitgestanden. Die Bewegung des „City Beautiful“ hatten den bekannten Architekten Daniel Burnham mit einem Masterplan für die Stadt beauftragt. Burnhams Idee war es, die Hügel von Besiedelung zu befreien, lange Boulevards anzulegen, die Sichtachsen zu einem neuen neoklassischen Stadtzentrum erlaubten und neue Straßen zu bauen, welche sich der Oberfläche der Stadt besser anpassten und aus dem rechtwinkligen Muster ausbrachen. Burnham veröffentlichte seinen Masterplan 1905 in einem Buch, doch tatsächlich war die große Chance für den Start seiner Idee – die weitreichende Zerstörung der Stadt, insbesondere der Innenstadt – der eigentliche Todesstoß für ein Konzept das zahlreiche Anhänger in der Stadt hatte. Nach dem Beben war der wichtigste Punkt der schnelle Wiederaufbau, es ging darum, dass Leben so zügig wie möglich wieder zu normalisieren und nicht um einen teuren und zeitaufwendigeren Plan für die Anlage einer neuen Stadt. San Francisco verpasste es damit zu einer Planstadt zu werden und behielt damit „it’s birthmark as an instant city“, wie Tom Cole schreibt, bei.
Zu einem Symbol des Wiederaufbaus der Stadt wurde das neue Rathaus, denn das Alte stürzte beim Erdbeben ein. Auch wenn es erst 1912 bewilligt wurde, war es so etwas wie ein kleines Überbleibsel der City Beautiful Bewegung, denn es war im Beaux-Artes Stil von den Architekten Bakewell und Brown als zentraler Bau mit großer Kuppel geplant. 1915 wurde die City Hall eröffnet worden und wurde zum Zentrum eines neuen „Civic Centers“, das gleichfalls im historisierenden Stil noch ein Civic Auditorium bekam und eine Bibliothek, sowie das California State Building, die sich alle um das Rathaus herum positionierten. 1932 kam schließlich noch das Opernhaus der Stadt dazu, wo übrigens 1945 51 Nationen die Gründungscharta der Vereinten Nationen unterzeichneten.
Ein Höhepunkt der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts war die Weltausstellung, die „Panama-Pacific International Exposition“, im Jahr 1915, die allerdings etwas unter den Umständen des 1.Weltkriegs in Europa litt. Ein Hauptanliegen der Schau war der Durchbruch des Panamakanals, welcher den Anlass zur Feier gab (der Kanal konnte mit einem großen Modell studiert werden). Eine heute noch eindrucksvolle Hinterlassenschaft des Ausstellungsgeländes ist der Palast der feinen Künste von Bernard Maybeck.
Trotzdem erlebte San Francisco in jenen Jahren auch Spannungen, so wie beim Bombenanschlag beim Preparedness Day 1916, als 10 Menschen getötet wurden. Das hatte jedoch keine Auswirkungen auf die Bevölkerungszahl die bis 1920 rasant anwuchs. Die Stadt lebte in den 1920er Jahren in großer Prosperität bis auch hier die Weltwirtschaftskrise 1929 zuschlug und insbesondere den Hafen der Stadt und die (bis dahin) dort beschäftigten Arbeiter stark traf. Die schlechte ökonomische Situation führte zu weiteren Spannungen, so wie zum „Bloody Sunday“am 5.Juli 1934 als ein Streik gewaltsam von Streikbrechern aufgelöst werden sollte und zwei Menschen starben und über 100 verletzt wurden.
Die 1930er Jahre waren aber das Jahrzehnt, dass der Stadt zahlreiche heute noch bekannte Wahrzeichen bescherte. Dem Nachlass einer großen Freundin der Feuerwehr, Lillie Coit ist der nach ihr benannte Coit Tower auf dem Telegraph Hill entstanden, welcher an die städtische Feuerwehr erinnern soll und gleichzeitig wohl einen der besten Blicke auf die Stadt ermöglicht.
Ein fast noch bekannteres Wahrzeichen und gleichzeitig ein heutiger Touristenhotspot ist die eher ungemütliche Insel Alcatraz mit ihrem Gefängnis. Schon seit 1886 wurde die Insel vom Militär genutzt, aber im Jahr 1934 zu einem Hochsicherheitsgefängnis des Bundes umgebaut. Hier saßen so klangvolle Namen wie „Machine Gun“ Kelly oder Al Capone ein. Angeblich war die Insel ausbruchsicher, da die Strömung es nur schwer zulässt von ihr an Land zu entkommen und man große Gefahr läuft, über das Golden Gate ins Meer gespült zu werden. Tatsächlich beflügelte diese Tatsache noch weiter die Fantasie und nach der kostenbedingten Schließung des Gefängnisses wurde es zu einem beliebten Drehort für zahlreiche Filme, unter anderem „Der Gefangene von Alcatraz“ mit Burt Lancaster oder „Flucht von Alcatraz“ mit Clint Eastwood. Nach einer Besetzung durch Indianer in den 1970er Jahren wurde es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und mittlerweile von 1,3 Millionen Menschen per annum besucht.
Kein Besuchermagnet, aber für die Wasserversorgung der ständig wachsenden Stadt zentral, war der Bau des Hetch Hetchy Water Projects. Das 1934 fertiggestellte Projekt sicherte zwar die Wasserversorgung der Stadt, war aber aus einem anderen Grund äußerst umstritten, denn für das Wasser wurde das Hetch Hetchy Valley aufgestaut, das als eines der schönsten Naturgebiete Kaliforniens galt.
Die heute noch am sichtbarsten und vielleicht schönsten Leistungen der 1930er Baumaßnahmen sind die zwei Brücken, welche von der Stadt über die Bucht führen. Da ist zum einen der etwas weniger beachtete Bay Bridge, die vom Stadtzentrum über die Yerba Buena Island nach Oakland führt. Sie ersetzt die zahlreichen Fähren, die zwischen den beiden Fähren fuhren und das Ferry Terminal in San Francisco zur stärkst frequentierten Transitstation der USA machte. Als im November 1936 die Brücke eröffnete, konnte man über eine doppelte Hängebrücke fahren, eine Konstruktion die eine absolute Weltneuheit war und eine Investitionssumme von 80 Millionen Dollar kostete, eine für damalige Zeit enorme Summe. Für die weltweite Imagination San Franciscos war aber die 1937 eröffnete Golden Gate Bridge noch wichtiger, die als eine der schönsten Brücken der Welt gilt. Dabei war die Hängebrücke sehr umstritten, denn die reizvolle Landschaft an der Durchfahrt des Golden Gates sollte nicht mit einem so gigantischen Bauwerk verschandelt werden, immerhin war die Brücke die damals Größte ihrer Art. Letztendlich war aber die Gestalt und die Farbgebung der Brücke so gut gewählt, dass das Bauwerk zu den schönsten Brücken der Welt gezählt wird.
Im Februar 1939 eröffnete erneut eine Weltausstellung in San Francisco. Auf der künstlich aufgeschütteten Insel Treasure Island, welche sich an die Yerba Buena Island anschloss, wurde die Golden Gate International Exposition eröffnet, welche zwar nicht an die Strahlkraft und Innovation der Panama-Pacific Exposition heranreichte, aber immerhin auch 17 Millionen Gäste erreichte. Im Herbst des gleichen Jahres startete der 2.Weltkrieg, bei dem die USA erst später eingriffen, dann aber San Francisco zu einem der wichtigsten Plätze der Kriegsökonomie werden ließ. Und so erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich nur noch mit den Zeiten des Goldrausches vergleichen ließ. Mehr als 1,5 Millionen Soldaten fuhren unter der Golden Gate Bridge hinaus in den Krieg während die Anzahl der Fabriken in der Stadt um ein Drittel zunahm und die Zahl an Arbeitskräften sich verdoppelte, wobei erstmals eine größere Menge Schwarzer sich in der Stadt niederließ und die Stadt insgesamt eine Einwohnerzahl von 775.000 erreichte, einen Höchstwert, der erst im Jahr 1990 wieder erreicht wurde.
San Francisco nach dem 2.Weltkriegs: Beatniks, Hippies and Milk
Die Nachkriegszeit und der bald darauf einsetzende Kalte Krieg machten San Francisco und die Umgebung der Stadt nicht nur zu einem wirtschaftlichen Zentrum, sondern auch zu einem kulturellen Hotspot der westlichen Welt. Das Begann bereits in den 1950er Jahren mit dem Beatnik-Movement, einer für die damaligen Zeit nonkonformistischen und rebellischen Bewegung, die als Vorläufer der Hippie-Bewegung gelten kann. In ihrer Mitte standen Schriftsteller, wie beispielsweise Jack Kerouac, der den Begriff der „Beat Generation“ erfand, der für den Konsum von Marihuana, freie Liebe und einer standhaften Nonkonformität gegenüber der Welt der 1950er Jahre stand. In Kaffees und dem legendären „City Lights Bookshop“ trafen sich die Beatniks und prangerten den Materialismus und die zunehmende Vereinnahmung der Gesellschaft von rechts an.
Dies hatte in den 1960er Jahren Nachfolger als neue linke Protestbewegung, die sich insbesondere auf dem Campus der Berkeley University auf der anderen Seite der Bucht einrichtete und Rassismus, Materialismus und Krieg kritisierte. Die Hippies, welche gleichfalls in den 1960er Jahren, insbesondere im Stadtteil Haight-Ashbury auftauchten waren viel weniger politisch, als das sie die Welt mit liebevollem Umgang und der Entsagung von Konsumismus (außer vielleicht von Drogen) begegnen wollten. Mit ihren langen Haaren und Bärten und zusammengewürfelten Klamotten setzen sie sich vom Rest der Stadt (des Landes und der Welt) ab und veranstalteten große „Be Ins“, wie den „Summer of Love“, der sich musikalisch in Scott McKenzies „San Francisco“ manifestierte und der Welt von einem neuen Lebensgefühl kündete. Doch die eher auf Disziplinlosigkeit angelegte Bewegung verwässerte sich schnell und wurde zu einem zeit-geistigen Modebegriff und schon zu Beginn der 1970er Jahre verwandelte sich Haight-Ashbury zu einem „New Age slum“ (so Cole S. 142). Und so wurde es wieder etwas rauer in San Francisco, in einer Stadt die aber weiterhin für Toleranz und Diversität stand. Im Viertel um die Castro-Street siedelten sich mehr und mehr Homosexuelle an, die ihren Liebe hier frei ausleben konnten. Hier wurde auch Harvey Milk zum ersten offen schwulen Stadtrat in den USA gewählt, der jedoch am 28. November 1978 gemeinsam mit dem Bürgermeister George Moscone vom einem ehemaligen konservativen Stadtrat, namens San White, erschossen wurde, weil dieser sich über die neue Politik in der Stadt erregte, seinen Posten zurückgab, diesen aber auf Betreiben von Milk und Moscone nicht wiederbekam. Als White mit einem recht milden Urteil von nur 7 Jahren Gefängnis wegen Totschlags davonkam, protestierten zahlreiche Schwule und deren Sympathisanten am 22. Mai 1979 in der sogenannten „White Night Riot“, bei der die Polizei rigoros von Gewalt Gebrauch machte.
So begannen die 1980er Jahre, die Dekade von AIDS, welche in der Stadt wütete und in welcher auch die nationale Wirtschaftskrise der USA nicht halt machte. So verlor der Hafen der Stadt mehr oder weniger seine Bedeutung mit der Erweiterung der Anlagen im gegenüberliegenden Oakland. San Francisco transformierte sich zu einer post-industriellen Stadt, die unter anderem sich als touristische Destination mit neuen Hotspots wie der Fisherman’s Wharf für Touristen attraktiv machte. Während im Stadtzentrum immer mehr Hochhäuser der Hochfinanz in den Himmel schossen und der Stadt einen neue Skyline und neue Blickwinkel bescherten, formierte sich quasi am anderen Ende der Interessen eine kraftvolle Umweltschutzbewegung, die unter anderem durchsetzte, dass schon 1973 sich eine Golden Gate National Recreation Area bilden konnte und die skeptisch auf die Auswüchse des Hochhausbaus und der Umgestaltung von einem urbanen Lebensraum zu einer Touristendestination blickten.
Das Erdbeben am 17.10 1989 beschloss ein nicht immer glückliches Jahrzehnt der 1980er, mit 63 Toten und über 3700 verletzten Menschen. Zwar war es nicht so dramatisch wie das Beben von 1906, aber mit 16.000 unbewohnbaren Wohnungen in der Bay Area und einer nicht mehr befahrbaren Bay Bridge hatte es erheblichen Einfluss in das Leben an der Bucht.
Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der nächsten 20 Jahre veränderte abermals das Aussehen der Stadt, denn mit dem Erfolg des Sillicon Valley und vieler neuer wohlhabender Menschen durchflutete die Gentrifizierung die Straßen San Franciscos, die es für Familien der Unter- aber auch der Mittel-schicht immer schwieriger machten, in der Stadt zu leben. So soll es schon 2007 mehr Hunde in San Francisco gegeben haben als Kinder und auch heute noch muss man befürchten, dass San Francisco sich zu einer teuren Stadt für Wohlhabende entwickelt (denn die Immobilien-Preise hier sind bereits die höchsten in den USA). Trotzdem wäre es falsch in der Stadt nicht auch heute noch viele Überbleibsel der kurzen aber so wechselvollen Geschichte zu sehen.
Literatur: Dieser Artikel stützt sich maßgeblich auf Tom Coles „A short history of San Francisco“